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Autor Thema: Billigkeitsnachweis von Strompreisen  (Gelesen 4363 mal)

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Billigkeitsnachweis von Strompreisen
« am: 09. Mai 2005, 12:54:36 »
Da es hierzu immer wieder Fragen gibt:

Die Billigekeitskontrolle von Strompreisen findet auch nach der Liberalisierung weiter Anwendung, soweit diese vom EVU einseitig bestimmt wurden, also nicht individualvertraglich vereinbart wurden.

So befasst sich das Urteil des BGH vom 05.02.2003, VIII ZR 111/02 (NJW 2003, S. 1449 ff.) auch mit einem Rückerstattungsanspruch infolge Unbilligkeit für einen Zeitraum, der nach der Libearlisierung lag und schloss diesen nicht etwa wegen der Liberalisierung aus.

Vgl. den Aufsatz von Joachim Held \"Strompreise und Verbraucherschutz durch § 315 BGB\" in der Zeitschrift \"Verbraucher und Recht\" VuR 2003, S. 296 ff.

Dies gilt zum einen für die Allgemeinen Tarife, die durch das EVU veröffentlicht werden und für einseitige Preiserhöhungen aufgrund von Preisanpassungsklauseln.

Für die Billigkeit der behördlich genehmigten, Allgemeinen Tarife gilt dabei Folgendes für den Fall eines Rückerstattungsprozesses, wo grundsätzlich den Kunden die Beweislast für die Unbilligkeit des Tarifs trifft, und dies auch nur, wo der Kunde zunächst ohne jedweden Vorbehalt über Jahre die Zahlungen an den Versorger geleistet hatte:

Der BGH hat selbst im Falle eines Rückforderungsprozesses eines Kunden, in welchem diesen grundsätzlich die Beweislast für die Unbilligkeit der Tarife des EVU trifft, vollkommen offen gelassen, ob einer behördlichen Tarifgenehmigung überhaupt eine  Indizwirkung für die Billigkeit der geforderten Tarife zukommen kann (vgl. BGH NJW 2003, 1449 ff.).  

Nur für diesem Fall eines Rückerstattungsprozesses des Kunden wegen unbilliger Allgemeiner Tarife kann gelten:

Tarife und ihre einzelnen Bestandteile bedürfen der Genehmigung der Behörde, § 12 Abs. 1 BTOElt.

Die Preisgenehmigung wird nur erteilt, soweit das EVU nachweist, dass entsprechende Preise in Anbetracht der gesamten Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich- rationeller Betriebsführung erforderlich sind , § 12 Abs. 2 BTOElt.

Die Tarife müssen sich an den Kosten der Elektrizitätsversorgung, und nicht etwa anderer Aktivitäten, orientieren, § 1 Abs. 1 Satz 2 BTOElt.

Ein EVU der allgemeinen Versorgung genügt seiner Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Stromtarife allenfalls durch Vorlage der ihm erteilten tarifrechtlichen Genehmigungen und aller dazugehörenden Anträge und Kostenträgerrechnungen.

Wenn auch die dem EVU erteilte Genehmigung nach § 12 Abs. 1 BTOElt für Rechtmäßigkeit des Genehmigungsverfahrens und die Billigkeit des genehmigten Tarifs spricht, so sind dennoch die prozessualen Anforderungen an die Substantiierung der Billigkeit zu beachten.

Der Hinweis auf den mit dem Kunden abgeschlossenen Vertrag und die danach zu übernehmenden Tarife ohne Vorlage der Genehmigung, der Anträge und der Kostenträgerrechnung wird im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht den Anforderungen an die substantiierte Darlegung der Angemessenheit der Tarife genügen.

Die Tatsache der  behördlichen Genehmigung kann sich auf die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Stromtarife nur in der Weise auswirken, dass sie ein Indiz, nicht aber der Beweis für die Ordnungsgemäßheit des behördlichen Genehmigungsverfahrens und die Billigkeit des genehmigten Stromtarifs sind.

Das EVU muss seine Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit der Tarife durch vollständige Vorlage der behördlichen Genehmigungsunterlagen erfüllen.

Allenfalls  dannach hat der Kunde  erst die Darlegungs- und Beweislast für etwaige Mängel des Genehmigungsverfahrens und damit verbundenen Zweifel an der Billigkeit des Tarifs (vgl. BGH NJW 2003, 1449 ff; AG Bad Neuenahr- Ahrweiler, NJW 1998,2540= WuM 1998, 362; KG Berlin, RdE 2002, 243;Hempel, RdE 2002, 246, jeweils m.w.N.).

Die vorstehenden Ausführungen stammen im Wesentlichen aus einem Beitrag von Herrn Kollegen Dr. Hempel, Wuppertal, dortiger Justiziar der Stadtwerke und Herausgeber des Standardkommentars \"Verträge und Inkasso der Versorgungswirtschaft\" in der Zeitschrift \"Recht der Elektrizitätswirtschaft\", RdE 2002, S. 246.  

Im Gegensatz zum Rückerstattungsprozess trifft das EVU im Zahlungsprozess gegen den Kunden die volle Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der geforderten Entgelte, vgl. BGH Urteil vom 30.04.2003 VIII ZR 278/02 (NJW 2003, S. 3131 ff.).

Die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des EVU sind also logischerweise in einem Zahlungsprozess gegen den Kunden noch weit strenger als in einm Rückerstattungsprozess.

Dabei muss nämlich nicht der Kunde die Unbilligkeit der Strompreise beweisen, sondern das EVU deren Billigkeit.

Versorger, die sich zur Angemessenheit ihrer Tariferhöhung deshalb auf die erteilte Tarifgenehmigung oder aber auch für die Angemessenheit der Erhöhung von Sondertarifen auf  die behördlich  genehmigte Erhöhung ihrer Allgemeinen  Tarife berufen (vgl. EnBW, ESAG, E.on Bayern etc. pp.) müssen aufgefordert werden, die Angemessenheit der Preiserhöhung zumindest durch Offenlegung der Tarifgenehmigung, nebst aller Antragsunterlagen einschließlich der Kostenträgerrechnung nachzuweisen.

Wo die Allgemeinen Tarife nicht erhöht wurden, kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine enstprechende Tariferhöhung behördlich versagt wurde oder zu versagen gewesen wäre, weil die Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich-rationeller Betriebsführung eben eine Tariferhöhung gerade nicht zuließ:

Wenn die Voraussetzungen für eine Tariferhöhung vorliegen, ist das Management verpflichtet, eine entsprechende Tariferhöhung zu beantragen. Dies ergibt sich aus der Verpflichtung zur Kapitalerhaltung gegenüber den Anteilseignern.

Es kann deshalb wohl davon ausgegangen werden, dass entsprechende Anträge gar nicht erst gestellt oder aber im laufenden Genehmigungsverfahren wieder zurückgenommen wurden, wo die Preise bisher schon zu hoch waren.

   
Keine Erhöhung der Allgemeinen Tarife gab es etwa bei den Stadtwerken Bielefeld, der E.on Westfalen Weser AG, der TEAG Thüringer Energie AG, der RheinEnergie etc. pp.  

Zur Verweigerung der behördlichen Genehmigung von Tariferhöhungen, etwa in NRW  vgl. auch hier:

http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/?id=536353
       
Wenn jedoch die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Allgemeinen Tarife nicht vorlagen, können unter sonst gleichen Bedingungen wohl auch die Voraussetzungen für eine Tariferhöhung im Übrigen nicht vorliegen, so dass diese unbillig sein müssen.

Immerhin gab es ja insoweit schon eine behördliche Negativfeststellung bzw. man ist einer solchen ganz bewußt ausgewichen.

Zum anderen wird durch ein Annähern der Preise für sog. Sonderprodukte an den Allgemeinen Tarif auch das Äquivalenzprinzip im konkreten Vertragsverhältnis verletzt. Tatsächliche Kostensteigerungen dürfen demnach nur auf alle Kundengruppen gleichmäßig weitergewälzt werden.

Das EVU trifft die vollständige Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit seiner Preise, wenn es selbst Ansprüche gegen den Kunden geltend macht (BGH NJW 2003, S. 3131ff.).

Ein EVU hat zum Nachweis der Billigkeit seiner Preise seine Kalkulation offen zu legen (vgl. BGH, NJW-RR 1992, S. 183 ff. (186); OLG München NJW- RR 1999, S. 421; LG Berlin ZMR 2002, 119; Palandt/ Heinrichs, BGB, § 315 Rnrn. 4, 19).


Vgl. auch hier:

http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=957


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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Billigkeitsnachweis von Strompreisen
« Antwort #1 am: 12. Mai 2005, 15:24:04 »
Bestätigung der eindeutigen Rechtslage durch LG Mühlhausen, Urteil vom 12.04.2005:


Landgericht Mühlhausen
2 S 83/04

verkündet am 12.04.2005

Im Namen des Volkes!

Urteil


In dem Rechtsstreit

Klägers und Berufungsklägers,

   

G e g e n

Die Stadtwerke Mühlhausen GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Dipl.-Ing.Joachim Scheurich und Dipl.-Kauffrau Regine Gierse, Windeberger Landstraße 73,
99974 Mühlhausen,

Beklage und Berufungsbeklagte,


hat das Landgericht Mühlhausen – 2. Zivilkammer – durch den Vizepräsidenten des Landgerichts Dr. Dettmar als Vorsitzendem, den Richter am Landgericht Tröger sowie den Richter am Landgericht Klostermeier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2005

F ü r    R e c h t   e r k a n n t:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen vom 29.01.2003 – Az.: 2 C 158/03 – abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.553,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2003 aus 2.031,07 EUR und aus weiteren 522,00 EUR seit dem 09.01.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung von 1996 überzahlter Stromkosten in Höhe von 2.031,07 EUR aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 315 BGB zu.

Die Zahlungen des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten ohne Rechtsgrund. Zwar bestand zwischen den Parteien ein Versorgungsvertrag, aufgrund dessen die Beklagte das Gewerbe des Klägers nach ihren allgemeinen Tarifpreisen anzuschließen und mit elektrischer Energie zu versorgen hat. Allerdings unterliegen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, auch Tarife für Leistungen und Daseinsvorsorge, auf die der Vertragspartner angewiesen ist, einer Kontrolle nach § 315 BGB (BGH NJW-RR 1992, S. 183, 185).
Dabei steht die Tatsache der behördlichen Genehmigung der Tarife der Anwendbarkeit des § 315 BGB nicht entgegen. Trotz einer derartigen Genehmigung unterliegen einseitige Leistungsbestimmungen der richterlichen Inhaltskontrolle mit dem möglichen Ergebnis, dass der einseitig bestimmte und von der zuständigen Behörde gebilligte Preis die von § 315 BGB gesetzten Grenzen überschreitet (vgl. LG Berlin, ZNER 2001, S. 273 m.z.w.N.).

Für den – hier vorliegenden – Fall, dass der Stromkunde zunächst vorbehaltslos die geforderten Stromentgelte gezahlt hat und anschließend in einem Rückforderungsprozess die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung durch das Versorgungsunternehmen geltend macht, verbleibt es dabei, dass ihn die Beweislast für das Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistung trifft (vgl. BGH NJW 2003, S. 1449 ff. m.z.w.N.). Allerdings muss der Bereicherungsgläubiger (hier der Kläger), dem insoweit der Beweis einer negativen Tatsache obliegt, nicht jeden theoretisch denkbaren rechtfertigenden Grund ausschließen. Es genügt vielmehr der Beweis, dass der vom Schuldner geltend gemachte Rechtsgrund nicht besteht. Dabei trifft den Prozessgegner dann eine erweiterte Behauptungslast, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Gegner über ein derartiges Wissen verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind; im Rahmen des Zumutbaren kann von ihm dann insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für die positive Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden (vgl. BGH a.a.O. m.z.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu Gunsten des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers ist die Beklagte ihrer Obliegenheit zu einem substantiierten Bestreiten nicht nachgekommen. Sie hat nicht hinreichend substantiiert bestritten, dass bei der Festlegung der Strompreise die Schranken des § 315 Abs. 3 BGB nicht eingehalten worden sind.
Die Preisbestimmung hat sich unter Beachtung des Prinzips, dass die Energieversorgung so preiswürdig wie möglich zu gestalten ist, an den Kosten für die Erzeugung und Weiterleitung der elektrischen Energie sowie an der Erzielung eines Gewinns zu orientieren, der in angemessenem Umfang die Bildung von Rücklagen, die Vornahme von Investitionen und die Verzinsung des Eigen- und Fremdkapitals erlaubt. Die Substantiierung der Billigkeit einer Preisbestimmung erfordert daher regelmäßig, dass der Stromlieferant seine Preiskalkulation offen legt (LG Berlin, a.a.O., m.w.N.).
Danach oblag der Beklagten im Einzelnen vorzutragen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihr durch die Belieferung des Klägers mit elektrischer Energie entstanden waren, abzudecken waren; ferner, welchen Gewinn sie zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des aufgenommenen Kapitals bzw. der Einlagen ihrer Aktionäre mit dem dem Kläger berechneten Preis erzielen wollte (vgl. auch LG Berlin, a.a.O., m.w.N.).

Diesen notwendigen Vortrag hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit unterlassen. Aufgrund ihres Vorbringens konnte die Kammer nicht beurteilen, ob die Ermessensentscheidung der Beklagten bei der Bestimmung der Strompreise der Billigkeit i.S.d. § 315 Abs. 1 BGB entsprach. Die Beklagte hat weder die Genehmigungsunterlagen für ihre Tarife, noch Kostenträgerrechnungen vorgelegt. Sie hat weder ihre Preiskalkulation erläutert, noch dargelegt, in welcher Weise ihre Kosten- und Ertragslage im Rahmen des behördlichen Genehmigungsverfahrens überprüft wird.

Das Vorliegen einer behördlichen Genehmigung ist – zumindest vorliegend- kein Indiz für die Ordnungsmäßigkeit des behördlichen Genehmigungsverfahrens und die Billigkeit des genehmigten Tarifs. Denn die Beklagte hat – wie bereits ausgeführt – überhaupt keine Genehmigungsunterlagen vorgelegt, sodass eine Überprüfung des Genehmigungsverfahrens durch die Kammer nicht möglich war.

Nach alledem war das Bestreiten der Beklagten unsubstantiiert, sodass der Vortrag des Klägers zur Unbilligkeit des Tarifs als wahr zu unterstellen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Da die Kammer auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten die Billigkeit der Stromtarife nicht beurteilen konnte, war es ihr auch nicht möglich, das billige Entgelt abweichend vom Vortrag des Klägers gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im Urteil zu bestimmen. Das hat zur Folge, dass die Behauptung des Klägers, im streitgegenständlichen Zeitraum haben die Stromkosten 2.031,07 EUR unter dem abgerechneten Betrag gelegen, als unstreitig anzusehen ist (vgl. auch LG Berlin, a.a.O.).

Der Beklagten war diesbezüglich kein Hinweis der Kammer mehr zu erteilen. Denn gleichwohl die Kammer mit Hinweisbeschluss vom 27.07.2004 der Beklagten aufgegeben hatte, substantiiert und unter Vorlage der entsprechenden Genehmigungsunterlagen zur Zonierung und zur Differenzierung zwischen Haushalt und Gewerbe vorzutragen, hat die Beklagte keine entsprechenden Genehmigungsunterlagen eingereicht.
Dem genannten Hinweisbeschluss der Kammer war auch zu entnehmen, dass die Vorlage der entsprechenden Genehmigungsunterlagen auch unter dem Hinblick auf § 315 Abs. 3 BGB aufgegeben worden ist. Denn auf Seite 3 unten des genannten Beschlusses hat die Kammer dargelegt, dass der Vortrag des Klägers, es dürfe keine Differenzierung zwischen den Preisen für Haushalt und Gewerbetreibende vorgenommen werden, schlüssig im Hinblick auf § 315 Abs. 3 BGB ist.

Unter Ziffer III. des genannten Beschlusses wurde der Beklagten dann u. a. aufgegeben, substantiiert und unter Vorlage der entsprechenden Genehmigungsunterlagen zur Differenzierung zwischen Haushalt und Gewerbe vorzutragen. Die Kammer hat damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie zur Überprüfung der Billigkeit des Tarifs die genannten Unterlagen benötigt.

Unabhängig davon hat auch der Kläger durchgängig auf die Problematik des § 315 Abs. 3 BGB abgestellt, sodass der Beklagten auch von daher diese Frage stets bewusst sein musste. Zudem waren der Beklagten die Entscheidungen, auf die die Kammer ihr Urteil gestützt hat, frühzeitig und hinlänglich bekannt.

Angesichts dieses deutlichen Hinweises der Kammer bedurfte es entgegen der im Schriftsatz vom 11.04.2005 geäußerten Ansicht der Beklagten keines erneuten diesbezüglichen Hinweises der Kammer.

Vorliegend greift nicht die Ausschlussfrist des § 21 Abs. 2 AVBEltV.

Die Zweijahresfrist der genannten Vorschrift ist eine Ausschlussfrist, keine Verfall- oder Verjährungsfrist (vgl. Hempel in Ludwig/Odenthal, Recht der Elektrizität-, Gas- und Wasserversorgung, § 21 AVBEltV, Rn. 90 m.w.N.). § 21 Abs. 2 AVBEltV bedeutet nicht, dass nach Feststellung des Fehlers innerhalb von zwei Jahren der Fehler (gerichtlich) geltend gemacht werden muss. Vielmehr begrenzt die genannte Norm den Zeitraum, in dem sich vor Feststellung des Fehlers bei der Abrechnung der Fehler ausgewirkt haben kann.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt, insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass die neue dreijährige Verjährungsfrist des § 196 BGB gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB länger läuft als die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F., sodass Verjährung grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2002 eingetreten wäre; der Mahnbescheid wurde jedoch noch am 23.12.2002 beim Amtsgericht Mühlhausen eingereicht. Da die Zustellung (15.01.2003) demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, tritt die Wirkung der Zustellung (Verjährungsunterbrechung) bereits mit Eingang des Mahnbescheids beim Amtsgericht Mühlhausen ein.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten auch ein Anspruch auf Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe von 522,00 EUR zu (PVV).

Die Beklagte hat durch die Abrechnung unbilliger Strompreise im Jahr 1998 eine ihr aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis obliegende Pflicht verletzt (die Pflicht zur ordnungsgemäßen Preisfestsetzung). Durch diese schuldhafte Pflichtverletzung ist dem Kläger ein Schaden in Höhe von 522,00 EUR entstanden. Der Kläger musste zur Vorbereitung des Prozesses ein Sachverständigengutachten über die Stromkosten einholen. Er war insofern auf einen Sachverständigen angewiesen. Dem Kläger als Laien war nicht zuzumuten, ohne Unterstützung eines Sachverständigen bzw. ohne Vorbereitung durch einen Sachverständigen den vorliegenden Rechtsstreit zu führen. Zur Vorbereitung des vorliegenden Prozesses bedurfte er daher des Gutachtens. Ausweislich der Rechnung der EKO GmbH vom 22.12.2003 hat diese ihm 522,00 EUR in Rechnung gestellt.

Zinsen sind jeweils ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Rechtshängigkeit bezüglich der Stromkosten ist mit Zustellung des Mahnbescheids am 15.01.2003 und bezüglich der Sachverständigenkosten mit Zustellung des Schriftsatzes vom 30.12.2003 am 09.01.2004 eingetreten.

Da die Berufung begründet ist, war das angefochtene Urteil mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuändern.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf der Anwendung der §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht ersichtlich ist. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Dr. Dettmar      Tröger         Klostermeier

Mühlhausen, 12. April 2005

 

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