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Autor Thema: Androhung der Versorgungssperre  (Gelesen 4944 mal)

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Offline Jojo

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Androhung der Versorgungssperre
« am: 14. Oktober 2005, 15:02:57 »
Hallo Forum,

wie viele von euch habe auch ich bei meinem Gasversorger, der entega Darmstadt, Wiederspruch gegen die Gaspreiserhöung mit dem bekannten Musterschreiben gestellt.
Anlass war die Verbrauchsabrechnung im Juni 2005 worauf wir, obwohl weniger Gas verbraucht, 500 Euro nachzahlen sollten.
Die erste unverschämtheit war, dass man eigenständig den Abrechnungszeitraum verkürzt hat (Grund der Entega: man wolle die Abrechnungszeiträume von Strom und Gas gleich setzen). Der Witz daran, der Abrechnungszeitraum bezog sich auf die Monate November bis Anfang Juni, also die Zeit, in der am meisten im Jahr geheizt wird. Da sich die Abschlagszahlungen aber auf das ganze Jahr verteilen hätten sich die angeblichen Mehrverbräuche durch den anstehenden Sommer, ohne Heizung wieder armotisiert. Unser jährlicher Gasverbrauch sinkt seit zwei Jahren kontinuierlich.

Die Entega antwortete auf unseren Wiederspruch, dass der § 315 bei uns keine Anwendung finde, da die Preiskonditionen durch Abschluss des bestehenden ENTEGA Komfort Gas Sonderabkomens mit uns vertraglich vereinbart wurden und somit eine Einigungüber den Preis sowie die Preisanpassung vorliegt. Wir haben  mit der entega nie einen Vertrag abgeschlossen, sondern nur mit der Südhessischen Gas und Wasser AG (diese wurde von der entega übernommen).
In diesem Vertrag steht:\"Die voorgenannten Erdgaspreise sind an die Kostenentwicklung gebunden. Eine Änderung der preisbestimmenden Faktoren bedingt eine Änderung der o.g. Preise.\"

Mittelerweile hat er die Zurücksetzung auf die alte, monatliche Abschlagssumme zwar aktzeptiert und wir haben alle Monatsabschläge dementsprechend bezahlt, offen ist aber immer noch die Verbrauchsabrechnung  für Juni. Diese haben wir bisher nicht bezahlt, weil wir keine Abrechnung zum alten Gaspreis vorliegen haben - obwohl mehrfach angefordert.

Die entega wiederum hat nun alle Zahlungen einfach auf die ältesten offenen Posten gebucht - d.h. die nicht aktzeptierte Nachzahlung ist abgegolten und wir erhallten nun mehrfach Mahnungen für die Folgemonate - die wir aber pünktlich bezahlt haben.

Inzwischen liegen uns auch schon zwei Androhungen der Versorgungssperre vor. Hier haben  wir - auch lt. Musterschreiben - EInspruch eingelegt und Hausverbot erteilt.

Fragen an das Forum:
Liegt bei unserem Vertrag nun eine Preisgleitklausel vor und können wir dadurch nicht vom §315 gebrauch machen?
Wer hat auch Erfahrungen mit der Entega in Darmstadt gemacht und kann uns darüber berichten.
Darf die Entega unsere Monatsabschläge einfach Zweckentfremden und zur Begleichung einer wiedersprochenen  Rechnung verwenden?
Wer würde sich eine Sammelklage gege die Entega anschließen?

Danke Euch im vorraus
Jojo

Offline RR-E-ft

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Androhung der Versorgungssperre
« Antwort #1 am: 14. Oktober 2005, 15:13:41 »
@Jojo

Es handelt sich um keine Preisgleitklausel, sondern eine Preisanpassungsklausel, die wegen Intransparenz gem. § 307 BGB unwirksam sein könnte, im Übrigen § 315 BGB unterfällt.

Das gilt auch für Sonderverträge LG Potsdam, RdE 2004, 304, umfassend mein Aufsatz in der WuM 9/2005, S. 547 ff., dort auch Urteile AG München etc pp..

Wenn Sie die Musterschreiben verwandt hatten, geht aus diesen eindeutig hervor, dass eine anderweitige Verrechnung unzulässig ist.

Fragen Sie also noch einmal an, ob es sich nicht vielleicht doch um ein Versehen handelt:

 http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=1568

Dies sonst weiter notwendigen Schritte sind Ihnen hier aus dem Forum bestens bekannt.




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Graf Koks

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Androhung der Versorgungssperre
« Antwort #2 am: 14. Oktober 2005, 15:17:52 »
@Jojo:

Die Preisgleitklausel ist schon nach § 307 BGB unwirksam, weil völlig instransparent und unbestimmt.

Sie sollten unbedingt den Sockelbetrag, also den sich aus dem gemessenen Verbrauch nach dem ALTEN Arbeitspreis ergebenden Betrag errechnen und begleichen. Zwar ist nach LG Köln RdE 2004 S. 306 dem Grunde nach bei Erhebung der Unbilligkeitsrüge des § 315 Abs. 3 BGB kein Zahlungsanspruch des Versorgers fällig (also auch nicht der Sockelbetrag), aber diese weitgehende Rechtsfolge mag vielen Gerichten zu weit gehen.

Übersenden Sie dem Versorger die Gegenrechnung. Mahngebühren und Verzugszinsen sind mangels Fälligkeit nicht zu entrichten. Wenn Sie eine eigene Tilgungsbestimmung per Musterschreiben vorgegeben haben, ist eine anderweitige Verrechnung unzulässig.


Mit der Zahlung des Sockelbetrages ziehen Sie Ihrem Versorger dann auch den Zahn, weil er nur noch wegen des auf die Preiserhöhung entfallenden Entgelts klagen könnte. Zugleich ist dann die Sperrandrohung rechtlich vom Tisch. Hinterlegen Sie gleichwohl eine Schutzschrift beim zuständigen Amtsgericht.


M.f.G. aus Berlin
Graf Koks

Offline RR-E-ft

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Androhung der Versorgungssperre
« Antwort #3 am: 14. Oktober 2005, 15:27:48 »
@Graf Koks:

Eine Preisgleitklausel meint eine Berechnungsformel, die hier nicht vorliegt.

Neben Preisgleitklauseln unterscheidet man noch Preisanpassungs- oder Preisänderungsklauseln.

@JoJo

Die alten Preise natürlich weiterzahlen aus bekannten Gründen  unter Vorbehalt.





Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Cremer

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Androhung der Versorgungssperre
« Antwort #4 am: 14. Oktober 2005, 19:08:26 »
@Jojo,

Schreiben an die Entega, dass eine Aufrechnung mit alten Forderungen aus denm vergangenen Jahreszeitraum ausdrücklich untersagt wird.

Bei den weiteren Abschlagzahlungen auf der Überwesiung vermerken für welchen Zeitraum diese Überweisung ist.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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gerd@cremer-kreuznach.de

 

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