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Autor Thema: Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde  (Gelesen 7508 mal)

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Offline Stadt/Versorger

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« am: 09. Oktober 2011, 20:41:52 »
Erstverträge gem. AVBFV haben eine Laufzeit von 10 Jahren. Dieses Vertragsverhältnis verlängert sich stillschweigend um 5 Jahre wenn nicht mit einer Frist von 9 Monaten vor Vertragsende vom Kunden gekündigt wird.
Verlängert sich die darauf folgende Vertragslaufzeit dann wieder stillschweigend um (jeweils) 5 Jahre usw.usw.?

Sollte nach 10 jähriger Erstlaufzeit ein Folgevertrag von z.B nur 3 Jahren (mit festem Vertragsbeginn und Vertragsende;ansonsten AVBFV) vereinbart worden sein,was ist dann mit der 9-monatigen Kündigungsfrist ? Setzt sich das 3 jährige Vertragsverhältnis weitere drei Jahre fort,wenn nicht mit vg.Frist gekündigt wurde,oder ist die nächste Vertragslaufzeit dann wieder 5 Jahre ?
Eigentlich sollte es bei einer fest vereinbarten 3 jährigen Vertragslaufzeit doch garkeiner Kündigung bedürfen ?
Nach Ablauf der letzt genannten Vertragslaufzeit sollte sich das Vertragverhältnis doch als Vertrag mit unbestimmter Laufzeit fortsetzen und hier dann doch andere (kürzere)
angemessene Kündigungsfristen gelten(zB. 3-6 Monate)?
Hier könnte z.B. der Kunde dann doch auf 1 jährigen Verträgen bestehen,und somit u.U. auch die Anschlußleistung des Gebäudes entsprechend anpassen ?
(letzte Frage bezieht sich insbesondere auf Vertragsverhältnis bei A+B.Zwang )

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #1 am: 10. Oktober 2011, 10:04:17 »
Erstverträge haben keine Laufzeit von 10 Jahren. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine Erstlaufzeit von zehn Jahren wirksam vertraglich vereinbart wurde. § 32 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwärmeV regelt allein eine Höchstlaufzeit. Ist eine Erstlaufzeit von zehn Jahren wirksam vereinbart, kann sich das Vertragsverhältnis  gem. § 32 Abs. 1 Satz 2 AVBFernwärmeV jeweils stillschweigend um weitere 5 Jahre verlängern, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart wurde. Wurde keine Laufzeit vereinbart, kann der Vertrag von beiden Seiten ordnungsgemäß gekündigt werden, wofür mangels anderweitiger vertraglicher Regelung die Kündigungsfrist bis zu 9 Monate betragen kann.

OLG Brandenburg, Urt. v. 10.10.07  Az. 3 U 50/07

Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist rechtskräftig, nachdem der BGH eine hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hatte.

Siehe auch:

OLG Brandenburg, Urt. v. 19.09.06 Az. 6 U 132/05

Offline Stadt/Versorger

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #2 am: 10. Oktober 2011, 13:44:08 »
Vielen Dank für die Antwort.Klar,daß Erstverträge auch wirksam vereinbart werden müssen. Habe ich abgekürzt und eher als Einleitung gedacht für die nachstehende Problematik.
Hinsichtlich der Kündigungsfristen habe ich ein bischen im Internet gesucht und bin auf nachstehenden Vortrag gestossen. 4,5 Monate werden wohl als ausreichende Kündigungsfristen angesehen bei verträgen,für die keine Kündigungsfrist bzw.feste Laufzeit vereinbart wurde.

http://scholtka-partner.de/de/vortraege/weitere_Vortraege

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #3 am: 10. Oktober 2011, 13:56:11 »
Wenn ein Fernwärmelieferungsvertrag wirksam vereinbart wurde, folgt daraus nicht automatisch, dass eine Erstlaufzeit von 10 Jahren wirksam vereinbart wurde.

Wurde jedoch eine Erstlaufzeit wirksam vereinbart, so ist innerhalb derselben das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen.
Selbiges gilt für die Zeit einer stillschweigenden Vertragsverlängerung gem. § 32 Abs. 1 Satz 2 AVBFernwärmeV.

Bei wirksamer Laufzeitvereinbarung kann der Vertrag nicht vor dem Ende der vereinbarten Laufzeit durch ordnungsgemäße Kündigung beendet werden.

Offline Stadt/Versorger

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #4 am: 10. Oktober 2011, 14:14:32 »
Soweit verständlich.Vertrag ist Vertrag.
Aber was ist den nun mit der Variante wenn ein wirksam vereinbarter Vertrag mit Datum x beendet wurde und weiterhin -wegen A+B Zwang FW abgenommen werden muß . Was kommt nach dem Tag x ? Was ist das für ein Vertragsverhältnis überhaupt,wenn keine Partei sich geäussert hat(nur die Kundenseite hat den Kündigungstermin nochmal schriftlich bestätigt)?
Es gibt doch dann keine Laufzeitvereinbaung mehr . Dann muß es doch andere Kündigungsfristen geben ? !

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #5 am: 10. Oktober 2011, 14:17:18 »
Wenn ein Vertrag - etwa durch ordnungsgemäße Kündigung -  wirksam beendet wurde, bedarf es für Fernwärmelieferungen nach Vertragsbeendigung einer neuen vertraglichen Grundlage.
Ein neuer Vertrag kann wiederum - wie schon der Erstvertrag- auch gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV konkludent geschlossen werden.

Zitat
Original von RR-E-ft
Siehe auch:

OLG Brandenburg, Urt. v. 19.09.06 Az. 6 U 132/05

Dann kommt es darauf an, ob überhaupt etwas und ggf. was in dem neuen Vertrag zur Laufzeit/ Kündigungsfristen wirksam vereinbart wurde.

Wurde in dem neuen Vertrag nichts zur Laufzeit/ Kündigungsfristen wirksam vereinbart, handelt es sich um einen unbefristeten Vertrag, der ordnungsgemäß gekündigt werden kann.

Offline Stadt/Versorger

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #6 am: 10. Oktober 2011, 15:02:08 »
Ich lese heraus wenn keine Laufzeitregelung ;keine Mindestlaufzeit,deshalb jederzeit ordentlich kündbar.
Dies dürfte auf das Vertragsverhältnisnach dem Tag X zutreffen.
Nach dem Vertragsende muß sich das FWU mit dem zulässigen Verlangen des Kunden auseinandersetzen,wenn dieser z.B. die Änderung des Anschlußwertes wünscht,(eigene Anm.insbesondere,wenn ein Nachweis für den verringerten Wärmebedarf-Gutachten- vorliegt und der Kunde dem FWU im Vorfeld mitgeteilt hat,den Vertrag nicht mehr zu den bisherigen Konditionen fortsetzen zu wollen)
Prüft das FWU den Kundenwunsch nicht, kann es nicht mehr zu den alten Konditionen abrechnen.

Bei A+B Zwang kommt dann wohl immer ein konkludenter Vertrag zustande.
Der Kunde wünscht Vertragsanpassung (z,B.Anschlußwert) das FWU reagiert nicht,bzw. lehnt ab.
Das Vertragsverhältnis besteht weiter,nichts kann vereinbart werden,weil einer(FWU) nicht will ,nichts ist wirksam vereinbart und schon ist der Boden für den nächsten Gerichtsprozess bereitet.

Da sollte wohl die AVBFV ein bischen konkretisiert werden ?

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #7 am: 10. Oktober 2011, 15:30:13 »
Auch bei Anschluss- und Benutzungszwang kann nach wirksamer Vertragsbeendigung ein neuer Vertrag mangels ausdrücklicher Vereinbarung gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV konkludent nur dadurch geschlossen werden, dass nach Vertragsbeendigung erneut Energie aus dem Verteilnetz bezogen wird.

Warum da die AVBFernwärmeV wohl ein bisschen konkretisiert werden sollte, ist nicht ersichtlich.

Zitat
Original von Stadt/Versorger

Der Kunde wünscht Vertragsanpassung (z,B.Anschlußwert) das FWU reagiert nicht,bzw. lehnt ab.
Das Vertragsverhältnis besteht weiter,nichts kann vereinbart werden,weil einer(FWU) nicht will ,nichts ist wirksam vereinbart und schon ist der Boden für den nächsten Gerichtsprozess bereitet.
???

Offline Stadt/Versorger

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #8 am: 10. Oktober 2011, 16:54:17 »
Also,daß \" erneut \"oder immer noch Energie aus dem Fernwärmenetz bei A+B Zwang bezogen werden muß ist ja leider klar,die konkludente stillschweigende Willenserklärung unter Zwang führt zur Annahme des schlüssigen Kundenverhaltens aus der Sicht des Versorgers-na super !

Ergänzungen/Änderungen AVBFV ? (prinzipiell-nicht juristisch ausgefeilt:D )

Vielleicht zu § 32 /1 : Voraussetzung für eine höchst zulässige Laufzeit von Versorgungsverträgen ist deren schriftliche Ausfertigung zwischen den Vertragsparteien.(Kündigungsfristen etc. ansonsten wie gehabt.)
Für alle anderen Verträge gilt eine Kündigungsfrist von ...3 ?... Monaten .

oder zu § 15
.........oder sich die vorzuhaltende Leistung erhöht ,oder verringert
(Anm.z.B. allein durch Vorrangschaltung für WW kann sich der Anschlußwert verringern ,ohne das Wärmedämmaßnahmen etc. zum Einsatz kommen.Zumindest nach Vertrags-ende muß dem Kunden diese Möglichkeit offenstehen.Schließlich soll die AVBFV wohl auch die Interessen der FW- Kunden schützen ?)

oder zu § 3 Der Kunde ist verpflichtet,seinen Wärmebedarf im vereinbarten Umfange aus dem verteilungsnetz des fernwärmeversorgungsunternehmens zu decken. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit ist er berechtigt Vertragsanpassung zu verlangen,wenn er nachweist,daß sich der Wärmebedarf seines Versorgungsobjektes verändert hat.

oder zu §2 /2

.....geltenden Preisen welche bei einem A+B Zwang generell gem. § 315 BGB in ihrer Gesamtheit prüfbar sind.

oder zu §24 /3

Preise können nur durch vom FWVU in den allgemeinen Anschlußbedingungen veröffentlichten Preisänderungsklauseln verändert werden.

(Das wollte der Gesetzgeber wohl auch ? Sh u.a auch AGFW unter Fernwärmeversorgungsunternehmen)

\"Sinn der Übung\" sollte eine Verordnung sein,die auch die Kunden und die FWVU eindeutig verstehen und auch die Juristen (?) (Zwei Juristen,drei Meinungen ?:evil: )

Offline RR-E-ft

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« Antwort #9 am: 10. Oktober 2011, 17:49:14 »
@Stadt/Versorger

Ziemlicher Kauderwelsch. ;)

Nach Ablauf einer vereinbarten Vertragslaufzeit, wenn eine solche denn wirksam vereinbart wurde, ist der Vertrag beendet.
Ist der Vertrag jedoch beendet, bestehen keine vertraglichen Rechte und Pflichten aus diesem mehr und kann der Vertrag deshalb auch nicht mehr angepasst werden.  

Die Regelungen der AVBFernwärmeV folgen einer Systematik und inneren Logik, auch wenn sich diese nicht jedem auf Anhieb erschließen will.
So ist zB. nicht gewollt, dass alle Verträge eine einheitliche Laufzeit oder Kündigungsfrist haben.

Offline Stadt/Versorger

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Kündigung des Fernwärmevertrages durch Kunde
« Antwort #10 am: 10. Oktober 2011, 18:27:42 »
@ RR-E-ft

Kauderwelsch hin oder her ?

Ist die AVBFV wirklich so aufgebaut und mit innerer Logik versehen ? Mag sein ,ich kann das als jur. Laie schlecht beurteilen.

Es scheint mir allerdings,daß auch juristisch ausgebildete
Personen damit wohl auch so ihre Schwierigkeiten haben,wenn ich mir Begründungen anschaue ,die von Juristen in Bezug auf z.B. AVBFV § 4 abgegeben werden, um dort Preisänderungsrechte herauszulesen .

Gesetze sind schließlich -wohl meistens- dazu da,damit solche \"volkszugehörigen Typen wie ich-also Laien- die Gesetze befolgen(können). Dazu muß man diese aber auch verstehen(können),dann kann man diese auch befolgen.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #11 am: 10. Oktober 2011, 18:46:18 »
Die Geltung der Gesetze hat mit der Volkszugehörigkeit nicht viel zu tun.
Die AVBFernwärmeV ist nicht unbedingt unverständlicher als andere gesetzliche Regelungen auch.
Von irgendetwas müssen die Juristen schließlich auch leben.  ;)

Weil sie nicht Fliesenleger geworden sind, leben viele Juristen davon, Gesetze auszulegen.

Offline Stadt/Versorger

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« Antwort #12 am: 10. Oktober 2011, 18:59:04 »
Der letzte Satz ist richtig gut !:) Sehen Sie das meine ich damit ! Klar ausgedrückt und auch für Laien -ohne juristische Kenntnisse- gut zu verstehen.;)

 

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