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Autor Thema: Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...  (Gelesen 36183 mal)

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Offline tangocharly

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #60 am: 09. März 2011, 20:50:21 »
Zitat
Von unentgeltlicher Belieferung ist tatsächlich keine Rede und eine solche hat auch niemand behauptet.


Ein sehr beliebtes Totschlags-Argument, das mit der Sockelpreisproblematik nichts zu schaffen hat, ebenso wenig mit der Billigkeitsprüfung.

Wer den zulässigen Preis bezahlen will, und keine Margen von 10 % und mehr, der will Energie für umme (Oh Herr, schmeiß Hirn runter ....)
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline superhaase

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #61 am: 09. März 2011, 21:35:52 »
Zitat
Original von tangocharly
(Oh Herr, schmeiß Hirn runter ....)
... äh, sie wirken etwas kopflos ... wohin denn damit?

... fragt ein Foren-Gott ...  :D
8) solar power rules

Offline bolli

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #62 am: 10. März 2011, 08:30:20 »
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von bolli
Hm, mich würde immer noch die Antwort von Black zu diesen zwei Konstellationen interessieren
Zitat
Original von RR-E-ft
Der unterschiedliche Prüfungsumfang bei Widersprüchen verschiedener grundversorgter Kunden (abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Frage, ob bereits früher Widersprüche erfolgten) würde zu unterschiedlichen der Billigkeit entsprechenden Preisen für die betroffenen Kunden führen, jedenfalls führen können, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
und
...

Die Rechtsprechung kann sich immer nur auf einzelne konkrete Sachverhalte zwischen einzelnen Prozessparteien beziehen. Es ist rechtlich einem Gericht gar nicht möglich einen Preis für alle Kunden verbindlich auszuurteilen. Die verbindliche Billigkeitsprüfung und Preisfestlegung des Gerichtes ist daher immer nur zwischen dem konkret am Prozess beteiligten Kunden und dem EVU möglich.
Sie versuchen sich heraus zu winden.  ;)

Fangen wir doch mal bei Frage eins an:
1.) Sind Sie auch der Meinung das es für EIN Gebiet und einen darin liefernden Grundversorger nur EINEN Allgemeinen Preis geben kann ?

Falls ja, wäre Frage 2 interessant (die übrigens RR-E-ft früher auch schon mal konstruiert hat):
2.) Kunde A schließt am 01.01.xx beim EVU einen Gasgrundversorgungsvertrag zum gültigen (meinetwegen Sockel-) Preis X ab. Das EVU  erhöht seinen Preis am 01.04.xx und am 01.07.xx um jeweils 1 (neuer Preis also X+2, den nennen wir nun Y). A widerspricht beiden Preispreiserhöhungen mit dem Unbilligkeitseinwand.
Am 01.09.xx schließt Kunde B, der Nachbar von A ist, beim gleichen Unternehmen (logisch  ;) ) ebenfalls einen Grundversorgungsvertrag zum derzeit gültigen (Sockel-)Preis Y ab. Das Unternehmen erhöht am 01.10.xx nochmals um 1 und beide Kunden widersprechen dieser Erhöhung mit Unbilligkeitseinwand.

Nun kommt es zum Prozess: Das Gericht stellt fest, dass ALLE 3 Preiserhöhungen nicht der Billigkeit entsprachen und nur 50% gerechtfertigt gewesen wären.

Nun die Frage: Würde dann in Zukunft der allgemeine Preis für A lauten: X+3/2 und der für B dann X+2+1/2  und somit würde zukünftig mit 2 unterschiedlichen Allgemeinen Preisen für diese beiden Kunden weitergerechnet ?

Auch wenn diese Frage seinerzeit nicht beim BGH zur Entscheidung anstand ist es nicht nur sein Recht sondern auch seine Pflicht, sich über solche Fragen seiner Rechtssprchung als Folge Gedanken zu machen und zwar bitteschön, BEVOR er was unausgegohrenes verbreitet.

Ich freue mich auf Ihre Antwort, black.

Offline tangocharly

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #63 am: 10. März 2011, 09:48:24 »
Wohl so gemeint:

der allgemeine Preis für A = X+(3/2) und der für B = X+2+(1/2) ?


@superhaase
Gerade dann,  wenn es dort wo es hin muß, auch manchmal hohl klingt, aber ein Behältnis findet sich allemal     =)

@Black
Sie sind natürlich nicht gemeint. Ihre Beträge widerlegen per se.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #64 am: 10. März 2011, 10:23:18 »
Zitat
Original von bolli
Zitat
Original von Black
Die Rechtsprechung kann sich immer nur auf einzelne konkrete Sachverhalte zwischen einzelnen Prozessparteien beziehen. Es ist rechtlich einem Gericht gar nicht möglich einen Preis für alle Kunden verbindlich auszuurteilen. Die verbindliche Billigkeitsprüfung und Preisfestlegung des Gerichtes ist daher immer nur zwischen dem konkret am Prozess beteiligten Kunden und dem EVU möglich.
Sie versuchen sich heraus zu winden.  ;)

Fangen wir doch mal bei Frage eins an:
1.) Sind Sie auch der Meinung das es für EIN Gebiet und einen darin liefernden Grundversorger nur EINEN Allgemeinen Preis geben kann ?

Stellen Sie sich vor, zwei Kunden in der Grundversorgung  klagen unanhängig voneinander gegen den selben Versorger im selben Netzgebiet auf Feststellung der Unbilligkeit des aktuellen Lieferpreises und Neufestsetzung eines billigen Preises durch das Gericht.

Kunde 1 landet mit seiner Klage bei Richter 1
Kunde 2 landet mit seiner Klage bei Richter 2

Richter 1 legt den Preis im Urteil nach billigem Ermessen mit 14,5 ct/kWh fest. Richter 2 legt den Preis in seinem Urteil mit 15,5 ct/kWh fest. Beide Urteile werden rechtskräftig.

Dann haben Sie Ihre Preisspaltung.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #65 am: 10. März 2011, 10:47:29 »
Zitat
Original von tangocharly
Der Richter, ein aufmerksamer Mensch, der sich die Erkenntnisse des VIII. BGH-Senats zur Brust genommen hatte und fröhlich bekundete dass ja alles höchstrichterlich entschieden sei und damit eine Rechtsmittelzulassung abwegig, stellte fest:

(1)der Anfangspreis stellt den Sockelpreis dar. Dieser sei nach der BGH-Rechtsprechung nicht der Billigkeitsprüfung zugänglich !
(2)Die Jahresrechnung des EVU, nach dem Übergang in die Grundversorgung, sei auch nicht überprüfbar, weil das EVU in der Zwischenzeit ja seine Preise nicht geändert habe !!

Also das sind die Kapriolen, die die Rechtsprechung des VIII. BGH-Senats mit seiner nicht mehr vermittelbaren Rechtsprechung ausgelöst hat (geschweige denn, dass das EVU zwar die Preise nicht geändert hatte – aber vielleicht hätte ändern müssen – so die absolut herrschende Rechtsprechung des BGH bei Kostensenkungen).

Also wenn das die höhere Logik der „Sockelrechtsprechung“ ist, dann sehe ich für die Rechtfertigung einer nach den Vorgaben der §§ 36, 1 u.2. EnWG ausgerichteten Preisbestimmung durch die EVU\'s mehr als black.

Und das überrascht Sie, dass ein Richter am Amts- oder Landgericht der Rechtsprechung des BGH folgt?

Der Anwalt des betreffenden Kunden wäre haftungsrechtlich sogar verpflichtet gewesen seinen Mandanten darauf hinzuweisen, dass der Fall nur zu gewinnen wäre, wenn das Gericht von der Rechtsprechung des BGH abweicht. Das ist zwar möglich aber wenig wahrscheinlich.

Und selbst wenn das passiert wäre, wäre der Versorger vermutlich in die nächsten Instanzen gegangen, notfalls bis zum BGH, was die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges noch einmal mindert.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #66 am: 10. März 2011, 11:25:18 »
Zitat
Original von superhaase
Das ist ja das Traurige, dass sich hoch gebildete Leute, die es in ein Richteramt geschafft haben, nicht bemüßigt fühlen, einfachste logische Denkvorgänge nachzuvollziehen, (...)

Auch ein Amtsrichter ist doch nicht an offensichtliche Irrtümer des BGH gebunden.

Im Juni 2011 wird der Sockelpreis 4 Jahre alt. Das betreffende 1. Urteil des BGH in dieser Sache stammt nämlich aus Juni 2007. Seither hat es Deutschlandweit nicht ein einziges Gericht gegeben, dass eine Gesamtpreiskontrolle unabhängig vom Sockel vorgenommen hat. Und Prozesse darüber gab es nicht gerade wenig.

Es müssen also sämtliche betroffenen deutschen Richter mit Blindheit geschlagen sein.


Zitat
Original von superhaase

Über den OLG steht doch angeblich nur mehr der blaue Himmel. ;)
Wo ist das Selbstbewusstsein der OLG-Richter geblieben?

ciao,
sh

Die Zeiten sind vorbei. Jede zulässige Revision landet nun beim BGH. Den größten Spielraum hat derzeit der Amtsrichter bei einem streitwert unter 600,- EUR.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #67 am: 10. März 2011, 12:23:31 »
@Black

Der Sockelpreis wird, sofern er nicht vorher unter die Räder kommt, 4 Jahre alt?
Herzlichen Glückwunsch.

Zur Erinnerung:

Die sog. Große Sozialistische Oktoberrevolution nach der Revolte im November 1917 brachte es auf gefeierte 70 Jahre. Nun sagt man, Lenin war ein Verbrecher und Terrorist, dessen Leichnam auch begraben gehört.
Man feierte auch noch 40 Jahre DDR und dann war urplötzlich Schluss.
Nur weil die Berliner Mauer es sogar auf 27 Jahre gebracht hatte, muss sie nicht richtig und rechtens gewesen sein....

Will heißen, manches Unrecht währt lange.
Aber am Ende hält es dann eben doch nicht.  

Zutreffend wird nicht gegen jedes Urteil, bei dem die Revision zugelassen wurde, dann auch Revision zum BGH eingelegt.
Und deshalb ist etwa das Urteil des OLG Stuttgart vom 30.12.2010 zur Billigkeitskontrolle von Strompreisänderungen auch rechtskräftig geworden.

Wir wollen hier zur Abwechslung mal gar nicht von den Grundversorgern reden, die ihren Kunden betrügerische Abrechnungen schicken, weil die Tarife gesetzwidrig zu hoch kalulkuliert  und deshalb auch die Abrechnungen nicht ordnungegmäß sind.

Bleiben wir also bei den ehrbaren Kaufleuten unter den Grundversorgern, die es immer noch geben soll.


Zitat
Original von RR-E-ft

@Black


Was macht nun der redliche Grundversorger, der nunmehr feststellt, dass er ihm mögliche Tarifanpaasungen zugunsten der Kunden, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18] bisher - aus Versehen -  unterlassen hatte und deshalb die getroffene Tarifbestimmung nicht (mehr) ordnungsgemäß und der Tarif deshalb jedenfalls zu hoch kalkuliert ist?

Trifft er nicht unverzüglich eine neue Tarifbestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG für alle grundversorgten Kunden?

Und wenn er sie trifft, darf er dann dabei eine Preisspaltung gegenüber Bestands- und Neukunden vornehmen?

Ich meine, bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG sei eine entsprechende Preisspaltung zwischen Bestands- und Neukunden jedenfalls unzulässig.

Dies gilt für sämtliche Tarifanpassungen bei bestehender gesetzlicher Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Und tatsächlich hat doch noch nie ein Grundversorger bei einer einseitigen Preis(neu)bestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG eine Preisspaltung gegenüber Bestands- und Neukunden vorgenommen, sondern jedenfalls alle grundversorgten Kunden jeweils über ein und den selben Kamm geschoren bzw. auch über ein und den selben Löffel balbiert.

Offensichtlich erkennbar:

Die einseitige Preis(neu)bestimmung des Grundversorgers gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG gegenüber allen grundversorgten Kunden kennt keinen Preissockel und keine Preisvereinbarungen mit einzelnen grundversorgten Kunden.

Entgegenstehende vertragliche Preisvereinbarungen mit grundversorgten Kunden wären soagar ganz offensichtlich gesetzlich unzulässig, also schlichterdings gesetzwidrig.

Und gesetzwidrigem Verhalten sollte man nicht das Wort reden.
Auch wenn es tausendfach gerichtlich bestätigt wurde, so wie etwa mit sog. Republikflucht- Urteilen in der DDR.

Offline superhaase

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #68 am: 10. März 2011, 13:54:37 »
Zitat
Original von Black
Es müssen also sämtliche betroffenen deutschen Richter mit Blindheit geschlagen sein.
... oder zumindest mit einem Mangel an Logikverständnis.
Aber da wären diese Richter ja nicht ganz allein. ;)

Im Ernst: ich wundere mich wirklich über die Richterschaft, insbesondere hier in München.
Ich glaube, ich hatte immer viel zu viel Respekt vor dem Berufsethos und der Integrität dieser Berufsgruppe.
Scheinbar ist es damit aber auch nicht weiter her als beim mäßigen Durchschnitt.

Ich glaube inzwischen, dass die Richter einfach nicht an eine echte Billigkeitskontrolle herangehen wollen. Sie haben Angst davor, weil Sie sich damit überfordert fühlen, oder sie sind schlicht zu faul dazu. Da kommen ihnen die abstrusen Urteile des BGH-VIII gerade Recht, um die Energieverbraucher wieder nach Hause zu schicken, die sie eh nur als lästige Querulanten betrachten.  :P

ciao,
sh
8) solar power rules

Offline RR-E-ft

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #69 am: 10. März 2011, 14:12:34 »
Vortrefflich wäre es, wenn in der Sache weiter diskutiert wird.
Glaubensfragen, Wunder(ungen) und Verwunderungen lassen sich andernorts diskutieren.  ;)

Offline bolli

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #70 am: 10. März 2011, 14:24:46 »
Zitat
Original von Black
Stellen Sie sich vor, zwei Kunden in der Grundversorgung  klagen unanhängig voneinander gegen den selben Versorger im selben Netzgebiet auf Feststellung der Unbilligkeit des aktuellen Lieferpreises und Neufestsetzung eines billigen Preises durch das Gericht.

Kunde 1 landet mit seiner Klage bei Richter 1
Kunde 2 landet mit seiner Klage bei Richter 2

Richter 1 legt den Preis im Urteil nach billigem Ermessen mit 14,5 ct/kWh fest. Richter 2 legt den Preis in seinem Urteil mit 15,5 ct/kWh fest. Beide Urteile werden rechtskräftig.

Dann haben Sie Ihre Preisspaltung.
Neben der Tatsache, dass solche Sachverhalte vielleicht der Grund sind, gleichartige Verfahren zu bündeln (bei uns am AG bei einem Amtsrichter), gibt\'s da auch andere Möglichkeiten, sich abzustimmen, trotz richterlicher Unabhängigkeit. Schließlich gibt es auch am BGH der Großen Senat als letzte Instanz, falls unterschiedliche Meinungen der Senat zu bestimmten Problemstellungen auftreten.

SIE vertreten also die Auffassung, dass es in EINEM Netzgebiet bei EINEM Grundversorger und ansonsten gleichen Kosten MEHRERE (beliebig viele) unterschiedliche Allgemeine Preise geben kann ? (ja oder nein reicht).

Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #71 am: 10. März 2011, 14:33:29 »
Zitat
Original von bolli
Neben der Tatsache, dass solche Sachverhalte vielleicht der Grund sind, gleichartige Verfahren zu bündeln (bei uns am AG bei einem Amtsrichter), gibt\'s da auch andere Möglichkeiten, sich abzustimmen, trotz richterlicher Unabhängigkeit. Schließlich gibt es auch am BGH der Großen Senat als letzte Instanz, falls unterschiedliche Meinungen der Senat zu bestimmten Problemstellungen auftreten.

Es gibt aber keine Pflicht zur Bündelung oder Abstimmung. Bei einem größeren Netzgebiet könnten sogar verschiedene Amtsgerichte zuständig sein. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass der von mit geschilderte Fall eintritt.

Zitat
Original von bolli
SIE vertreten also die Auffassung, dass es in EINEM Netzgebiet bei EINEM Grundversorger und ansonsten gleichen Kosten MEHRERE (beliebig viele) unterschiedliche Allgemeine Preise geben kann ? (ja oder nein reicht).

Der von mir geschilderte Fall zeigt doch, dass es passieren kann, dass ein Versorger dazu verpflichtet wird.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #72 am: 10. März 2011, 14:36:47 »
@bolli

Grundversorger selbst dürfen die Preise nicht spalten.

Das Beispiel von Black mit Richter 1 und Richter 2 zeigt bei Lichte betrachtet nur, dass die veröffentlichten Allgemeinen Preise des verklagten Grundversorgers jedenfalls unbillig und deshalb für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich waren und lediglich für Kläger 1 und Kläger 2 eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB getrooffen wurde, es für alle anderen betroffenen Kunden demnach dabei verbleiben muss, dass die einseitige Preisbestimmung dieses Grundversorgers jedenfalls bisher unwirksam ist, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Nicht ohne Grund sehen §§ 108, 102, 103 EnWG eine Konzentratsionswirkung bei einem Spruchkörper vor, wenn der Streit darum geht, ob der Grundversorger mit seiner einseitigen Preis(neu)bestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG seine gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG tatsächlich erfüllt hat.

Offline Black

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« Antwort #73 am: 10. März 2011, 14:40:10 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Das Beispiel von Black mit Richter 1 und Richter 2 zeigt nur, dass die veröffentlichten Allgemeinen Preise jedenfalls unbillig und deshalb für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich waren und lediglich für Kläger 1 und Kläger 2 eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB getrooffen wurde, es für alle anderen betroffenen Kunden demnach dabei verbleiben muss, dass die einseitige Preisbestimmung dieses Grundversorgers jedenfalls bisher unwirksam ist, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Aha. Und wie ist dann für all diese anderen Kunden der Preis zu bestimmen? Muss jetzt jeder Einzelne verklagt werden um eine gerichtliche Festlegung für ihn persönlich zu erreichen?

Zitat
Original von RR-E-ft
Nicht ohne Grund sehen §§ 108, 102, 103 EnWG eine Konzentratsionswirkung bei einem Spruchkörper vor, wenn der Streit darum geht, ob der Grundversorger mit seiner einseitigen Preis(neu)bestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG seine gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG tatsächlich erfüllt hat.

Erzählen Sie das mal dem OLG Celle, OLG Köln oder OLG FFM  :rolleyes:
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #74 am: 10. März 2011, 14:45:40 »
@Black

Wie halten es denn nun die ehrbaren Kaufleute unter den Grundversorgern mit ihrer gesetzlichen Preisbestimmungspflicht gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, wenn sie merken, dass die bisherige Tarifbestimmung fehlerhaft und der Tarif deshalb bisher überhöht ist ?!

Interessant vielleicht gerade auch dann, wenn - wie in Ihrem Besipiel - auch schon Gerichte festgestellt haben, dass deren bisherige Preisbestimmung gegenüber grundversorgten Kunden jedenfalls nicht der Billigkeit entsprachen und deshalb für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich sind.

Schließlich kommt ja bekanntlich die Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB - wie in Ihrem Beispiel -  nicht schon dann in Betracht, wenn die Frage der Billigkeit offen geblieben ist, sondern nur dann, wenn die Unbilligkeit entweder vom Versorger im Prozess eingeräumt wurde oder aber durch Beweisaufnahme vom Gericht positiv festgestellt wurde (BGH VIII ZR 240/90 am Ende).

Zitat
Original von RR-E-ft

@Black

Zitat
Original von RR-E-ft  

Der Grundversorger  bleibt schließlich gesetzlich verpflichtet, die bisher unterlassene Tarifanpassung zugunsten der grundversorgten Kunden so schnell als möglich nachzuholen (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].  

Das kann er jedoch nur durch eine, in die Zukunft gerichtete Preisneufestsetzung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, die für alle grundversorgten Kunden gleichermaßen Wirkung entfaltet.

Der Versorger kann sich gerade nicht darauf zurückziehen, die betroffenen Kunden hätten bisher nicht gemerkt, dass die bisher getroffene Tarifbestimmung nicht ordnungsgemäß ist, der Tarif überhöht ist, und diesen weiter zur Abrechnung stellen und bei den betroffenen Kunden einfordern (BGH 5 StR 394/08].

Wenn der Grundversorger nunmehr feststellt, dass er bisher ihm durchaus mögliche Tarifanpassungen zugunsten der Kunden [ganz aus Versehen] unterlassen hatte, sein Tarif deshalb schon länger überhöht ist, muss er ihn nunmehr jedenfalls schnellstmöglich absenken (BGH 5 StR 394/08] undzwar gegenüber allen grundversorgten Kunden, unabhängig davon, wann der Vertragsabschluss erfolgte.  

Dies ergibt sich unmittelbar aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG.   Der Versorger kann also nicht sagen, er senke den Allgemeinen Preis nur gegenüber bestimmten grundversorgten Kunden (Bestandskunden) ab, nicht jedoch gegenüber anderen grundversorgten Kunden (Neukunden).  Sagen könnte er es schon, aber er dürfte es jedenfalls nicht in die Tat umsetzen. Denn eine solche Preisspaltung zwischen Bestands- und Neukunden wäre in der Grundversorgung  jedenfalls gesetzlich unzulässig.

Wenn die bisherige Tarifbestimmung unbillig war, dann verbleibt für zurückliegende Zeiträume wohl nur die Möglichkeit, die betroffenen Kunden wegen einer gerichtlichen Ersatzbestimmung zu verklagen. Jedenfalls dann, wenn der Versorger insoweit Zahlung beanspruchen wollte. Dies folgt unmittelbar aus § 315 Abs. 3 BGB (vgl. nur BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Die genannten OLG haben offensichtlich nicht erkannt, dass der Streit der Parteien um die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG geht, wohl weil sie es sich nicht bei Lichte betrachtet hatten.

 

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