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Autor Thema: Stromnetze: So booten Energiekonzerne die Kommunen aus  (Gelesen 4048 mal)

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Offline Wolfgang_AW

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Stromnetze: So booten Energiekonzerne die Kommunen aus
« am: 08. April 2013, 16:34:21 »
Methoden der Energiekonzerne im Kampf um die städtischen Verteilnetze

Zitat
Bei den Verteilnetzen geht es um ein nahezu risikoloses und dennoch lukratives Geschäft: Die Netzentgelte werden von der Bundesnetzagentur festgelegt. Die garantiert den Betreibern eine Verzinsung des Eigenkapitals von 9,3 Prozent für Neuanlagen und von 7,6 Prozent für Altanlagen. In einem Umfeld, in dem die Unternehmen ohne Wettbewerb sind. Und das für lange Zeit: Die Konzessionen werden in der Regel für einen Zeitraum von 20 Jahren vergeben.
...
Um die Netze zu halten, wenden die Konzerne verschiedene Tricks an. Als wirkungsvollstes Instrument hat sich der Studie zufolge erwiesen, deutlich überhöhte Preise beim Verkauf der Energienetze zu verlangen. Das Energiewirtschaftsgesetz schreibt eine "wirtschaftlich angemessene Vergütung" vor. Ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs und Leitlinien der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts legen nahe, dass der sogenannte Ertragswert angesetzt werden soll. Dieses besagt, dass das Netz nicht mehr kosten soll, als es in den 20 Jahren, die der Konzessionsvertrag läuft, wieder einspielt.
Die Konzerne aber fordern der Studie zufolge oft den üblicherweise wesentlich höheren Sachzeitwert der Anlagen. Wer den Preis drücken will, muss vor Gericht. Was Käufer abschreckt: Viele Kommunen würden solch ein finanzielles Risiko nicht eingehen wollen.
...
Der Studie zufolge halten die Energieriesen wichtige Netzdaten zurück. Sie sind zwar seit 2011 gesetzlich verpflichtet, netzrelevante Daten drei Jahre vor Ende der Vertragslaufzeit zur Verfügung zu stellen - doch welche Daten das genau sind, ist unklar.

...
Die Autoren der Studie haben noch andere Strategien zusammengetragen, mit denen die Energiekonzerne vor allem kleine Kommunen verunsichern sollen: von der gestreuten Sorge, die Versorgungssicherheit könnte bedroht sein, über die - vergütete - Einbindung von Kommunalpolitikern in Regionalbeiräte bis hin zu plumpen Sponsoring-Versuchen.
Hervorheb. durch Wolfgang_AW

Die Hervorhebung ist im Besonderen für den Foristen <PLUS>, der ja u.a. der Ansicht ist, dass sich kleine PV-Anlagen-Betreiber an ihrer Rendite  geradezu obszön bereichern und gerade diese es seien, die dem nicht priviligierten Stromverbraucher die verdorbene Suppe der hohen Strompreise bescheren.


Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang_AW


„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

Offline PLUS

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Re: Stromnetze: So booten Energiekonzerne die Kommunen aus
« Antwort #1 am: 08. April 2013, 21:36:01 »
Die Hervorhebung ist im Besonderen für den Foristen <PLUS>, der ja u.a. der Ansicht ist, dass sich kleine PV-Anlagen-Betreiber an ihrer Rendite  geradezu obszön bereichern und gerade diese es seien, die dem nicht priviligierten Stromverbraucher die verdorbene Suppe der hohen Strompreise bescheren.
Was will der Forist <Wolfgang_AW> denn damit rechtfertigen? Was ist das geringere Übel, der Teufel oder der Belzebub, Pest oder Cholera? ;)

Ja, es sind die sonnigen Wucherpreise von bis zu 57,4 Cent für die Kilowattstunde, die ebenso die Suppe für die Verbraucher verderben. Damit wird die "obszöne" Rendite und die unwirtschaftliche Erzeugung von den Verbrauchern per Zwangsabgabe bezahlt. Dazu kommen noch die Kosten für Netze, Speicher und Ersatzkraftwerke.

Es wird nicht wirtschaftlicher, wenn wir noch weitere 1000 Netzbetreiber schaffen. Jedem Dorf sein eigenes Netz  >:(. Andere brauchen nicht mal zwei Dutzend. Warum zahlen wir wohl Spitzenstrompreise? Es gibt viele Gründe, Spitzennetzentgelte gehören dazu.

Wie sieht die Rechnung für die nicht privilegierten Stromverbraucher denn aus, wenn sich zunehmend die so geförderten Solaristen von der Finanzierung u.a. dieser hochgejubelten Netzentgelte verabschieden.

Was ich von überhöhten Gewinnen bei der Energieversorgung und dieser garantierten "Eigenkapitalverzinsung" halte, habe ich schon wiederholt geschrieben z.B... 

Also, wo gibt es eine riskoärmere und gleichzeitig so lukrative Anlage wie ein Strom- und Gasnetz in Deutschland. Da kommt vielleicht nur noch eine PV-Anlage mit. ;) Aber ja, die und die Renditen, bezahlen ja auch per Zwang die nicht privilegierten Verbraucher. ;)

http://forum.energienetz.de/index.php/topic,17792.msg99211.html#msg99211
« Letzte Änderung: 08. April 2013, 21:41:42 von PLUS »

Offline Energiefachmann

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Folgende Mitteilung ist als PM an die Marktteilnehmer heute versendet worden:

Die Idee einer Rücknahme von Stromnetzen in die öffentliche Hand steht in deutschen Großstädten hoch im Kurs. Per Volksentscheid wollen Bürgerinitiativen den Weg zurück zur Stromversorgung in kommunaler Eigenregie ebnen.
Das Problem: Eine genaue Analyse der Netzrückführung zeigt, dass neun der zehn wichtigsten Ziele einer Rekommunalisierung aus rechtlichen oder regulatorischen Gründen verfehlt werden. Das ist das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung PUTZ & PARTNER Unternehmensberatung AG in Zusammenarbeit mit der HSBA Hamburg School of Business Administration.

Der Fakten-Check fällt ernüchternd aus: Bei einer Rücknahme der Stromnetze in öffentliche Zuständigkeit wird die Versorgung weder ökologischer noch sicherer oder effizienter als bisher. Auch das Ziel, über den Weg der kommunalen Versorgung künftig den Wettbewerb zu steigern ist nach den Ergebnissen der Untersuchung als viertes der zehn wichtigsten Ziele zum Scheitern verurteilt.

"Eine Erreichbarkeit dieser vier Ziele ist durch die Übernahme der Stromnetze in kommunale Verantwortung vollständig ausgeschlossen", sagt Stephan Gamm, Energieexperte von PUTZ & PARTNER. "Wichtigster Grund dafür sind rechtlich-regulatorische Hindernisse, die den Wünschen der Kommunen bei der erfolgreichen Umsetzung unverrückbar im Wege stehen." Die rechtlichen Vorgaben sind so weitreichend, dass es den Netzbetreibern beispielsweise durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verboten ist, Einfluss auf den Aufbau von Erneuerbaren Energieanlagen zu nehmen.

Wenig besser sieht es mit den Erfolgsaussichten für günstigere Preise, gesteigerte kommunale Erträge oder eine Stärkung der lokalen Wirtschaft aus. Der Untersuchung zufolge ist die Erreichung dieser Ziele nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber höchst unwahrscheinlich. Das gilt abschließend auch für bessere kommunale Einflussmöglichkeiten sowie Vorteile für das Gemeinwohl. Einzig das Infrastrukturmanagement lässt sich durch die Rückführung in kommunale Verantwortung realistischer Weise verbessern - so die Analyse der Energieexperten.

"Eine Rückführung der Stromverteilnetze in die öffentliche Hand ist nach Faktenlage der Studie in den meisten Fällen nicht sinnvoll", sagt Dr. Thomas Kuprat, Energieexperte und Mitglied der Geschäftsleitung bei PUTZ & PARTNER. "Dieses Ergebnis steht erkennbar im Widerspruch zur weit verbreiteten Stimmungslage in der Bevölkerung, die eine Rekommunalisierung tendenziell befürwortet. Für diese Diskrepanz gibt es zwei wesentliche Gründe. Erstens die fehlende Transparenz und hohe Komplexität des Verteilnetzbetriebs in Verbindung mit Aspekten, wie Anreizregulierung, Unbundling und Auswirkung der Energiewende. Und zweitens die eher ideologisch statt fachlich geprägte Diskussion des Themas Rekommunalisierung. Aber eine Entscheidung nach 'Bauchgefühl' ist wenig hilfreich. Nicht zuletzt jüngste Vorhaben wie der neue Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie oder das Bahnprojekt Stuttgart 21 machen deutlich, wie wichtig faktengesicherte Prüfungen sind", so Stephan Gamm.

 

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