Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH  (Gelesen 98819 mal)

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Offline jroettges

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RR-E-ft schrieb:
Er kann auch jeden einzelnen Vertrag individuell aushandeln, auch mit Haushaltskunden.
AGB- Recht findet dann überhaupt keine Anwendung.

Ein Anbieter kann mit Kunden, die nicht Haushaltskunden sind, natürlich vereinbaren was beide Parteien gutheißen und unterschreiben.

Stellt § 41 EnWG aber nicht doch für Verträge mit Haushaltskunden eine zwingende Vorschrift dar?

Zitat
Diese Auslegung ist m. E. nicht haltbar, weil dies zur Folge hätte, dass AGB, die keine Preisänderung vorsehen, wohl selbst AGB-rechtlich unzulässig wären.


So ist es. Wenn §41 EnWG Bestimmungen zur Preisanpassung zwingend vorschreibt, dann müssen im Vertrag selbst oder den wirksam einbezogenen AGB solche Bestimmungen auch vorhanden sein. Andernfalls ist jede Preisanpassung unzulässig.

Bisher haben sich ja auch die Versorger, denen man fehlende Preisanpassungsbestimmungen vorhielt, darauf berufen, sie hätten über die AVBGasV bzw. die GasGVV das sogen. gesetzliche Preisänderungsrecht in ihre Verträge implementiert.

Es ist mir auch nach langjähriger Lekture dieses und anderer Foren kein Fall vor die Augen gekommen, in dem ein Versorger behauptet hätte, er dürfe die Preise anpassen trotzdem er keinerlei Bestimmungen dazu in seinen Verträgen getroffen hat.

P.S. so schnell wie Sie die Beiträge (unsichtbar) ändern kann keiner folgen!

Offline RR-E-ft

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Meint wirklich jemand ernsthaft, dass für Sonderverträge mit Haushaltskunden die gesetzlichen Regelungen des Kaufrechts keine Anwendung finden, insbesondere § 433 Abs. 2 BGB?
Oder meint jemand ernsthaft, dass die §§ 305 ff. BGB auf solche Verträge keine Anwendung finden (§ 305 Abs. 1 Satz 1, 305b, 306 BGB) ?

Es ist doch wohl so, dass unter anderem etwa in BGH VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08, VIII ZR 246/08 festgestellt wurde, dass es auf die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel gem. § 305 II BGB und im Falle der wirksamen Einbeziehung auf die Wirksamkeit gem. § 307 BGB ankommt und wo entweder das eine oder das andere nicht feststellbar ist, es keine gesetzliche Regelung gibt, die dem Lieferanten ein Preisänderungsrecht einräumt (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 39 ff., VIII ZR 81/08 Rn. 25 ff., VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff.).

Darauf, dass deshalb die ursprüngliche Preisvereinbarung gem. § 433 Abs. 2 BGB weitergilt, gründen schließlich alle erfolgreichen Rückforderungsprozesse der Sondervertragskunden bei nicht wirksam einebzogener oder unwirksamer Preisänderungsklausel (BGH VIII ZR 246/08  Rn. 57).

Offline PLUS

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Zitat
Original von RR-E-ft
Der Lieferant ist auch bei Verträgen mit Haushaltskunden noch nicht einmal gesetzlich verpflichtet, überhaupt Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden. Er kann auch jeden einzelnen Vertrag individuell aushandeln, auch mit Haushaltskunden. AGB- Recht findet dann überhaupt keine Anwendung.
Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung haben eine Bestimmung über die Preisanpassung zu enthalten (ob in AGB oder individuell). Gesetzliche Grundlage
 
Zitat
Original von RR-E-ft
Meint wirklich jemand ernsthaft, dass für Sonderverträge mit Haushaltskunden die gesetzlichen Regelungen des Kaufrechts keine Anwendung finden, insbesondere § 433 Abs. 2 BGB?......
@RR-E-ft, nein, das Kaufrecht findet Anwendung, aber das EnWG stellt Bedingungen davor. Zweifeln Sie ernsthaft an der Gültigkeit des §41 EnWG? Ist dieser erfüllt, geht es weiter mit dem Kaufrecht ff.  

Aber wenn wir schon dabei sind es gibt da auch noch einen Absatz 2:

    (2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Regelungen für die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung treffen, die Bestimmungen der Verträge einheitlich festsetzen und insbesondere Regelungen über den Vertragsabschluss, den Gegenstand und die Beendigung der Verträge treffen sowie Rechte und Pflichten der Vertragspartner festlegen. Hierbei sind die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen. Die jeweils in Anhang A der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. EU Nr. L 176 S. 37) und der Richtlinie 2003/55/EG vorgesehenen Maßnahmen sind zu beachten.
Vielleicht gibt es ja da noch Handlungsbedarf für die Administration und die Volksvertreter.

Offline RR-E-ft

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Original von RR-E-ft

Es ist doch wohl so, dass unter anderem etwa in BGH VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08, VIII ZR 246/08 festgestellt wurde, dass es auf die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel gem. § 305 II BGB und im Falle der wirksamen Einbeziehung auf die Wirksamkeit gem. § 307 BGB ankommt und wo entweder das eine oder das andere nicht feststellbar ist, es keine gesetzliche Regelung gibt, die dem Lieferanten ein Preisänderungsrecht einräumt (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 39 ff., VIII ZR 81/08 Rn. 25 ff., VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff.).

Darauf, dass deshalb die ursprüngliche Preisvereinbarung gem. § 433 Abs. 2 BGB weitergilt, gründen schließlich alle erfolgreichen Rückforderungsprozesse der Sondervertragskunden bei nicht wirksam einebzogener oder unwirksamer Preisänderungsklausel (BGH VIII ZR 246/08  Rn. 57).

§ 41 EnWG steht dem nicht entgegen.

Oder soll ein Vertrag mit einem Haushaltskunden, der sich nicht zu Preisanpassungen verhält, nichtig sein?

Was sollen denn die Rechtsfolgen sein, wenn eine Preisänderungsklausel entweder nicht wirksam einbezogen oder eine wirksam einbzogene Preisänderungsklausel nicht wirksam ist?

Im Falle der nicht wirksamen Einbeziehung einer Preisänderungsklausel (bzw. einer Klausel, die sich zu Preisanpassungen verhält) könnte ja ein Verstoß gegen § 41 EnWG vorliegen.

Und was sollen dann die Folgen sein?
Die Folgen sind in § 306 BGB geregelt.
Es gelten die gesetzlichen Regelungen, vorliegend § 433 Abs. 2 BGB.

Siehe u.a. BGH VIII ZR 320/07 Rn. 39 ff., VIII ZR 81/08 Rn. 25 ff., VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff..

Jeder Vertrag, der keine Regelung über Preisanpassungen enthält, verhält ich doch zumindest stillschweigend dazu. Solche Preisanpassungen sind dann vertraglich unzulässig.

Offline PLUS

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Original von RR-E-ft
Was sollen denn die Rechtsfolgen sein, wenn eine Preisänderungsklausel entweder nicht wirksam einbezogen oder eine wirksam einbzogene Preisänderungsklausel nicht wirksam ist?...
Die Frage ist, was ist die Folge wenn der Vertrag entgegen § 41 EnWG keine Bestimmung über die Preisänderung enthält!

Frage deshalb an den Juristen:

Fehlt die Bestimmung über die Preisanpassung, liegt doch wohl ein Verstoß gegen ein Gesetz vor. Macht dieser Mangel einen solchen Vertrag nicht mindestens anfechtbar?

Wenn ja, mit welchen Folgen. Könnte der Vertrag sogar von Anfang an nichtig sein?

Offline RR-E-ft

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Original von PLUS
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Original von RR-E-ft
Was sollen denn die Rechtsfolgen sein, wenn eine Preisänderungsklausel entweder nicht wirksam einbezogen oder eine wirksam einbzogene Preisänderungsklausel nicht wirksam ist?...
Die Frage ist, was ist die Folge wenn der Vertrag entgegen § 41 EnWG keine Bestimmung über die Preisänderung enthält!

Frage deshalb an den Juristen:

Fehlt die Bestimmung über die Preisanpassung, liegt doch wohl ein Verstoß gegen ein Gesetz vor. Macht dieser Mangel einen solchen Vertrag nicht mindestens anfechtbar?

Wenn ja, mit welchen Folgen. Könnte der Vertrag sogar von Anfang an nichtig sein?


Zitat
Original von RR-E-ft

Im Falle der nicht wirksamen Einbeziehung einer Preisänderungsklausel (bzw. einer Klausel, die sich zu Preisanpassungen verhält) könnte ja ein Verstoß gegen § 41 EnWG vorliegen.

Und was sollen dann die Folgen sein?
Die Folgen sind in § 306 BGB geregelt.
Es gelten die gesetzlichen Regelungen, vorliegend § 433 Abs. 2 BGB.

Siehe u.a. BGH VIII ZR 320/07 Rn. 39 ff., VIII ZR 81/08 Rn. 25 ff., VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff..

Jeder Vertrag, der keine Regelung über Preisanpassungen enthält, verhält ich doch zumindest stillschweigend dazu. Solche Preisanpassungen sind dann vertraglich unzulässig.

§ 306 BGB trifft doch eine klare Aussage dazu, was im Falle der nicht wirksamen Einbeziehung auch einer Klausel, die sich zu Preisanpassungen verhält, gilt.

Zitat
(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.
(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.
(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.


Ein Anfechtungsrecht ist deshalb gerade nicht ersichtlich.
Wem sollte denn woraus deshalb ein solches Anfechtungsrecht weshalb zustehen?
In welcher Form und Frist sollte eine solche Anfechtung erklärt werden müssen?

Die Frage ist auch bei Individualverträgen, für die §§ 305 ff. BGB nicht gelten (insbesondere § 306 BGB), nicht anders zu diskutieren.
Es wird regelmäßig auch keine unzumutbare Härte im Sinne des § 313 BGB vorliegen.

Ein Grundversorgungsvertrag, bei dem der Grundversorger aufgrund der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht unter Verstoß gegen §§ 36 Abs. 1, 2, 1 EnWG, 315 BGB und somit gesetzwidrig eine Preisbestimmung trifft, ist der Grundversorgungsvertrag schließlich auch nicht unwirksam oder anfechtbar.

Oder sollten wir diesbezüglich eine Anfechtbarkeit auch ernsthaft diskutieren wollen?

Offline jroettges

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Wahrscheinlich, nach RR-E-ft\'s Meinung ganz bestimmt, bin ich zu naiv.

Es geht doch hier nicht um \"Individualverträge\" sondern um \"Norm-Sonderverträge\" zwischen Anbietern und Hauhaltskunden außerhalb der Grundversorgung.

Wenn ein solcher Vertrag entgegen der Vorschrift in § 41 EnWG keinerlei Bestimmung zur Preisanpassung enthält oder per AGB einbezieht, dann kann eben eine Preisanpassung nicht stattfinden.  Während der Vertragslaufzeit muss der Anbieter die Energie zum vereinbarten Preis liefern.

Wenn ein Anbieter einen solchen Vertrag nicht mehr fortsetzen will, kann er ihn in der vereinbarten Frist kündigen, ebenso der Kunde, wenn er sich davon etwas verspricht.

Die Diskussion auf die Anfechtbarkeit solcher Verträge zu lenken, das bringt doch überhaupt nicht weiter!

Offline RR-E-ft

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PLUS hatte die Frage nach der etwaigen Anfechtbarkeit wegen Gesetzesverstoßes gegen § 41 EnWG aufgeworfen.

Zitat
Original von jroettges

Wenn ein Anbieter einen solchen Vertrag nicht mehr fortsetzen will, kann er ihn in der vereinbarten Frist kündigen, ebenso der Kunde, wenn er sich davon etwas verspricht.

Eben deshalb liegt weder im Sinne von § 306 Abs. 3 BGB, noch im Sinne des § 313 BGB eine unzumutbare Härte für den einen oder für den anderen vor.

Offline PLUS

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Original von RR-E-ft
§ 306 BGB trifft doch eine klare Aussage dazu, was im Falle der nicht wirksamen Einbeziehung auch einer Klausel, die sich zu Preisanpassungen verhält, gilt.
...
Ein Anfechtungsrecht ist deshalb gerade nicht ersichtlich.
...
Oder sollten wir diesbezüglich eine Anfechtbarkeit auch ernsthaft diskutieren wollen?
Bei § 306  BGB geht es um die Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und nicht um die Folgen bei einem Verstoß gegen ein Gesetz (§41 EnWG)!

@jroettges, RR-E-ft hat Recht, vielleicht ist eine Anfechtung schon gar nicht möglich. Die Frage stellt sich dann nicht, wenn gegen zwingendes Recht und Normen Verträge überhaupt nicht wirksam geschlossen werden können. § 134 BGB sieht immerhin vor, dass Rechtsgeschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot verstossen, nichtig sind, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

§ 306 fü BGB führt da wohl mindestens so  vom Weg ab wie die Anfechtung. §41 EnWG ist nunmal existent und es bleibt die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn diese Vorgaben in Verträgen nicht beachtet wurden.

Offline RR-E-ft

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§ 41 EnWG ist jedenfalls auch kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB.

Aber es liegt wohl auch schon kein Verstoß gegen § 41 EnWG vor.

Zitat
Original von RR-E-ft
Jeder Vertrag, der keine Regelung über Preisanpassungen enthält, verhält ich doch zumindest stillschweigend dazu. Solche Preisanpassungen sind dann vertraglich unzulässig.

Weil an einen Verstoß gegen § 41 EnWG schon keinerlei Rechtsfolgen geknüpft sind, handelt es sich dabei eher um Gesetzeslyrik.

Offline bolli

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Ich habe so das Gefühl, dass man sich hier im Thread vom Thema des TE immer weiter entfernt und zunehmend Detailfragen diskutiert, die theoretisch interessant sein könnten, für die Mehrheit aber eher zweitrangig sind. Vielleicht kann man solche Diskussionen in einen anderen Thread verlagern, sonst wird es zunehmend unübersichtlich.

Offline RR-E-ft

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Diese Fragen spielen doch zwingend in das Thema des TE rein.

Zitat
Original von RR-E-ft
Mit § 36 Abs. 1 EnWG besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers, die der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]

Wo in Europa gibt es eine gesetzliche Regelung, die den Kunden bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht des Versorgers  effektiver schützt und die der deutsche Gesetzgeber deshalb ggf. abkupfern könnte?

Die Billigkeitskontrolle erfordert eine Einzelfallentscheidung (BGH III ZR 277/06 Rn. 20). Es ist gerade der Vorteil des § 315 BGB, dass er Einzelfallgerechtigkeit ermöglicht.

Deshalb lässt sich \"die Billigkeit\" generell-abstrakt (wie für eine Gesetzesnorm erforderlich) wohl nicht konkreter fassen.
Gäbe es hingegen eine konkretere gesetzliche Regelung, so wäre § 315 BGB neben dieser schon gar nicht mehr anwendbar.  
Es wäre die Quadratur des Kreises.

Schafft man eine konkretere gesetzliche Regelung, ist eine Billigkeitskontrolle und somit eine Angemessenheitskontrolle der Preise im Einzelfall gem. § 315 BGB sogar ausgeschlossen.

Eine Billigkeitskontrolle wird hingegen nicht ausgeschlossen, sondern erleichtert, wenn man - wie von mir vorgeschlagen -  die Transparenz der öffentlichen Bekanntgaben gem. § 36 Abs. 1 EnWG und der brieflichen Mitteilungen gem. § 5 GVV erhöht. Eine wünschenswerte Transparenzerhöhung dabei schließt aber eine Unangemessenheit der Preise auch nicht aus und kann sie nicht ausschließen.


Zitat
Original von RR-E-ft
Ein gesetzlicher Kontrahierungszwang und die Anordnung einer gesetzlichen Preisbestimmungspflicht des Versorgers dabei ist von Gesetzes wegen nicht zu beanstanden, wenn es dem Schutz einer bestimmten Kundengruppe (hier der Kleinkunden) zu dienen bestimmt ist.

Trifft einen Vertragsteil die Preisbestimmungspflicht, ist es gerade Aufgabe der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, das vertragsgemäße Äquivalenzverhältnis zu bestimmen, nicht jedoch ein (durch Preisvereinbarung) bereits bestehendes Äquivalenzverhältnis zu wahren (a.A. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25, bisher st. Rspr.).

Die Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils schließt eine Preisvereinbarung der Parteien regelmäßig aus (und umgekehrt).

Auf Sonderverträge findet § 315 BGB keine Anwendung, wenn nicht ausnahmsweise bei Vertragsabschluss statt eines Preises eine Preisbestimmungspflicht des Versorgers vertraglich vereinbart wurde (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 32).

Wurde ein Preis bei Abschluss eines Sondervertrages vertraglich vereinbart, gibt es keinerlei gesetzliche Regelung, die diesen vereinbarten Preis transparent machen könnte, weil dieser allein auf einer Einigung der Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit gründet.

Es besteht keiner gesetzliche Regelung, die den Lieferanten dazu verpflichten könnte, in einem im Rahmen der Vertragsfreiheit abgeschlossenen Vertrag überhaupt eine Preisänderungsklausel zu verwenden.
Dies verstieße gegen die grundgesetzlich geschützte Privatautonomie, Art. 2 GG.

Erst recht kann dann keine gesetzliche Regelung einem Lieferanten vorschreiben, eine Preisänderungsklausel bestimmten Inhalts zu verwenden.

Die Transparenzkontrolle  eines vereinbarten Sondervertragspreises ist nicht möglich. Ein durch Einigung der Parteien vereinbarter Preis lässt sich also nicht auf Transparenz kontrollieren!

Nur die Transparenz einer Preisänderungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , die dazu bestimmt ist, einen vereinbarten Preis nachträglich abzuändern, lässt sich über § 307 BGB kontrollieren.

Es gibt bereits Rechtsprechung des BGH dazu, welche Anforderungen an die Transparenz einer Preisänderungsklausel gem. § 307 BGB zu stellen sind (Offenlegung der Preiskalkulation innerhalb der Preisänderungsklausel selbst).

Zitat
BGH III ZR 274/06 Rn. 10

Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Soweit der VIII.Zivilsenat mit nicht überzeugender Begründung davon abweicht, ist dies keine Angelegenheit des deutschen Gesetzgebers, der seinerseits mit § 307 BGB in Umsetzung von EU-Richtlinien gegen missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen bereits alles getan hat.

Aus § 310 Abs. 2 BGB geht klar hervor, dass es bei Energielieferungsverträgen bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB keine Einschränkungen geben soll.

Auch der VIII.Zivilsenat des BGH muss (auch bei Energielieferungsverträgen) § 307 BGB richtlinienkonform auslegen.

Offline PLUS

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Original von RR-E-ft
Weil an einen Verstoß gegen § 41 EnWG schon keinerlei Rechtsfolgen geknüpft sind, handelt es sich dabei eher um Gesetzeslyrik.
Wenn das so sein sollte, sollte man solch unverbindliche \"Gesetzeslyrik\" einstampfen. Das Papier kann man sich sparen. Einfach  unbefriedigend das Ganze!
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Original von bolli
Ich habe so das Gefühl, dass man sich hier im Thread vom Thema des TE immer weiter entfernt und zunehmend Detailfragen diskutiert, die theoretisch interessant sein könnten, für die Mehrheit aber eher zweitrangig sind. Vielleicht kann man solche Diskussionen in einen anderen Thread verlagern, sonst wird es zunehmend unübersichtlich.
Gerne, wenn das nur \"theoretisch interessant\" ist. Manche betrifft das vielleicht sogar praktisch.

Offline RR-E-ft

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Original von PLUS
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Original von RR-E-ft
Weil an einen Verstoß gegen § 41 EnWG schon keinerlei Rechtsfolgen geknüpft sind, handelt es sich dabei eher um Gesetzeslyrik.
Wenn das so sein sollte, sollte man solch unverbindliche \"Gesetzeslyrik\" einstampfen. Das Papier kann man sich sparen. Einfach  unbefriedigend das Ganze!

@PLUS

Soviel Papier macht § 41 Abs. 1 EnWG nun auch wieder nicht aus.

Was soll denn daran unbefriedigend sein, wenn auch dabei das allgemeine AGB- Recht und das allgemeine Vertragsrecht (wie oben aufgezeigt) gilt?

Welche Befriedigung suchen Sie denn vergeblich? Worum geht es Ihnen dabei?

Offline PLUS

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Original von RR-E-ft
Soviel Papier macht § 41 Abs. 1 EnWG nun auch wieder nicht aus.

Was soll denn daran unbefriedigend sein, wenn auch dabei das allgemeine AGB- Recht und das allgemeine Vertragsrecht (wie oben aufgezeigt) gilt?

Welche Befriedigung suchen Sie denn vergeblich? Worum geht es Ihnen dabei?
Sorry,aber das habe ich doch wohl schon deutlich gemacht: Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH

Das allgemeine AGB-Recht und das allgemeine Vertragsrecht sind offensichtlich nicht hinreichend und auch die Juristen sind damit nicht in der Lage, um die Verbraucher vor aufwändigen und unzähligen Gerichtsverfahren zur Feststellung der Billigkeit im Grundversorgungsbereich zu bewahren. Zielführend im Sinne des EnWG (§§ 1 - 2 ) ist das nicht gerade. Juristen mag das nicht weiter stören. Ich als Verbraucher sehe da weiter eine Lücke im System und Handlungsbedarf bei der Administration und den Volksvetretern.

Was den § 41 Abs. 1 EnWG angeht; sollte Ihre Auffassung richtig sein, dann finde ich das weniger lustig. Überflüssige Paragraphen ist das Letzte was die Menschheit braucht. Da geht es nicht nur um die verbrauchte Papiermenge, selbst das wäre schon Grund genug für das Einstampfen. Wir brauchen dringend ein Haltbarkeitsdatum für Gesetze und Verordnungen. Bei Ablauf und Wirkungslosigkeit keine Verlängerung der Gültigkeit.  

Aber ich bin nicht Teil eines kypernetischen Regelkreises, das führt hier nicht weiter. Ausbruch, andere Baustelle, andere Stellschrauben.

 

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