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Autor Thema: Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH  (Gelesen 98715 mal)

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Offline tangocharly

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@RR-E-ft
Schön.
Aber wir wissen, dass der BGH dies anders sieht und in einseitigen Festlegung des Tarifpreises selbigen zum Gegenstand der Preisabrede zwischen den Parteien des Versorgungsvertrages kürt.

Wie wenig stark diese Ansicht des BGH aus dem Leben gegriffen ist, zeigt schon einerseits der ständige und nicht enden wollende Gaspreisprotest sowie die vielfältigen \"abweichenden Meinungen\" innerhalb der Jurisprudenz.

Und weil es da ganz gehörig beflissene Befolger der Rechtsprechung des VIII. Senats gibt, treten auch noch die nachfolgenden Stilblüten ins Leben, wie in der Entscheidung des LG Wuppertal ersichtlich:

Zitat
Ziff. 2
Die Argumentation der Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung, der Anschluss des Verfügungsbeklagten sei schon aus Billigkeitsgründen zu sperren, da ansonsten ein Strombezug auf Kosten der Allgemeinheit nicht verhindert werden könne, überzeugt schon deshalb nicht, weil derjenige, der aus dem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität entnimmt, die Realofferte des Versorgungsunternehmens durch sozialtypisches Verhalten annimmt und daher selbst bei einem ausdrücklichen Widerspruch das tarifliche Entgelt zahlen muss (Palandt/Ellenberger, Einf. vor § 145 Rn. 27). Auch ein entgegenstehender Wille des Versorgers dürfte, wie sich aus § 2 Abs. 2 StromGVV ergibt, unbeachtlich sein. Insofern ist es dem Lieferanten unbenommen, vom Verfügungsbeklagten das für dessen Strombezug geschuldete Entgelt zu verlangen und im Falle der Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen die in der StromGVV vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen.

Diese These ist zu präzisieren und zur Diskussion zu stellen : \"Bei einem ausdrücklichen Widerspruch muß das tarifliche Entgelt gezahlt werden, egal ob der Widerspruch auf Unbilligkeit beruht oder auf Querulation\".

Die Antithese lautet: \"Wer durch seinen Unbilligkeitswiderspruch zum Ausdruck bringt, dass nur der billige Preis gezahlt wird, schuldet zwar das tarifliche Entgelt, aber nur insoweit als das tarifliche Entgelt der Billigkeit entspricht.

Grundlage für die These ist, dass angeblich eine Preisvereinbarung d.h. Einigung für den Anfangspreis existiere.

Grundlage für die Antithese ist, dass (bereits vor Entnahme der Energie aus dem Netz) bei Vertragsschluß keine vorbehaltlose Einigung über den Preis existiert.

Auch wenn allenthalben zu lesen ist, dass der Abnehmer mit seiner Energieentnahme aus dem Netz blindlings in die Falle des Entgeltsystems des Versorgers laufe und dies von seinem hiergegen gerichteten Widerspruch nicht unterlaufen werden könne, ist die Frage nach der Berechtigung dieser Unterthese offen.

Eines ist klar: Der BGH will mit dieser Unterthese verhindern, dass der Vertrag zwischen den Parteien aus dem Gesichtspunkt des Dissens (§§ 145, 154 Abs. 1 BGB) nicht unwirksam ist.

Das Schicksal eines Vorbehalts, vor Vertragsschluß erklärt, gestützt auf den Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 315 BGB), wird davon nicht tangiert. Denn in diesem Fall ist der Vertrag geschlossen und bleibt dies auch, wenngleich mit einer \"verhaltenen\" Gegenleistungsforderung (§ 315 Abs. 3 BGB).

Dass die Ausübung der Unbilligkeitseinrede ein hoher Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots ist, entspricht der ständigen RSpr. des BGH (VIII ZR 279/02; VIII 81/08; et alt.). Somit unterfällt der Unbilligkeitseinwand einer institutionellen Garantie, deren Ausübung nur in Händen des Betroffenen liegt. Deshalb kann auch auf dieses Recht verzichtet werden (wovon der VIII. BGH-Senat ja wohl auch ausgeht).

Wenn aber der Vorbehalt bereits vor Vertragsschluß erklärt wurde, dann kann nicht (auch nicht der Richter) dieses Recht mit einer Fiktion (actus contrarius) vom Tisch wischen (Motto: Friss oder stirb).

Alle die bisherigen Überlegungen hierzu weisen allerdings einen Schönheitsfehler auf; die Rechnung wurde nämlich ohne das Reichsgericht gemacht. Dessen Argumentation aus dem Jahre 1925 hat bis auf den heutigen Tage noch niemand widerlegt.

Das Reichsgericht hatte am 29.09.1925 (Az. VI 182/25 = RGZ 111, 310) nämlich ausdrücklich bestätigt, dass die Unterwerfung des Abnehmers unter die Tarifpreise des Versorgers jedenfalls von zwei Vorbehalten  blockiert wird:

(a) dem Sittenwidrigkeitseinwand (§ 138 )
und
(b) dem Unbilligkeitseinwand (§ 315 BGB)
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline PLUS

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Zitat
Original von RR-E-ft
Das geht doch gar nicht.
...
Der Gesetzgeber gibt in §§ 2, 1 EnWG vor: möglichst sicher, preisgünstig, effizient.
Damit ist vom Gesetzgeber alles gesagt, was zu sagen ist.
....
Soll der Gesetzgeber den Grundversorgern etwa exakt vorschreiben, wo und zu welchen Bedingungen sie die Energie zu beschaffen haben, um den Bedarf der Kunden möglichst sicher, preisgünstig und effizient zu decken?
...
    Tut mir leid, wenn ich da nicht uneingeschränkt  folgen kann. Ich bin nicht dieser Meinung. Es geht viel. Z. B. werden in der
Preisangabenverordnung auch nicht die Preise vorgeschrieben sondern allgemeinverbindliche Regeln aufgestellt etc. pp.. Ich sehe nicht dass der Gesetzgeber zum  Verbraucherschutz und der Billigkeit im Grundversorgungsbereich der Energie, schon alles gesagt hat, was zu sagen wäre.[/list]

Offline RR-E-ft

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@tangocharly

Gut muss es werden.

Während Schönheit (z.B. meine Frisur) vergänglich ist, währt das Gute hoffentlich fort.

Der VIII.Zivilsenat hat doch zumindest selbst schon erkannt, dass die gesetzliche Preisbestimmungspflicht mit der Verpflichtung zur Preisabsenkung einhergeht, soweit diese dem Versorger möglich und den Kunden günstig ist (VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Was er bisher jedoch wohl noch nicht erkannt hat, ist der deutlich zu Tage liegende Widerspruch, zwischen  seiner Rechtsprechung zum vereinbarten Anfangspreis und der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht gem. §§ 36 I, 2, 1 EnWG.

@PLUS

Tut mir auch leid.  ;)

Das ergibt sich jedoch m. E. auch aus BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43:

Der Versorger kann die Energie beschaffen wie er will, ohne dass deshalb die Beschaffungskosten vollständig auf die Kunden abgewälzt werden können, wenn die Beschaffung nicht der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG entsprach.
Nicht anders verhält es sich mit den übrigen, vom Versorger beeinflussbaren  Vertriebskosten der Grundversorgung.

Auch der Grundversorger trägt deshalb ein eigenes unternehmerisches Risiko.

Andere Lieferanten tragen ja auch ein unternehmerisches Risiko, wenn sie gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen.
Man denke nur an die unternehmerischen Risiken infolge der Verwendung wegen Verstoß gegen § 307 BGB unzulässiger Preisänderungsklauseln.

Offline RR-E-ft

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@PLUS

VEB Energiekombinat (geleitet von Generaldirektoren auf Weisung eines staatlichen Energieministeriums und staatlicher Plankommission)  hatten Sie ja wohl bereits weiter oben ad acta gelegt.

Gesetzliche Bestimmungen dürfen die Handlungsfreiheit immer nur soweit wie gerade notwendig beschränken, Art. 2, 12 GG.

Dem wurde mit § 2 Abs. 1 EnWG Rechnung getragen.

Aus der nicht weiter gesetzlich beschränkten und gesetzlich beschränkbaren Handlungsfreiheit folgt spiegelbildlich das Risiko eigener unternehmerischer Tätigkeit auch für Energieversorgungsunternehmen.

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von tangocharly
Die Antithese lautet: \"Wer durch seinen Unbilligkeitswiderspruch zum Ausdruck bringt, dass nur der billige Preis gezahlt wird, schuldet zwar das tarifliche Entgelt, aber nur insoweit als das tarifliche Entgelt der Billigkeit entspricht.

Besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Versorgers und kommt diesem auch im Vertragsverhältnis mit dem Kunden eine Preisbestimmungspflicht zu, so findet § 315 BGB unmittelbare  Anwendung mit der Folge, dass die Preisbestimmung des Versorgers für den Kunden nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (siehe nur BGH X ZR 60/04 unter II. 1).

Mit der Billigkeit einer einseitigen Preisbestimmung infolge Preisbestimmungspflicht verhält es sich deshalb nicht anders als mit der Schwangerschaft einer Frau.

Eine Frau ist entweder schwanger oder sie ist es nicht.  Wenn sie nicht schwanger ist,  muss - sofern gewollt- noch weiter daran gearbeitet werden, was aber zielführend auch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters sinnvoll ist.
Sie kann dann möglicherweise, aber jedenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt, schwanger werden.
So ist das nun einmal im und mit dem Leben.

Offline PLUS

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Original von RR-E-ft
Zitat
Original von tangocharly
Die Antithese lautet: \"Wer durch seinen Unbilligkeitswiderspruch zum Ausdruck bringt, dass nur der billige Preis gezahlt wird, schuldet zwar das tarifliche Entgelt, aber nur insoweit als das tarifliche Entgelt der Billigkeit entspricht.
Besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Versorgers und kommt diesem auch im Vertragsverhältnis mit dem Kunden eine Preisbestimmungspflicht zu, so findet § 315 BGB unmittelbare  Anwendung mit der Folge, dass die Preisbestimmung des Versorgers für den Kunden nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (siehe nur BGH X ZR 60/04 unter II. 1).

Mit der Billigkeit einer einseitigen Preisbestimmung infolge Preisbestimmungspflicht verhält es sich nicht anders als mit der Schwangerschaft einer Frau.

Eine Frau ist entweder schwanger oder sie ist es nicht und es muss - so weit gewollt- noch weiter daran gearbeitet werden, was aber zielführend auch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters sinnvoll ist.
    Der Arzt kann die Schwangerschaft leicht feststellen, ob sie gewollt ist wird schon schwieriger.  ;)

    Billigkeit:
So funktioniert das - oder doch nicht?  :D[/list]

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von PLUS
Der Arzt kann die Schwangerschaft leicht feststellen, ob sie gewollt ist wird schon schwieriger.  ;)
Der Arzt fragt zutreffend die Frau, ob eine bei dieser leicht feststellbare Schwangerschaft von ihr gewollt ist oder nicht.


Mein  Hinweis war weniger zur Belustigung, denn zur deutlichen Veranschaulichung eines recht ernsten Themas gedacht.


Zitat
BGH X ZR 60/04 unter II 1

Die ... Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

Was kann dann effektiver sein, sich gegen (vermutet) unbillige einseitige Preisbestimmungen infolge der Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils zur Wehr zu setzen?

Nach Unbilligkeitseinrede muss der Versorger, den die Preisbestimmungspflicht trifft, wohl ein reges Eigen- Interesse daran haben, die Billigkeit seiner (unwiderruflichen!) Preisbestimmung nachvollziehbar und prüffähig darzulegen bzw. eine gerichtliche Ersatzbestimmung zu beantragen, um sich überhaupt erst einen durchsetzbaren Zahlungsanspruch gegen den Kunden zu verschaffen.

Unbillige Preisbestimmungen sind für den Versorger wirtschaftlich hoch riskant.  Es ist wohl keine wirtschaftlich wirksame, stärkere Zwangsdrohung vorstellbar.

M. E. konnte es der deutsche Gesetzgeber für die Verbraucher gar nicht besser einfädeln.

Aber dazu gibt es eben bekanntlich auch andere Auffassungen, die (zumindest mich) jedoch bisher nicht überzeugen.

Zum Streit Entschlossene sollten wohl immer auch  von Clausewitz gelesen haben.

Nicht, dass man sich in Kaffekränzchen verliert.  ;)

Meine Hoffnung:

Wir werden uns mit den Widersachern schnell einig.

Unbillige Grundversorgungstarife gehören schnellstmöglich abgeschafft!

Offline RR-E-ft

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@tangocharly

An der bisher unzutreffenden Sicht des VIII.Zivilsenats des BGH sind wir teilweise selbst schuld. Statt von der Preisbestimmungspflicht führten auch wir die Rede vom Preisänderungsrecht oder dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers. Dass der VIII.Zivilsenat deshalb den Inhalt von Energiedepesche Sonderheft Nr. 1 (April 2006) sukzessive in seiner Rechtsprechung umgesetzt hat, haben wir uns selbst zuzuschreiben. Insbesondere ich mir. Mea culpa.

Spätestens ab heute darf in Schriftsätzen nur noch von der Preisbestimmungspflicht des Versorgers, die der unmittelbaren Anwendung des § 315 BGB unterliegt, die Rede sein. Sag ich mal so. ;)

Bei den Gerichten muss man es zukünftig anders lesen.
Sowohl im Gerichtseingang, als auch im Gerichtsauswurf.

Wir bestimmen - nicht nur mit unseren Schriftsätzen - die Sicht auf die Dinge maßgeblich mit.

Offline RR-E-ft

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In den Anschreiben an die Versorger sollte es fortan heißen:

Sie wollen auch weiterhin mir gegenüber Preise zur Abrechnung stellen, die nicht vertragsgemäß sind.
Dies lehne ich ausdrücklich ab. Solche werde ich nicht zahlen.
Die von mir zukünftig noch geleisteten Zahlungen erfolgen ausdrücklich nur noch unter dem Rückforderungsvorbehalt.  

Eine Preisbestimmungspflicht wurde bei Vertragsabschluss oder danach  nicht vertraglich vereinbart, so dass Sie zu Preisänderungen nicht berechtigt sind (vgl. BGH KZR 2/07 Rn. 21, VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16, juris).

Selbst wenn eine Preisbestimmungspflicht besteht, was nur in Fällen der Grund- und Ersatzversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG gesetzlich der Fall ist, so sind Sie dieser jedenfalls nicht entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung als Energieversorger gem. § 2 Abs. 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Energie mir gegenüber nachgekommen.


Ihre unwiderrufliche einseitige Preisbestimmung rüge ich deshalb auch als unbillig und  berufe mich jedenfalls auch auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. BGH X ZR 60/04 unter II 1.)


Dies betrifft den Gesamtpreis, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis (vgl. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39, juris)

Weisen Sie mir die Billigkeit Ihrer Preisbestimmung und vor allem anhand offen gelegter Preiskalkulation nachvollziehbar und prüffähig nach, dass Ihre Preisbestimmung Ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten Versorgung entspricht, der Preis soweit wie möglich abgesenkt wurde (vgl. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43, VIII ZR 81/08 Rn. 18, juris).


Den Eingang dieses Schreibens wollen Sie mir bitte schriftlich bestätigen.

Offline tangocharly

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Zitat
Original von RR-E-ft
In den Anschreiben an die Versorger sollte es fortan heißen:

[...].


.... sollten Sie vielleicht noch mal drüber schlafen - und erst dann ein Ei drüber schlagen.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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@tangocharly

Bin für Telefonate, EMails und PN von engagierten Kollegen immer gern empfänglich.

Offline Jagni

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Es ist nicht erkennbar, dass § 5 GVV keine Preisbestimmungsregelung  enthalten soll. Sie ist lediglich völlig intransparent.

Die Rechtsvorschrift enthält den Allgemeinen Preis und sagt, dass die Preise ... „jeweils“ zum Monatsbeginn.....wirksam werden.

Der Allgemeine Preis beinhaltet die gesamte Preisbildungssystematik der Grundversorgung. Der Bedeutungsinhalt des Rechtsbegriffs ist  allerdings, soweit ersichtlich, noch nirgends festgeschrieben und muss daher mühsam herbeiargumentiert werden. Wenn es aber einmal geschehen ist, kann unschwer daraus entnommen werden, dass der Allgemeine Preis u.a. verpflichtet, ihn nach oben und nach unten zu bewegen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.

Dem Wort „jeweils“ liegt folgender in der Rechtsprechung, aber auch vom Verordnungsgeber der GVV in vollendeter Argumentationskunst geschraubte Gedankengang zugrunde, dass damit die Preise gleitend und somit ohne Kündigung geändert werden können.

Wie kann es danach gelingen, im § 5 GVV keine Preisbestimmungsregelung mehr zu sehen?

Gruß
Jagni

Offline jofri46

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Ist vom Gesetzgeber wirklich alles gesagt, was zu sagen ist? Ich denke da an § 39 Abs 1 EnWG, wonach auf dem Verordnungswege Regelungen über die Gestaltung, den Inhalt und Aufbau der allgemeinen Preise erlassen werden können. Gibt es eine solche Regelung?

Offline RR-E-ft

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§ 315 BGB betrifft die gerichtliche Kontrolle der Erfüllung einer Leistungsbestimmungspflicht durch einen Vertragsteil, den eine solche Verpflichtung trifft. Dies kann auch eine Preisbestimmungspflicht betreffen.  

§ 5 GVV betrifft keine Preisbestimmungspflicht, allenfalls die besondere Form deren Ausübung (§ 315 Abs. 2 BGB).  

Gegenprobe:
Wenn der Versorger keine Preisänderung gem. § 5 GVV vollführt, dann viel Erfolg bei einer Klage auf Preisabänderung mit § 5 GVV als Anspruchsgrundlage! Auch § 4 AVBV schafft dafür keinerlei Anspruchsgrundlage!

Eine solche Preisbestimmungspflicht findet sich jedoch  in § 36 Abs. 1 EnWG, so wie schon in § 10 Abs. 1 EnWG 1998 und § 6 Abs. 1 EnWiG 1935.

EU- Richtlinien  verpflichten auch die Bundesrepublik Deutschland, Kleinkunden bei der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas besonders zu schützen, ihnen eine Belieferung zu angemessenen, transparenten Preisen und Bedingungen zu gewährleisten.  
Zum Schutz der Kleinkunden wurde in Umsetzung der entsprechenden EU- Richtlinien  mit § 36 Abs. 1 EnWG eine Grundversorgungspflicht eingeführt.
Gemäß § 36 Abs. 1 EnWG sind sog.  Grundversorger gesetzlich verpflichtet,  Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck festzulegen, sodann öffentlich bekannt zu geben und auch im Internet zu veröffentlichen und ausnahmslos jeden Haushaltskunden im Rahmen ihrer gesetzlichen Versorgungspflicht zu diesen Preisen zu versorgen.  Es handelt sich um eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des entsprechenden Energieversorgungsunternehmens. Bei der Festlegung der Allgemeinen Preise sind die Grundversorger nicht frei, sondern haben  die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG zu beachten, so dass die Allgemeinen Preise den Haushaltskunden tatsächlich eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität bzw. Gas ermöglichen müssen.Da Grundversorger im Bereich der Versorgungspflicht verpflichtet sind, ausnahmslos jeden Haushaltskunden zu den von ihnen unter Beachtung von §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG gebildeten Allgemeinen Preisen zu versorgen, sind abweichende Preisvereinbarungen mit einzelnen Kunden gesetzlich unzulässig. Erst recht ist es in gesetzlich unzulässig im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht mit einzelnen Kunden Preise zu vereinbaren, die für den Versorger besonders vorteilhaft sind. Denn die gesetzlichen Regelungen verpflichten ihn zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung.
Bei Abschluss eines Grundversorgungsvertrages werden bei Lichte betrachtet auch keine Preise zwischen den Parteien vereinbart. Nach dem Willen des Gesetzgebers gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/ GasGVV handelt es sich auch bei den Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/ GasGVV um  vertragsgegenständlichen Regelungen eines jeden Grundversorgungsvertrages. Demnach ist der Grundversorger nur dazu verpflichtet, Elektrizität bzw. Gas zu den [allein von ihm aufgrund gesetzlicher Verpflichtung einseitig festzusetztenden] jeweiligen Allgemeinen Preisen zur Verfügung zu stellen.
Die Preishauptabrede der Parteien besteht nach der gesetzlichen Regelung deshalb darin, dass die Energie für die Dauer des Vertragsverhältnisses dem Kunden nur zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen zur Verfügung gestellt wird, die unter Beachtung von §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG festzulegen der Versorger gesetzlich verpflichtet ist.
 
Der Versorger soll nach der gesetzlichen Regelung, welche zugleich die vertragliche Abrede ausmacht, auch nach Vertragsabschluss zur Festsetzung desjenigen jeweiligen  Allgemeinen Preises verpflichtet sein, die dem betroffenen Kunden eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Versorgung gewährleistet.Der gesetzlich versorgungspflichtige Versorger schuldet den betreffenden Kunden nach dem Willen des Gesetzgebers gesetzlich und vertraglich implementiert eine jeweilige Preisbestimmung, die den betroffenen Kunden jeweils eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Energieversorgung gewährleistet, weil nur solche Preisbestimmungen gesetzlich zulässig und zugleich vertragsgemäß sind.   Nur hierdurch konnte der deutsche Gesetzgeber auch den entsprechenden EU- Richtlinien hinreichend Rechnung tragen.

Offline RR-E-ft

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Ich habe versucht, die gesamte berechtigte Kritik an der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH zu bündeln. Meine entsprechende  Streitschrift im Umfange von zehn Seiten einschließlich umfangreichem Fußnotenapparat ist auch bei der Poststelle des BGH eingegangen und wird dem Senatsvorsitzenden und allen Senatsmitgliedern zugeleitet. Sie soll später auch veröffentlicht werden.

Wer demgegenüber Kritik am deutschen Gesetzgeber üben will, kann sich direkt an diesen wenden.

 

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