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Autor Thema: OLG Frankfurt/ Main, Urt. v. 04.11.08 - automatische HEL- Bindung des Gaspreises unwirksam  (Gelesen 4737 mal)

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OLG Frankfurt/ M., Urt. v. 04.11.2008- automatische HEL- Bindung des Gaspreises unwirksam

Das OLG Frankfurt weist darauf hin, dass Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen nach der Rechtsprechung des BGH nicht generell unzulässig sind, jedoch nur zulässig sind, um Preise wegen nachträglicher (bei Vertragsabschluss vom Klauselverwender nicht vorhersehbarer und  nicht beeinflussbarer)  Kostensteigerungen anzuheben, um eine nachträgliche Schmälerung der (in den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis) einkalkulierten Gewinnspanne zu vermeiden.

Dies sei jedoch bei einer automatischen Kopplung der Gasabgabepreise an örtliche HEL- Notierungen über eine Preisgleitklausel (mathematische Berechnungsvorschrift) nicht der Fall, weil die Gasbabgabepreise über eine solche Klausel auch dann angehoben werden können, wenn die insgesamt durch die Gasbelieferung entstehenden Kosten überhaupt nicht oder aber geringer angestiegen sind, was die nachträgliche Erhöhung der Gewinnspanne des Lieferanten ermögliche.

An einer solchen Regelung, die eine nachträgliche Erhöhung der Gewinnspanne ermögliche, habe der Verwender einer entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingung jedoch gerade kein rechtlich anerkanntes Interesse, so dass eine solche Klausel für den Vertragspartner des Verwenders unangemesen benachteiligend wirke und deshalb gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei.

Dem Urteil kann deshalb besondere Bedeutung zukommen, weil Gasversorgungsuunternehmen, die Endkunden beliefern, regelmäßig behaupten, ihre Gasbezugspreise seien entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihrer Vorlieferanten automatisch über mathematische Berechnungsvorschriften (Preisformeln) an die Preise von leichtem/ schwerem Heizöl (HEL/HS) gekoppelt und würden danach quartalsweise automatisch neu berechnet und angepasst.

Denn § 307 Abs. 1 Satz 1  BGB wirkt auch zugunsten von Unternehmen.

Demgemäß könnten sich Gasversorger gegenüber ihren Vorlieferanten darauf berufen, dass entsprechende Preisgleitklauseln wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sind, weil sie es dem Vorlieferanten gestatten, nachträglich seinen in die Bezugspreise einkalkulierten Gewinnanteil zu erhöhen, was gegen § 307 BGB aber auch gegegn die gesetzliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG verstößt, zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Gasversorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen im Interesse der Allgemeinheit beizutragen.

Für den Fall, dass sich eine entsprechende Klausel im Gasbezugsvertrag des Gasversorgungsunternehmens gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB als unwirksam erweist, hatte es rechtlich die Möglichkeit, eine darauf gestützte Gaspreiserhöhung abzuwehren, diese nicht hinzunehmen.

Bestand jedoch die Möglichkeit, einen Gaspreiserhöhung abzuwehren, wäre es (insbesondere unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG) unbillig, die Zusatzkosten aus nicht abgewehrten Gaspreiserhöhungen ganz oder teilweise auf die eigenen Kunden abzuwälzen.


Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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