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Autor Thema: Die Ölpreis- Gaukler  (Gelesen 3760 mal)

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Offline RR-E-ft

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Die Ölpreis- Gaukler
« am: 01. Juli 2007, 22:20:18 »
Die Jenaer Stadtwerke konnten in der Presse (TLZ/ OTZ vom 29.06.2007) froh vermelden, dass es ihnen gelungen ist, durch eine Ausschreibung des Gasbezuges und eine Entscheidung dabei für ein Festpreisangebot weit günstigere Gasbeschaffungskosten als bisher zu erzielen. Auch könnten von der Bundesnetzagentur endlich abgesenkte Netzkosten an die Gaskunden weitergegeben werden.

So weit so so gut.

Tatsache ist jedoch, dass alle Gaskunden, die bisher mit den Stadtwerken entweder noch die alten Sonderabkommen oder aber die sog. \"Sonderabkommen plus\" abgeschlossen haben, überhaupt nicht in den Genuss der Vorteile aus der Ausschreibung des Gasbezuges der Stadtwerke im Wettbewerb und der gesenkten Netzkosten kommen.

In diesen Verträgen sind nämlich die Gaspreise - vollkommen unabhängig von den Gasbeschaffungskosten der Stadtwerke und von den Netzkosten - jeweils über Preisformeln an die Preisentwicklung von leichtem Heizöl gekoppelt.

Lediglich die Kunden, die solche Sonderabkommen nicht schriftlich abgeschlossen und sich deshalb auch nicht mit einer entsprechenden Preiskopplung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Stadtwerke ausdrücklich einverstanden erklärt hatten (§ 305 Abs. 2 BGB), sind von diesen unsinnigen automatischen Preiskopplungen nicht betroffen.

Wer sich nicht ausdrücklich mit einer Preiskopplung einverstanden erklärt hatte, kann nun die Weitergabe der gesunkenen Beschaffungs- und Netzkosten über eine Neufestlegung der Gaspreise gem. § 315 BGB von den Stadtwerken verlangen.

Die einseitigen Preisfestlegungen der Stadtwerke müssen der Billigkeit entsprechen. Veränderte Kosten des Gasversorgers sind dabei zu berücksichtigen, urteilte der BGH in einem ersten Gaspreisurteil am 13.06.2007 (VIII ZR 36/06).

Dies bestrifft also auch gesunkene Beschaffungs- und Netzkosten, die sich in geänderten Gaspreisen wiederfinden müssen.

Die Stadtwerke sind als Energieversorgungsunternehmen gem. § 2 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verpflichtet, die leitungsgebundene Versorgung mit Gas im Interesse der Allgemeinheit möglichst preisgünstig und effizient zu verbraucherfreundlichen Bedingungen zu gestalten. Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung gehört sicher die Weitergabe erzielter deutlicher Kostensenkungen.

Um zu wissen, um welchen Betrag die Gaspreise abgesenkt werden müssen, ist es jedoch erforderlich, dass die Stadtwerke mitteilen, um welche Beträge ihre Gasbeschaffungs- und Netzkosten aktuell abgesenkt wurden. Das können die Kunden selbst gar nicht wissen. Nicht sicher auszuschließen also, dass Kostenerhöhungen in der Vergangenheit \"1:1\" weitergegeben wurden, Kostensenkungen jedoch nur unvollständig.

Gaskunden, die bisher ein Sonderabkommen schriftlich abgeschlossen hatten, sollten wegen geänderter Umstände gem. § 313 BGB ebenfalls eine Anpassung der bestehenden Verträge verlangen. Die Stadtwerke hatten nämlich bei Vertragsabschluss vorgegaukelt, mit den vereinbarten Preisformeln, würde ihre Kostensituation immer zutreffend abgebildet und alle zukünftigen Kostenentwicklungen immer \"1 : 1\" an die Kunden weitergegeben werden. Jedenfalls hatten sich Stadtwerke- Vertreter immer wieder entsprechend in den Medien positioniert.

Das dies jedoch gar nicht der Fall ist, liegt nun für jeden offen zu Tage.

So waren die \"Sonderabkommen plus\" schon günstiger als die alten Sonderabkommen und die neuen Verträge \"JenaGas\" sollen sogar noch vier Prozent günstiger sein als die \"Sonderabkommen plus\".

Fraglich ist deshalb, warum auch in den neuen Verträgen \"JenaGas\", die im übrigen für die Kunden hinsichtlich der Preisgestaltung wenig nachvollziebar und transparent gestaltet sind, schon wieder solche vollkommen untauglichen Preisformeln enthalten sind.

Es steht zur erwarten, dass Gaskunden, die einen der neuen Verträge unterschreiben in kurzer Frist in die Situation geraten, schon wieder einen anderen Vertrag abschließen zu müssen, wollen sie ihren Gasbezug bei den Stadtwerken so günstig wie möglich gestalten. Es ist ein großes Ärgernis, dass Gaskunden, um jeweils in den Genuss günstiger Gaspreise bei den Stadtwerken zu kommen, alle Nase lang neu umfangreiche Vertragswerke abschließen sollen, als wenn es den Stadtwerken nicht möglich wäre, den Kunden immer automatisch den jeweils günstigsten Gaspreis zu berechnen.

Anzumerken ist noch, dass die Bundesnetzagentur die Netzkosten deshalb abgesenkt hat, weil sich die Stadtwerke bisher zu hohe Gebühren kalkuliert hatten. Die Gaspreise der Stadtwerke waren deshalb bisher entsprechend zu hoch kalkuliert. Im Ergebnis wurden deshalb von den Kunden bisher zu hohe Gaspreise verlangt.

Es wäre wenig nachvollziehbar, wollten sich die Stadtwerke nun darauf berufen, die Kunden hätten schließlich diese überhöhten Preise in der Vergangenheit mit dem kommunalen Unternehmen vereinbart.

Offline RR-E-ft

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Die Ölpreis- Gaukler
« Antwort #1 am: 27. Juli 2007, 18:40:00 »
Stadtwerke empfehlen neue Erdgasverträge

Nun sollen also wieder einmal alle Kunden Post erhalten.

Bei den \"Sonderabkommen plus\"- Verträgen, die einige Kunden schon im letzten Jahr abgeschlossen hatten, werden wie aufgezeigt die gesunkenen Erdgasbeschaffungs- und Netzkosten nicht weitergegeben.

Bei den JenaGas- Verträgen ist die krude Ölpreisbindung der Erdgaspreise auch enthalten, wenn auch bis Ende September 2008 suspendiert. Entsprechend kompliziert und wenig durchschaubar ist der Vertragstext.

Dieser Vertrag enthält also auch die überkommene Ölpreisbindung und ist zudem keinesfalls überschaubarer, wie der Stadtwerke- Vertriebschef gemeint haben soll.

Nach Ablauf des 30.08.2008 sollen automatisch die Preise der \"Sonderabkommen Erdgas plus\" gelten und diese sind ausweislich des aktuellen Preisblattes höher als die Festpreise, so dass es bei konstanten Heizölpreisen am 30.08.2008 automatisch zu einem Preissprung und einer Preiserhöhung kommt.  8o

Dass die Stadtwerke in der Vergangenheit geschlossene Verträge nicht mehr erfüllen könnten, ist wohl eher ein Scherz:

Geschlossene  Verträge sind einzuhalten.

Soweit in den bestehenden Verträgen kein ordnungsgemäßes Kündigungsrecht für die Stadtwerke vereinbart wurde, können diese Verträge auch nicht einfach gekündigt werden.

 

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