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Autor Thema: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG  (Gelesen 45911 mal)

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Offline Black

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« am: 27. Oktober 2011, 10:56:17 »
Der Rechtskundige wird es vermurlich schon bemerkt haben, in der aktuellen Fassung des EnWG gab es eine Änderung am § 41 EnWG.

Dort heißt es nun in Absatz 3:

Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Das bedeutet, der Gesetzgeber normiert darin ein Recht des Lieferanten einseitig die Vertragsbedingungen zu ändern und ein Recht des Kunden zur fristlosen Kündigung.

Diese Änderung dürfte dem Streit um das Bestehen von Preisanpassungsrechten neuen Zunder verleihen.
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Offline RR-E-ft

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #1 am: 27. Oktober 2011, 11:32:50 »
Zitat
Original von Black
Der Rechtskundige wird es vermurlich schon bemerkt haben, in der aktuellen Fassung des EnWG gab es eine Änderung am § 41 EnWG.

Dort heißt es nun in Absatz 3:

Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Das bedeutet, der Gesetzgeber normiert darin ein Recht des Lieferanten einseitig die Vertragsbedingungen zu ändern und ein Recht des Kunden zur fristlosen Kündigung.

Ja, ja, die Juristerei.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Lieferanten damit ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich aller Vertragsbedingungen einschließlich der Preise eingeräumt wird:

Denn dann  könnte von einer vertraglichen Bindung des Lieferanten im eigentlichen Sinne keine Rede mehr sein, da er nach Vertragsabschluss sämtliche Vertragsbedingungen einschließlich des Preises einseitig abändern könnte. Es widerspricht elementarem Vertragsrecht, wenn der Lieferant nicht an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden ist, sondern diesen unter nicht genannten Voraussetzungen und Richtlinien einseitig abändern kann. Man hätte dann die Frage zu stellen, ob von einem wirksamen Vertragsabschluss überhaupt noch die Rede sein kann. Wer meint, der Gesetzgeber hätte mit § 41 Abs. 3 EnWG die Lieferanten zu Lasten der - grundgesetzlich geschützten - Privatautonomie der Kunden jedweder Vertragsbindung enthoben, weil ein vertraglich vereinbartes Äquivalenzverhältnis nichts mehr gilt, wird deshalb mit dieser Meinung  wohl nicht richtig liegen können. Schließlich wäre eine so verstande Regelung auch schwer mit den EU- Richtlinien vereinbar, die ein hohes Maß an Verbraucherschutz im Energiebereich gebieten.

Gesetzlich normiert wird m. E. vielmehr, dass dem betroffenen Kunden für den Fall, dass dem Lieferanten im konkreten Vertragsverhältnis wirksam ein einseitiges Änderungsrecht eingeräumt wurde und ein solches wirksam ausgeübt wird, vom Gesetz jedenfalls ein - möglicherweise vertraglich unabdingbares- Sonderkündigungsrecht eingeräumt wird.

Damit räumt das Gesetz bei Lichte betrachtet nur dem betroffenen Kunden ein Sonderkündigungsrecht ein, nicht jedoch dem Lieferanten ein einseitiges Änderungsrecht.

Dabei verhält es sich nicht anders als bei einer wirksamen vertraglichen Einbeziehung des Sonderkündigungsrechts gem. § 32 AVBGasV für den Fall von Preis- und Bedingungsänderungen in einen Sondervertrag. Aus dieser konnte sich ja schließlich selbst auch schon kein uneingeschränktes Preisanpassungsrecht für den Lieferanten ergeben (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07 Rn. 35).

Ob überhaupt ein einseitiges Änderungsrecht besteht oder nicht, muss sich demnach aus dem konkreten Vertrag selbst ergeben.

AGB- rechtlich sind uneingeschränkte einseitige Bedingungs- und Preisänderungsvorbehalte jedenfalls regelmäßig unwirksam.

Zitat
BGH, Urt. v. 13.07.04 Az. KZR 10/03 unter II. 6., juris

Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarungbereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeitder Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich derin § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraumder Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einerFormularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

Erst recht kann dem § 41 Abs. 3 EnWG kein uneingeschränktes Preisanpassungsrecht des Lieferanten entnommen werden.

Das Sonderkündigungsrecht des § 41 Abs. 3 EnWG erweist sich zudem  als sinnlos, wenn der Kunde nicht zugleich die Möglichkeit hat, sich sofort von einem anderen Lieferanten beliefern zu lassen, oder jedenfalls erst einmal in die teure Grund- bzw. Ersatzvbersorgung zurück fällt.


Zitat
BGH, Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07 Rn. 35, juris:

Ein angemessener Ausgleich dieser Benachteiligung durch Einräumung eines Sonderkündigungsrechts scheitert hier außerdem daran, dass die Beklagte nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts als einziges regionales Energieversorgungsunternehmen, das leitungsgebunden an B. Haushalte Erdgas vertrieb, im streitgegenständlichen Zeitraum eine Monopolstellung innehatte, weil weitere Gasversorgungsunternehmen nicht vorhanden waren. Das Kündigungsrecht stellt deshalb für die Mehrzahl der Kunden der Beklagten, die entweder an die Entscheidung des Vermieters für den Heizenergieträger Gas gebunden sind oder selbst die Entscheidung dafür getroffen und entsprechende Investitionen getätigt haben, keine echte Alternative dar, weil sie dann nur die Möglichkeit hätten, sich von der Beklagten zu dem (regelmäßig teureren) Allgemeinen Tarif mit Gas beliefern zu lassen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 34)..

Ein Sonderkündigungsrecht kann bei Lichte betrachtet auch sonst regelmäßig die unangemessene Benachteiligung durch einen unangemessenen einseitigen Preis- und Bedingungsänderungsvborbehalt nicht ausgleichen.

Zitat
BGH, Urt. v. 21.04.09 Az. XI ZR 55/08 Rn. 37, juris:

Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kunden aus.

Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199,1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49).


Der Gesetzgeber hätte für die Rechtsanwender wie Black durchaus besser verständlich  formulieren können:

\"Ändert der Lieferant aufgrund eines vertraglichen Anpassungsrechts die Vertragsbedingungen einseitig, so  kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.\"

Er hat dieses Verständnis wohl als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt.

Der Rechtskundige erkennt:

Begründung zu § 41 Abs. 3 EnWG

Zitat
Lieferanten haben Letztverbraucher rechtzeitig, in jedem Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode und auf transparente und verständliche Weise über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungenund über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten. Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Zitat
Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter. Bereits nach geltendem Recht müssen die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung derVertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte unterrichtet werden. Auch müssen die Dienstleister ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der Abrechnungsperiode. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.

Es ging lediglich um eine Klarstellung der Verpflichtung der Lieferanten und der Rechte der Kunden. Ein bisher nicht bestehendes Preisanpassungsrecht sollte den Lieferanten  demnach nicht eingeräumt werden.

Offline Cremer

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #2 am: 27. Oktober 2011, 11:41:55 »
@RR-E-ft,

Zitat
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Lieferanten damit ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich aller Vertragsbedingungen einschließlich der Preise eingeräumt wird:

top !!
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Offline Black

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #3 am: 27. Oktober 2011, 15:04:01 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Lieferanten damit ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich aller Vertragsbedingungen einschließlich der Preise eingeräumt wird:

Denn dann  könnte von einer vertraglichen Bindung des Lieferanten im eigentlichen Sinne keine Rede mehr sein, da er nach Vertragsabschluss sämtliche Vertragsbedingungen einschließlich des Preises einseitig abändern könnte. Es widerspricht elementarem Vertragsrecht, wenn der Lieferant nicht an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden ist, sondern diesen unter nicht genannten Voraussetzungen und Richtlinien einseitig abändern kann.

Recht folgt aus Gesetzen des Gesetzgebers. In § 41 Abs. 3 EnWG wird ausdrücklich die einseitige Vertragsänderung für zulässig erklärt.

Warum sollte der Gesetzgeber auch sonst ein besonderes Kündigungsrecht für eine Situation festlegen (der Versorger ändert einseitig Vertragsbedingungen), wenn diese Situation nach Ihrer Meinung wegen rechtlicher Unzulässigkeit gar nicht eintreten kann?

Der Verweis auf BGH Rechtsprechung, die vor der Neufassung des § 41 Abs. 3 EnWG erging ist nicht zielführend, da sie sich mit dem neuen Rechtssetzungsakt des Gesetzgebers gar nicht befasst.
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Offline tangocharly

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #4 am: 27. Oktober 2011, 15:11:09 »
.... aber das alte BGB gilt schon noch weiter ;  auch bei Versorgeranwälten - oder ?
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Offline uwes

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #5 am: 27. Oktober 2011, 15:17:18 »
Zitat
Original von Black
In § 41 Abs. 3 EnWG wird ausdrücklich die einseitige Vertragsänderung für zulässig erklärt.
Das ist ja interessant. Wenn das so wäre, dann hätte doch in der Bestimmung zumindest sinngemäß formuliert sein müssen:
\"Der Versorger kann die Vertragsbedingungen ändern\".

Das ist der von Ihnen zitierten gesetzlichen Regelung aber nicht zu entnehmen.

Es dürfte sich allenfalls um eine Regelung eines gesetzlichen Kündigungsrechts handeln, für den Fall, dass der Versorger ein (bereits bestehendes) gesetzliches oder vertraglich eingeräumtes Recht zur Vertragsänderung geltend macht. Ersichtlich ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es derartige Regelungen gibt. Der Passus enthält daher keine Einräumung eines solchen Rechts sondern unterstellt, dass es solche Änderungsrechte geben kann und regelt hierfür eine Kündigungsmöglichkeit. Mehr lese ich da nicht heraus.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline Energiesparer51

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #6 am: 27. Oktober 2011, 15:39:34 »
Stellt sich die Frage, ob der Kunde dann auch fristlos kündigen muss um der Preiserhöhung zu entgehen. Bei fristloser Kündigung führt der Weg zu einem neuen Lieferanten wohl praktisch immer zu einer zeitweisen Grundverorgung, die auch nicht gerade preiswert sein dürfte.
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Offline RR-E-ft

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Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
« Antwort #7 am: 27. Oktober 2011, 15:50:03 »
@Black

§ 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG statuiert gerade kein einseitiges Anpassungsrecht für Lieferanten, sondern stellt lediglich klar, dass dem Kunden dann ein Sonderkündigungsrecht zusteht, wenn der Lieferant ein bestehendes einseitiges Änderungsrecht ausübt.

Zitat
Original von Black

Warum sollte der Gesetzgeber auch sonst ein besonderes Kündigungsrecht für eine Situation festlegen (der Versorger ändert einseitig Vertragsbedingungen), wenn diese Situation nach Ihrer Meinung wegen rechtlicher Unzulässigkeit gar nicht eintreten kann?

Sie haben mich entweder nicht richtig verstanden oder geben mich bewusst falsch wieder. Das eine wie das andere wäre zu bedauern.

Also:

Ein solches einseitiges Anpassungsrecht in einem Vertrag mit einem Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ergibt sich nicht aus dem Gesetz, kann sich jedoch aus individueller Vereinbarung oder aber wirksamer Einbeziehung einer wirksamen Anpassungsklausel in den konkreten Vertrag ergeben (vgl. nur BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2).

Soweit ein solches Recht besteht und vom Lieferanten ausgeübt wird, soll der Kunde den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen können.

Dem Haushaltskunden steht demnach auch dann ein gesetzliches Sonderkündignungsrecht zu, wenn ein einseitiges Anpassungsrecht individuell vertraglich  vereinbart wurde, ohne dafür ein Sonderkündigungsrecht vertraglich vorgesehen zu haben.  

Hierzu wurde insbesondere auch auf die (verlinkten)  Gesetzgebungsmaterialien verwiesen, aus denen sich klar ergibt, dass der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung hinsichtlich der bereits bestehenden Pflichten der Lieferanten und der bereits bestehenden Rechte der Kunden bezweckte.

Als die Anhörung im Gesetzgebungsverfahren am 06.06.11 erfolgte, war die entsprechende bestehende Rechtsprechung des BGH zu einseitigen Preisanpassungen in Verträgen mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 57-59, 65; Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 und B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 sowie Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 33 f.) zudem auch schon bekannt. Der Gesetzgeber beabsichtigte gerade nicht, an der bestehenden Rechtslage, wie sie auch in den genannten Entscheidungen des BGH zum Ausdruck kam, etwas zu ändern.


Zitat
Original von RR-E-ft

Der Rechtskundige erkennt:

Begründung zu § 41 Abs. 3 EnWG

Zitat
Lieferanten haben Letztverbraucher rechtzeitig, in jedem Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode und auf transparente und verständliche Weise über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungenund über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten. Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Zitat
Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter. Bereits nach geltendem Recht müssen die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung derVertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte unterrichtet werden. Auch müssen die Dienstleister ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der Abrechnungsperiode. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.

Es ging lediglich um eine Klarstellung der Verpflichtung der Lieferanten und der Rechte der Kunden. Ein bisher nicht bestehendes Preisanpassungsrecht sollte den Lieferanten  demnach nicht eingeräumt werden.

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« Antwort #8 am: 27. Oktober 2011, 15:56:31 »
Zitat
Original von Energiesparer51
Stellt sich die Frage, ob der Kunde dann auch fristlos kündigen muss um der Preiserhöhung zu entgehen. Bei fristloser Kündigung führt der Weg zu einem neuen Lieferanten wohl praktisch immer zu einer zeitweisen Grundverorgung, die auch nicht gerade preiswert sein dürfte.

Die Frage ist vom BGH bereits entschieden worden (vgl. BGH B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 57- 59, 65).

Fehlt es bereits an einem Preisanpassungsrecht des Lieferanten, kommt es durch die unwidersprochene Zahlung einseitig erhöhter Entgelte oder den Weiterbezug von Energie nicht zur Preisneuvereinbarung.

Besteht hingegen ein wirksames Recht zur einseitigen Anpassung im konkreten Vertragsverhältnis, so kann es zu (konkludenten) Preisneuvereinbarungen kommen, wenn der Kunde weiter Energie bezieht und den Anpassungen und darauf beruhenden Verbrauchsabrechnungen nicht in angemessener Frist widerspricht (vgl. nur BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09, Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09).

Übrigends spricht der § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG von einer Kündigung ohne Einhaltung einer Frist.
Eine Frist, innerhalb derer eine solche Kündigung erfolgen muss, ist nicht ersichtlich.

Offline Energiesparer51

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« Antwort #9 am: 27. Oktober 2011, 16:27:50 »
Meine Frage ging eher in eine andere Richtung:

Habe ich einen Vertrag, der den Lieferanten zu einer Preisänderung berechtigt, z.B. nach Ablauf einer Preisgarantie und kündigt der Lieferant eine Preisänderung an, so müsste jetzt das Recht zur Fristlosen Kündigung bestehen. Wenn ich das ausübe, um zu einem anderen Lieferanten zu wechseln, kommt es evtl. zu einer sehr kurzfristigen Beendigung des Vertrages.

Kündige ich nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt, werde ich wohl kaum über einen für einen Wechsel benötigten längeren Zeitraum vor dem Wirksamwerden der Preiserhöhung geschützt.

Ich erkenne also keinen Vorteil gegenüber jetzigen Regelungen zum Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen, z.B. nach der StromGVV oder in Anlehnung daran.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #10 am: 27. Oktober 2011, 16:33:19 »
Zitat
Original von Energiesparer51

Ich erkenne also keinen Vorteil gegenüber jetzigen Regelungen zum Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen, z.B. nach der StromGVV oder in Anlehnung daran.

Zitat
Original von RR-E-ft

Dem Haushaltskunden steht demnach auch dann ein gesetzliches Sonderkündignungsrecht zu, wenn ein einseitiges Anpassungsrecht individuell vertraglich  vereinbart wurde, ohne dafür ein Sonderkündigungsrecht vertraglich vorgesehen zu haben.

Wenn der Kunde wegen § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG berechtigt ist, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, dann kann er wohl selbst den Zeitpunkt bestimmen, zu dem der Vertrag durch diese Kündigung beendet wird.

Offline Energiesparer51

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« Antwort #11 am: 27. Oktober 2011, 16:39:16 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Wenn der Kunde wegen § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG berechtigt ist, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, dann kann er wohl selbst den Zeitpunkt bestimmen, zu dem der Vertrag durch diese Kündigung beendet wird.

Das ist unzweifelhaft richtig. Nur vermeidet er damit nicht unbedigt das Wirksamwerden der Preiserhöhung in dem Zeitraum bis zum selbst gewählten Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages.

Andere bisher übliche Regelungen ermöglichten zwar keine fristlose Kündigung, führen aber z.T. dazu, dass bei dem Kunden der ein Sonderkündigungsrecht aufgrund der Preiserhöhung ausübt, die Preiserhöhung nicht wirksam wird.
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« Antwort #12 am: 27. Oktober 2011, 16:40:49 »
Der Lieferant teilt jetzt (wie immer etwas knapp) mit, dass er die Bedingungen ab 01.11.11 einseitig anpasst.

Und der Kunde erklärt daraufhin sogleich, dass er damit nicht einverstanden ist und deshalb den Vertrag gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG zum 31.12.2017 kündigt. :D

Der betroffene Kunde hätte dann jedenfalls sowohl wirksam gekündigt als auch sogleich  zu erkennen gegeben, dass er mit der Anpassung nicht einverstanden ist.

Klar ist auch, dass dann, wenn ein einseitiges, nicht näher konkretisiertes  Anpassungsrecht besteht, die darauf beruhende  einseitige Anpassung jedenfalls einer Billigkeitskontrolle unterliegen muss (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17).

Offline Black

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« Antwort #13 am: 27. Oktober 2011, 18:23:25 »
Zitat
Original von tangocharly
.... aber das alte BGB gilt schon noch weiter ;  auch bei Versorgeranwälten - oder ?

Natürlich. Aber das speziellere EnWG geht dem allgemeinen BGB vor.

RR-E-ft hat doch sehr schön erläutert, dass es nach dem AGB-Recht des BGB eigentlich nicht möglich ist, einseitig AGB zu ändern. Und doch hat der Gesetzgeber nun für Energielieferverträge genau diesen Fall geregelt.
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Offline tangocharly

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« Antwort #14 am: 27. Oktober 2011, 18:40:41 »
Zitat
Natürlich. Aber das speziellere EnWG geht dem allgemeinen BGB vor.

Schön, diesen Kommentar werde ich mir für die nächste Auseinandersetzung über den Wirkungsbereich des § 102 EnWG merken.
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