@RR-E-ft
Schön.
Aber wir wissen, dass der BGH dies anders sieht und in einseitigen Festlegung des Tarifpreises selbigen zum Gegenstand der Preisabrede zwischen den Parteien des Versorgungsvertrages kürt.
Wie wenig stark diese Ansicht des BGH aus dem Leben gegriffen ist, zeigt schon einerseits der ständige und nicht enden wollende Gaspreisprotest sowie die vielfältigen \"abweichenden Meinungen\" innerhalb der Jurisprudenz.
Und weil es da ganz gehörig beflissene Befolger der Rechtsprechung des VIII. Senats gibt, treten auch noch die nachfolgenden Stilblüten ins Leben, wie in der Entscheidung des
LG Wuppertal ersichtlich:
Ziff. 2
Die Argumentation der Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung, der Anschluss des Verfügungsbeklagten sei schon aus Billigkeitsgründen zu sperren, da ansonsten ein Strombezug auf Kosten der Allgemeinheit nicht verhindert werden könne, überzeugt schon deshalb nicht, weil derjenige, der aus dem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität entnimmt, die Realofferte des Versorgungsunternehmens durch sozialtypisches Verhalten annimmt und daher selbst bei einem ausdrücklichen Widerspruch das tarifliche Entgelt zahlen muss (Palandt/Ellenberger, Einf. vor § 145 Rn. 27). Auch ein entgegenstehender Wille des Versorgers dürfte, wie sich aus § 2 Abs. 2 StromGVV ergibt, unbeachtlich sein. Insofern ist es dem Lieferanten unbenommen, vom Verfügungsbeklagten das für dessen Strombezug geschuldete Entgelt zu verlangen und im Falle der Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen die in der StromGVV vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen.
Diese These ist zu präzisieren und zur Diskussion zu stellen : \"Bei einem ausdrücklichen Widerspruch muß das tarifliche Entgelt gezahlt werden, egal ob der Widerspruch auf Unbilligkeit beruht oder auf Querulation\".
Die Antithese lautet: \"Wer durch seinen Unbilligkeitswiderspruch zum Ausdruck bringt, dass nur der billige Preis gezahlt wird, schuldet zwar das tarifliche Entgelt, aber nur insoweit als das tarifliche Entgelt der Billigkeit entspricht.
Grundlage für die These ist, dass angeblich eine Preisvereinbarung d.h. Einigung für den Anfangspreis existiere.
Grundlage für die Antithese ist, dass (bereits vor Entnahme der Energie aus dem Netz) bei Vertragsschluß keine vorbehaltlose Einigung über den Preis existiert.
Auch wenn allenthalben zu lesen ist, dass der Abnehmer mit seiner Energieentnahme aus dem Netz blindlings in die Falle des Entgeltsystems des Versorgers laufe und dies von seinem hiergegen gerichteten Widerspruch
nicht unterlaufen werden könne, ist die Frage nach der Berechtigung dieser Unterthese offen.
Eines ist klar: Der BGH will mit dieser Unterthese verhindern, dass der Vertrag zwischen den Parteien aus dem Gesichtspunkt des Dissens (§§ 145, 154 Abs. 1 BGB) nicht unwirksam ist.
Das Schicksal eines Vorbehalts, vor Vertragsschluß erklärt, gestützt auf den Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 315 BGB), wird davon nicht tangiert. Denn in diesem Fall ist der Vertrag geschlossen und bleibt dies auch, wenngleich mit einer \"verhaltenen\" Gegenleistungsforderung (§ 315 Abs. 3 BGB).
Dass die Ausübung der Unbilligkeitseinrede ein hoher Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots ist, entspricht der ständigen RSpr. des BGH (VIII ZR 279/02; VIII 81/08; et alt.). Somit unterfällt der Unbilligkeitseinwand einer institutionellen Garantie, deren Ausübung nur in Händen des Betroffenen liegt. Deshalb kann auch auf dieses Recht verzichtet werden (wovon der VIII. BGH-Senat ja wohl auch ausgeht).
Wenn aber der Vorbehalt bereits vor Vertragsschluß erklärt wurde, dann kann nicht (auch nicht der Richter) dieses Recht mit einer Fiktion (actus contrarius) vom Tisch wischen (Motto: Friss oder stirb).
Alle die bisherigen Überlegungen hierzu weisen allerdings einen Schönheitsfehler auf; die Rechnung wurde nämlich ohne das Reichsgericht gemacht. Dessen Argumentation aus dem Jahre 1925 hat bis auf den heutigen Tage noch niemand widerlegt.
Das Reichsgericht hatte am 29.09.1925 (Az. VI 182/25 = RGZ 111, 310) nämlich ausdrücklich bestätigt, dass die Unterwerfung des Abnehmers unter die Tarifpreise des Versorgers jedenfalls von zwei Vorbehalten blockiert wird:
(a) dem Sittenwidrigkeitseinwand (§ 138 )
und
(b) dem Unbilligkeitseinwand (§ 315 BGB)