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Autor Thema: Widerspruchseinleger = \"Ladendiebe\" ?  (Gelesen 6100 mal)

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Offline BerndA

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Widerspruchseinleger = \"Ladendiebe\" ?
« am: 19. Juli 2009, 13:54:38 »
Hallo liebe Mitstreiter,

die oberste Regel bei der Verfassung von Presseartikeln aller Art sollte eigentlich Objektivität, Sachkenntnis und Fairness gegenüber den Beteiligten sein. Der Kommentar der Münsterländischen Volkszeitung vom 18.07.2009 zum Thema \"Klagen gegen die Gaskunden, wer ist der Dumme\" verstößt jedoch fundamental gegen diese eigentlich selbstverständlichen Grundregeln des Journalismus, und strotzt nur so von mangelnder Sachkenntnis und grober Unfairness, um es einmal vorsichtig auszudrücken.

Wenn in diesem Kommentar geschrieben wird, dass ein von allen Parteien der Stadt Rheine zusammen gesetzter Aufsichtsrat die Preise der Stadtwerke beschlossen hat, so bedeutet das nicht, dass diese Preise nicht auch überhöht und unbillig festgesetzt worden sind. Darüber hinaus würden wir, die Energieverbraucher, die Parteien gerne mal fragen, wo denn die von der Stadt Rheine ebenfalls einkassierten Gewinne der Stadtwerke Rheine eigentlich bleiben (immerhin mehrere Millionen pro Jahr) und welche unzulässigen Quersubventionierungen damit eigentlich getätigt werden. Das zum Thema \"Objektivität\".

Wenn der Kommentator weiter schreibt, es ginge hier um eine Art \"Robin-Hood\" Mentalität, und wir würden uns wehren, weil die Energiepreise grunsätzlich zu hoch sind, so hat er jedoch sogar Recht. Wir kämpfen tatsächlich und mit Ausdauer für die immer größer werdende Schar der finanziell Schwachen gegen die Gier der Reichen und gegen die seit Jahren zunehmende Gewinnsucht der Energiekonzerne.

Wer immer noch glaubt, die Energiepreise wären nicht überhöht, dem beweisen wir in einem persönlichen Gespräch auch gerne das Gegenteil. Daran ändert auch kein Wibera-Gutachter der Stadtwerke etwas, denn diese gekauften Testate haben vor Gericht überhaupt keinen Beweiswert.

Der Gipfel der Unverfrorenheit ist es aber, die rechtschaffenden Energieverbraucher mit \"Ladendieben\" auf eine Stufe zu stellen, \"die Waren stehlen, ohne zu bezahlen\". Die Energieverbraucher in Rheine verwahren sich mit allem Nachdruck gegen diesen absolut unzulässigen und auch boshaften Vergleich.

Wir, die Energieverbraucher nehmen nur die uns gesetzlich zustehenden Verbraucherrechte wahr, nicht mehr und nicht weniger ! Diese Äußerungen erfüllen unseres Erachtens sogar den Straftatbestand der \"Beleidigung\" und der \"üblen Nachrede\", weshalb die betroffenen Gaskunden in Rheine sogar schon über eine entsprechende Strafanzeige bei der dafür zuständigen Staatsanwaltschaft nachdenken.

Jeder Bürger darf und sollte daher bei vermuteter Unbilligkeit einseitig festgelegter Preise Widerspruch gegen seinen Energieversorger einlegen und darf nach einem solchen Widerspruch auch die Zahlungen kürzen, das steht im Gesetz. Dies hat ebenfalls nichts mit einer Kürzung nach eigenen Gutdünken zu tun, die Kürzungen werden von uns entsprechend der rechtlichenVorgaben über eigene und aufwendige Rechnungsformulare ermittelt.

Wir emfinden es daher als blanken Hohn, uns als \"unehrlich\" zu bezeichnen, und zu behaupten, der \"Ehrliche wäre hier der Dumme\" weil er angeblich die Kosten für die Anderen übernehmen müsste. Fakt ist, dass die anderen Gaskunden ganz sicher nicht dafür bezahlen, denn diese Fehlbeträge werden den ihnen nachweislich überhaupt nicht in Rechnung gestellt.

Es hat also absolut nichts mit \" \"Unehrlichkeit\" zu tun, wenn die mündigen Gaskunden hier nur ihre Rechte wahrnehmen. Wir betrügen niemanden, wir veruntreuen keine Gelder, wir machen uns auch nachweislich nicht strafbar, es gibt nichts, was diesen Vorwurf begründen könnte. Daher ist es nicht zu entschuldigen, die nur gesetzmäßig vorgehenden Zahlungskürzer als \"dreiste Verweigerer\" zu bezeichnen. Allerdings verlieren die Stadtwerke Rheine hier natürlich in erheblicher Weise Geld. Da ist es scheinbar angebracht, die unschuldigen Gaskunden entsprechend öffentlich \"anzuprangern\" und auch noch mit \"Dieben\" auf eine Stufe zu stellen. Das ist im höchsten Maße ehrenrührig und verstößt u. E. sogar gegen den Ehrenkodex des Deutschen Presserates, den wir deswegen auch eingeschaltet haben.

Bis zum Nachweis der Billigkeit der Preise ist die Fälligkeit der Forderungen der Energieverbraucher ausgesetzt und diese Forderungen müssen daher nicht bezahlt werden. Dies steht eindeutig so im § 315 des BGB ( Bürgerliches Gesetzbuch ) und in den dazu ergangen Urteilen des Bundesgerichtshofes, welches immerhin Deutschlands höchstes Zivilgericht ist. Das nur nochmal zum Thema \"Sachkenntnis\".

\"Wer eine Ware zu den derzeit gültigen Geschäftsbedingungen bezieht, muss sie dann auch bezahlen, oder sich einen anderen Gaslieferanten suchen\" schreibt der Kommentator weiter. Was aber gilt, wenn die derzeit gültigen Geschäftbedingungen ungültig sind oder die festgesetzten Gaspreise tatsächlich unbillig sind ? Dann muss ein Kunde diese Ware eben nicht vollständig bezahlen. Auch dies scheint der Kommentator nicht zu wissen.

Zwar gibt es inzwischen auch Möglichkeiten, günstigere Gasanbieter zu finden, aber dies ist erst seit Kurzem so. Vorher waren die Stadtwerke Rheine nachweislich absoluter Monoplist in Sachen Gasversorgung in Rheine. Ein Wechsel war daher nicht möglich. Selbstverständlich geht man aber als vorsichtiger Verbraucher bei einem nunmehr möglichen Wechsel auch kein Risiko ein und zahlt die Gaskosten eben nicht für ein Jahr im Voraus, weil der neue Gasanbieter vielleicht schon morgen insolvent sein könnte und das Geld dann weg ist. Was ist daran falsch ?

Erstaunlich ist aber, dass selbst die stadteigene Verbraucherberatung sogar davon abrät, in diesen Fällen Vorkasse zu leisten. Nicht nur das, sie verteilt inzwischen sogar Widersprüche gegen die Energieversorger und ruft ebenfalls zur Kürzung der Zahlungen auf. Das ist dann wirklich mal ein Grund, \"sich verwundert die Augen zu reiben\".

Schlichtweg falsch ist natürlich auch die Aussage, viele Gaspreisrebellen hätten wegen der zu erwartenden Gerichtskosten bereits kapituliert. Viele Gaspreisrebellen sind rechtsschutzversichert oder über eine Prozesskostenhilfe beim Bund der Energieverbraucher abgesichert, dewegen gibt es bisher keinen Grund zu kapitulieren, und die meisten Gasverbraucher werden dies auch nicht tun.

Wäre es also tatsächlich eine kleine Sensation, wie der Kommentator in seinem Artikel schreibt, wenn die Klagen Stadtwerke Rheine von einem Gericht tatsächlich abgewiesen würden ? Nein, es wäre sicher keine Sensation, denn es wäre nur gerecht und wir gehen davon aus, dass die Gerechtigkeit hier auch siegen wird.


Bernd Ahlers
BdEv Münsterland

Offline nomos

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Widerspruchseinleger = \"Ladendiebe\" ?
« Antwort #1 am: 19. Juli 2009, 15:54:24 »
@BerndA, die Erfahrungen mit der (örtlichen) Presse, das ist ein großes Thema!

Presseerfahrung gibt es sicher bei den verschiedenen Initiativen reichlich. Die Titulierung als \"Gasrebell\" ist da schon durchaus gängig und geradezu harmlos. \"Säumiger Zahler\", die Bezeichnung \"Angeklagter\" in einem Zivilverfahren usw. kommen dazu. \"Ladendieb\" ist jetzt auch für mich neu!

Meine Zeitung hat sich sogar zeitweise einen Maulkorb verpasst, Stadt und Stadtwerke sind gute Kunden und Sponsoren, man ist nebenbei noch Amtsblatt, da sind gewisse Rücksichtsnahmen verständlich usw.. Wenn es zu \"Bunt\" zu werden droht, stellt man die Berichterstattung schon mal ein.

Offline tangocharly

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Widerspruchseinleger = \"Ladendiebe\" ?
« Antwort #2 am: 19. Juli 2009, 16:03:35 »
Ja, wir haben induLa Pressefreiheit. Die dürfen alles schreiben, fast alles. Und wenn es induLa Mißstände gibt, dann müssen die berichten; Gasraub ist schließlich kein Mundraub und da liegt der Vergleich zum Ladendieb nahe. Meinungsfreiheit auch gut und schön. Wo kämen wir denn hin, wenn derjenige, der seine Meinung äußern will, auch noch eine Informationsbeschaffungspflicht besäße. \"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing\"; auch ein schöner Spruch - und keine Neuheit (denken Sie nur an die vielen Anzeigen, die der von Ihnen zitierte Versorger in dem unparteiischen Organ schalten muß, Jahr für Jahr, immer wieder auf\'s Neue).

Bert Brecht wußte da auch schon:

Zitat
Denn keine noch so freie Presse liefert uns die Wahrheit – und wenn die Presse die Politik in unserem Auftrag kontrolliert, wer kontrolliert dann die Presse? Freie Presse – das kann auch Kasperle-Theater sein. Wenn der Bürger sich auf einen Nachrichten-Konsumierenden und Wahlkreuz-Abliefernden Privatier reduziert, ist Demokratie nur noch eine leere Hülle, ein Tarnanzug für eine Oligarchie – mit oder ohne Pressefreiheit.

Brecht abwandelnd kann man sagen:

Unglücklich das Land, das keine Pressefreiheit hat?
Nein, Unglücklich das Land, das Pressefreiheit nötig hat.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline ESG-Rebell

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Widerspruchseinleger = \"Ladendiebe\" ?
« Antwort #3 am: 20. Juli 2009, 13:54:51 »
Zitat
Original von BerndA
Der Kommentar der Münsterländischen Volkszeitung vom 18.07.2009 zum Thema \"Klagen gegen die Gaskunden, wer ist der Dumme\" ...
Gibt es den noch irgendwo im Wortlaut zu lesen?
Würde mich mal interessieren.

Auf der Seite http://www.mv-online.de habe ich wohl zahlreiche Artikel, nicht jedoch diesen Kommentar gefunden.

Gruss,
ESG-Rebell.

 

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