In den vorstehenden Bewertungen (zu Antworten # 11 u. # 13) kommt wieder einmal eine Lex PLUS specialis moralis mit dem Inhalt der Vermischung von Moral und Recht, oder auch anders gesagt von Recht und Rechtsempfinden zum Ausdruck. Im Prinzip ja menschlich und auch nachvollziehbar.
Im vorliegenden Fall geht es um zwei in rechtlicher Hinsicht getrennt voneinander zu bewertende Tatbestände. Auch wenn es nicht gefallen sollte, moralische Gesichtspunkte und eine vorverurteilende Kritik müssen bei der rechtlichen Beurteilung der Sachverhalte außen vor bleiben. Eine vorauseilenden Schuldzuweisung ist hier fehl am Platz. Es zählen ausschließlich Fakten. Also sollte man sich daran halten und die Moralpauke in der Schublade lassen!
1. Wer kennt die genauen Fakten/Gründe für den Zahlungsrückstand aus dem beendeten/nicht mehr existierenden Vertrags-/Lieferverhältnis.
Der Usererin @ claudi77 ist sicher bewusst, dass sie sich bei einer andauernden Zahlungsverweigerung letztlich der Zahlungsklage des Gläubigers aussetzt. Sie prozessiert in dieser Sache aber wohl bereits gegen den ehemaligen Hausverwalter. Was ist da vorgefallen? Sind da möglicherweise Veruntreuungen vorgekommen, die zu den Zahlungsrückständen führten, für die evtl. ein Dritter gerade zu stehen hat und dies etwa den vorübergehenden Zahlungsaufschub begründet?
Die Einstellung der Gasversorgung setzt gem. § 19 Abs. 2 GasGVV oder einer entsprechenden AGB-Bestimmung eine Verletzung der Zahlungspflicht aus dem geltenden Gaslieferverhältnis voraus. Ein solches Verhältnis besteht aber nicht mehr. Der Gasversorger kann ergo daraus kein Recht auf eine Liefersperre mehr ableiten!
2. Abgeleitet aus dem von @ RR-E-ft weiter oben angeführten OLG-Urteil und seinen Anmerkungen dazu sind auch für den in diesem Thread fraglichen Fall folgende Gesichtspunkte ins Feld zu führen, die ich zum Teil (wegen Einarbeitung in diesen Beitrag) ohne Sinnverfälschung leicht abgeändert, sonst aber wortwörtlich zitiere:
„Der Versorger muss sich wohl entgegenhalten lassen, warum er es überhaupt zum Auflaufen hoher Zahlungsrückstände für Energielieferungen mit Strom und Gas hat kommen lassen und nicht frühzeitig von der Möglichkeit der Versorgungseinstellung von Strom gem. § 19 Abs. 2 StromGVV und Gas gem. § 19 Abs. 2 GasGVV Gebrauch gemacht hatte.
Daran, dass bisher hohe Forderungen aus Energielieferungen aufgelaufen sind, trägt der Versorger ein gewisses Mitverschulden, wenn er nicht frühzeitig von seiner Möglichkeit zur Einstellung der Energieversorgung Gebrauch gemacht hatte.
Dass aufgelaufene Zahlungsrückstände uneinbringlich sind, ist regelmäßig das unternehmerische Risiko des Versorgers, der von den Möglichkeiten des Verlangens von Vorauszahlungen/ Sicherheiten keinen Gebrauch gemacht hat.
Legt man die Entscheidung des OLG Celle zu Grunde, könnte der Versorger auch demjenigen Kunden, der ‒ aus welchen Gründen auch immer, z. B. wegen einer angedrohten Einstellung der Energieversorgung ‒ den Lieferantenwechsel vollzogen hatte, solange die Gasversorgung vorenthalten, bis seine Forderungen aus vorangegangenen Energielieferungen (der Vergangenheit) befriedigt wurden.
Die Versorgungseinstellung als spezielle Ausformung des Zurückbehaltungsrechts soll den Versorger vor dem weiteren Auflaufen von unbezahlten Forderungen schützen. Es soll ihm jedoch kein Druckmittel zur Durchsetzung bereits entstandener Forderungen verschaffen.“
Und zum Schluss die wichtigste Feststellung: „Jeder einzelne Liefervertrag hat folglich einen eigenen Zweck.“
Das geplante Vorgehen des Versorgers geht deshalb ins Leere!