Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Preisintransparenz begründet Staatshaftung für Verbraucher bei verlorenen Billigkeitsprozessen  (Gelesen 13853 mal)

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Offline bolli

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Zitat
Original von RR-E-ft
Der deutsche Gesetzgeber hat dem grundversorgten Kunden nicht nur die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle aufgrund einer Preisbestimmungspflicht einseitig festgesetzter Preise eröffnet, sondern ihm zugleich die Alternative eröffnet, den Versorger zügig zu wechseln.

Der betroffene Kunde kann für sich selbst unter diesen gleichwertig nebeneinander stehenden Alternativen wählen.
Bei der Gesetzgeberrolle stimme ich Ihnen ja noch zu, ABER der Rest ist doch wohl derzeit graue Theorie.
- Bisher gibt es leider kein Höchstgerichtliches Urteil, welches eine Billigkeitskontrolle des GESAMTEN einseitig festgesetzten Preises bei grundversorgten Kunden bejaht, dem VIII. BGH-Senat sei Dank.

- Die Alternative ist zwar vorhanden, aber nicht gleichwertig, da im Sondervertragsverhältnis der Preis vereinbart wird und somit nicht der Billigkeitspflicht unterliegt. Hier geht\'s nur auf dem Weg \"Friss Vogel oder stirb\". Das ist aus meiner Sicht keine Alternative.

Zitat
Original von RR-E-ft
Nach meiner festen Überzeugung hat der Gesetzgeber für alle Verfahren, die die Frage betreffen, ob ein Grundversorger seiner Preisbestimmungspflicht gem. § 36 Abs. 1 EnWG unter Beachtung von §§ 2, 1 EnWG tatsächlich entsprochen hat, mit §§ 102, 106, 108 EnWG eine ausschließliche Zuständigkeit besonderer Spruchkörper begründet, und zudem gem. § 103 EnWG die Möglichkeit der Konzentration über Landgerichtsbezirke hinweg, ja wohl selbst über Ländergrenzen hinweg eröffnet. Diese Konzentration der Rechtsprechung soll zum einen die Kompetenz bestimmter Spruchkörper in diesem Zusammenhang stärken und zudem eine Zerfaserung der dabei anzuwendenden Beurteilungsgrundsätze verhindern.
Wieder stimme ich Ihrer Überzeugung bezüglich der Arbeit des Gesetzgebers bei.
ABER: Wer hält sich denn noch an diese Zuständigkeit. Die Untergerichte entscheiden mittlerweile massenhaft über Verfahren, die die Billigkeit in Grundversorgungsverhältnissen betreffen und Berufungsgerichte bestätigen solche Entscheidungen bezüglich der Zuständigkeit. Selbst der BGH bastelt mittlerweile ja neue eigene Zuständigkeiten, damit auch ja der VIII. Senat bei den Energiefragen entscheidet, egal ob nun Sondervertrag oder Grundversorgung und somit Zuständigkeit nach EnWG normalerweise beim Kartellsenat. Das geht ja schon soweit, dass selbst Revisionen gegen Entscheidungen von Kartellsenaten der OLG\'s entgegen der Geschäftsordnung, die hier ja wohl ebenfalls den Kartellsenat als zuständig ansieht, an den VIII. Senat zur Entscheidung gegeben werden.
So geschehen in den Verfahren VIII ZR 178/09 und VIII ZR 295/09
Mal sehen was \"Ihre\" Verfassungsbeschwerde (im Fall gegen die Stadtwerke Erfurt) und ein mögliche EU-Gerichtsverfahren ergeben, aber bisher sind die Umsetzungen des Gesetzgeberwillens (natürlich nur nach unserer Ansicht) doch wohl eher bescheidenen, ohne dass man da allzuviel entgegen zu setzen hätte

Armer Staat, wenn sich die Gerichtsbarkeit in dieser Weise verselbstständigt.

@Lothar Gutsche
Sie sagen
Zitat
Die Nichtexistenz eines verbraucherschutzfreundlichen Rechtsweges belegt gerade das Versagen der deutschen Bundesregierungen und der zugehörigen Parlamente, eine gerechte und zügige Beilegung von Streitfällen bei der Gasversorgung zu ermöglichen, wie es die Gas-Richtlinie von 2003 forderte. Da muss erst die EU mit der Gas-Richtlinie 2009 kommen und den Aufbau von Schlichtungsstellen spätestens zum 3.3.2011 verbindlich vorschreiben. Weder die hoch bezahlten Ministerialbeamten noch die Politiker haben überhaupt die Idee dazu entwickelt und in ein Gesetzgebungs- oder Verordnungsverfahren eingebracht. Zur Wiederholung zitiere ich nochmals aus dem Anhang I zur RICHTLINIE 2009/73/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Juli 2009:

Die Energieverbraucher müssen
Zitat
Zitat:
transparente, einfache und kostengünstige Verfahren zur Behandlung ihrer Beschwerden in Anspruch nehmen können. Insbesondere haben alle Kunden Anspruch auf eine gute Qualität der Dienstleistung und die Behandlung ihrer Beschwerden durch ihren Gasversorger. Diese Verfahren zur außergerichtlichen Einigung müssen eine gerechte und zügige Beilegung von Streitfällen, vorzugsweise innerhalb von drei Monaten ermöglichen und für berechtigte Fälle ein Erstattungs- und/oder Entschädigungssystem vorsehen. Sie sollten, soweit möglich, den in der Empfehlung 98/257/EG der Kommission vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten(3) dargelegten Grundsätzen folgen

Wann haben die Verbraucherschützer und Interessenvertreter wie der Bund der Energieverbraucher so etwas vorgeschlagen? Für die Anwaltschaft wäre natürlich eine lukrative Einnahmequelle über viele Instanzen weggefallen. Verbindliche Klärung von Streitfragen innerhalb von drei Monaten, wo kommen wir dahin? Womöglich noch ohne Beteiligung des etablierten Justizapparates? Wirksamer, kostengünstiger, leicht zugänglicher Verbraucherschutz, was ist das das?

Auch hier hört sich die Theorie gut an.
ABER: In NRW gibt es seit dem Jahr 2000 ein vorgeschriebenes Schlichtungsverfahren in bestimmten Fällen BEVOR eine Klage erhoben werden kann (vor allem bei geringen Klagewerten und Nachbarschaftsstreitigkeiten). Es sollte die Gerichte von der Klageflut entlasten, die oft wegen \"Nichtigkeiten\" betrieben werden und den normalen Bürger davor bewahren, wegen Kleinigkeiten vor Gericht zu landen.
Nach meinen Erkenntnissen hat dieses Gesetz seinen Sinn bei weitem nicht gerecht werden können, da immer noch sehr viele Verfahren nach dem Schlichtungsverfahren vor Gericht landen.

Auch in unserem Fall der Energieversorgung ist doch wohl nicht davon auszugehen, dass sich die Energieversorger so ohne weiteres \"die Butter vom Brot nehmen lassen\". Und von daher würde ein verbraucherfreundliches Verfahren (also vermutlich weniger formell) aus meiner Sicht letztendlich nicht zum Ziel führen, da die Versorger letztendlich weiterhin \"auf Teufel komm raus\" den Weg bis zum Ende gehen würden und somit das gesamte Verfahren letztlich nur noch weiter verlängert würde. Und mit einer kürzeren Entscheidung (also möglicherweise weniger Instanzen) muss nicht zwangsläufig besser sein, da man im Falle der Niederlage natürlich als Kunde auch weniger Widerspruchsrechte hätte.

Ich sehe diesen Weg nicht als besser an, habe aber zugegebenermaßen auch keine bessere Lösung.  :(

Offline RR-E-ft

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Es ist müßig das Thema des Threads weiter zu diskutieren, wenn die Grundlagen für einen Haftungsanspruch nach dem allgemeinen Schadenserecht nicht ersichtlich sind.

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Zur angeblich \"grauen Theorie\".
Wir haben uns an die materielle Rechtslage zu halten, wie der Gesetzgeber sie uns in Gesetzestexten vorgibt.
Und auch Gerichte sind nach dem Grundgesetz an diese gebunden.

Dass Richter diese Rechtslage verkennen, liegt zuweilen daran, dass gar nicht mehr die Gesetze gelesen werden, sondern ein Richter ohne zu Hinterfragen andere Entscheidungen abschreibt, nach dem Motto, das wurde schon oft so entschieden.
Deshalb muss es jedoch noch lange nicht richtig sein.
Oft pflanzt sich nur Denkfaulheit fort.

Vor solchen Richtern, die das materielle Recht, welches der Gesetzgeber in Gesetzestexten vorgibt, nicht mehr selbst ergründen und anwenden, muss man sich fürchten. Denn sie sind furchtbar.
Furchtbar sind auch ihre Sprüche, die sie als Ergebnis einer angeblichen Rechtsfindung auswerfen.

Es ist Aufgabe der Rechtsanwälte als unabhängige Organe der Rechtspflege, die Gerichte in betreffenden Verfahren dazu anzuhalten, die Gesetze zu lesen und zutreffend anzuwenden.  
Dafür sind die Anwälte als Prozessbevollmächtigte verantwortlich.
Und auch daran mangelt es leider allzu oft.

Ich habe zum Beispiel gestern auf einen einstweiligen Rechtsschutzantrag einen unanfechtbaren Beschluss eines Gerichts erwartet. Als dieser ausblieb, habe ich den Richter angerufen. Dabei stellte sich heraus, dass dieser einen unanfechtbaren Beschluss zu Lasten meiner Mandanten beabsichtigte. Als ich mir dies nicht erklären konnte und deshalb nachfragte, stellte sich ziemlich schnell heraus, dass dieser Richter (wie auch dessen Vertreter) die ganze Zeit für die Bearbeitung des Falles mit einem total veralteten Gesetzestext arbeitete. Nachdem er darauf hingewiesen wurde, hat er seinen Irrtum bemerkt und sogleich den beantragten unanfechtbaren Beschluss zugunsten meiner Mandanten erlassen.

Man möchte meinen, so etwas dürfe eigentlich nicht passieren.
Es passiert jedoch ständig.

Unde deshalb nochmals:

Es ist die Aufgabe der Prozessbevollmächtigten, den Richtern die zu beachtende materielle Rechtslage, die uns der Gesetzgeber vorgibt, deutlich vor Augen zu führen, damit die Richter die Gesetze zutreffend anwenden.
Damit sollte auch die Rolle der Rechtsanwälte als Prozessbevollmächtigte in Gerichtsverfahren klar umrissen sein.
Sie dienen dem Recht, welches der Gesetzgeber uns vorgegeben hat.

Offline RR-E-ft

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Ich persönlich halte es nicht für uangebracht, wenn Rechtsanwälte in der Verhandlung den Gesetzestext aufschlagen, laut und deutlich mit Betonung vorlesen und sich durch Nachfrage einen Überblick darüber verschaffen, welche Unklarheiten diesbezüglich beim Spruchkörper etwaig noch bestehen.

Das mag zwar den Eindruck eines Oberlehrers vermitteln, hilft aber zuweilen nicht anders.

Tatsache ist, dass Prozessbevollmächtigte oft in die mündliche Verhandlung eines Billigkeitsprozesses gehen, den Text des Energiewirtschaftsgesetzes überhaupt nicht dabei haben, ihn deshalb nicht vorlesen können, ihn zuweilen auch selbst noch gar nicht gelesen haben, sondern allenfalls vorangegangene Gerichtsentscheidungen dazu gelesen haben.

Dann jedoch können sie der ihnen gestellten  Aufgabe im Prozess gar nicht gerecht werden.
Solche Anwälte haben dann den Richtern nichts vorzuwerfen!

Das beste Rechte ist deshalb jenes, welches man selbst in die Tasche stecken  oder unter dem Arm mit sich herumtragen, zur Not den Richtern vor die Füße werfen kann, auf dass sie ihm Beachtung schenken müssen, um nicht selbst zu Fall zu kommen. So wurde es uns jedenfalls beigebracht. Und wir sind froh darüber, dass es uns so beigebracht wurde.

Nicht verlassen darf man sich auf den Satz:

iura novit curia (da mihi facta, dabo tibi ius).

Offline PLUS

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Original von RR-E-ft
Ich persönlich halte es nicht für uangebracht, wenn Rechtsanwälte in der Verhandlung den Gesetzestext aufschlagen, laut und deutlich mit Betonung vorlesen und sich durch Nachfrage einen Überblick darüber verschaffen, welche Unklarheiten diesbezüglich beim Spruchkörper etwaig noch bestehen.

Man solle das regelrecht verpflichten und dabei die Richter nicht vergessen!  Also Antrag auf Ergänzung der ZPO etc. pp. stellen!

Ansonsten hilft zur Entspannung manchmal Juristenlatein oder ein \"Fachbuch\" dazu zu lesen. ;)

Offline RR-E-ft

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@PLUS

Der Beitrag war keinesfalls dazu angetan, um für Erheiterung zu sorgen.
Es ist ein sehr ernstes Anliegen.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht nur im Grundgesetz, sondern auch in den Verfahrensordnungen verankert.

Dazu zählt auch, dass man sein rechtliches Anliegen in mündlicher Verhandlung vortragen kann.
Und dazu wiederum zählt auch, dass man die Gesetzesnormen, auf die es nach der eigenen Rechtsauffassung für die Streitentscheidung ankommt, mit dem Gericht erörtert.

Und diese Erörterung gelingt nun einmal am besten, wenn man den Gesetzestext zu Hand nimmt und anhand des selben seine eigene Rechtsüberzeugung zum Vortrag bringt.

Das kann wohl niemandem verwehrt werden, ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist auch dann verletzt, wenn sich das Gericht über solchen Vortrag einer Partei hinwegsetzt, ohne diesen zu erörtern.

Jedenfalls ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn vorn auf der Richterbank Richter sitzen wie die berühmten drei Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

Ein Gericht, dass sich verweigert, den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen, zu erörtern und seiner Entscheidungsfindung zu Grunde zu legen, ist es jedenfalls nicht wert, den Streit zu entscheiden, und als befangen abzulehnen.

So sieht es die vom Gesetzgeber vorgegebene Prozessordnung vor.
Die sollte man für alle Fälle in aktueller Ausgabe auch bei sich führen.

Offline Black

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Original von RR-E-ft
Dazu zählt auch, dass man sein rechtliches Anliegen in mündlicher Verhandlung vortragen kann.
Und dazu wiederum zählt auch, dass man die Gesetzesnormen, auf die es nach der eigenen Rechtsauffassung für die Streitentscheidung ankommt, mit dem Gericht erörtert.

Wobei ich schon viele Gerichte erlebt habe, deren Vorstellung von einer Hauptverhandlung darin besteht kurz die derzeitige Rechtsauffassung des Gerichtes zu verkünden und relativ unwillig auf den Wunsch nach inhaltlicher Erörterung reagiert.

Andere Richter bevorzugen es auch gerne  völlig unvorbereitet  mit bestenfalls rudiementären Kenntnissen vom Sachverhalt in die Verhandlung zu ziehen, mit dem Hinweis die Rechtslage sei völlig offen und die Parteien mögen sich daher doch bitte vergleichen. Hier kann man zwar inhaltlich  argumentieren aber in der Regel bleibt dann beim Richter nichts hängen.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Ja so etwas kommt einem zuweilen vor. Furchtbar!
Ebenso wie 10- Minuten- Termine auf der Terminsrolle.

Dem muss seitens der Anwaltschaft entschieden entgegen getreten werden.

Der Ablauf einer mündlichen Verhandlung richtet sich nicht nach den Wünschen eines Gerichts (oder dessen Mittagspause), sondern nach der Prozessordnung.

Jede Partei muss ausreichend Gelegenheit haben, das Gericht mit eigenen Argumenten zu überzeugen und muss damit gehört werden.

Wenn man also etwas zu sagen hat, verlangt man das Wort und trägt vor, ob es dem Gericht gerade passt oder nicht.  
Zur Not muss die mündliche Verhandlung unterbrochen und für eine Fortsetzung vertagt werden.  

Man kann wohl verlangen, dass eigene vorgetragene Rechtsaufassungen, sofern sie nicht bereits in vorbereitenden Schriftsätzen enthalten sind, in das Protokoll über die mündliche Verhandlung aufgenommen werden.
Das Gericht darf sie dann bei Meidung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs auch nicht in seiner Entscheidung übergehen.

Und deshalb ist es richtig und wichtig, für alle Fälle auch den Text, wenn nicht gar die Kommentierung zur Prozessordnung in aktueller Auflage bei sich zu führen.

Prozessbevollmächtigte Rechtsanwälte sind es den vertretenen Parteien schuldig, deren Anliegen umfassend Gehör vor Gericht zu verschaffen.
Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte der vertretenen Partei auch gegenüber dem Gericht gewahrt werden.


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Nun sind wir aber weit abgekommen von Lothar Gutsche´s neuer These, die eigentlich den Kern der Diskussion bilden sollte. Mea culpa.

Offline Lothar Gutsche

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Original von RR-E-ft
Der Themenstarter vertritt die These, eine Preisintransparenz würde eine Staatshaftung für Verbraucher bei verlorenem Billigkeitsprozess begründen. Hört sich gut an.

Der Beitrag dazu ist recht umfangreich geraten, lässt jedoch Wesentliches vermissen.

Wenn es um Haftungsansprüche geht, stellt sich zunächst immer die Frage nach einem konkreten Schaden und nach einer haftungsbegründenden sowie nach einer haftungsausfüllenden Kausalität.

Möglicherweise kann uns der Vertreter der o. g. These deshalb zunächst aufzeigen, wie man nach seiner Auffassung den Schaden im konkreten Einzelfall ermittelt und worin die haftungsbegründete und die haftungsausfüllende Kausalität im konkreten Einzelfall zu suchen sein sollten.

Es ist leider so, dass nicht alle im Schadensrecht im Allgemeinen und im Staatshaftungsrecht im Besonderen gut besattelt sind.
Zunächst einmal habe ich im Schlußsatz meines Eingangsbeitrags darauf hingewiesen, dass der betroffene Energieverbraucher unbedingt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen sollte. Dieser Anwalt sollte sich dank seiner Ausbildung zum Volljuristen hinreichend gut im Schadensrecht und im Staatshaftungsrecht auskennen. Mir als Laien in der Gas-Grundversorgung kommt es schon als Schaden vor, wenn mir bei einem Billigkeitsstreit als Beklagter um z. B. 500 Euro gekürzte Gasrechnungen laut Gerichtsurteil vom Energieversorger die Billigkeit bewiesen wird und ich obendrein 15.000 Euro Gutachterkosten tragen müsste.

Nach Ihrem sehr vernünftigen Vorgehen ließen sich die hohen Sachverständigenkosten und sogar die übrigen Verfahrenskosten durch ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO vermeiden. Dann gäbe es überhaupt keinen Schaden. Falls ich doch die Gerichtskosten tragen müsste, weil ich \"durch mein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben\" habe, dann wären die Gerichtskosten mein Schaden. Im Sinne der Transparenz aus der europäischen Gas-Richtlinie wären diese Gerichtskosten aber vermeidbar, wenn ich vor Beginn des Prozesses oder besser schon bei der 1. Kürzung meiner Gasrechnung hätte erkennen können, ob der Preis billig ist oder nicht.

Wie der User „__hp__“ in seinem Beitrag vom 27.12.2010 unter http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=77495#post77495 zeigte, habe ich mangels Informationen überhaupt keine Anhaltspunkte über die Billigkeit oder Unbilligkeit des Gaspreises bei meinem Versorger. Sobald ich meine Gasrechnung wegen vermeintlicher Unbilligkeit kürze, die Unbilligkeit einwende und von meinem Versorger deswegen verklagt werde, stürze ich mich in der Sprache von „__hp__“ blind in das Gerichtsverfahren und kann überhaupt nicht den Prozessausgang vorhersehen. Wäre die Gas-Richtlinie 2003/55/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2003 in Deutschland auch in Bezug auf den Verbraucherschutz umgesetzt worden, dann hätte ich mir den Schaden in Form vermeidbarer Gerichtskosten erspart.


Zitat
Original von RR-E-ft
Wie aufgezeigt betrifft ein Vertragsverletzungsverfahren nur Unterlassungen unseres Gesetzgebers.

Es ist hingegen wohl ungeeignet, eine ungenügende Umsetzung der vom deutschen Gesetzgeber bereits geschaffenen materiellen Rechtlage durch die nationalen Gerichte zu korrigieren.

Letztere ist jedoch das eigentliche Problem.

Dafür wiederum kann man keine Regierung veranwortlich machen, weil sie die Rechtsprechung selbst nun einmal nicht in der Hand hat.
Im Eingangsbeitrag dieses Threads hatte ich in Abschnitt 5 die Entscheidung EuGH, C-224/01, Slg. 2003, I-10239ff., vom 30. September 2003, siehe z. B. bei http://lexetius.com/2003,1907, zitiert. Nach dieser Entscheidung zu dem Universitätsprofessor Gerhard Köbler kann auch aus judikativem Unrecht ein Schadenersatzanspruch resultieren: Demnach sind die EU-Mitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden verpflichtet, die einem Einzelnen durch ihnen zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts besteht, sofern die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.  

Wenn also der BGH gegen europäische Richtlinien verstößt und mir daraus ein Schaden entsteht, dann könnte ich daraus einen Schadenersatz gegen die Bundesrepublik Deutschland ableiten. Natürlich muss ich den Verstoß und die Kausalität für meinen Schaden nachweisen. Das würde ich nur unter Zuhilfenahme eines versierten Rechtsanwaltes tun.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von Lothar Gutsche
Im Eingangsbeitrag dieses Threads hatte ich in Abschnitt 5 die Entscheidung EuGH, C-224/01, Slg. 2003, I-10239ff., vom 30. September 2003, siehe z. B. bei http://lexetius.com/2003,1907, zitiert.

Zitiren ist ein erster Schritt.
Man muss die zitierte Entscheidung jedoch auch auswerten.

Demnach kommt eine Staatshaftung wegen einer letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung nur in Betracht, wenn

1.

eine europäische Norm dem Einzelnen unmittelbar einen Anspruch verleiht,

2.

der Einzelne sich in einem Verfahren vor dem nationalen Gericht auf die Verletzung dieses ihm durch eine europäische Norm eingeräumten Rechts beruft,

3.

das nationale letztinstanzliche Gericht die Frage hierüber nicht dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegt,

4.

der Einzelne deshalb durch das letztinstanzliche nationale Gericht tatsächlich in einem solchen Recht verletzt ist,

5.

der Verstoß offenkundig ist, also entweder auf Vorsatz beruht oder der Rechtsirrtum nicht entschuldbar erscheint.

Und was  soll nun hinsichtlich eines normalen Billigkeitsprozesses unter all die einzelnen Punkte subsumiert werden?

Es fällt schwer, einen Schaden sowie eine haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität, wie sie auch der EuGH für die Auslösung einer Staatshaftung verlangt, auch nur im Ansatz zu erkennen.

Mir fehlt ehrlich gesagt der Blick dafür.

Ersichtlich ist nur, dass wohl jedenfalls bereits in einem Prozess vor dem nationalen Gericht (Billigkeitsprozess) die Verletzung des Einzelnen in einem Recht, das ihm eine europäische Norm unmittelbar verschafft, geltend gemacht wird.

Gibt es iregendwo einen solchen Billigkeitsprozess?
Auf welches unmittelbare Recht aus einer europäischen Norm hätte sich der Einzelne dabei zu berufen?

Sollten betroffene Verbraucher dann wohl besser nicht zu einem Spezialisten für Energierecht, sondern eher zu einem Spezialisten für Europarecht?

Denn es käme ja bereits in der Klageerwiderung darauf an.

Offline RR-E-ft

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Nach den EU-Richtlinien sollen Kleinkunden besonders geschützt werden.

In der Umsetzung hat der deutsche Gesetzgeber die Grund- und Ersatzversorgung geschaffen.

Demnach haben Haushaltskunden im Sinne von § 3 Nr. 22 EnWG Anspruch auf Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG.

Grundversorger sind gem. § 36 Abs. 1 EnWG verpflichtet, unter Beachtung ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 1, 2 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas Allgemeine Preise der Grundversorgung einseitig festzusetzen, anschließend öffentlich bekannt zu geben und hiernach jeden Haushaltskunden, der dies möchte, ausschließlich zu diesem einseitig festgestzten Preis zu versorgen.

Der Gesetzgeber hat weiter die Möglichkeit eröffnet, die in Umsetzung der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht einseitig festgesetzten Preise gerichtlich auf ihre Angemessenheit und Vertragsgemäßheit  kontrollieren zu lassen, § 315 BGB. Gerichtlich kontrollierbar ist hierüber, ob die aufgrund der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht vom Grundversorger einseitig festgesetzten jeweiligen Allgemeinen Preise tatsächlich eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas ermöglichen. Es kommt dabei eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 in Betracht.

Zunächst kann sich der betroffene Haushaltskunde gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB einfach und unkompliziert auf die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit einseitig festgesetzter Preise berufen und einen Billigkeitsnachweis verlangen.

Bei einer Leistungsklage des Versorgers danach steht dem betroffenen Kunden in der Regel die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO offen.

Im Rahmen der Leistungsklage des Versorgers darauf trägt der Versorger die vollständige Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit. Der betroffene Kunde kann sich weitestgehend gegenüber dem notwendigen Vortrag des Versorgers zu den Kalkulationsgrundlagen gem. § 138 Abs. 4 BGB durch Bestreiten mit Nichtwissen erklären.

In welchem europäischen Land gibt es denn einen wirkungsvolleren Schutz der Kleinkunden im Energiebereich?

In welchem europäischen Land hat der Kleinkunde eine ebenso einfache und effektive Möglichkeit, die Preisbestimmung des Grundversorgers gerichtlich überprüfen zu lassen, wenn er dies möchte?

Offline RR-E-ft

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Dass in einem Billigkeitsprozess ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden muss, hat seine alleinige Ursache darin, dass der betreffende Verbraucher im Prozess sein Bestreiten darauf ausrichtet.

Er kann sein Bestreiten ebensogut beschränken.
Er kann zudem einen solchen Vortrag halten und unter Beweis stellen, der ein Sachverständigengutachten entbehrlich macht, etwa wenn er nachweist, dass ein behaupteter Bezugkostenansieg in Anbetracht der Entwicklung der Großhandelspreise jedenfalls nicht zur Anpasung an die Marktverhältnisse auf der vorgelagerten Marktstufe erforderlich und angemessen war (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43, VIII ZR 178/08 Rn. 31).

Voraussetzung für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ist zunächst der Vortrag der notwendigen Anknüpfungstatsachen durch den darlegungs- und beweilsbelasteten Versorger, welches sich für die Beurteilung notwendig auf die zwischenzeitliche Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren beziehen muss (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39).

Andernfalls ist ein vom darlegungs- und beweisbelasteten Versorger als Beweis aufgebotenes gerichtliches  Sachverständigengutachten als unzulässiger Ausforschungsbeweis prozessual unbeachtlich.

Ein einmal eingeholtes gerichtliches Sachverständigengutachten kann gem. § 441a ZPO in einer Vielzahl weiterer Prozesse wiederverwendet werden.

Bisher war es so, dass sich bei Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gerade die Unbilligkeit der Preisbestimmung ergeben hatte.

Offline RR-E-ft

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Wirksamer Schutz durch gerichtliche Billigkeitskontrolle bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils:


OLG Celle, Urt. v. 17.06.10 Az. 13 U 155/09 (Kart) Vollständige Rückzahlung bei Unbilligkeit

BGH, B. v. 09.06.2009 - 5 StR 394/08 - Betrug durch überhöht kalkulierte Tarife




Nach alldem sollte ersichtlich sein, dass es jedenfalls nicht am deutschen Gesetzgeber liegt.

Wenn die von diesem geschaffenen Gesetzestexte von den Gerichten nur zutreffend angewendet würden...

Verständlich, wenn einige im Falle unbilliger einseitiger Preisfestsetzung aufgrund gesetzlicher Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers auch ohne eigenen Billigkeitsprozess gern eine vollständige Rückzahlung erhalten wollten.

Bis zum 24.Dezember ist es jedoch noch einige Zeit hin.  ;)

Offline jroettges

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@RR-E-ft

Nochmals 4 Beiträge voller juristischer Argumentationen, die aus Ihrer Sicht durchaus ihre Berechtigung haben mögen.

Die Gesetzgebung für die Grundversorgung kann nicht in Ordnung sein, wenn sie als einziges Mittel den Weg zum Gericht übrig lässt, wenn ein Versorger seine Preise erhöht.

Ob als Kläger oder als Kürzer/Beklagter, es muss sich mindestens ein Kunde von vielen bei einer Preisänderung in der Grundversorgung auf den Rechtsweg begeben. Mindestens Einer für Viele, ohne zu wissen, ob die Preiserhöhung der Billigkeit entspricht.

Ich bleibe daher dabei: Die Sache dient nur den Juristen, gleich auf welcher Seite sie stehen.

Jede Preiserhöhung eines jeden Grundversorgers löst mindestens ein Verfahren aus! Einkommensgarantie für die Juristerei und für Sachverständige, Dauerarbeitsplätze in Rechtsabteilungen.

Da sollte einfach eine bessere Regelung her!

In den Vertragsverhältnissen außerhalb der Grundversorgung sieht es völlig anders aus. Man hat eine zeitlich begrenzte Preisgarantie vereinbart, hat ein Sonderkündigungsrecht bei Preisänderungen oder wechselt bei passender Gelegenheit den Versorger. Da ist ja inzwischen ein Markt entstanden und jeder kann und sollte dessen Mechanismen nutzen.

Das AGB-Recht schützt den einzelnen Kunden, der sich von seinem Versorger im konkreten Vertragsverhältnis betrogen fühlt.

Sollten sich die Versorger in irgendwelchen Hinterzimmern zu einer Erhöhungsaktion verabreden, dann würden irgendwann das Kartellamt und die Staatsanwaltschaften tätig werden.

Was wir zur Zeit erleben, das ist doch lediglich die Bewältigung einer für die Versorger unrühmlichen aber offenbar sehr teuer werdenden Übergangszeit von der Kaiserlichen Gasanstalt zum, in einem funktionierenden Markt, erfolgreichen Unternehmen.

Da scheinen sie sich völlig verzockt zu haben!  :]

Offline RR-E-ft

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@jroettges

Ich sehe Ihr ernsthaftes Bemühen und deshalb Ihr Unverständnis in allen Ehren.

In der Grundversorgung gibt es keine AGB und kein zur Anwendung kommendes AGB- Recht.

Ist im Sondevertrag eine Preisänderungsklausel nicht wirksam einbezogen oder unwirksam, so ist der Versorger weder berechtigt noch verpflichtet, den Preis nachträglich einseitig abzuändern. Es gilt der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis bis zur Vertragsbeendigung durch wirksame ordnungsgemäße Kündigung für beide Vertragsteile gleichermaßen undzwar auch dann, wenn der Sondervertrag in einer Hochpreisphase abgeschlossen wurde.  

Die Sonderverträge sind durch beide Vertragsteile gleichermaßen in überschaubarer Frist ordnungsgemäß kündbar.

Wenn der Lieferant Ihnen also den bisherigen Sondervertrag in überschaubarer Frist ordnungsgemäß ohne Begründung kündigt und es schließt niemand mit Ihnen einen neuen Sondervertrag ab, weil nun einmal niemand dazu verpflichtet ist, mit Ihnen einen Sondervertrag abzuschließen, dann stehen Sie möglicherweise recht schnell da wie Max in der Sonne.

Gas ließe sich wohl noch ersetzen.
Aber elektrischer Strom?

Machen Sie eben vollständig auf autarke Eigenerzeugung und pusten ggf. selbst ein eigenes Windrad an.

Gerade deshalb besteht zum Schutz von Kleinkunden die gesetzliche Grundversorgungspflicht.

Es wird auch niemals auch nur mindestens einer für andere klagen.
Da haben Sie sich etwas völlig falsch zusammengereimt!!!

Ein Billigkeitsprozess betrifft immer nur die daran direkt Beteiligten.

Wenn also Ihr grundversorgter Nachbar einen Billigkeitsprozess gewinnt, weil der Versorger seiner Darlegungs- und Beweislast in diesem Prozess nicht genügt (siehe das verlinkte Urteil des OLG Celle), dann haben Sie persönlich überhaupt nichts davon, weil Sie an diesem Prozess gar nicht beteiligt waren. Dafür ist es vollkommen unerheblich, ob Sie vom selben Grundversorger zum selben öffentlich bekant gegebenen Preis in der Grundversorgung beliefert werden oder nicht.

Der Versorger kann sich immerhin (zurecht) auf den Standpunkt stellen, ein Billigkeitsprozess mit Ihnen wäre ganz anders ausgegangen, jedenfalls hätte der Versorger sich dabei besser aufgestellt als in jenem Verfahren. Vom Ausgang eines Verfahrens kann jedenfalls nicht unbedingt auf den hypothetischen Ausgang eines tatsächlich (noch) gar nicht durchgeführten Billigkeitsprozesses mit einem anderen Kunden geschlossen werden.

Träumerle.  ;)

Sie können bestehende Rechte ausüben, müssen es jedoch nicht.
Wenn Sie es nicht tun, macht es auch keiner für Sie.
Zwangsbeglückung ist nicht vorgesehen.

Der Grundversorger ist aufgrund der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht gesetzlich  auch zu Preisabsenkungen verpflichtet (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Wenn Sie also meinen sollten, bei der Billigkeitskontrolle aufgrund gesetzlicher Preisbestimmungspflicht ginge es nur um Preiserhöhungen, liegen Sie auch damit jedenfalls falsch.

Aufgrund der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht einseitig festgesetzte Preise sind für den anderen Vertragsteil (grundversorgter Kunde) gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen.

Diese gesetzliche Regelung des § 315 BGB  kommt jedoch überhaupt nur dann zum Tragen, wenn sich der betroffene grundversorgte  Kunde selbst auf die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit des einseitig festgesetzten Preises beruft. Sonst nicht.

Wer nach Unbilligkeitseinrede kürzt, muss damit rechnen, dass er verklagt wird. Ob er verklagt wird, ist offen. Es besteht auch die Möglichkeit, die einseitig festgestzten Preise als unbillig zu rügen und vollständig unter Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen. Dann hat man jedenfalls keine Zahlungsklage des Versorgers zu besorgen, sondern man kann selbst darüber entscheiden, ob und wann man innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren unter Berufung auf §§ 812, 315 BGB auf Rückzahlung klagt (siehe wiederum das verlinkte Urteil des OLG Celle).

Im Falle der Kürzung nach Unbilligkeitseinrede und in dessen Folge einer möglichen, aber keinesfalls  garantierten Leistungsklage des Versorgers auf Zahlung  verbleiben viele Möglichkeiten, darauf zu reagieren (sofortiges Anerkenntnis, einfaches Anerkenntnis, vollständiges Bestreiten....).

Meinetwegen können Sie bei Ihren Ansichten bleiben.
Nur richtiger werden diese eben nicht.

Offline jroettges

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Zitat
@jroettges

Ich sehe Ihr ernsthaftes Bemühen und deshalb Ihr Unverständnis in allen Ehren.

In der Grundversorgung gibt es keine AGB und kein zur Anwendung kommendes AGB- Recht.

Ist im Sondevertrag eine Preisänderungsklausel nicht wirksam einbezogen oder unwirksam, so ist der Versorger weder berechtigt noch verpflichtet, den Preis nachträglich einseitig abzuändern. Es gilt der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis bis zur Vertragsbeendigung durch wirksame ordnungsgemäße Kündigung für beide Vertragsteile gleichermaßen undzwar auch dann, wenn der Sondervertrag in einer Hochpreisphase abgeschlossen wurde.

Die Sonderverträge sind durch beide Vertragsteile gleichermaßen in überschaubarer Frist ordnungsgemäß kündbar.

Wenn der Lieferant Ihnen also den bisherigen Sondervertrag in überschaubarer Frist ordnungsgemäß ohne Begründung kündigt und es schließt niemand mit Ihnen einen neuen Sondervertrag ab, weil nun einmal niemand dazu verpflichtet ist, mit Ihnen einen Sondervertrag abzuschließen, dann stehen Sie möglicherweise recht schnell da wie Max in der Sonne.

Gas ließe sich wohl noch ersetzen.
Aber elektrischer Strom?

Machen Sie eben vollständig auf autarke Eigenerzeugung und pusten ggf. selbst ein eigenes Windrad an.

Gerade deshalb besteht zum Schutz von Kleinkunden die gesetzliche Grundversorgungspflicht.

Es wird auch niemals auch nur mindestens einer für andere klagen.
Da haben Sie sich etwas völlig falsch zusammengereimt!!!

Ein Billigkeitsprozess betrifft immer nur die daran direkt Beteiligten.

Wenn also Ihr grundversorgter Nachbar einen Billigkeitsprozess gewinnt, weil der Versorger seiner Darlegungs- und Beweislast in diesem Prozess nicht genügt (siehe das verlinkte Urteil des OLG Celle), dann haben Sie persönlich überhaupt nichts davon, weil Sie an diesem Prozess gar nicht beteiligt waren. Dafür ist es vollkommen unerheblich, ob Sie vom selben Grundversorger zum selben öffentlich bekant gegebenen Preis in der Grundversorgung beliefert werden oder nicht.

Der Versorger kann sich immerhin (zurecht) auf den Standpunkt stellen, in einem Billigkeistprozess mit Ihnen hätten Sie sich dümmer angestellt als der erfolgreiche Nachbar, jedenfalls hätte der Versorger sich dabei besser angestellt als in jenem Verfahren.

Träumerle.  

Sie können bestehende Rechte ausüben, müssen es jedoch nicht.
Wenn Sie es nicht tun, macht es auch keiner für Sie.
Zwangsbeglückung ist nicht vorgesehen.

Der Grundversorger ist aufgrund der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht gesetzlich auch zu Preisabsenkungen verpflichtet (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Wenn Sie also meinen, bei der Billigkeitskontrolle aufgrund gesetzlicher Preisbestimmungspflicht ginge es nur um Preiserhöhungen, liegen Sie auch damit jedenfalls falsch.

Aufgrund der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht einseitig festgesetzte Preise sind für den anderen Vertragsteil (grundversorgter Kunde) gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen.

Diese gesetzliche Regelung des § 315 BGB kommt jedoch überhaupt nur dann zum Tragen, wenn sich der betroffene grundversorgte Kunde selbst auf die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit des einseitig festgesetzten Preises beruft. Sonst nicht.

Wer nach Unbilligkeitseinrede kürzt, muss damit rechnen, dass er verklagt wird. Ob er verklagt wird, ist offen. Es besteht auch die Möglichkeit, die einseitig festgestzten Preise als unbillig zu rügen und vollständig unter Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen. Dann hat man jedenfalls keine Zahlungsklage des Versorgers zu besorgen, sondern man kann selbst darüber entscheiden, ob und wann man innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren unter Berufung auf §§ 812, 315 BGB auf Rückzahlung klagt (siehe wiederum das verlinkte Urteil des OLG Celle).

Im Falle der Kürzung nach Unbilligkeitseinrede und in dessen Folge einer möglichen, aber keinesfalls garantierten Leistungsklage des Versorgers auf Zahlung verbleiben viele Möglichkeiten, darauf zu reagieren (sofortiges Anerkenntnis, einfaches Anerkenntnis, vollständiges Bestreiten....).

Meinetwegen können Sie bei Ihren Ansichten bleiben.
Nur richtiger werden diese eben nicht.

@RR-E-ft

Wo habe ich behauptet, dass es in der Grundversorgung ein AGB-Recht gäbe?

Mit Ihnen zu diskutieren fällt immer schwerer. Deshalb tun es auch die wenigsten.

Ihre bemittleidenden Bemerkungen über meine vergeblichen Bemühungen sollten Sie sich sparen, lieben vernünftig lesen und auch die Meinungen anderer respektieren.

Sie breiten auch unnötigerweise immer wieder oberlehrerhafte Darstellungen von Sachverhalten aus, die jeder intus hat, wenn er nur lange genug in diesem Forum unterwegs gewesen ist. Da wäre weniger oft deutlich mehr und besser!

Sie haben als \'Moderator\' erhebliche Rechte und auch durch Ihre juristisch äußerst gewichtigen Beiträge eine herausragende Stellung in diesem Forum, zu recht.

Ich appelliere an Sie, stärker als Moderator und weniger als Allmächtiger zu wirken sonst diskutieren Sie am Ende nur noch mit @Black und dieses Forum hier wird zur Leichenhalle. Jede Diskussion mit Totschlagargumenten abzubügeln kann nicht die Aufgabe eines Moderators sein.  ;)

P.S. Muss ich jetzt die Liquidierung fürchten oder wird dieser Beitrag nur Ihrer Zensur zum Opfer fallen?

 

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