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Autor Thema: Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...  (Gelesen 36142 mal)

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Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #75 am: 10. März 2011, 15:13:12 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn die bisherige Tarifbestimmung unbillig war, dann verbleibt für zurückliegende Zeiträume wohl nur die Möglichkeit, die betroffenen Kunden wegen einer gerichtlichen Ersatzbestimmung zu verklagen. Jedenfalls dann, wenn der Versorger Zahlung beanspruchen wollte. Dies folgt unmittelbar aus § 315 Abs. 3 BGB (vgl. nur BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Das bedeutet, der Versorger müßte in dem von mir gewählten Beispiel nach Ihrer Auffasssung alle seine Kunden (mit Ausnahme von Kunde 1 und Kunde 2) verklagen.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #76 am: 10. März 2011, 15:24:42 »
@Black

Es bedeutet zunächst, dass Sie unaufmerksam lesen. ;)

Bringen Sie erst mal die Antwort, wie der Grundversorger nun als ehrbarer Kaufmann verfährt, wenn er selbst feststellt oder sogar vom Gericht festgestellt bekommen hat, dass seine bisherige Tarifbestimmung jedenfalls nicht ordnungsgemäß war und der Tarif deshalb bisher überhöht ist.

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #77 am: 10. März 2011, 15:33:46 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Bringen Sie erst mal die Antwort, wie der Grundversorger nun als ehrbarer Kaufmann verfährt, wenn er selbst feststellt oder sogar vom Gericht festgestellt bekommen hat, dass seine bisherige Tarifbestimmung jedenfalls nicht ordnungsgemäß war und der Tarif deshalb bisher überhöht ist.


Nein.

Es ging zuletzt darum, ob eine Preisspaltung zulässig ist. Mein Beispiel belegt, dass eine solche Preisspaltung durch unterschiedliche Urteile eintreten kann.

Das Thema kann natürlich abgehakt werden, wenn es keine Gegenargumente mehr gibt.

Auch meine Folgefrage an Sie, ob denn der Versorger in diesem Fall alle anderen Kunden verklagen muss habe ich vor Ihrer Gegenfrage, wie sich der Grundversorger in dieser Situation als ehrbarer Kaufmann sonst noch so verhalten könnnte, gestellt.
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Offline RR-E-ft

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #78 am: 10. März 2011, 15:38:08 »
@Black

Es bleibt festzustellen, dass Sie unaufmerksam lesen.

Meine Frage nach dem Verhalten des Grundversorgers (als ehrbarer Kaufmann) ist schon vom gestrigen Tage, 20.31 Uhr.
Zu verweisen ist auf meinen vorhergehenden Beitrag vom gestrigen Tage, 13.18 Uhr.  

Ich merke schon, dass Sie sich wohl unter einem Grundversorger als ehrbaren Kaufmann wenig vorstellen können, weshalb Ihnen die Antwort schwer fällt, wie der sich verhält, wenn er feststellt, dass sein Tarif bisher - aus Versehen- zu hoch kalkuliert ist, die Tarifbestimmung nicht ordnungsgemäß ist.

Soll der Grundversorger nach seiner entsprechenden Feststellung, dass der Tarif bisher zu hoch kalkuliert ist, den falsch kalkulierten Tarif den betroffenen Kunden einfach weiter zur Abrechnung stellen, also darauf vertrauen, dass die betroffenen Kunden den Schwindel nicht bemerken und auch der Staatsanwalt ein Brett vor dem Kopf hat [BGH 5 StR 394/08] ?!

Das hätte jedenfalls nichts mit einem ehrbaren Kaufmann zu tun. Von einer entsprechenden Anstiftung wäre dringend abzuraten.

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #79 am: 10. März 2011, 16:02:50 »
Der Versorger könnte den aktuellen Preis anpassen und für die Vergangenheit denjenigen Kunden, die den Preisanpassungen widersprochen und damit keinen neuen Preis vereinbart haben eine Erstattung anbieten.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #80 am: 10. März 2011, 16:07:22 »
Zitat
Original von Black
Der Versorger könnte den aktuellen Preis anpassen und für die Vergangenheit denjenigen Kunden, die den Preisanpassungen widersprochen und damit keinen neuen Preis vereinbart haben eine Erstattung anbieten.


@Black

Wieso könnte?

Es besteht immerhin eine gesetzliche Tarifanpassungspflicht zugunsten der Kunden (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Und wieso nur denjenigen, die widersprochen hatten?

Der Versorger hatte seinen Fehler bisher nicht bemerkt.
Dann können die betroffenen Kunden den Fehler bisher noch weniger erkannt haben.

Weshalb will der Versorger nun denjenigen, die nicht widersprochen hatten, erst noch einen von ihm als zu hoch kalkuliert erkannten Preis zur Abrechnung stellen und sodann von ihnen kassieren?!

Schließlich hatte der doch seine zugunsten der Kunden bestehende gesetzliche Tarifanpassungspflicht (fahrlässig) verletzt, welche die Vermögensinteressen der betroffenen Kunden schützen soll.
Ohne die Pflichtverletzung des Grundversorgers wäre es nie zu dem überhöhten Tarif gekommen.

Und schließlich hat der Grundversorger nun positive Kenntnis, dass seine bisher getroffene Tarifbestimmung gesetzwidrig war, unbillig ist und deshalb für die betroffenen Kunden auch nicht verbindlich sein kann, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Es ging um den ehrbaren Kaufmann!

Offline Black

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« Antwort #81 am: 10. März 2011, 16:16:08 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Wieso könnte?

Konjunktiv. Da fiktiver Fall.[/quote]



Zitat
Original von RR-E-ft
Und wieso nur denjenigen, die widersprochen hatten?

Weshalb will der Versorger nun von denjenigen, die nicht widersprochen hatten, erst noch einen von ihm als zu hoch kalkuliert erkannten Preis kassieren?!

Wenn wir von Rückzahlung sprechen, dann muss der Kunde schon gezahlt haben. Es kann von einem künftigen Kassieren also dann nicht die Rede sein.

Nach Rechtsprechung des BGH wird der vom Kunden unwidersprochene Preis zum vereinbarten Preis, was Rückzahlungsansprüche für die Vergangenheit ausschließt.
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« Antwort #82 am: 10. März 2011, 16:26:46 »
@Black

Der Grundversorger hat festgestellt, dass sein Tarif bisher zu hoch kalkuliert ist, etwa weil er aus Versehen Tarifanpassungen zugunsten der Kunden unterlassen hatte.

Für die Zukunft muss er den Tarif deshalb entsprechend gesetzlicher Verpflichtung schnellstmöglich absenken bzw. anpassen (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Statt Konjunktiv deshalb kategorischer Imperativ!

Das kann nur einheitlich gegenüber allen grundversorgten Kunden erfolgen, §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG.

Es gibt aber auch noch die bisher nicht abgeschlossene Abrechnungsperiode, zu welcher folglich die Abrechnungen erst noch zu erstellen sind.

Wie verfährt er damit?

Soll der Grundversorger für die nicht abgeschlossene Abrechnungsperiode den - als solchen erkannt - zu hoch kalkulierten Tarif weiter  zur Abrechnung stellen
und darauf hoffen, dass die betroffenen Kunden es nicht bemerken [BGH 5 StR 394/08] ?!

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #83 am: 10. März 2011, 16:38:06 »
Relevant ist aus meiner Sicht, wenn der Versorger schnellstmöglich absenkt, tatsächlich nur die Frage, was mit den noch nicht abgerechneten Zeiträumen zu passieren hat.


Bei Kunden die der aktuellen Preisfestlegung nicht widersprochen haben würde der Preissockel bis zur dann anstehenden Senkung als vereinbarter Preis noch weitergelten.

Denkbar wäre auch eine rückwirkende Absenkung, wobei ich noch nicht sicher bin, ob das zulässig wäre.
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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #84 am: 10. März 2011, 18:57:26 »
@Black

Festzuhalten ist zunächst, dass schnellstmöglich eine Preisanpassung vorgenommen werden muss undzwar nach §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG und somit für alle grundversorgten Kunden und deshalb ohne jedwede Unterscheidung zwischen  Bestandskunden und Neukunden.


Zitat
Original von Black
Bei Kunden die der aktuellen Preisfestlegung nicht widersprochen haben würde der Preissockel bis zur dann anstehenden Senkung als vereinbarter Preis noch weitergelten.

Das ist natürlich gehöriger Unfug.
Der Versorger ist zur Anpassung zugunsten der Kunden gesetzlich verpflichtet (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Und diese gesetzliche Verpflichtung zur Preisanpassung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG bestand natürlich schon in der aktuellen Abrechnungsperiode, ohne dass eine vertragliche Preisvereinbarung dem entegenstehen konnte.

Denn in der laufenden Abrechnungsperiode war der Tarif ja bereits zu hoch kalkuliert und damit nicht ordenungsgemäß, wovon der Versorger ja nunmehr auch positive Kenntnis hat.

In dieser Situation darf - unabhängig von der Absenkung für die Zukunft - für die laufende Abrechnungsperiode der überhöhte Tarif jedenfalls nicht mehr zur Abrechnung gestellt werden.

Gerade dies könnte ja die Betrugsstrafbarkeit der Verantwortlichen begründen [BGH 5 StR 394/08], weil die betroffenen Kunden hierdurch über die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung und die Ordnunsgemäßheit der Tarifkalkulation getäuscht werden.

Der Tarif ist jedoch - dem Versorger bekannt - von ihm fehlerhaft zu hoch festgesetzt worden und kann deshalb von den betroffenen Kunden in dieser Höhe gar nicht vertraglich geschuldet sein.  

Die betroffenen Kunden können allenfalls den Tarif schulden, den der Grundversorger bereits  in der Abrechnungsperiode aufgrund seiner gesetzlichen Preisbestimmungspflicht zutreffend hätte festlegen müssen.

Bei gerichtlicher Ersatzbestimmung muss es auch nicht zu einer Preisspaltung kommen.

Der Grundversorger macht schließlich nichts verkehrt, wenn er bei unterschiedlich ausgefallenen Ersatzbestimmungen den dabei ausgeworfenen niedrigsten Preis gegenüber allen betroffenen grundversorgten Kunden zur Anwendung bringt.

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #85 am: 10. März 2011, 19:13:16 »
Achja, Ihr neues Steckenpferd...die überall lauernde Betrugsstrafbarkeit.  :rolleyes:

Wenn ein Preis vertraglich vereinbart ist und seit dieser Vereinbarung keine Änderung der Kostenfaktoren eingetreten ist, dann kann dieser Preis bis zur Anpassung auch abgerechnet werden.

Die fehlerhafte Kalkulation wird durch die Preisneuvereinbarung geheilt.

Zitat
Original von RR-E-ft
Bei gerichtlicher Ersatzbestimmung muss es auch nicht zu einer Preisspaltung kommen.

Muss nicht, kann aber. Und weil es kann, ist eine Preisspaltung nicht generell ausgeschlossen.

In dem der BGH auch noch davon ausgeht, dass jede unwidersprochene Preisanpassung zu einem vereinbarten Preis führt, hat er die Möglichkeiten der Preisspaltungen geradezu potenziert. Denn was dem einen Kunden recht ist, ist dem anderen vielleicht nicht billig..
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Offline tangocharly

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« Antwort #86 am: 10. März 2011, 19:27:13 »
Zitat
In dem der BGH auch noch davon ausgeht, dass jede unwidersprochene Preisanpassung zu einem vereinbarten Preis führt, hat er die Möglichkeiten der Preisspaltungen geradezu potenziert. Denn was dem einen Kunden recht ist, ist dem anderen vielleicht nicht billig..

Hört, hört - die Glocken von Rom.

Was beim BGH unsinnig ist, das ist\'s bei @black erst recht.

Nur weiter so.  Schade eigentlich, dass Gas-Ball nicht mitliest - der hätte sicher seine Freude.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #87 am: 10. März 2011, 19:39:41 »
Zitat
Original von Black

Zitat
Original von RR-E-ft
Bei gerichtlicher Ersatzbestimmung muss es auch nicht zu einer Preisspaltung kommen.

Muss nicht, kann aber. Und weil es kann, ist eine Preisspaltung nicht generell ausgeschlossen.

In dem der BGH auch noch davon ausgeht, dass jede unwidersprochene Preisanpassung zu einem vereinbarten Preis führt, hat er die Möglichkeiten der Preisspaltungen geradezu potenziert. Denn was dem einen Kunden recht ist, ist dem anderen vielleicht nicht billig..


@Black

Na da haben Sie doch selbst die gewichtigen Argumente dafür geliefert, dass die Senatsrechtsprechung insoweit gelinde gesagt irre ist, wenn sie in diesem Bereich von Preisvereinbarungen und Preisneuvereinbarungen ausgeht.

Denn bei Lichte betrachtet besteht jederzeit eine gesetzliche Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht des Grundversrgers gem. § 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG zum Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden.

Der Grundversorger ist den grundversorgten Kunden gegenüber jederzeit zur Preisbestimmung und -anpassung verpflichtet, so dass § 315 BGB unmittelbar zur Anwendung kommt.

Vom Grundversorger als zu hoch erkannte, fehlerhaft gebildete Tarife müssen entsprechend gesetzlicher Verpflichtung abgesenkt werden.
 
Sie dürfen aber auch nicht mehr gefordert bzw. abgerechnet werden.
 
Wer die Abrechnungen einfach wie bisher mit dem fehlerhaft zu hoch kalkulierten Tarif weiter laufen lässt, obschon er erkannt hat, dass der Tarif fehlerhaft zu hoch kalkuliert wurde, kann sich wegen Betruges strafbar machen [BGH 5 StR 394/08].

Der 5. Strafsenat des BGH knüpfte die Betrugsstrafbarkeit gerade daran an, dass der Tarif als zu hoch kalkuliert erkannt wurde und man diesen als zu hoch kalkulierten Tarif einfach weiter zur Abrechnung stellte. Die betrugsrelevante konkludente Täuschung, welche zu selbstschädigenden Vermögensverfügungen der Abrechnungsempfänger durch vorbehaltlose, vollständige Zahlungen führt, wurde dabei allein in dem Zur- Abrechnung - Stellen der als solches erkannt gesetzwidrig zu hoch kalkulierten Tarife geshen. Nicht anders kann es liegen, wenn ein Grundversorger erkennt, dass er - entgegen gesetzlicher Verpflichtung - bisher Tarifanpassungen zugunsten der Kunden unterlassen hatte und seine getroffene Tarifbestimmung allein deshalb bisher gesetzwidrig fehlerhaft ist.

Zitat
BGH KZR 2/07 Rn. 26

Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist

Senkt der Grundversorger den Tarif also erst verpätet ab, so vertsößt er auch hierdurch gegen seine entsprechende gesetzliche Verpflichtung.
Der Grundversorger darf sich den finanziellen Vorteil aus einem solchen Verstoß gegen seine gesetzliche Verpflichtungen gerade nicht zu Lasten der betroffenen Kunden erhalten oder auch nur zu erhalten trachten.  
Darin läge gerade der Abrechnungsbetrug gem. § 263 StGB [BGH 5 StR 394/08].

Der Grundversorger hat es in der Hand, dass es zu keiner Preisspaltung kommt.
Er kann den Tarif jedenfalls  für alle betroffenen Kunden jeweils auf diejenige gerichtliche Ersatzbestimmung einstellen, die den niedrigsten Tarif ergab.

Offline Black

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« Antwort #88 am: 11. März 2011, 10:06:34 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Der 5. Strafsenat des BGH knüpfte die Betrugsstrafbarkeit gerade daran an, dass der Tarif als zu hoch kalkuliert erkannt wurde und man diesen als zu hoch kalkulierten Tarif einfach weiter zur Abrechnung stellte. Die betrugsrelevante konkludente Täuschung, welche zu selbstschädigenden Vermögensverfügungen der Abrechnungsempfänger durch vorbehaltlose, vollständige Zahlungen führt, wurde dabei allein in dem Zur- Abrechnung - Stellen der als solches erkannt gesetzwidrig zu hoch kalkulierten Tarife geshen.

Wenn ein Preis vertraglich vereinbart wurde, dann kann er nicht mehr \"fehlerhaft\" sein. Insbesondere kann in der Abrechnung eines vereinbarten Preises keine Täuschung mehr vorliegen.

Sollte ein Strafsenat mit den zivilrechtlichen Wertungen des BGH brechen wollen, dann fehlt es immer noch am Vorsatz, da ein EVU gegenwärtig zu Recht annehmen darf, einen vereinbarten Preis auch abrechnen zu dürfen, wenn sich seit der Vereinbarung keine neuen Kostenänderungen ergeben haben.
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« Antwort #89 am: 11. März 2011, 10:14:00 »
@Black

Der Versorger hat doch selbst erkannt, dass der Tarif von ihm fehlerhaft gesetzwidrig zu hoch kalkuliert wurde und deshalb eine gesetzliche Preisanpassungspflicht zugunsten der betroffenen Kunden besteht, bei Lichte betrachtet sogar schon länger bestand.

Es gibt keinerlei vertragliche Vereinbarung mit grundversorgten Kunden, die dieser gesetzlichen Verpflichtung zur Preisanapssung entgegen stehen könnte, weil eine solche vom Grundversorger bei Lichte betrachtet schon überhaupt nicht getroffen werden darf.

Oder meinen Sie, der Grundversorger könnte sich durch vertragliche Abreden mit einzelnen grundversorgten Kunden seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Tarifanpassung zu gunsten der Kunden entledigen?!

Na das wäre ja mal was.

Selbst wenn es möglich wäre [Konjunktiv des eigentlich Undenkbaren], durch vertragliche Vereinbarung mit grundversorgten Kunden die gesetzliche Bindung des Tarifs an den Maßstab der Billigkeit aufzuheben, würde es hierfür jedenfalls einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede mit den betroffenen Kunden bedürfen. Eine solche besteht indes jedenfalls nicht.  

Zu keinem Zeitpunkt besteht eine vertragliche Preisvereinbarung, welche der gesetzlichen Tarifanpassungspflicht des Grundversorgers zugunsten der betroffenen Kunden entgegen stehen könnte.

Es ist schließlich gerade die gesetzliche Verpflichtung des Grundversorgers, den Tarif so früh als möglich zugunsten der betroffenen Kunden anzupassen [BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].


Zitat
BGH KZR 2/07 Rn. 26

Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist

 

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