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Autor Thema: Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung  (Gelesen 3928 mal)

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Offline RR-E-ft

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« am: 20. November 2008, 20:11:15 »
Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung


Zitat
Zum anderen hat sie bereits jetzt den Vertrag mit dem Gaslieferant RWE um ein weiteres Jahr verlängert – obwohl der Vertrag erst zum 30. September 2009 ausgelaufen wäre. Der neue Vertrag ist befristet bis zum 30. September 2010 und soll dem Warendorfer Energieversorger super Konditionen bescheren: Steigt der Ölpreis, bleibt für die Warendorfer der Gaspreis gedeckelt. Fällt der Ölpreis, fällt auch der Gaspreis. Diese neue Vertragsbindung mit der RWE kommt für viele überraschend. Eine Wettbewerbsauschreibung gab es nicht, räumten Walter und Brüggemann ein, das Angebot sei aber von externen Gutachtern geprüft und für sehr gut befunden worden. „Wir müssen wegkommen von der Ölpreisbindung und von aktuellen Marktbedingungen profitieren“, gab Walter die Richtung vor.

Es ist keinesfalls mehr zwangsläufig, dass Stadtwerke Erdgas selbst mit Ölpreisbindung beziehen.

Offline tangocharly

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #1 am: 21. November 2008, 10:03:57 »
ZItat aus einem Versorger-Schriftsatz:

Zitat
\" Die Gaspreisbindung ist eine von den Förderländern ausgehende vertragliche Realität, deren Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit nicht allein auf Grund der Preissteigerungen in den Jahren 2004 bis 2006 in Abrede gestellt werden kann. [...]
Die Klägerin erfüllt lediglich ihre wirksam abgeschlossenen Einkaufsverträge, was nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden kann und nicht zu beanstanden ist.\"

Ganz abgesehen, dass dieser Versorger auch heute noch (!) vortragen läßt, weil keine kartellaufsichtsrechtlichen Interventionen erfolgt seien, deshalb diese Koppelung unangefochten sei (es folgt dann die Wiedergabe der Entscheidungsgründe des BGH-Urteils vom 13.06.2007 zum Anlegbarkeitsprinzip und Sperrwirkung in die Vorlieferantenkette), ist m.E. denkbar, dass nun mit der neuen Entscheidung vom 19.11.2008 gerade dieser Vortrag einer gründlichen Überarbeitung bedarf.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline u.h.

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #2 am: 21. November 2008, 13:17:32 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Es ist keinesfalls mehr zwangsläufig, dass Stadtwerke Erdgas selbst mit Ölpreisbindung beziehen.
Natürlich nicht! (War es das jemals?)

Mein Versorger wollte/konnte mir deshalb auch nicht schriftlich (gerichtsverwertbar) bestätigen, daß er nur Gas mit Ölpreisbindung bezieht / beziehen kann.

Aber solange X(Journalisten / Reporter die \"bestehende Ölpreisbindung\" bei jeder (un)passenden Gelegenheit in allen Medien propagieren, wird es unsere geBILDete Volksmehrheit auch glauben.

Offline RR-E-ft

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #3 am: 08. Dezember 2008, 16:21:54 »
Wingas zur Ölpreisbindung

Zitat
Seele macht sich dabei auch für mehr flexible Preismodelle stark. \"Beim Import von Gas hat die Bindung des Gaspreises an den Ölpreis sicher eine Zukunft\", sagte Seele. \"Aber beim Verkauf des Gases an Stadtwerke setzen sich mehr und mehr individuelle Preismechanismen durch.\" Wingas habe daher spezifische Konditionen entwickelt.

Offline tangocharly

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #4 am: 08. Dezember 2008, 17:23:44 »
Zitat
Original von u.h.
Zitat
Original von RR-E-ft
Es ist keinesfalls mehr zwangsläufig, dass Stadtwerke Erdgas selbst mit Ölpreisbindung beziehen.
Natürlich nicht! (War es das jemals?)

Mein Versorger wollte/konnte mir deshalb auch nicht schriftlich (gerichtsverwertbar) bestätigen, daß er nur Gas mit Ölpreisbindung bezieht / beziehen kann.

Aber solange X(Journalisten / Reporter die \"bestehende Ölpreisbindung\" bei jeder (un)passenden Gelegenheit in allen Medien propagieren, wird es unsere geBILDete Volksmehrheit auch glauben.

Die sogenannte  \"Rhein-Schiene\" ist sicher für Gazprom (und die anderen Importeure) ein marginales Datum, wenn es um den Import geht.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #5 am: 08. Dezember 2008, 17:42:01 »
@tangocharly

\"Rheinschiene\" ist für die Importeure gar kein Datum, weil die kontinuierlichen Lieferungen (sog. Bandlieferungen) traditionell nicht an deutsche Heizölnotierungen sondern an Rotterdammer Rohölnotierungen in USD/ 1.000 Kubikmeter gekoppelt sind.

Siehe auch hier

Offline tangocharly

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #6 am: 09. Dezember 2008, 10:44:44 »
@ RR-E-ft

Eben  :)
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Offline energienetz

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Stadtwerkebezug ohne Ölpreisbindung
« Antwort #7 am: 09. Dezember 2008, 10:58:35 »
Ölpreisbindung der Gaspreise abschaffen
Kommentar von Aribert Peters
In den Gasbezugsverträgen der Gasimporteure, der Gasverteilunternehmen und der Gasgroßkunden ist der Gaspreis oft an den Ölpreis gekoppelt. Diese Klauseln sind wettbewerbsfremd, weil sie den Gaspreis an eine Größe binden, die auf dem Gasmarkt keine Rolle spielt.
Die Ölpreisbindung hat den Charakter einer unerlaubten Preisabsprache und sollte von den Kartellbehörden untersagt werden.
Für die meisten Haushaltskunden gibt es keine vertraglich fixierte Bindung der Gas- an die Ölpreise. Vielmehr setzen die Gasfirmen den Preis für Haushaltskunden einseitig fest. Dabei berufen sie sich oft auf die Ölpreisbindung, um steigende Gaspreise zu begründen. Bei sinkenden Ölpreisen werden jedoch die Gaspreise zeitlich verzögert und nur geringfügig herabgesetzt.
Das OLG Frankfurt hat die Ölpreisbindung in einer Gaspreisklausel von Haushaltskunden für unzulässig erklärt, dem BGH liegt ein ähnlicher Fall zur Entscheidung vor (Rheinenergie Köln).
Es gibt auf dem Gasmarkt durchaus auch schon heute Gas, das ohne Ölpreisbindung bezogen werden kann – deutlich günstiger als Gas mit Ölpreisbindung. Die früheren Gaslieferverträge der Ruhrgas an die örtlichen Gasverteiler wurden wegen ihre langen Laufzeit und ihrer Ausschliesslichkeit vom Bundeskartellamt untersagt. Damit hat die in diesen Verträgen verankerte Ölpreisbindung auch an Bedeutung verloren.
Viele Gasunternehmen beziehen und verkaufen Gas mit Preisklauseln, die den Heizölpreis enthalten. Jedoch steigen bei den Gasverteilunternehmen die Einkaufspreise bei steigenden Ölpreisen weniger stark, als in deren Verkaufspreisen. Denn der Faktor, mit dem der Heizölpreis in den Gaspreis eingeht,  ist beim Einkauf geringer als beim Verkauf. Sind also die Kosten der Verteilung und des Vertriebs voll abgedeckt, dann beschert über diesen Mechanismus jede Ölpreiserhöhung dem Gasversorger einen zusätzlichen Gewinn ohne zusätzliche Kosten. Auch der Importpreis steigt bei steigendem Ölpreis weniger stark als der Bezugspreis der Gasverteiler. Die Differenz verbleibt als zusätzlicher Gewinn  beim Importunternehmen.
Die Ölpreisbindung wird also missbraucht, um entlang der Lieferkette mit steigenden Ölpreisen die Gewinne zu erhöhen. Selbst bei sinkenden Ölpreisen brauchen die Gasanbieter nichts zu befürchten, denn das Absinken der Gaspreise ist durch Vertragsklauseln gebremst („Ersatzarbeitspreis\").
Neben der produktfremden Ölpreisbindung der Gaspreise ist auch deren Mißbrauch entlang der Lieferkette und ihr rein deklamatorischer Gebrauch bei den Endverbraucherpreisen abzulehnen.
Gaspreise müssen sich entweder an Kosten, am Marktgeschehen oder an einer staatlichen Vorgabe orientieren. Die Ölpreisbindung hat bei der Gaspreisbildung keinen Platz. Sie eignet sich nicht einmal als Feindbild.

 

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