§ 315 BGB gilt nach der Rechtsprechung des BGH sowohl für Tarifkunden wie auch für Sondervertragskunden, vgl. hierzu nur die Beiträge auf der Seite. Bei den Sonderverträgen findet diese Vorschrift jedoch nur auf einseitige Preisanpassungen des Versorgers Anwendung.
Ein Sonderkündigungsrecht kann die Anwendbarkeit des § 315 BGB auch nicht ausschließen, wenndie Kündigungsfrist zu kurz bemessen ist, als dass der Kunde einen Versorgerwechsel innerhalb der Frist bewerkstelligen könnte:
Zu einem Versorgerwechsel muss sich der Kunde zunächst einen Marktüberblick verschaffen, zB. über
www.verivox.de.
Der alte Vetrag muss gekündigt und ein neuer Vertrag begründet werden. Ein anderer Anbieter kann den Kunden nur versorgen, wenn mit dem Netzbetreiber bereits ein Netznutzungsvertrag abgeschlossen wurde.
Die Stromlieferungen durch ein Fremdanbieter müssen regelmäßig vier Wochen vorher dem Netzbetreiber mitgeteilt werden. Die Lieferungen der Fremdanbieter beginnen regelmäßig nur zum Monatsersten.
Wenn der örtliche Versorger mit seinen Sondertrarifen der günstigste Anbieter ist, hängt dies oft mit überhöhten Netznutzungsentgelten (Durchleitungsgebühr) für Fremdanbieter zusammen, die der örtliche Versorger als Netzbetreiber festlegt.
Wenn die Netznutzungsentgelte nur in entsprechende Höhen getrieben werden, ist der örtliche Anbieter also deshalb der günstigste, weil es für keinen Wettbewerber mehr Sinn macht, in einen entsprechenden Wettbewerb überhaupt einzutreten.
Das Preisniveau bleibt dann allein wegen dieses unterbliebenen Wettbewerbs insgesamt zu hoch.
Festzuhalten bleibt noch, dass eine erteilte Tarifgenehmigung noch nichts abschließend über die Billigkeit im konkreten Einzelfall aussagt; vertiefte Ausführungen hierzu in:
Gabriele Braband \"Strompreise zwischen Privatautonomie und staatlicher Kontrolle\", erschienen in der Reihe Energie- und Infrastrukturrecht, Hrsg. von Theobald/ Britz/ Held; Verlag C. H. Beck, 2003.
Der Hinweis darauf, dass der Sondertarif unterhalb des genehmigten Allgemeinen Tarifs liegt ist auch irrelevant:
Bei den genehmigten Allgemeinen Tarifen handelt es sich schon gem. § 12 BTOElt um gesetzlich höchstzulässige Preise. D. h. höhere Preise dürfen sowieso nicht gefordert werden. Es handelt sich jedoch nur um eine Preisobergrenze.
Geringere Tarife können also grundsätzlich verlangt werden. Dem Versorger verbleibt so trotz Tarifgenehmigung ein Ermessen. Die entsprechende Ermessensausübung muss wiederum § 315 BGB entsprechen. Dies muss sich gerichtlich überprüfen lassen.
Für Sondertarife ist die Preisaufsicht beim Wirtschaftsministerium nicht zuständig. Diese Preiserhöhung wurde deshalb von keiner Behörde auf ihre Angemessenheit hin überprüft.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt