Eine Pflicht zur richtlinienkonformer Auslegung besteht immer. Sie gilt uneingeschränkt vom Ablauf der Umsetzungsfrist an und auch dann noch, wenn die Richtlinie bereits ordnungsgemäß umgesetzt worden ist. Das nationale Recht, das die von einer Richtlinie geregelte Materie betrifft, ist von nationalen Gerichten und Behörden soweit wie möglich im Lichte von Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszulegen.
Die Vorschriften der GasGVV und der StromGVV sind daher im Sinne der Richtlinien 54 und 55/2003 auszulegen. Für die AVBGasV und AVBEltV gilt dies schon deswegen, weil sie nicht ausdrücklich der Umsetzung der Richtlinie dienen konnten. (erstellt: 1979) Dies ist aber überhaupt erst erforderlich, wenn die Regelungen der Richtlinien nicht schon in der GasGVV und StromGVV berücksichtigt wurden. Problematisch ist daher, ob die in den Richtlinien vorgeschriebenen Vorgaben bzgl. der
Preistransparenz in diesen Verordnungen berücksichtigt wurden und mit
Preistransparenz auch Anpassungsmöglichkeiten gemeint wurden. Die Richtlinien sprechen an mehreren Stellen von einer Preistransparenz zum Schutz der Kunden. Konkretisiert wird diese Pflicht bzgl. Preis
änderungen in Anhang A zu den Richtlinien. Es wurde versucht, die dort genannten Vorgaben wurden in §§ 5 GasGVV und StromGVV umzusetzen, so dass eine richtlinienkonforme Auslegung hier nur dann erforderlich sein dürfte, wenn die Umsetzung nicht richtliniengerecht durchgeführt wurde.
Die Richtlinie 2003/55/EG scheint übrigens die Sonderkunden vom Anwendungsbereich der Richtlinie auch nicht- wie in der RiLi 54/2003 auszuschließen. Nach Art. 23 Abs. 1 c) gehören zu den zugelassenen Kunden im Sinne der Richtlinie alle Kunden, also auch die Nicht-Haushalts-Kunden. Die Vorgaben des Art. 3 zum Schutz der Endkunden und zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes umfassen nach Abs. 3 jedoch auch nur im Fall der Haushalts- Kunden die in Anhang A aufgeführten Maßnahmen (Preisänderung).
Auf Vorgaben bezüglich
Preisänderungen wird lediglich im Anhang A zu den Richtlinien eingegangen. Hier heisst es unter b), mit den in Artikel 3 genannten Maßnahmen solle sichergestellt werden, dass die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und dabei über ihr Rücktrittsrecht unterrichtet werden. Die Dienstleister müssen ihren Kunden direkt jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode, die auf die Gebührenerhöhung folgt.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es den Kunden freisteht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren, die ihnen ihr Elektrizitätsdienstleister mitgeteilt hat.Diese Vorgaben wurden in den §§ 5 StromGVV/GasGVV umgesetzt. In Abs. 2 dieser Vorschriften wird vorgeschrieben, dass die Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Abs. 3 schreibt vor, dass Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam werden, der bei einer fristgemäßen Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
Durch diese Vorschrift wird also sichergestellt, dass die Kunden rechtzeitig (mindestens 6 Wochen vorher) über Preisänderungen informiert werden. Dies wird auch durch geeignete Maßnahmen sichergestellt. Die Änderungen sind öffentlich bekannt zu machen, auf der Internetseite des Versorgers zu veröffentlichen und der Kunde wird zusätzlich persönlich per Brief informiert. Auch die Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen, wird durch diese Vorschrift sichergestellt. Damit wurden zumindest die Vorgaben aus dem Anhang A zu den Richtlinien umgesetzt.
ANHANG A
Maßnahmen zum Schutz der Kunden
Unbeschadet der Verbraucherschutzvorschriften der Gemeinschaft, insbesondere der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(1) und der Richtlinie 93/13/EG des Rates(2), soll mit den in Artikel 3 genannten Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Kunden
b) rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und dabei über ihr Rücktrittsrecht unterrichtet werden. Die Dienstleister teilen ihren Kunden direkt jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mit, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode, die auf die Gebührenerhöhung folgt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es den Kunden freisteht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren, die ihnen ihr Gasdienstleister mitgeteilt hat;
c) transparente Informationen über geltende Preise und Tarife sowie über die Standardbedingungen für den Zugang zu Gasdienstleistungen und deren Inanspruchnahme erhalten;
Wenn aber - wie in vielen Fällen der Preiserhöhungen ab Oktober 2004 im Hinblick auf den monopolistisch ausgerichteten Markt - keine Möglichkeit des Wechsels des Gasanbieters bestand, müsste eine Auslegung ergeben, dass eine Preiserhöhung nur dann möglich ist, wenn der Versorger diese
unabhängig von einem etwaige vereinbarten Preissockel mit kalkulatorischen Notwendigkeiten begründet.
[/B]
Dies Auffassung kann man dann vertreten, wenn man nicht den Weg zu einer Preisanpassung gänzlich versperren will, aber den Vorsorger wegen seiner (mangels Umsetzung der Richtlinie 55/2003 zum 1.7.2004) bestehenden Monopolstellung zur Eerhebung transparenter Preise verpflichten will.
Übrigens ist m.M. nach die unmittelbare Anwendung der Richtlinie aufgrund einer Entscheidung des EuGH möglich:
Hierbei handelt es sich um die Entscheidung Rs. C-188/89, Foster gegen British Gas Corporation.
Der EuGH hat in diesem Fall die Berufung auf die Richtlinie zugelassen, obwohl es sich um ein privates Unternehmen handelte. Der EuGH fasst den Begriff des Staates für die Frage der unmittelbaren Wirkung relativ weit. Dabei sind die Handlungsformen des Staates (öffentlich-rechtlich oder privat-rechtlich) unerheblich. Im Foster-Urteil heisst es hierzu unter Rn. 20:
\"Demgemäß gehört jedenfalls eine Einrichtung, die unabhängig von ihrer Rechtsform kraft staatlichen Rechtsakts unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse zu erbringen hat und die hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet ist, die über das hinausgehen, was für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gilt, zu den Rechtssubjekten, denen die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen einer Richtlinie entgegengehalten werden können.\"