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Autor Thema: Nachtrag Live- Diskussion RA Fricke mit Dr. Brinker (EWE)  (Gelesen 5124 mal)

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Nachtrag Live- Diskussion RA Fricke mit Dr. Brinker (EWE)
« am: 12. November 2004, 20:56:20 »
In einer Livediskussion im Nordwestradio (Radio Bremen/ NDR) am 09.11.2004 äußerte sich der EWE- Vorstandsvorsitzende Dr. Brinker zu den \"notwendigen\" Gaspreiserhöhungen um 13 %.
EWE hatte mit den Gaspreiserhöhungen in Deutschland begonnen.

Den Inhalt der Diskussion finden Sie unter:

http://www.radiobremen.de/nordwestradio/unterwegs/gaspreise.html

Die Radiomittschnitte geben ein eindrucksvolles Wortprotokoll:


Dr. Brinker traf die Aussage, EWE werde überhaupt nicht durch Eon- Ruhrgas beliefert.

Gleichwohl machte Dr. Brinker konkrete Angaben über den Inhalt des Vertrages des Gasimporteuers Ruhrgas sogar mit dessen Vorlieferanten.

Angeblich war diesm dabei die Preisgleitklausel aus diesem Vertrag
genauestens bekannt.


Bleibt festzuhalten:


Obschon EWE selbst Transparenz in Bezug auf die eigenen Einkaufskonditionen scheut, muss wohl Eon- Ruhrgas zumindest Herrn Dr. Brinker vor der Radiosendung offenherzig einen genauen Blick in den eigenen Bezugsvertrag gewährt haben, obschon EWE noch nicht einmal Ruhrgaskunde ist.

Vielleicht wollte man durch diese Offenlegung ja EWE als Neukunden gewinnen. Immerhin der Wechsel hätte sich für EWE und vor allem für deren Kunden sehr gelohnt.

Das könnte man wohl hinreichende Transparenz nennen.

Da Herr Dr. Brinker darauf verwies, man wolle den Wettbewerbern (welchen?) keinen Einblick in die eigenen Bezugskonditionen gewähren und dies gelte für die Branche, steht wohl fest, dass sich Ruhrgas und EWE dann nicht als Wettbewerber auf dem Erdagasmarkt ansehen.

Warum eigentlich nicht? Demarkation ist schließlich verboten.

Herr Dr. Brinker wies darauf hin, dass die Ölpreisbindung für die gesamte
Branche gelte, die drastischen Preiserhöhungen der EWE um 13 % deshalb
zwangsläufig wären.

Unterstellt man einen üblichen Anteil der Einkaufspreise der EWE am
Endverbraucherpreis von 30 bis 40 %, müssten die Vorlieferanten der EWE dieser den Gaspreis um 36 bis 52 % erhöht haben, damit die Preiserhöhung der EWE der Billigkeit entsprechen kann.

Auf solche Höhen haben es selbst die Preise für leichtes Heizöl nicht
geschafft.

(Einige Juristen können wohl doch rechnen, haben als Schüler sogar
erfolgreich an Mathe-Olympiaden teilgenommen. Dann braucht man noch nicht einmal einen Taschenrechner. Das geht durch ein Jurastudium keineswegs verloren, zumal wenn man zusätzlich einige Semester BWL studiert hat.)

Wenn die Vorlieferanten der EWE derart heftig zugeschlagen hätten, stellt
sich die Frage, was langfristige Verträge bewirken.

Wäre EWE nun ein ausschließlicher Ruhrgaskunde, hätte die Preiserhöhung des Vorlieferanten von 4 % nur zu einer der Billigkeit entsprechenden Erhöhung der Endverbraucherpreise der EWE von 1,2 bis 1,6 % führen können.

Die lnagfristigen Verträge hindern EWE also wohl daran, zur günstigeren
Ruhrgas zu wechseln.

Denn Prof. Dr. Pfaffenberger weiß wohl, dass die Gaspreise bei allen Versorgern gleich hoch sind.

Nur auf die Frage, wie hoch diese Gaspreise ab deutscher Grenze und auf den einzelnen Verteilstufen in Deutschland sind, wird wohl auch er keine Antwort parat haben. Es reicht ja auch, wenn man weiß, dass die Preise nun einmal steigen müssen. Es war ja schließlich immer so.

Dr. Brinker machte weiter deutlich, die Ölpreisbindung gelte für die gesamte Branche.

Bei Ruhrgas rechtfertigte der Preismechanismus offenbar nur eine Erhöhung von 4 %.

Der Unterschied zwischen halbjährlicher Anpassung,
vierteljährlicher Anpassung (Quartal) und gar monatlicher Anpassung wurde bei den Ausführungen von Herrn Dr. Brinker nicht ganz deutlich.

Deshalb die entsprechende Stelle nochmals genau anhören!  

Selbst die Stadtwerke Jena- Pößneck GmbH, Jena als auf der untersten
Verteilstufe stehender Gasversorger erhöhte ihre Heizgaspreise zum
01.10.2004 lediglich um 2,8 %, für Haushaltskunden bleiben die Preise
vollkommen stabil, erhöhen sich also nicht (www.stadtwerke-jena.de).

Ein und derselbe Preismechanismus führt also bei verschiedenen Unternehmen der unterschiedlichsten Verteilstufen zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen.


Klärungsbedarf?


Wie war das mit den Taschenrechnern?

Die gestellte Aufgabe kann eigentlich jeder leicht \"im Kopf\" lösen, ohne die Finger zu benutzen oder diese gar hinter dem Rücken zu kreuzen.


Karten auf den Tisch!
Kalkulationen aller Gasversorger offen legen!

Man könnte den Eindruck gewinnen, die Versorger scheuen nur deshalb die Offenlegung ihrer Kalkulationen, weil sie über solche vielleicht gar nicht verfügen.

Ggf. drehte man bisher nur bei jeder Gelegenheit an der großen
Preisschraube, je nach dem, was der Markt gerade herzugeben schien.

Offensichtlich gibt der Markt jedenfalls nun nichts mehr her, wie die
breiten Proteste in Hamburg, Bremen, Paderborn, bei der EWE und andernorts in Deutschland ganz deutlich zeigen.

Ganz vergessen wurden bisher die Mittelständler, die wohl immer noch
Schwierigkeiten damit haben, mit ihren eigenen Kunden langfristig
Ölpreisbindungsklauseln zu vereinbaren, um die Kosten der \"zwangsläufigen\" Energiepreisentwicklungen weiterzureichen.  

Man darf wohl schon jetzt gespannt sein, womit Herr Dr. Brinker in seiner
Funktion als Präsident des VDEW (www.vdew.de) demnächst die \"notwendigen\" Strompreiserhöhungen in Deutschland begründen wird....

Freundliche Grüße
aus Jena

Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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