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Autor Thema: Stand Billigkeitskontrolle Preisänderung Strom/ Gas Frühjahr 2014  (Gelesen 2987 mal)

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Offline RR-E-ft

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Der BGH hat mit seinen Beschlüssen vom 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10, juris Rn. 10 f.  und vom 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, juris Rn. 17 auch für den Strombereich klargestellt, dass immer dann, wenn dem Energieversorger vertraglich oder gesetzlich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zur einseitigen Preisänderung wirksam eingeräumt ist, eine auf dieser Grundlage vorgenommene einseitige Preisänderung der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt, soweit der einseitig geänderte Preis nicht später dadurch als vereinbarter Preis gilt, weil der Kunde, der in angemessener Frist keinen Widerspruch gegen die Preisänderung erhoben hat und zudem die Jahresverbrauchsabrechnung, welche den geänderten Preis erstmals ausweist, unbeanstandet vollständig bezahlt hat, sein Rügerecht gem. § 315 Abs. 3 BGB verwirkt hat.

Vorrangig ist laut BGH jedoch zu prüfen, ob dem Energieversorger ein solches einseitiges Leistungsbestimmungrecht wirksam eingeräumt wurde (vgl. BGH, aaO.).
 
Dies ist dann nicht der Fall, wenn in einem Sondervertrag eine AGB- Preisänderungsklausel lediglich dem Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts gegenüber grundversorgten Tarifkunden entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 31.07.13 Az. VIII ZR 162/09, juris).

Ob das gesetzliche Preisbestimmungsrecht aus §§ 4 AVBGasV/ AVBEltV bzw. §§ 5 Abs. 2 GasGVV/ StromGVV den Grundversorgern überhaupt wirksam ist und den Energieversorgern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht damit überhaupt wirksam eingeräumt wurde, ist auf die Vorlagebeschlüsse BGH vom 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und vom 29.06.11 Az. VIII ZR  211/10 durch den EuGH zu klären, siehe http://www.derenergieblog.de/alle-themen/uncategorized/eugh-verhandelt-ueber-die-wirksamkeit-des-preisanpassungsrechts-in-den-grundversorgungsverordnungen/#more-14989

Die Frage nach der wirksamen Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zugunsten des Energieversorgers ist nach der Rechtsprechung des BGH  auch  dann für die Zahlungsansprüche des Energieversorgers vorrangig entscheidungserheblich, wenn der Kunde den einseitigen Preisänderungen des Energieversorgers nicht innerhalb angemessener Frist widersprochen hatte (vgl. BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10, juris Rn. 2, 6).

Ist dem Stromversorger ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zur einseitigen Änderung des Strompreises wirksam eingeräumt, unterfällt die einseitige  Änderung insbesondere auch dann der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB, wenn dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht eingräumt wird und er den Lieferanten wechseln kann (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.12 Az. 2 U 94/10 = ZNER 2011, 69 http://www.pontepress.de/pdf/u10_201101.pdf und BGH; B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, juris Rn. 7, 9, 17  http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f7213868fa40676c282810420e836dd1&nr=57029&pos=0&anz=1).

Auf eine Monopolstellung des Energieversorgers kommt es für die Billigkeitskontrolle einer einseitigen Preisänderung des Energieversorgers unter Berufung auf ein ihm (gesetzlich oder vertraglich) eingeräumtes  einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zur einseitigen Preisänderung demnach gerade nicht an (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, juris Rn. 7, 17).
« Letzte Änderung: 26. März 2014, 12:12:37 von RR-E-ft »

 

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