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Autor Thema: Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen und mögliche Folgen daraus  (Gelesen 5248 mal)

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Offline Didakt

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Zitat
§ 17 (3) GasGVV
Gegen Ansprüche des Grundversorgers kann vom Kunden nur mit unbestrittenen oder
rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden.

Folgende Fallkonstellation:

Ein Kunde kündigt den Gasliefervertrag mit seinem Versorger über einen Wahlleistungstarif wegen einer exorbitanten Preisanhebung fristgerecht zum 30.09.2005.
Der Versorger ordnet den Kunden daraufhin mit formlosem Schreiben mit Wirkung ab 01.10.2005 von sich aus und unter stillschweigender Hinnahme des Kunden in einen anderen Wahlleistungstarif (Besttarif) ein, der ausschließlich für Sondervertragskunden vorgesehen ist und behandelt ihn im folgenden Zeitraum stets als solchen ohne jedwede Transparenz. Den Jahresverbrauchsabrechnungen ab 2006 werden die Preise des neuerlichen Tarifs zu Grunde gelegt.
Vertragsformalien und schriftlich fixierte Preisvereinbarungen blieben beiderseits unangesprochen. Auf die Geltung von AGB bzw. der AVBGasV/GasGVV wurde der Kunde nicht hingewiesen. Sie wurden ihm auch nicht zur Verfügung gestellt.

Den ab 01.10.2005 vom Versorger vorgenommenen Preisneufestlegungen des Gastarifs hat der Kunde permanent unter Bezugnahme auf § 315 (3) BGB, später mangels einer vertraglich vereinbarten wirksamen Preisanpassungsklausel zeitgerecht widersprochen. Er hat die folgenden Jahresabrechnungen des Versorgers deshalb nicht anerkannt, die Rechnungsbeträge unter Aufstellung einer eigenen Abrechnung und die veranschlagten Abschlagszahlungen gekürzt und die Zahlungen an den Versorger unter dem Vorbehalt des späteren Rückzahlungsanspruchs von Überzahlungen aufgrund überhöhter Preise geleistet. In den Jahren 2006/2007/2008 summierten sich die offen gebliebenen Forderungen des Versorgers auf ca. 450 €.
Ende 2008 erhielt der Kunde einen vom Versorger beantragten Mahnbescheid über diesen Betrag, dem er widersprach. Ende Juli 2009 folgte vom Zentralen Mahngericht die Mitteilung, dass die Streitsache zur weiteren Durchführung an das zuständige AG abgegeben worden ist. Eine Anspruchsbegründung/Klageschrift des Versorgers ließ auf sich warten.

Um die Verjährung seines Rückzahlungsanspruchs auszuschließen, errechnete der Kunde auf der Basis des zuletzt vertraglich vereinbarten Preises (Preisstand 30.09.2005) einen bis 2009 überbezahlten Betrag von ca. 800 € und stellte dem Versorger vor Jahresende 2009 diesen Betrag mit Begründung und Berechnungsunterlage unter Festsetzung eines Fälligkeitstermins mit Einschreibebrief/Rückschein zur Begleichung in Rechnung. Der Versorger ließ den Zahlungstermin verstreichen und äußerte sich auch nicht zu dem Rückerstattungsverlangen und war somit im Zahlungsverzug.
Daraufhin erklärte der Kunde dem Versorger mit besonderer Aufrechnungserklärung gegen Empfangsbescheinigung unter Beifügung eines Aufrechnungsplans mit Gegenüberstellung der Passiv-/Aktivforderung, seine Forderung gegen die von ihm an den Versorger zu bewirkenden Abschlagszahlungen Gas im laufenden Abrechnungszeitraum gemäß §§ 387, 388 BGB aufzurechnen. Der Versorger hat die inzwischen erledigte Aufrechnung bislang nicht bestritten und ist der Aufrechnungserklärung auch mit keiner Einrede entgegengetreten.

Einen Monat nach der Aufrechnungserklärung erhielt der Kunde die Klageschrift des Versorgers wegen Forderung des o.a. offenen Betrages. Eine Entscheidung über den Rechtsstreit steht kurz bevor.

Jetzt stellt sich dem Kunden die spannende Frage: Angenommen, der Versorger obsiegt. Ist damit auch automatisch die Rückzahlung der zur Aufrechnung gestellten und bereits ausgeglichenen Forderung des Kunden fällig? Oder müsste der Versorger ggf. diesen Betrag wieder einklagen?

Ich hoffe, darauf Antworten zu erhalten und bedanke mich schon jetzt dafür.

Offline Kampfzwerg

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Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen und mögliche Folgen daraus
« Antwort #1 am: 31. Juli 2010, 20:06:45 »
Zitat
Original von Didakt
Jetzt stellt sich dem Kunden die spannende Frage: Angenommen, der Versorger obsiegt. Ist damit auch automatisch die Rückzahlung der zur Aufrechnung gestellten und bereits ausgeglichenen Forderung des Kunden fällig? Oder müsste der Versorger ggf. diesen Betrag wieder einklagen?
Ich habe zu diesem Fall gleich mehrere Verständnisprobleme:

Worin sollte er obsiegen? Die Klagebegründung fehlt hier!
zu Frage 1: automatische Rückzahlung - M. E. unter normalen Umständen nein.  Nach meiner Meinung könnte bei einem Sonderkunden aber durchaus aufgerechnet werden.
Frage: der Versorger hat bereits die Forderung des Kunden ausgeglichen???
Das ist schwer vorstellbar und wäre wahrscheinlich bisher einmalig!?
- und weiter geht`s :
1. Wenn die Entscheidung des AG kurz bevor steht; und ich hoffe, der Kunde hat dort bereits einen Anwalt; warum wartet man dies nicht ab, anstatt jetzt zu spekulieren? Zumal die jeweilige Argumentation/Begründung hier nicht als Info zur Verfügung gestellt wurde.
2. Die GasGVV gelten für Tarifkunden. Der Fall legt aber ein Sonderkundenvertragsverhältnis nahe, obwohl ein Sondervertrag nicht explizit vereinbart und unterschrieben wurde. Ein Aufrechnungsverbot stünde demnach nicht im Wege.
3. die Verjährung eines Rückzahlungsanspruchs des Kunden wird definitv nicht dadurch ausgeschlossen, dass lediglich eine Aufforderung zur Rückzahlung gestellt wird, sondern nur durch z. B. Mahnbescheid oder eine Klage.
4. wurde vielleicht eine Widerklage eingericht?
5. wieso entstand überhaupt eine Überzahlung i.H. von 800,-

Mir ist ebenfalls nicht klar,  wieso der Kunde den alten Sondervertrag überhaupt gekündigt hat? Nur um danach normalerweise in die sicher teurere Grundversorung zu fallen, da er offensichtlich den Versorger nicht gewechselt hat?
Wenn sich sein neuer Vertrag mit dem alten Versorger dennoch als Sonderkundenvertrag herausstellen sollte, hätte er doch wirklich noch Glück.

Offline Didakt

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Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen und mögliche Folgen daraus
« Antwort #2 am: 01. August 2010, 17:55:24 »
@ Kampfzwerg

Danke zunächst für Ihre Stellungnahme. Die Sache ist es eigentlich nicht wert, darüber eine endlose Diskussion zu führen. Allerdings sehe ich mich in der Pflicht, Ihnen doch kurz zu antworten, um besagte Verständnisprobleme zu beseitigen.
Zugegeben, ich habe eine hypothetische Frage gestellt. Die ergibt sich vorliegend aber nicht aus einer fiktiven, sondern aus einer konkreten Sachlage. Die Hypothese ist oft als Hilfsmittel zu einer Problemlösung dienlich.

Die Beantwortung Ihrer letzten Fragen zuerst:

Der in 2005 gekündigte Sondervertrag mit Festpreisvereinbarung war einer von 3 Wahlleistungstarifen für Sondervertragskunden, der im Vergleich mit den anderen Tarifen ab 01.10.2005 prozentual die höchste Preisanhebung erfuhr. Aufgrund der Kündigung kam es versorgerseits zur Eingruppierung in einen günstigeren Sondertarif. Ein Versorgerwechsel war in 2005 nicht möglich. Er ist inzwischen aber eingeleitet und wird vsl. ab 01.10.2010 wirksam.

Nun zu den übrigen Fakten:

Die Geltendmachung der Rückforderung war aus Sicht des Kunden aus der Vertragslage heraus berechtigt und wie o.a. begründet und ist auch gegenüber dem Versorger so begründet worden. Nach Eintritt des Zahlungsverzugs erfolgte die Aufrechnungserklärung und die Aufrechnung nahm ihren Verlauf. Der Versorger hat die Zahlungsaufforderung und Aufrechnungserklärung ohne Stellungnahme/Erklärung/Einrede dazu hingenommen. Die gegenseitigen Forderungen gelten aus Sicht des Kunden seit Juli d. Js. gem. § 389 BGB als erloschen.
Diese Maßnahmen erfolgten ohne anwaltliche Mitwirkung und ohne Kenntnis der etwa einen Monat später ergangenen Klageerhebung des Versorgers mit dem Antrag, den Kunden zu verurteilen, den durch die widerspruchsbedingten Rechnungskürzungen offenen Betrag an den Versorger zu zahlen.

Das Klageverfahren ist deshalb separat zu betrachten. Die anwaltliche Tätigkeit begann mit der Mandatsübernahme nach Rechtshängigkeit der Klage und endet mit der Urteilsverkündung in Kürze.
Im Zuge dieses Verfahrens wäre die Erhebung einer Eventual-Widerklage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich gewesen. Davon wurde kein Gebrauch gemacht, weil zu diesem Zeitpunkt die Aufrechnung bereits als erledigt anzusehen war.

Schließlich haben Sie die hypothetische Frage des Kunden eigentlich schon wie folgt beantwortet:

Zitat
Original von Kampfzwerg:
zu Frage 1: automatische Rückzahlung - M. E. unter normalen Umständen nein. Nach meiner Meinung könnte bei einem Sonderkunden aber durchaus aufgerechnet werden.

Abschließend stellt sich dem Kunden nun auch noch die Frage, ob der Versorger jetzt noch - also verspätet - der erfolgten Aufrechnung mit einer Einrede rechtswirksam entgegentreten könnte.

MfG

Offline eon-rebell

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Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen und mögliche Folgen daraus
« Antwort #3 am: 01. August 2010, 19:26:06 »
Zur Verjährungsproblematik nur dieser kurze Hinweis:

Eine Ausnahme beinhaltet § 215 BGB, wonach die Aufrechnung mit einer verjährten Gegenforderung   n i c h t   ausgeschlossen ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Forderung zu einem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem der Schuldner erstmals hätte aufrechnen können. § 215 BGB knüpft also an einen Zeitpunkt an, in welchem die Aufrechnungslage zwar bereits bestand und die Aufrechnung damit bereits möglich, aber noch nicht erklärt worden war.

Offline Didakt

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Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen und mögliche Folgen daraus
« Antwort #4 am: 01. August 2010, 23:12:18 »
@ eon-rebell

Danke. Diese Bestimmung ist für den vorliegenden Fall nicht relevant.

Offline berghaus

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Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen und mögliche Folgen daraus
« Antwort #5 am: 28. Dezember 2011, 13:07:59 »
Zitat
Einen Monat nach der Aufrechnungserklärung erhielt der Kunde die Klageschrift des Versorgers wegen Forderung des o.a. offenen Betrages. Eine Entscheidung über den Rechtsstreit steht kurz bevor.

Wie ist der Rechtsstreit denn nun ausgegangen?

berghaus 28.12.11

 

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