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Autor Thema: Nachricht vom AG Uelzen  (Gelesen 35952 mal)

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Offline reblaus

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #90 am: 01. Oktober 2009, 18:42:47 »
@jroettges
Wenn in einem Gasversorgungsvertrag steht \"der Versorger kann die Preise unter denen und jenen Umständen anpassen\", handelt es sich um einen Sondervertrag mit unwirksamer Preisanpassungsklausel.

Wenn ein Verbraucher dies hier mitteilt, und auf Zahlung von 50 € einbehaltener Beträge verklagt wurde, werde ich ihm zureden, diesen Rechtsstreit zu führen, weil er, wenn das Gericht sich an die höchtsrichterliche Rechtsprechung hält, gewinnen wird.

Im hier vorliegenden Fall verhält es sich ein wenig anders. Es ist ein Vertragsschluss nach § 2 AVBGasV bestätigt worden, und es liegen auch alle Tatbestandsvoraussetzungen für einen Vertragsschluss nach § 2 AVBGasV vor.

Dagegen argumentieren Sie und andere, dass die EWE sich hier und dort so und so geäußert habe, ihre Tarife als Sondertarife bezeichne. Aus diesem Grund soll die gesetzliche Rechtsfolge des § 2 AVBGasV, dass ein Grundversorgungsvertrag zustande gekommen ist, nicht eintreten und es sei mit Sicherheit ein Sondervertrag vereinbart worden, mit der tollen Folge, dass dann ja kein Preisanpassungsrecht vereinbart worden sei, und die ganzen Preiserhöhungen der Vergangenheit sowieso unwirksam seien.

Wenn Stefano viel Glück hat, alle Unterlagen aufgehoben hat, und sich aus irgendeinem Brief tatsächlich etwas brauchbares für Ihre Theorie ergeben könnte, er dann noch einen hervorragenden Anwalt engagiert (der in der Regel pro Stunde mehr verlangt, als der ganze Streit wert ist), der dem Richter eingängig klar macht, dass er nur im Sinne von Stefano entscheiden könne, weil alles andere sowieso Humbug sei, dann wird Stefano dieses Verfahren gewinnen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses eintritt ist recht gering. Das Risiko durch zusätzliche Prozesskosten ist ziemlich hoch.

Ich werde mich hier nicht zurückhalten, und Verbrauchern von unsinnigen Rechtsstreitigkeiten abraten, wenn die Aussichten nicht auf knallharten Rechtsargumenten sondern auf juristischen Tagträumereien beruhen.

Ich habe im übrigen weniger ein Vertrauensproblem mit unseren Gerichten sondern mehr mit unfähigen Rechtsanwälten, die ihre Mandanten in aussichtslose und unwirtschaftliche Verfahren treiben, um vor Gericht dann die  Restchancen dilletantisch zu vertänteln.

Die Anwaltskanzlei der Gegenseite gehört übrigens zu den zehn besten des Landes.

Offline RR-E-ft

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #91 am: 01. Oktober 2009, 18:57:57 »
@reblaus

Es bestand eine gängige Praxis, wonach Versorger nach Vertragsabschluss \"Vertragsbestätigungsschreiben\" verschickten, darin Sonderpreise aufführten und die Aussage, dass die Belieferung auf der Grundlage der AVBGasV erfolge. Dabei handelte es sich oftmals - auch aus Sicht der Gasversorger - um das Angebot zum Abschluss eines Normsondervertrages zu den Bedingungen der AVBGasV, der sich (nur) preislich vom Tarifkundenvertrag unterschied. Oft haben Kunden dieses nachträgliche Angebot angenommen, so dass dadurch (nachträglich) rückwirkend zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein Sondervertrag zustande kam, die Belieferung fortan auf vertraglicher Grundlage zu günstigeren  Sonderpreisen errfolgte.

Eine andere Frage war, ob in diese so geschlossenen Normsonderverträge auch tatsächlich die Bedingungen der AVBGasV einbezogen wurden, was oft nicht der Fall war, weil die Bedingungen der AVBGasV schon nicht zugleich mit übersandt worden waren.

Diese Verträge zeichnen sich dadurch aus, dass der Versorger nicht gesetzlich zur Belieferung zu diesen günstigeren Preisen verpflichtet ist und deshalb solche Verträge auch selbst ordnungsgemäß kündigen und sich somit aus dem Vertragsverhältnis wieder  lösen kann.

Die gesetzliche Versorgungspflicht betrifft nur die vom Versorger als solche veröffentlichten Allgemeinen Tarife/ Allgemeinen Preise der Grund- und Ersatzversorgung.

Veröffentlicht der Versorger - wie EWE - besondere Erdgaspreise, die nach dessen Veröffentlichung ausdrücklich keine Allgemeinen Tarife nach dem Energiewirtschaftsgesetz bzw. Allgemeine Preise der Grundversorgung sind, dann gibt er klar zu erkennen, dass er nicht gesetzlich zur Belieferung zu diesen veröffentlichten Preisen verpflichtet sein will, sondern diese günstigeren Preise nur im Rahmen der Vertragsfreiheit anbietet. Würde man es anders sehen, würde ein Sonderpreis - gegen den Willen des Versorgers - allein dadurch zum Allgemeinen Tarif, wenn der Versorger mitteilte, dass die Belieferung auf der Grundlage der AVBGasV erfolge. Folge hiervon wären nicht nur (unzulässig) verschiedene Allgemeine Tarife nebeneinander für den gleichen Abnahmefall, sondern auch die gesetzliche Versorgungspflicht zum vorteilhaften Preis, auf die sich jeder berufen könnte und  die eine ordnungsgemäße Kündigung durch den Versorger ausschließt.

Die \"Belieferung zu den Bedingungen der AVBGasV\" konnte sowohl eine Tarifkundenbelieferung als auch einen Normsondervertrag meinen. Entscheidend für die Tarifkundenbelieferung ist die Belieferung auf vertraglicher Grundlage zu den als solchen veröffentlichten Allgemeinen Tarifen/ Allgemeinen Preisen der Grund- und Ersatzversorgung.

Offline reblaus

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #92 am: 01. Oktober 2009, 19:16:18 »
Zitat
Original von RR-E-ft Es bestand eine gängige Praxis, wonach Versorger nach Vertragsabschluss Vertragsbestätigungsschreiben verschickten, darin Sonderpreise aufführten und die Aussage, dass die Belieferung auf der Grundlage der AVBGasV erfolge.

Zitat
AVBGasV
§ 2 Vertragsabschluss
(1) Der Versorgungsvertrag soll schriftlich abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen,
so hat das Gasversorgungsunternehmen den Vertragsabschluss dem Kunden unverzüglich
schriftlich zu bestätigen.
Wird die Bestätigung mit automatischen Einrichtungen ausgefertigt, bedarf es keiner
Unterschrift. Im Vertrag oder in der Vertragsbestätigung ist auf die allgemeinen Bedingungen hinzuweisen.
(2) Kommt der Versorgungsvertrag dadurch zustande, dass Gas aus dem Verteilungsnetz des Gasversorgungsunternehmens
entnommen wird, so ist der Kunde verpflichtet, dies dem Unternehmen unverzüglich
mitzuteilen.
(3) Das Gasversorgungsunternehmen ist verpflichtet, jedem Neukunden bei Vertragsabschluss sowie den
übrigen Kunden auf Verlangen die allgemeinen Bedingungen kostenlos auszuhändigen
.

Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt entspricht Wort für Wort dem Tatbestand des § 2 AVBGasV. Lediglich der Umstand, dass Preise als \"Sonderpreise\" bezeichnet wurden, lässt Sie davon ausgehen, dass hier das Gesetz doch nicht zur Anwendung komme, und ein Sondervertrag abgeschlossen wurde. Die Zusendung der AVBGasV ist bei einer nachträglichen Vertragsbestätigung nur auf Verlangen des Kunden erforderlich.

Wenn der Versorger seiner Veröffentlichungspflicht für die Tarifpreise nicht nachkommt, ist die Rechtsfolge nicht, dass die Grundversorgungsverträge damit in Sonderverträge umgewandelt werden, sondern dass die Tarifpreise nicht wirksam erhöht wurden.

Wir sollten uns alle gelegentlich daran erinnern, wie Verträge abgeschlossen werden. Sowohl Versorger als auch Verbraucher haben hierzu gelegentlich eigenartige Ansichten, wenn diese ihren Interessen nützlich sind.

Offline RR-E-ft

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #93 am: 01. Oktober 2009, 19:26:20 »
@reblaus

Ich habe eine gängige Praxis geschildert, die ich mir nicht ausgedacht habe. Solche nachträglich begründeten Normsonderverträge mögen aus Sicht der Gaswirtschaft ihren Sinn und ihre Berechtigung gehabt haben, waren schließlich wohl auch konzessionsabgaberechtlich interessant. Siehe auch BFH. Wenn der Gasversorger eine Belieferung zu einem gegenüber den veröffentlichten Allgemeinen Tarifen günstigeren Sonderpreis mitteilte, ging er womöglich von einer win-win-Situation für Kunden und Versorger aus, an welcher niemand Anstoß nehmen könne und werde.

Offline Stern

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #94 am: 01. Oktober 2009, 20:18:49 »
@RR-E-ft
@reblaus

Wenn Verträge nicht eindeutig zugeordnet werden können, regelt dann nicht auch das Energiewirtschaftsgesetz die Einstufung ob man Haushaltskunde (Tarifkunde) oder Sondervertragskunde ist?

- gefunden im EnWG, Teil 1, § 3:

22. Haushaltskunden
Letztverbraucher, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen

Offline reblaus

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #95 am: 01. Oktober 2009, 20:25:08 »
Ich kenne die Rechtsprechung des BFH zur Einordnung von Sondertarifen. Diese steht aber im direkten Gegensatz zur neuesten Rechtsprechung des BGH. Die Frage stellt sich, ob diese aus 1990 resultierende Rechtsprechung von den Finanzgerichten aufrecht erhalten wird, oder ob sie den Zivilgerichten folgen werden.

@-Stern-
Ein Haushaltskunde ist nicht identisch mit einem Grundversorgungskunden. Jeder Privatkunde, der Energie für seinen Haushalt gleich in welcher Menge bezieht ist ein Haushaltskunde. Daneben sind auch Gewerbekunden die bis max. 10.000 kWh beziehen, Haushaltskunden.

Der Unterschied zwischen Sondervertragskunden und Grundversorgungskunden ergibt sich laut BGH einzig und allein dadurch, dass der Sonderkunde zu von der GasGVV abweichenden Bedingungen beliefert wird. Für den Grundversorgungskunden gilt die Verordnung.

Offline jroettges

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #96 am: 01. Oktober 2009, 20:57:35 »
@reblaus

Sie reiten auf der Frage des Zustandekommens eines Vertrages herum, genau wie es der uns allen bekannte Prozessvertreter der Versorgerseite im Verfahren vor dem OLG Oldenburg getan hat.

Das Gericht hat sich davon kaum beeindrucken lassen und sich in seinem damaligen Urteil doch recht eingehend mit dieser Frage befasst, sie letzlich doch als unerheblich angesehen. Es waren Sonderverträge und daher war das Zustandekommen letzlich unerheblich.

Aber nehmen wir mal an, die S1-Verträge der EWE wären letzlich doch Grundversorgungsverträge gewesen, weil der BGH so in der Revision entscheidet. Da an die Gemeinden aber nur Konzessionsabgaben in der für Sonderverträge vorgesehenen Höhe gezahlt worden sind, kann man sich wohl ausrechnen, was dann geschähe.
Es soll Kommunen geben, die für diesen Fall schon auf der Lauer liegen, bestimmt aber diejenigen, die selbst seit Jahren den Preiserhöhungen der EWE widersprochen und ihre Zahlungen gekürzt haben.

Sie gehen aber leider in keinem Wort auf die sonstigen Argumente ein, beispielsweise auf das Nebeneinander von als solches ausgewiesenen Grundversorgungstarifen und den Sonderangeboten (S1, Classic, online, direkt), auch nicht auf die sich daraus ergebende Kündigungspraxis der EWE.

@Stefano
Schließen Sie sich doch bitte mal mit einer der Protestgruppen kurz. Es wird nicht schwer fallen, andere Kunden zu finden, die auf vergleichbaren Wegen in ihre Verträge gekommen sind, zur gleichen Zeit und in gleichen Vertragsverhältnissen von der EWE ihr Erdgas bezogen haben. Einige werden ihre Unterlagen noch haben und ein versierter Rechtsanwalt wird wissen, wie man diese argumentativ verwenden kann.

Ich selbst habe 1995 ganz bewusst und auf Antrag für eine Gemeinschaftsanlage einen S1-Vertag geschlossen (ohne Unterschrift), mit Ausgangspreis, mit Kündigungsformel usw. Nur Preisanpassungsregeln waren nicht drin. Da ich noch alle Unterlagen habe, werden mir solch verdwarste Argumentationen (siehe reblaus) hoffentlich erspart bleiben.

Seit der Novelle des EnWG im Juni 2005 fordere ich, neben dem Widerspruch wegen Unbilligkeit der Preissetzungen, die EWE auf, mit mir die dort in §41 zwingend vorgeschriebenen Preisanpassungsregeln zu vereinbaren. Man hat nur stets und immer wieder auf §4 der AVBGasV verwiesen.

Offline reblaus

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #97 am: 01. Oktober 2009, 21:30:35 »
@jroettges
Zitat
Original von jroettgesSie reiten auf der Frage des Zustandekommens eines Vertrages herum,

Sie sind sich schon darüber im klaren, dass Verträge vereinbart werden müssen, nicht wahr?

Wenn es daher um die Einordnung eines Vertrages als Grundversorgungs- oder Sondervertrag geht, dann sollte man vielleicht schon mal einen Blick darauf verschwenden, wie denn dieser Vertrag zustande gekommen ist. Nach § 2 GasGVV kann nur ein Grundversorgungsvertrag durch einfache Entnahme von Gas aus dem Netz zustande kommen. Bei Sonderverträgen ist immer noch ein Angebot des Versorgers und die Annahme des selbigen durch den Kunden erforderlich. Wer dies als verdwarste Argumentation (was immer das auch sein mag) bezeichnet, hat von der Materie vielleicht nicht ganz so viel Ahnung.

Welchen Sinn Ihre Aufforderungen machen sollen, dass man mit Ihnen endlich eine Preisanpassungsklausel abschließt, kann ich nicht nachvollziehen. Sie wissen hoffentlich, dass individuelle Vereinbarungen nicht unter die Restriktionen von AGB fallen.

Ich bestreite überhaupt nicht, dass die EWE nicht auch Sonderverträge mit den  einschlägigen Tarifen abgeschlossen hat. Da es nach der derzeit herrschenden Rechtsauffassung auf die Bezeichnung eines Tarifs nicht ankommt, kann ein und derselbe Tarif sowohl in Sonderverträgen als auch in Grundversorgungstarifen als Vertragspreis vereinbart worden sein.

In dem von Ihnen abgeschlossenen Vertrag haben Sie von der AVBGasV abweichende Vertragsbedingungen vereinbart, und damit nach der Definition des BGH einen Sondervertrag abgeschlossen. Dies hat Stefano nach seiner Schilderung nun mal nicht gemacht. Bei ihm haben die Vormieter den Mieterwechsel angezeigt, er wird nach Einzug vermutlich Gas zur Warmwasserbereitung entnommen haben, und hat kurz darauf eine Vertragsbestätigung zugesandt bekommen.

Wenn ihm keine anderen Schriftstücke zugesendet wurden, kann er sich auch nicht darauf berufen, dass anderen Kunden solche Schreiben zugegangen sind.

Ich habe hier den Eindruck, dass hier jemand in die Phalanx der Preiswiderständler gedrückt werden soll, nur um des Widerstands willen. Es kann aber keinesfalls der Sinn eines Preisprotests sein, jeden Kleinverbraucher in aussichtslose Verfahren zu treiben, nur um beim Versorger Sand ins Getriebe zu schütten, damit dort hohe Anwaltshonorare anfallen. Clifford Chance arbeitet für Stundensätze, die die Gesamtforderung gegen Stefano vermutlich übersteigen. Jede Stunde Mehrarbeit schädigt die EWE. Wenn man schon nicht gewinnen kann, soll der Sieg der Gegenseite wenigstens teuer erkauft sein.

Und wenn es dann schief geht, wird gegen den BGH gewettert, der angeblich das Gesetz beugt, statt dass man wenigstens dann zugibt, dass die ganzen Ratschläge vielleicht doch ein wenig unüberlegt gewesen sind.

Offline jroettges

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #98 am: 03. Oktober 2009, 17:55:03 »
Zitat
Die Sondervereinbarungen, die die Beklagte jeweils mit den Klägern getroffen hat, fallen nach den von der
@FWM

1. Dezember 1984, soweit reichen auch meine Aufzeichnungen nicht zurück. Kann man das Papier mal einscannen und allgemein verfügbar machen? Schon jetzt großen Dank für die Mühe!

Aber...
@reblaus argumentiert ja so:
Die EWE kann erklären was sie will und kann auch tun was sie will, entscheidend ist das Zustandekommen des Vertrages über die Entnahme von Erdgas aus dem Netz. Da das Gas allgemein angeboten wird und der Bezug nicht aufgrund eines individuell abgeschlossenen Vertrages erfolgt, findet das Ganze in der Grundversorgung statt.

Dem ist das OLG Oldenburg trotz stundenlangen Gelabers des Prozessvertreters der EWE nicht gefolgt, wie man dem Urteil von 5.9.09 entnehmen kann.

Zitat
Die Sondervereinbarungen, die die Beklagte jeweils mit den Klägern getroffen hat, fallen nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (vgl. Anlagen K 16, 15) ausdrücklich nicht unter die Grund und Ersatzversorgung im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes. Sie sind auch kein \"allgemeiner Tarif\" im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (vgl. Anlage K 17). Die Beklagte versorgt die Kläger nicht im Bereich ihrer Anschluss und Versorgungspflicht zu allgemeinen Tarifen, sondern auf deren Antrag zu besonderen Bedingungen hinsichtlich Preisgestaltung, Vertragslaufzeit und Kündigungsfrist sowie geringeren Konzessionsabgaben nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas (KAV). Die streitgegenständlichen Verträge werden auch nicht deshalb zu Tarifkundenverträgen, weil die Beklagte die Sonderkonditionen (letztlich) einer unbestimmten Vielzahl von Kunden einräumt und Preiserhöhungen - wie beim allgemeinen Tarif - öffentlich bekannt macht. Zwar hat der Bundesgerichtshof (RdE 1985, 101, 102) bei der Abgrenzung von Tarif und Sonderkundenbereich der Veröffentlichung der Vertragsmuster eine indizielle Bedeutung für den Willen des Versorgungsunternehmens beigemessen, die veröffentlichten Bedingungen der Allgemeinheit und nicht nur einzelnen Abnehmern anzubieten. Die Frage,ob und unter welchen weiteren Voraussetzungen die veröffentlichten Vertragsmuster letztlich als Tarife behandelt werden müssten, hat er jedoch mangels Publikation dahingestellt sein lassen. Dementsprechend kann bei fehlender Veröffentlichung zwar das Vorliegen eines Tarifes verneint, nicht aber im Umkehrschluss aus einer Veröffentlichung stets auf das Vorliegen eines allgemeinen Tarifs geschlossen werden

Nicht desto trotz wird nun in den Klagebegründungen von Clifford Chance genau dieselbe Argumentation wieder lang und breit vorgetragen. Man kann wohl auch annehmen, dass die Revisionsbegründungen zum og. Urteil beim BGH genau die gleiche Linie verfolgen.

Sollte die EWE damit durchkommen, sind wir alle zusammen wieder bei der Frage der Unbilligkeit der Preissetzungen.

Offline reblaus

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Nachricht vom AG Uelzen
« Antwort #99 am: 03. Oktober 2009, 18:55:49 »
@jroettges
Ich argumentiere nicht in die Richtung, dass dieser Tarif generell ein Grundversorgungstarif oder generell ein Sondertarif ist. Der S1 Tarif ist lediglich ein Preis, der sowohl in Grundversorgungsverträgen als auch in Sonderverträgen verwendet wird.

Ein Tarif ist kein Merkmal für den Vertragstyp!

Die Unterscheidung ob ein Grundversorgungsvertrag abgeschlossen wurde, oder ein Sondervertrag vorliegt, hat mit dem vereinbarten Preis nicht das geringste zu tun. Nochmals:

Ein Grundversorgungsvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass ausschließlich die GasGVV bzw. die AVBGasV gelten soll. Ein Sondervertrag liegt hingegen vor, wenn abweichende Bedingungen vereinbart wurden.

Wenn keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, der Kunde Gas bezogen hat, und anschließend eine Vertragsbestätigung des Versorgers zu den Konditionen der AVBGasV erhalten hat, wurde ein Grundversorgungsvertrag nach § 2 AVBGasV abgeschlossen. Wo sollen denn die abweichenden Vereinbarungen herkommen? Vertragliche Vereinbarungen fallen schließlich nicht vom Himmel, sondern müssen mit beiderseitigem Willen abgeschlossen werden.

Wenn dem Kunden später mitgeteilt wird, dass der S1 Tarif nur noch zu diesen und jenen von der AVBGasV abweichenden Bedingungen angeboten werden kann, und der Kunde stimmt zu, beenden die Parteien den Grundversorgungsvertrag und schließen einen Sondervertrag ab. Wenn nur dem Nachbarn dieses Schreiben zugeschickt wird, und dieser zustimmt, kommt nur mit dem Nachbarn ein Sondervertrag zustande.

Wenn der Versorger mitteilt, dass er seine Grundversorgungsverträge jetzt alle in Sonderverträge umbenenne, um Tonerkosten zu sparen, dann bleiben es immer noch Grundversorgungsverträge. Was für ein Vertragstyp vorliegt, wird durch das Gesetz bestimmt, und nicht durch den Versorger.

Wer daher eine Mitteilung erhalten hat, dass die Versorgung zu dem Sondertarif an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, und nur auf Antrag möglich ist, und diesen Antrag gestellt hat, hat einen Sondervertrag abgeschlossen.

Jeder Verbraucher muss seinen individuelle Vertragssituation prüfen. Zum Glück leben wir nämlich in keinem Land, in dem der Nachbar die Verträge für das ganze Viertel abschließen kann.

 

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