Die Zahlungsklage der Stadtwerke gegen eine Gaskundin war vom Amtsgericht Erfurt an das gem. §§ 102, 108 EnWG sachlich ausschließlich zuständige Landgericht Erfurt - Kammer für Handelssachen - verwiesen worden.
Die Stadtwerke hatten immer wieder darauf verwiesen, dass in einem \"Musterverfahren\" mit einem Berufungsurteil des Landgerichts Erfurt die Klage eines Gaskunden wegen Unbilligkeit der Gaspreiserhöhungen rechtskräftig abgewiesen worden sei, wodurch die Billigkeit bereits gerichtlich festgestellt sei, zudem wurden Wirtschaftsprüferbescheinigungen vorgelegt, deren Inhalt jedoch umfassend bestritten wurde und die wegen des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit nicht als Beweismittel für bestrittene Tatsachen taugten.
Das Landgericht Erfurt - 1. Kammer für Handelssachen- hat mit Urteil vom 10.02.2009 Az. 1 HK O 46/08 die Zahlungsklage der Erfurter SWE Energie GmbH gegen eine Kundin abgewiesen, soweit diese auf Gaspreiserhöhungen aus den Jahren 2004 ff. beruhte, weil das Unternehmen die Billigkeit der vorgenommenen einseitigen Gaspreiserhöhungen, denen die Kundin seit 2004 widersprochen hatte, nicht nachgewiesen hat.
Soweit die bestrittenen Zahlungsansprüche nicht auf solchen Gaspreiserhöhungen beruhten, wurde die Kundin zur Zahlung auch von Verzugszinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten verurteilt.
Das Gericht ordnete das Lieferhältnis der Parteien als einen Tarifkundenvertrag ein und kam so zu einer notwendigen gerichtlichen Billigkeitskontrolle der einseitigen Gaspreiserhöhungen.
Das Gericht hatte mit Beschluss vom 23.09.2008 den Stadtwerken den Nachweis der Billigkeit der Gaspreiserhöhungen durch Vorlage betriebswirtschaftlicher Daten aufgegeben.
Siehste hier.Die Stadtwerke hatten dem Gericht hiernach innerhalb dafür gesetzter Frist betriebswirtschaftliche Daten zu einer einzelnen Gaspreiserhöhung vom März 2005 mitgeteilt und die Richtigkeit dieser Angaben unter Beweis gestellt durch das Zeugnis eines Mitarbeiters (Hauptabteilungsleiter) des Unternehmens.
Dabei wurde vorgetragen, dass das Unternehmen
geplant habe, in 2005 einen bestimmten Rohertrag zu erzielen. Wegen eines
geplanten Anstiegs der Beschaffungskosten in bestimmter Höhe habe man diesen
geplanten Rohertrag voraussichtlich nicht erreichen können, weshalb eine Zielwertsuche zu einer notwendigen Erhöhung der Gaspreise für Standardlastprofilkunden (HuK- Kunden) geführt habe, um den
geplanten Erfolg zu erreichen. Den so ermittelten Zielwert für die Gaspreise habe man jedoch unterschritten, um im Thüringer Gaspreisvergleich wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Preiserhöhung sei deshalb geringer ausgefallen und man habe auf den für 2005 ursprünglich
geplanten Rohertrag teilweise verzichtet.
Der Beklagtenvertreter aus Lichtstadt hatte eingewandt, dass nicht ersichtlich sei, woraus sich die Berechtigung des für 2005
geplanten Rohertrages ergeben soll, welchen Rohertrag das Unternehmen 2003 und 2004 erzielt habe. Es sei demnach möglich, dass dieser Rohertrag in den Vorjahren bei Null gelegen habe, das Unternehmen somit eine Erhöhung des Rohertrages im Jahre 2005 im zweistelligen Millionenbereich geplant und zur Erreichung dieses Ziels der Ertragserhöhung die Gaspreiserhöhungen vorgenommen habe, was evident unbillig sei.
Die Kammer - besetzt mit drei Richtern - verzichtete hierauf nach kurzer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung auf die Einvernahme dieses zum Verhandlungstermin am 10.02.2009 vorsorglich geladenen Zeugen, weil die (berstrittenen) betriebswirtschaftlichen Angaben des Unternehmens - ihre Richtigkeit unterstellt - die Billigkeit der streitigen Gaspreiserhöhungen gerade nicht begründen konnten.
Mit einem Schmunzeln hatte der Kammervorsitzende die Vertreter der Stadtwerke schon zuvor wissen lassen, dass deren Vortrag darauf hindeute, dass das Unternehmen eine
Weltformel gefunden habe oder im Besitz einer solchen sei, wonach sich
jeder Rohertrag planen und auch erreichen lasse und immer der Billigkeit entspreche, wenn man nur auf einen Teil des so geplanten Ertrages verzichte. So kann sich wohl nur der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen äußern, der ständig mit kaufmännischen Kalkulationsgrundlagen befasst ist.
Die Entscheidung erging am Schluss der Sitzung.
Die Berufung wurde ausdrücklich zugelassen.