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Autor Thema: 14,5%Heizungsstrompreiserhöhung,Begründung derTWK Kaisersl.  (Gelesen 4506 mal)

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Offline Mertel Hans

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Anfang Januar 05 wurde gegen die Erhöhung der Strompreise zum 01.01.05 von bis zu 14,5% beim Heizungsstrom schriftlich Widerspruch gem. Formschreiben mit der Bitte, den Eingang des Schreibens kurzfristig zu bestätigen.Die Techn.Werke, Kaiserslautern haben dieses Schreiben ignoriert.

Ein zweites Schreiben mit etwa gleichem Inhalt wurde Ende Januar 05 per Einschreiben/Rückschein an die Techn. Werke Versorgungs-AG, Kaiserslautern gesandt.
Daraufhin kam nachfolgende Antwort:

„ Sehr geehrter Herr Mertel,
wir bestätigen Ihnen den Eingang Ihres Schreibens vom 28.01.2005.
Trotz steigender Preise ist es uns gelungen, marktgerechte und günstige Energiepreise anzubieten. Im bundesweiten Strompreisvergleich gehört unser Sondervertrag „TWK-Familie“ sogar zu den günstigsten Angeboten in unserer Region. Da es sich bei dem genannten Vertrag nicht um einen allgemeinen Tarif, sondern um einen Sondervertrag zwischen Ihnen und uns mit Sonderkündigungsrecht handelt, ist der genannte §315 BGB nicht anwendbar. Vielmehr erkennen Sie an unseren günstigen Sonderpreisen, dass wir unsere wirtschaftlichen Vorteile durch ständige Effizienssteigerungsmaßnahmen gerne an unsere Kunden weitergeben.
Wir gehen davon aus, dass Sie Ihre Rechnung wie bisher in ungekürzter Form begleichen.
Die Verantwortlichkeit gegenüber unseren Kunden und der Region, aus wirtschaftlicher Sicht ist uns als Energiedienstleister bewusst. Wir sind weiterhin bestrebt, günstige Energielieferungen, sowie Versorgungssicherheit auch in Zukunft zu gewährleisten.
TWK  TECHNISCHE WERKE KAISERSLAUTERN VERSORGUNGS-AG
soweit die Antwort auf mein Schreiben.

Anfang März 05, nach Erhalt meiner Jahresabrechnung wurde der TWK mitgeteilt, dass
nur die Preise des Jahres 2004 sowie eines Aufschlages von 2% in monatlichen Abschlagszahlungen (es besteht keine Einzugsermächtigung) von mir akzeptiert wird.
Die monatlichen Teilbeträge werden entsprechend gekürzt.

Antwort der TWK, Kaiserslautern:

Guten Tag Herr Mertel,
bitte entschuldigen Sie die Verzögerung bei der Bearbeitung Ihres Widerspruchs.
Nach aktuellen Urteilen sind die Energieversorgungsunternehmen nicht verpflichtet, ihre Kalkulationen gegenüber den Kunden offen zulegen. Auch unsere Preisgestaltung ist durch nicht von uns beeinflusste Gestehungskosten geprägt, die wir, wie jeder andere Händler am Markt in angemessener Weise an unsere Kunden weiterberechnen müssen.
Unabhängig davon, dass unsere Preise der B i l l i g k e i entsprechen, sind wir der Ansicht, dass wir als lokales Versorgungsunternehmen einer Nachweispflicht nicht unterliegen.
Bitte beachten Sie dass die ursprünglichen Abschlagsbeträge aufgrund der aktuellen Strompreise berechnet wurden und eine Herabsetzung aller Voraussicht nach zu einer Nachberechnung führt.
Dies stellt keinen Verzicht auf unsere Forderung dar. Wir behalten uns vor, einen möglichen Differenzbetrag am Jahresende nachzufordern.
Wir hoffen, dass die vorgenannten Erläuterungen Ihr Verständnis finden.
Mit freundlichen Grüßen
TWK Kaiserslautern


Die Abschlagsbeträge werden von mir entsprechend gekürzt. Am Jahresende, nach Erhalt der Jahresabrechnung wird mit Sicherheit eine Nachzahlung fällig.

Offline Cremer

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14,5%Heizungsstrompreiserhöhung,Begründung derTWK Kaisersl.
« Antwort #1 am: 08. April 2005, 12:47:39 »
Hallo Herr Mertel,

Haben sie schon mal Kontakt mit Frau Steinmann in Kaiserslautern bezgl. einem Aufbau einer örtlichen Bürgerinitiative gehabt?
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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14,5%Heizungsstrompreiserhöhung,Begründung derTWK Kaisersl.
« Antwort #2 am: 08. April 2005, 13:33:49 »
@Mertel Hans

Ein Sonderkündigungsrecht schließt die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle, welche alle einseitigen Preiserhöhungen betrifft, gerade nicht aus.

Es ist viemehr Voraussetzung für die AGB-rechtliche Wirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Preisanpassungsklausel.

Dies ergibt sich aus § 310 BGB i.V.m. § 32 Abs. 2 AVBEltV.

Dass die Billigkeitskontrolle auch bei einseitigen Preiserhöhungen in einem  laufenden Vertragsverhältnis auch bei einem Stromsonderkundenvertrag bei zunächst individuell vereinbarten Preisen Anwendung findet, hat erst jüngst das LG Potsdam im Urteil vom 09.07.2004, Az. 52 O 208/02 in RdE 2004, S. 307 bestätigt.


Nach dem Urteil des LG Köln vom 23.07.2004, Az. 81 O (Kart) 207/01 in RdE 2004, S. 306 hat § 315 BGB folgende Konsequenz:

Es genügt dass der Vertragspartner die \"Billigkeit\" bestreitet und es ist dann Sache des Anderen, seine kostenkalkulation - also die intimsten Geschäftsgeheimnisse - offen zu legen; bis zum Abschluss des Verfahrens, d. h. bis zur Rechtskraft des \"billigen\" Entgelts ist dann vom Zahlungsverpflichteten überhaupt nichts zu leisten, obwohl er seinerseits nach wie vor weiter  Anspruch auf die Leistung hat.

Im Falle unbilliger Preiserhöhungen bedeutet dies, dass nur der alte Preis weiter zu zahlen ist.


Ein Sonderkündigungsrecht hilft einem Heizstromkunden schon deshalb nichts, weil keine Wettbewerber in diesem Marktsegement zur Verfügung stehen. Die Alternative wäre also ein weit höherer Tarif.

Ein solcher ist allein deshalb unzumutbar, weil der Kunde sich bewußt für Heizstrom entschieden und die damit im Zusammenhang stehenden Investitionen getätigt hat. Zudem kann Heizstrom weit günstiger als zum Allgemeinen Tarif angeboten werden, wie sich allein aus dem entsprechenden Angebot des Versorgers ergibt.

Mithhin wäre also eine Anwendung des Allgemeinen Tarifs auf diesen besonderen Versorgungsfall gerade unbillig im Sinne von § 315 BGB.

Bei Heizstrom hat der örtliche Versorger deshalb auch eine marktbeherrschende Stellung inne.

Wettbewerb ist in diesem Bereich auch nach entsprechenden Mitteilungen des Bundeskartellamtes nicht in  Sicht.

Bei der Kartellbehörde wird nur das sog. \"Vergleichsmarktkonzept\" herangezogen: Vergleich mit anderen Versorgern.

Wenn die Situation wie auf dem Erdgasmarkt die ist, dass alle Versorger (vereint im BGW) die Preise hochhalten, muss diese Kontrolle versagen.

Gerade weil es keinen Wettbewrb gibt, konnten die Versorger ja nach ihrer Auffassung vollkommen nach Belieben allein die Heizstrompreise so drastisch verteuern. Andere Stromkunden sind zwar auch mit Preiserhöhungen konfrontiert, jedoch nicht so drastischen.

Es wird meines Erachtens auch das Äquivalenzprinzip im Vertragsverhältnis durch diese Preiserhöhungen gestört, da dabei der Abstand zwischen den Heizstrompreisen und den Allgemeinen Tarifen verringert wird.

Wenn ich den Beitrag im STERN richtig verstanden habe, tritt in Kaiserslautern hinzu, dass der günstige Heizstrombezug an den Bezug des Stroms für den übrigen Verbrauch gekoppelt ist. Wenn Sie also im übrigen den Versorger wechseln wollten, ständen Sie beim Heizstrom \"im Regen\".

Diese Kopplung an sich erscheint schon fragwürdig.

Eine Aufspaltung der Verträge muss möglich sein:

Hier gibt es auch Heizstrom vom örtlichen Versorger, jedoch ohne entsprechende Kopplung.

Wegen dieser Problematik könnten Sie sich ggf. nochmals an Ihre Kartellbehörde wenden.

Entgegen der Überschrift ist eine wirkliche \"Begründung\" für die Verteuerung des Heizstroms nicht erkennbar, außer:

Wir können die Preise nach Belieben gestalten, wem das nicht passt, der kann ja kündigen.

Das ist selbstredend nicht der Fall.

Zum Glück gibt es die über einhundert Jahre alte Bestimmung des § 315 BGB.


Vgl. auch hier:

Strompreiserhöhung Stadtwerke Schwerin


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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