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Autor Thema: Neuer Brief an eon Westfalen zu 2004 Urteilen  (Gelesen 4345 mal)

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Neuer Brief an eon Westfalen zu 2004 Urteilen
« am: 07. Dezember 2004, 10:16:59 »
Dies ist die Erwiederung auf den letzten e.on Brief mit den 2004er Urteilen des Kammer und Landgerichts Berlin (bereits abgestellt im Forum), zu Ölpreisbindung, Kosten etc. Wenn alle schreiben und die Mitarbeiter überlastet werden, fängt vielleicht auch irgendwann in den Vorstandsetagen und bei den Politikern das Nachdenken an!

 Brief an e.on

EON Westfalen Weser AG
Tegelweg 25

33102 Paderborn


Betr: Vertragskonto Nr.: xxx.xxx.xxx.xxx, Ihr Schreiben vom 25.11.04

Sehr geehrte Herren,

Ihr Schreiben vom 25.11. lässt zum einen einige Punkte unbeantwortet und ist zweitens irreführend.

Zunächst haben Sie leider vergessen auf einige Punkte meines Briefes vom 24.10.04 einzugehen. Ich fordere Sie daher auf dieses nachzuholen.

1. In meinem Brief vom 24.10.04 wurden Sie gebeten, den Nachweis der grundsätzlichen Berechtigung von einseitigen Preiserhöhungen zu erbringen. Ein solches Recht, welches der Versorger nachweisen muss, besteht nach den Kundenverträgen oftmals nicht. Dieser Nachweis wurde von Ihnen bisher nicht erbracht.

2. wurde im Brief vom 24.10.04 e.on gegenüber der Einwand erhoben, die Herausnahme aus dem Lastschriftverfahren verstoße gegen Art. 3 GG und gegen das Schikaneverbot des BGB.    

Der Versorger darf den Kunden nach dem Einwand der Unbilligkeit auch nicht durch einen Ausschluss vom Einzugsverfahren maßregeln. Immerhin ist die gesonderte Überweisung für den Kunden mit entsprechendem Aufwand und auch mit gewissen Risiken verbunden. Zunächst gelten im Bereich der Daseinsvorsorge mit lebenswichtigen Gütern wie Strom, Gas und Wasser die Grundrechte unmittelbar und somit auch der Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Artikel 3 Grundgesetz.    
E.on könnte sich aber durch ein entsprechendes Vorgehen auch eines Verstoßes gegen das Schikaneverbot schuldig machen und deshalb gegenüber dem Kunden gem. § 826 BGB schadensersatzpflichtig werden.
Auch hierzu haben Sie bisher keine Stellung bezogen.

3. wurden Sie in meiner Mail vom 29.11.04 aufgefordert zur unterschiedlichen Behandlung von e.on Kunden - wie im Diskussionsforum des Bundes der Energieverbraucher dokumentiert – Stellung zu nehmen. Teilweise wurden Kunden trotz Widerspruchs die neuen Abschläge bereits abgebucht, teilweise wurden die alten Abschläge abgebucht und teilweise wird - wie in meinem Fall –gar nichts mehr abgebucht.

Was den weiteren Inhalt Ihres Briefes vom 25.11. betrifft gilt es zusätzliche Anmerkungen zu machen.

Zu Ölpreisbindung und Kosten:
Eigentlich dachte ich, dass die Zeiten der Märchenerzähler endgültig vorbei seien, muss mich aber anscheinend eines Besseren belehren lassen. Das „Ruhrgas-Märchen von der Ölpreisbindung“ findet aber in der heutigen Zeit keine offenen Ohren mehr, da der mündige Verbraucher sich lieber an die Fakten hält!
Die Preise zu denen das Erdgas aus dem Ausland bezogen wird, sind laut Bundesamt für Wirtschaft seit Jahresbeginn um 6,4 Prozent gesunken. Da Ruhrgas 60% der deutschen Gasmengen importiert, kann sich Ruhrgas nicht auf eine angebliche Ölpreisbindung der Gaspreise berufen.
Wünschenswert wäre daher, wenn sich schon die Versorgungsunternehmen der verschiedenen Stufen untereinander den Nachweis der \"Billigkeit\" der jeweils geforderten Preiserhöhungen anhand der offen zu legenden Kostenkalkulation des jeweils vorgelagerten Versorgers abverlangen. Wenn die Versorgungsunternehmen der Verbundebene etwa Preiserhöhungen gegenüber nachgelagerten Unternehmen der Regionalebene und diese wiederum gegenüber nachgelagerten Unternehmen der Verteilebene etwa aufgrund von vertraglichen Preisanpassungsklauseln durchsetzen wollen, so müsste sich doch auch das jeweils nachgelagerte Unternehmen auf eine \"Unbilligkeit\" gem. Paragraph 315 BGB berufen können.
Tatsächliche oder vermeintliche Kosten dürfen deshalb nicht einfach von einer Stufe auf die nächste weitergewälzt werden und schlussendlich in die Endverbraucherpreise einfließen. Daher wäre es doch angebracht, dass e.on gegenüber seinem Lieferanten Ruhrgas selber den Einwurf der Billigkeit nach §315 erheben würde.

Aber, wer widerspricht schon der eigenen Mutter, wenn es den eigenen Nutzen mehrt? Vielleicht sollten wir daher zukünftig nach dem guten Vorbild der Energieversorger alle unsere Lohn- und Gehaltsforderungen an die Ölpreisentwicklung koppeln?

Folgt man theoretisch trotzdem dem Märchen der Ölpreisbindung, so hilft e.on vielleicht eine Meldung des Spiegel vom 2.12.04 weiter.   
„Rohöl zur Auslieferung im Januar ist am New Yorker Warenterminmarkt Nymex um 7,4 Prozent auf 45,49 Dollar je Barrel abgesackt. Heizöl brach um 6,3 Prozent ein. Der amerikanische Rohölpreis liegt damit um 18,3 Prozent unter seinem am 25. Oktober verbuchten Rekordstand von 55,67 Dollar je Barrel.“ Sicher wird e.on deshalb sowieso kurzfristig die Preise für seine Kunden wieder senken! Das Versprechen, die Gaspreise bis zum Juni 2006 nicht mehr anzuheben, muß man unter diesem Aspekt daher dann wohl eher als eine weitere Preisdrohung empfinden!

Ferner höre ich sehr wohl, dass die Energieversorger hohe Kosten haben, die die Unternehmen arg beuteln und daher unbedingt an die Kunden weitergegeben werden wollen.

Der letzte Fall des Chefs der CDU Sozialausschüsse in NRW Arentz, der gerade gegenüber dpa zugegeben hat ohne Gegenleistung jährlich 60.000 Euro und selbstverständlich auch kostenlosen Strom von der RWE Power AG erhalten zu haben, oder die große Anzahl der übrigen Lobbyisten und amtsmüden, oder ausgemusterten Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker, denen ein Vorstands-, „Frühstücksdirektoren“-  oder Aufsichtsratsposten bei den großen Energieversorgern oder den kommunalen Stadtwerken für Ihre großen Verdienste um die Nicht-Deregulierung der Strom- und Gasmärkte angeboten wird, zeigt dies.

Hier soll anscheinend mit aller Macht und der wirtschaftlichen Kraft von über Jahrzehnten durch Monopole mit Geld gemästeten Energiegiganten eine Deregulierung des Marktes solange wie möglich im Interesse der Energieversorger hinausgezögert, gelindert oder sogar ganz verhindert werden.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich u.a. auch für solche Kosten in Zukunft nicht mehr aufkommen möchte, da ich schließlich für mein Geld hart arbeiten muss und darüber hinaus diese Leute nun wirklich nicht im Sinne der großen Mehrheit Ihrer Wähler handeln, sondern zu Marionetten der großen Energieversorger gemacht werden sollen – im Fall Arentz sogar im Schafspelz des „Sozial“-ausschusses.

Zum BGH Urteil vom 05.02.2003 (ZR 111/02)
Ihr Hinweis „Daraus ergibt sich, dass das von Ihnen zitierte BGH Urteil vom 05.02.2003 (ZR 111/02) lediglich die Verfahrensweisen während eines möglichen Prozess regelt aber nicht Grundlage für Ihre Forderung auf Offenlegung der Kalkulation vor einem Gerichtsverfahren ist“ ist zutreffend und wurde Ihnen am Ende meines Briefes vom 24.10.04 sogar ausdrücklich bestätigt. E.on muss eine Offenlegung solange nicht machen, solange man eben das zurückgehaltene Geld der verweigernden Kunden nicht haben will.

Aber wie erklären Sie es Ihren vollzahlenden Kunden – zu denen ich mich bis September übrigens auch noch gezählt hatte - dass e.on eben bisher auf diese Prozesse und die Möglichkeit der Geldeinnahme verzichtet, um gerade nicht in die Verlegenheit kommen zu müssen, die Kalkulation offenzulegen und dann eventuell weniger von allen Kunden kassieren zu dürfen? Müssen diese Kunden über überhöhte Preise dies dann mitfinanzieren? Ihre Antwort interessiert mich wirklich!

Zur BGH- Rechtssprechung vom 30.04.2003 - VIII ZR 279/02
Es bleibt festzustellen, dass Sie sich in Ihrem Schreiben vom 25.10.04 selber widersprechen. Auf der einen Seite behaupten Sie: „Die BGH- Rechtssprechung vom 30.04.2003 - VIII ZR 279/02 bezieht sich auf die Frage der Angemessenheit der Wassertarife und gilt deshalb bislang nur im Rahmen der Wasserversorgung. Aufgrund der Tatsache, dass Erdgas mit anderen Energieträgern im Wettbewerb steht und damit sachlich anders zu behandeln ist als die Wasserversorgung, ist diese Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf die Gasversorgung übertragbar.“ Andererseits berufen Sie sich dann selber gerade auf neuere Entscheidungen des Kammer- und Landgerichts Berlin und dies sogar noch zu Sonderfällen der Wassertarifaufsicht in Berlin.

Die Entscheidungen dieser Berliner Instanzgerichte stehen in offenem Widerspruch zu den zitierten Urteilen des BGH vom 30.04.2003, mit denen gerade vorherige Entscheidungen dieser Berliner Instanzgerichte verworfen wurden.

Soweit sich Berliner Instanzgerichte nach diesem Urteil gleichwohl dagegen wandten, betraf dies Genehmigungsverfahren, die viel strenger sind als die bisherigen Tarifgenehmigungsverfahren im Strombereich. Es steht nicht zu erwarten, dass der BGH seine Rechtsprechung deshalb aufgibt. Die Berliner Urteile beziehen sich auf die Wassertarifaufsicht in Berlin, bei der nunmehr schon innerhalb des behördlichen Genehmigungsverfahrens umfangreiche Sachverständigengutachten eingeholt werden.

Diese Rechtsprechung ist auf die behördlichen Tarifpreisgenehmigungsverfahren nach der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt) nicht übertragbar, weil diese Verfahren nicht so streng sind, wie das vorgenannte Wassertarifgenehmigungsverfahren in Berlin.

Auf die Gaspreise kann diese Rechtsprechung schon gar nicht übertragen werden, da es in diesem Bereich schon seit 1998 gar keine behördlichen Tarifgenehmigungsverfahren mehr gibt, da mit der Novellierung des Energiewirtschaftsrechts 1998 die BTOGas ersatzlos entfiel.
Eine neue Entscheidung wäre aus den genannten Gründen nur auf das spezielle, sehr strenge Berliner Tarifgenehmigungsverfahren für Wasser anwendbar.

Übrigens bezweifeln selbst die Anwälte Freshfields, Bruckhaus, Deringer, die regelmäßig z.B. den e.on-Konzern vertreten und deren Ausführungen Sie aus verständlichen Gründen in Ihrem Schreiben nur sehr oberflächlich zitiert haben, ob der BGH seine Rechtsprechung tatsächlich ändern wird. Zum Nachlesen unter:

http://www.der-syndikus.de/briefings/vw/vw_034.htm

Ersichtlich wird dort, dass die Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 30.04.2003 einer bereits seit langem gefestigten Rechtsprechung entspricht, die bereits annähernd zwanzig Jahre zurück reicht.
Auf den Strom- und Gasbereich hätte eine neue Entscheidung des BGH aus genannten Gründen keinen Einfluss.

Wenn die zuständigen Aufsichts- und Kartellbehörden beantragte Preisgenehmigungen davon abhängig machen würden, dass der vorgelagerte Versorger überhaupt zum Nachweis der Billigkeit seines Preiserhöhungsverlangens aufgefordert wurde und den entsprechenden Nachweis gegenüber dem beantragenden Unternehmen geführt hat, sollte das von vielen besorgte \"Abkassieren\" wohl ausgeschlossen sein.

Zudem bekunden bereits einzelne Energiepreisaufsichtsbehörden bei den Landeswirtschaftsministerien, dass die bisherigen Tarifgenehmigungsverfahren nicht die Effizienz in Bezug auf den beabsichtigten Zweck der Sicherstellung einer preisgünstigen Energieversorgung haben, die sie haben sollten.

Fazit
Da Sie mich wegen der Herausnahme aus der Abschlagszahlung auch für meinen Stromvertrag als Kunden anscheinend nicht mehr haben wollen, werde ich als nächstes mit der Evaluierung der Konkurrenzangebote im Strommarkt beginnen, damit Sie demnächst dann vielleicht auch nicht mehr meine Eingänge auf dem Stromkonto einzeln überprüfen müssen.
Dank der äußerst guten Beziehungen (s.o.) der Energieversorger zur Politik ist dies heute leider ja nur im Strommarkt möglich, wenngleich auch dort ohne wirkliche Deregulierung.

Einleuchtend wäre doch, wenn dieses Vorgehen möglichst viele Leser und Gaspreisverweigerern der regionalen Zeitungen und der Internetdiskussionsforen u.a. des Bundes der Energieverbraucher überzeugen würde und eine hohe Prozentzahl der allein in Paderborn in die Tausende gehenden Gaspreisverweigerer zur Nachahmung veranlassen würde.
Die hierzu nötige Marketingarbeit in Form von Leserbriefen, Abstellen von Briefen in Internetforen etc., will ich gerne übernehmen.

Wenn auch nur 50% der vielen tausend Gaspreisverweigerer allein in Paderborn, die von Ihnen ebenso behandelt werden, als Reaktion ihren Strom zukünftig bei der Konkurrenz beziehen, dürfte dies ein gehöriger Denkzettel für das Unternehmen e.on sein.

Vielleicht wird dann der Verlust von Umsatz den e.on Konzern doch noch zu einem kundenfreundlichen Verhalten und zum Respekt vor der höchstrichterlichen Rechtssprechung des BGH bringen.

Abschließend möchte ich Sie darüber informieren, dass heute mit gleicher Post ein Schreiben an die Landeskartellbehörde beim Ministerium für Wirtschaft und Arbeit mit der gesamten Korrespondenz rausgegangen ist. Verbunden damit ist die Bitte an die Landeskartellbehörde, in dieser Angelegenheit von Amts wegen gegen das Unternehmen e.on Westfalen Weser wegen missbräuchlicher Ausnutzung des Monopols und der wirtschaftlichen Macht des Unternehmens tätig zu werden, oder, falls nötig, die Bundeskartellbehörde einzuschalten.

Mit freundlichem Gruss

 

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