@peters
Einen \"genehmigten Grundtarif\" gibt es bei der Erdgasversorgung überhaupt nicht. Die Bundestarifordnung Gas wurde bereits 1998 abgeschafft.
Die Preise unterliegen somit keiner Tarifpreisgenehmigungspflicht, sondern lediglich einer nachträglichen kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht.
Letztere soll den Wettbewerb schützen, trifft aber keine Feststellung zur Angemessenheit von Preiserhöhungen.
Ihr alter Sondervertrag wurde zum 31.12.2004 gekündigt.
Nehmen Sie trotzdem dessen Preisstellung vor den Erhöhungen im Oktober 2004.
Ihr Versorger teilt Ihnen mit, mit Ihnen einen neuen Sondervertrag per 01.01.2005 abgeschlossen haben zu wollen.
Schon in der Schule lernt man, dass es zu einem Vertragsabschluss mindestens zwei Personen bedarf, die sich darüber hinaus auch noch entsprechend einigen müssen, was ersichtlich bei Ihnen nicht der Fall ist:
Der Versorger hat \"beschlossen und verkündet\". Ein solches Vorgehen ist in unserem Land den Verwaltungen und den Gerichten vorbehalten, nicht jedoch den Versorgungsunternehmen.
Sie beziehen über den 01.01.2005 Gas.
Darauf haben Sie auch nach § 10 EnwG einen Anspruch.
Zudem kommt nach der Rechtsprechung des OLG München (zum Stromlieferungsvertrag, veröffentlicht in NJW-RR 1999) nach der Kündigung eines Sondervertrages durch den Weiterbezug ein faktischer Sondervertrag zustande, bei dem der Versorger den Preis gem. §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen hat.
Siehe auch hier:
kündigung eines sondervertragesWeil es keinen genehmigten tarif gibt, ist der Sonderpreis ebensogut als ein \"Allgemeiner Tarif\" anzusehen. Schließlich wird der ja auch allen Kunden angeboten. Zudem ergibt sich ein Anspruch hierauf aus Art. 3 GG.
Teilen Sie Ihrem Versorger also schriftlich mit, dass es diesem überlassen ist, nach §§ 315, 316 BGB einen Gaspreis zu bestimmen und dass Sie vorerst den o. g. alten Preis weiterzahlen, bis Ihnen Ihr Versorger einen der Billigkeit entsprechenden Preis mitgeteilt und dessen Angemessenheit durch vollständige Offenlegung seiner Kalkulationsgrundlagen Ihnen gegenüber nachgewiesen hat. Bis dahin verweisen Sie auf die Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 30.04.2003 - VIII ZR 279/02.
Die übrigen Vertragsbestimmungen sollen sich nach der AVBGasV richten, da von diesen Vorschriften nach § 310 BGB nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden darf.
Für den Fall, dass Ihr Versorger hierauf nicht eingehen will, stellen Sie ihm in Aussicht, den Gasbezug weiter im sog. \"vertragslosen Zustand\" fortzusetzen, da ein Vertrag ja bisher nicht geschlossen wurde.
Ihr Versorger hat dann jedoch schon keine vertraglichen Zahlungsansprüche, sondern allenfalls einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 812 BGB.
Zudem finden außerhalb eines Vertragsverhältnisses die Bestimmungen der AVBGasV keine Anwendung; § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AVBGasV.
Ihr Versorger wird sich deshalb wohl dafür hüten wollen.
Sie können ihrem Versorger auch noch mitteilen, dass der innerhalb einer angemessenen Frist (1 Monat) die Preisbestimmung gem. §§ 315, 316 BGB vorzunehmen und die Billigkeit der selben wie aufgezeigt nachzuweisen hat, Sie sich bei fruchtlosem Fristablauf als \"Bestimmungsopfer\" eine entsprechende Festellungsklage vorbehalten.
Verweisen Sie dabei gern auf die aktuelle Rechtsprechung des Amtsgerichts Heilbronn, welche Sie getrost als bei Ihrem Versorger bekannt voraussetzen dürfen.
Sie können wohl gewiß sein, bei Ihrem Versorger damit Begeisterung auszulösen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt