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Autor Thema: Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt  (Gelesen 5986 mal)

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Offline RR-E-ft

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« am: 04. August 2010, 16:25:15 »
Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt

Bedauerlich. Nach der Theorie des Bundeskartellamtes nimmt RWE gegenüber von der umstrittenen Preiserhöhung  betroffenen grundversorgten Kunden sogar eine Monopolstellung ein.

BKartA, B. v. 30.04.10 Az B-8-109/09 Marktabgrenzung Strom - Grundversorger immer Monopolist

Offline wulfus

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« Antwort #1 am: 06. August 2010, 21:09:56 »
Nanu, unsere Regierung wird doch wohl nicht wach geworden sein?
Stehen denn schon wieder Wahlen an?

kuckmahier:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,710026,00.html

Zitat: \"Dreiste Strompreise - Parlament prüft Machtmissbrauch der Energiegiganten\"

Na ja, man \"prüft\" ja nur; die Lobbyvertreter werden schon die \"richtigen\" Unterlagen zur Prüfung vorlegen, gelle!

Offline RR-E-ft

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« Antwort #2 am: 06. August 2010, 21:15:07 »
Das Parlament ist das eine und die Regierung etwas anderes.
Wir haben immer noch Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive.

Offline Lothar Gutsche

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« Antwort #3 am: 17. August 2010, 22:23:26 »
Einerseits sieht das Bundeskartellamt keinen Handlungsbedarf, in die Gestaltung der Energiepreise für Endverbraucher einzugreifen, als das Kurzgutachten „Gerechtfertigte Strompreiserhöhungen?“ von Gunnar Harms im Auftrag von Bündnis 90 /Die Grünen feststellt, dass im Zeitraum 2008 - 2010 speziell RWE deutlich zu hohe Strompreise verlangt und die Preiserhöhungen nicht nachvollziehbar seien. Andererseits besteht nach einer Meldung des Spiegel vom 16.8.2010 das Interesse, den Großhandelsmarkt für Energie zu kontrollieren, siehe http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/0,1518,712085,00.html. Unter der Überschrift \"Zusätzliche Aufsicht - Kartellamt soll Großhandel von Strom und Gas überprüfen\" berichtet der Spiegel, dass beim Bundeskartellamt nach Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums eine sogenannte \"Markttransparenzstelle\" eingerichtet werden soll, die Großhandelspreise überwacht. „Die Markttransparenzstelle ermöglicht es, einen Marktmissbrauch frühzeitig zu erkennen und dagegen einzuschreiten“, wird Peter Klocker, der Vizepräsident des Bundeskartellamtes, zitiert. Welch eine gute Tat des Bundeskartellamtes und der Bundesregierung steht uns als ausgebeuteten Stromverbrauchern da tatsächlich bevor?

Das Desinteresse an den Endkundenpreisen einerseits und der angeblich große Bedarf zur besonderen Aufsicht über die Großhandelspreise von Energie passen nicht zusammen. Beide Märkte sind wichtig, sowohl die Vorleistungen im Großhandel als auch die Angebote für Endverbraucher. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sieht vor, dass die Kartellbehörden auch das Ausnutzen marktbeherrschender Stellungen und Preismissbrauch gegenüber Endkunden unterbinden müssen, vgl. § 1 GWB, § 19 GWB und § 29 GWB. So schreibt es auch das Bundeskartellamt in seiner Selbstdarstellung unter http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/Missbrauchsaufsicht/missbrauchsaufsichtW3DnavidW2639.php.

Wer das Bundeskartellamt und das konzernfreundlich agierende Bundeswirtschaftsministerium längere Zeit beobachtet, sollte sich nicht zu viel von der neuen Markttransparenzstelle erhoffen. Ich spekuliere, dass es sich um eine der üblichen Mogelpackungen handelt, mit der den Verbrauchern ihr Recht auf Schadenersatz nach § 33 GWB vorenthalten und eine Vorteilsabschöpfung durch das Bundeskartellamt zu Gunsten der Staatskasse nach § 32 GWB verhindert werden soll. Denn die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes zur Stromerzeugung/Stromgroßhandel steht möglicherweise in rund einem halben Jahr vor dem Abschluß. Zumindest suchte das Bundeskartellamt mit Ausschreibung vom 30.7.2010 bis Bewerbungsfrist 13.8.2010 eine Aushilfe für 6 Monate:

Zitat
Homepage des Bundeskartellamtes unter http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/.../2010_07_30_Aushilfskraft.php

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt wird zur Unterstützung der 10. Beschlussabteilung (Gas, Strom, Fernwärme, Missbrauchsaufsicht und Verfolgung von Hard-Core-Kartellen) eine

studentische Aushilfskraft
 
mit maximal der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (z. Z. 19,5 Std.)   zunächst befristet für die Dauer von 6 Monaten – gesucht.

Aufgabengebiet
- Mitarbeit bei der Sektoruntersuchung Gastransport: Vertragsanalyse und Auswertung;
- Mitarbeit bei der Sektoruntersuchung Stromgroßhandel: Datenaufarbeitung, -speicherung, Kontrolle, Analyse und Auswertung (Datenbank/Makros);
- Mitarbeit bei der Fernwärme und Heizstrom: Datenaufarbeitung, -speicherung, Kontrolle, Analyse und Auswertung (Datenbank/Makros).

Wenn die Ergebnisse der Sektoruntersuchung nicht so günstig für die Energiekonzerne ausfallen, dann muss die Politik dem Volk zur Ablenkung einen Knochen hinwerfen, die neue \"Markttransparenzstelle\". Eigentlich ist die Markttransparenzstelle überflüssig, denn durch fortlaufende Sektoruntersuchungen nach § 32e GWB und entsprechende Publikationen könnte das Amt schon heute für Markttransparenz sorgen.

Doch es ist eine erprobte Strategie des Bundeskartellamtes, sich entgegen seinem Auftrag davor zu drücken, bereits begangene Kartellverstöße zu ahnden. Das Amt vermeidet verbindliche Feststellungen von Kartellverstößen, auf die Verbraucher Schadenersatzansprüche gründen könnten. Den Beleg für meine Behauptung liefert die Sektoruntersuchung Gastransport, deren Ergebnis das Bundeskartellamt am 17.12.2009 veröffentlichte, siehe http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/0912_Abschlussbericht_SU_Gasfernleitungsnetze.pdf.   In der Pressemitteilung drückte es das Bundeskartellamt wie folgt aus:

Zitat
[URL]http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/PressemeldArchiv/2009/2009_12_17.php [/URL]

Die Feststellungen des Bundeskartellamtes zu der Marktabschottungswirkung legen grundsätzlich die Einleitung von Missbrauchsverfahren nahe. Zunächst soll jedoch die gesetzliche Entwicklung abgewartet werden. In einem Eckpunktepapier der Bundesregierung ist geplant, die Laufzeiten der Kapazitätsbuchungen in der anstehenden Novelle der Gasnetzzugangsverordnung auch für bestehende Verträge gesetzlich zu begrenzen. Dieses Vorhaben befürwortet das Bundeskartellamt ausdrücklich. Die etwaige Einleitung von Missbrauchsverfahren würde sich damit erübrigen.

Statt die bereits begangenen Missbräuche der Vergangenheit zu ahnden und die Verursacher finanziell zur Verantwortung zu ziehen, wartet das Bundeskartellamt lieber ab. Die Behörde verfährt nach dem Motto: \"Was in der Vergangenheit passierte, ist sowieso egal, uns interessiert nur die Zukunft.\" Nach dem Prinzip müsste jeder Bankräuber seine Beute Beute behalten dürfen und ohne Strafe bleiben. In schlimmen Fällen mit besonders großer Beute müßte der ertappte Bankräuber für die Zukunft geloben, keine Bank mehr auszurauben. Im Kartellrecht heißt  das Versprechen \"Verpflichtungszusage\" und ist in § 32b GWB gesetzlich geregelt. Schauen wir einmal, was aus der \"Markttransparenzstelle\" wird und ob sie rein zufällig gleichzeitig mit den Ergebnissen der Sektoruntersuchung Stromgroßhandel der Öffentlichkeit vorgestellt wird!

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline Lothar Gutsche

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« Antwort #4 am: 21. August 2010, 20:02:41 »
In dem Zusammenhang des Stromhandels ist die Information bedeutsam, dass die Leipziger Strombörse EEX überhaupt keine \"Börse\" im klassischen Sinne ist, weil sie nur unzureichend beaufsichtigt wird.

Der Marburger Rechtsanwalt Dr. Peter Becker von der renommierten Kanzlei Becker-Büttner-Held veröffentlichte im April 2010 einen Aufsatz mit dem Titel „Rechtsfolgen regulatorischer Mängel des Stromhandels“, WuW 4/2010, Seite 398 – 410. In dem Beitrag kommt Herr Dr. Becker zu dem Ergebnis, dass der Strompreis von RWE und E.ON als marktbeherrschenden Unternehmens mehr als doppelt so hoch ist wie seine Kosten und der Strompreis deshalb nach §§ 19 Abs. 4 Nr. 2, 29 GWB unangemessen ist. Der Börsenpreis von der Leipziger Strombörse EEX darf in einem OTC-Vertrag nicht als Referenzpreis zugrunde gelegt werden, weil die Börse nur mangelhaft von öffentlich-rechtlicher Seite beaufsichtigt wird. Damit zielt der Beitrag von Dr. Peter Becker in die gleiche Richtung wie der Artikel von Klaus-Dieter Benner aus der ZNER 4/2009. Klaus-Dieter Benner, Energieaufsichtsreferent im hessischen Wirtschaftsministerium und Spezialist für Kapitalmarktstrafrecht, kommt zu dem Ergebnis, dass die Spotmarktpreise der EEX mangels Aufsicht keine richtigen Börsenpreise sind. Im Editorial der ZNER 4/2009 heißt es:
Höchst interessant ist schließlich der Aufsatz von Benner, Energieaufsichtsreferent im Hessischen Wirtschaftsministerium, der langjährig auch für die Aufsicht über die Wertpapierbörse in Frankfurt zuständig war. Er befasst sich mit den Anforderungen an aufsichtliche Zuständigkeiten für den Spotmarkt in Leipzig, prüft diese Rechtslage unter Anwendung wertpapierhandelsrechtlicher Grundsätze und kommt zu dem Ergebnis, dass wegen der Aufsichtsmängel auch die Qualifikation des Spotmarktes als Börse fragwürdig ist, weil zum Begriffsmerkmal einer öffentlich-rechtlich abgestützten Börse eben eine vollständige Aufsicht gehört.

Die sogenannten Börsenpreise der EEX sollen sogar manipuliert worden sein, wie die Zeitschrift für Neues Energierecht Ende 2008, Anfang 2009 ausführlich berichtete, siehe ZNER Heft 4/2008 und Heft 1/2009. Die Herausgeber der juristischen Fachzeitschrift hatten am 6.3.2009 sogar eigens eine Pressekonferenz zu dem Manipulationsverdacht einberufen, siehe http://www.energieverbraucher.de/files_db/1236845809_0108__7.pdf. Hier an der EEX, im Zentrum der Strompreisbildung, besteht tatsächlich Bedarf für eine Aufsicht, die Missbrauch verhindert und Vergehen entsprechend sanktioniert.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline userD0010

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« Antwort #5 am: 21. August 2010, 22:04:31 »
Und wen kann man animieren, diesem vorgeschalteten Kartell der Kassierer auf die Finger zu klopfen oder gar den Garaus zu machen?
Sind wir Verbraucher nicht nur am Gängelband der großen Vier, direkt oder indirekt, sondern auch noch weiteren Raubrittern wehrlos ausgesetzt?

Mutti ist doch gerade ausgeruht auf Energietour; wer animiert sie denn einmal, nicht nur mit den Händchen zu wedeln bei ihren vielen Luftblasen, sondern einmal ihr \"ganzes Gewicht\" in die Waagschale zu werfen.

Der hübsche Norbert hat ja derzeit eine andere Baustelle, die ihn voll in Beschlag nimmt.

Offline DieAdmin

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Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt
« Antwort #6 am: 05. September 2010, 17:32:02 »
zu der in diesem Beitrag erwähnten Spiegelartikel Höhere Strompreise lassen Bundeskartellamt kalt habsch eine weitere Kommentierung entdeckt:

kartellblog.de: Strom und Kartellrecht: Schaffung einer Markttransparenzstelle
http://kartellblog.de/2010/08/16/strom-und-kartellrecht-die-markttransparenzstelle/

 

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