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Autor Thema: SWU Energie Ulm will Kalkulation offen legen  (Gelesen 6281 mal)

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Offline lunatic71

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SWU Energie Ulm will Kalkulation offen legen
« Antwort #1 am: 17. November 2005, 14:37:45 »
Ich bin mal gespannt was die Gasversorger unter \"Kalkulation offen legen\" verstehen

Offline RR-E-ft

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SWU Energie Ulm will Kalkulation offen legen
« Antwort #2 am: 17. November 2005, 14:48:37 »
@lunatic

Mir war es vergönnt, solche \"Kalkulationen\" bereits in Augenschein zu nehmen, u.a. für ein Sächsisches Stadtwerk, welches ein Gutachten vorgelegt hatte.

Dabei tauchten Netzentgelte als Kostenfaktor auf, obschon man solche nicht an sich selbst zahlt. Trotz Norm- Sondervertrag (Heizgas) wurden Konzessionsabgaben in Höhe von 0,22 Ct/ kWh genannt, statt wie bei Sonderverträgen üblich 0,03 Ct/kWh.

Die Rendite war demnach auch zum Bedauern.

Viele Versorger behaupten ja heute schon, ihre Rohmarge sei nicht kostendeckend (SWM- Gutachten).


Eine solche \"Kalkulation\" reichte als Nachweis im Gerichtsverfahren nicht aus.

Das betroffene Stadtwerk hat sich deshalb in einem gerichtlichen Vergleich- der vollstreckbar ist - mutig gegenüber einem Kunden verpflichtet, seine Gaspreiskalkulationen jeweils vor und nach Erhöhungen wie auch seine Strompreiskalkulationen ebenso nachvollziehbar und  prüffähig entesprechend der herrschenden BGH- Rechtsprechung (BGH NJW-RR 1992, 183) vollständig offen zu legen.

Weil es sich um ein Zweisparten- Unternehmen (Strom und Erdgas) handelt, kann auch wenig versteckt werden.

Kommt das Gericht später zu der Überzeugung, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt wurde, weil die Kalkulation nicht nachvollziehbar und prüffähig ist, kann der Anspruch auf Offenlegung als höchstpersönliche Verpflichtung des Versorgers mit gerichtlichen Zwangsmitteln durchgesetzt werden.


Mit anderen Worten:

Der betroffene Kunde hat einen Anspruch auf vollständige Offenlegung der Kalkulationen, der gerichtlich zwangsweise durchgesetzt werden kann.

Das dürfte bisher einmalig sein.

Gestritten wurde um wenige hundert Euro.

Dafür lohnt es sich schon mal, seine Preiskalkulationen für lange Zeit vor und zurück vollständig offen zu legen.

Das Stadtwerk hatte für das o. g. Gutachten bereits mehrere tausend Euro gezahlt und konnte vielleicht als Trost mitnehmen, dass das Geld wegen Mangelhaftigkeit des Gutachtens zurückgefordert werden kann:

Die Kalkulation der NNE beruhte auf der VVII, die jedoch nur bis Ende 09/03 galt und auch allenfalls bis zum 31.12.2003 \"gute fachliche Praxis\" für sich in Anspruch nehmen konnte.

Nach Auffassung des LG Berlin handeltes es sich bei solchen Verbändevereinbarungen von Anfang an um  kartellrechtswidrige Absprachen, so dass sich auch ein Interessierter nicht in die Neuverhandlung einer solchen Verbändevereinbarung einklagen konnte.

Das alles war längst bekannt und musste auch den Gutachtenerstellern bekannt sein, die weiter von \"guter fachlicher Praxis\" sprachen.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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