Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Leopoldina-Forscher sehen Bioenergie kritisch  (Gelesen 3231 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Sukram

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.898
  • Karma: +0/-0
  • Geschlecht: Männlich
Leopoldina-Forscher sehen Bioenergie kritisch
« am: 26. Juli 2012, 20:01:34 »
Der nationale Biomasseaktionsplan scheint (ebenfalls) einer gewissen Überarbeitung zu bedürfen:

Zitat
Leopoldina-Forscher sehen Bioenergie kritisch

HALLE. - In einer Stellungnahme zu den Grenzen und Möglichkeiten der Nutzung von Bioenergie kommt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu dem Schluss, dass Bioenergie als nachhaltige Energiequelle für Deutschland heute und in Zukunft keinen quantitativ wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieressourcen wie der Photovoltaik, der Solarthermie und der Windenergie verbrauche Bioenergie mehr Fläche und sei häufig mit höheren Treibhausgasemissionen und Umweltbeeinträchtigungen verbunden. Zudem konkurriere Bioenergie potenziell mit der Herstellung von Nahrungsmitteln. Vorrang solle der Einsparung von Energie sowie der Verbesserung der Energieeffizienz gegeben werden.

Die Stellungnahme „Bioenergie: Möglichkeiten und Grenzen“ (Englisch – „Bioenergy, Chances and Limits") der Leopoldina, an der mehr als 20 Wissenschaftler in der 2010 eingesetzten Arbeitsgruppe „Bioenergie“ mitgewirkt haben, gibt Empfehlungen zur Nutzung von Bioenergie. Unter Bioenergie versteht man die Energie, die aus Verbrennung nicht-fossiler, pflanzlicher Biomasse stammt oder aus Biokraftstoffen, die aus Biomasse hergestellt wurden.

Sie erklärt zudem, unter welchen Bedingungen die Nutzung von Bioenergie begrenzt sinnvoll sein kann. Sie thematisiert, welche Umwandlungsmöglichkeiten von Biomasse zu Biokraftstoffen, wie Bioethanol und Biodiesel, bestehen und sich in Entwicklung befinden. Sie zeigt zudem Forschungswege auf, die darauf abzielen, mit Sonnenenergie aus Wasser umweltfreundlich und nachhaltig Wasserstoff zu erzeugen.

Kein weiterer Ausbau der Bioenergie

Unter anderem heißt es zum Thema Bioenergie als Energiequelle:

■Um den Verbrauch von fossilen Brennstoffen und die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren, sollte Deutschland nicht den weiteren Ausbau von Bioenergie anstreben. Zu diesem Schluss kommen die Autoren der Stellungnahme nach Abwägung aller Argumente für und wider eine Nutzung von Biomasse als Energiequelle. Insbesondere sollte darauf gedrängt werden, das EU -2020-Konzept zu überdenken, das darauf abzielt, möglichst 10 Prozent des Treibstoffes für Transportzwecke aus Biomasse bereitzustellen.

 ■Vielmehr sollte sich Deutschland auf andere erneuerbare Energieressourcen konzentrieren wie Photovoltaik, Solarthermie und Windenergie, deren Flächeneffizienz, Treibhausgas-Emissionen und andere Umweltbeeinträchtigungen niedriger sind als die von Bioenergie. Die Einsparung von Energie und Verbesserungen der Energieeffizienz sollten Vorrang haben. ...

 ■Bei der Bewertung von klimaschädlichen Emissionen im Zusammenhang mit der Produktion von Bioenergie müssen alle Treibhausgase (Kohlendioxid, Stickoxide und Methan) einbezogen werden, die aus der Verwendung von Düngemitteln und aus dem Verbrauch fossiler Brennstoffe bei der Produktion und Konversion von Biomasse und durch Einsatz der menschlichen Arbeitskraft resultieren. Dabei sind auch die Auswirkungen von direkten und indirekten Änderungen der Landnutzung auf die Treibhausgas-Bilanz sowie auf Ökosystemfunktionen und Biodiversität zu berücksichtigen. ...

Biomasse als Brennstoff problematisch

Hinsichtlich der Verwendung von Biomasse als Brennstoff wird folgende empfohlen:

■Die Produktion von Bioethanol aus Stärke oder Zucker, die primär als Lebensmittel dienen, ist für Deutschland aufgrund der damit verbundenen Klima relevanten und ökologischen Folgen nicht zu empfehlen. Gleiches gilt für den Import von Bioethanol, der aus diesen Rohstoffen hergestellt wird. Hingegen ist eine Kombination von Bioethanol- und Biogasproduktion – bevorzugt aus Rest- und Abfallstoffen – in kleineren dezentralen Anlagen begrenzt vertretbar, soweit die internen Energieflüsse optimal genutzt und alle ökologischen Aspekte Berücksichtigung finden.

■Eine Produktion von Bioethanol aus Lignozellulose ist nur dann zu empfehlen, wenn im Gesamtprozess (vom Anbau der Biomasse über Ernte und Bioenergiekonversion bis hin zur Verbrennung) netto deutlich weniger Treibhausgase emittiert werden, als dies bei der Verbrennung einer Energieäquivalenten Menge fossiler Brennstoffe der Fall ist. Bei Importen von Biomasse sollten die mit der Produktion von Biomasse im Herkunftsland verbundenen Treibhausgas-Emissionen mit berücksichtigt werden. Für die Produktion von Biodiesel aus Raps, Sonnenblumen, Ölpalmen oder Sojabohnen gelten die gleichen Empfehlungen.

■Die Produktion von Biogas aus landwirtschaftlichen und häuslichen Abfällen sollte, auch unter dem Gesichtspunkt der Entsorgung, weiterentwickelt werden, soweit eine direkte Verbrennung oder Vergasung (Pyrolyse) nicht vorzuziehen ist. Die Abwägung zwischen diesen Techniken ist im Wesentlichen abhängig vom Wassergehalt der Abfallmaterialien: Je geringer der Wassergehalt, desto eher empfiehlt sich eine Verbrennung oder Vergasung. Die Produktion von Biogas aus „Energiepflanzen“ sollte nur insoweit erfolgen, als sie dazu beiträgt, die Biogasproduktion aus Agrarabfällen und den fluktuierenden Energiebedarf zu stabilisieren und zu optimieren.

■Bisher wurde Biomasse zum größten Teil für Heizungszwecke (das meiste Holz) und für die Erzeugung von Elektrizität (das meiste Biogas) genutzt. Das ist insofern problematisch als Biokraftstoffe für den Transport langfristig wohl am schwierigsten zu ersetzen sind. Die Umwandlung von Biomasse sollte überwiegend auf Biotreibstoffe für Schwerlastwagen, Flugzeuge und Lastschiffe ausgerichtet sein, die wahrscheinlich auch in Zukunft nicht elektrisch betrieben werden können. ...

Koordinatoren der Leopoldina-Arbeitsgruppe „Bioenergie“ sind:

■Prof. Dr. Bärbel Friedrich, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Biologie
■Prof. Dr. Bernhard Schink, Universität Konstanz, Lehrstuhl für Limnologie und mikrobielle Ökologie
■Prof. Dr. Rudolf K. Thauer, Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, Marburg

(Edit Evitel2004: Link ergänzt: http://www.leopoldina.org/de/presse/nachrichten/leopoldina-sieht-nutzung-von-bioenergie-kritisch/ )

Die Stellungnahme kann hier heruntergeladen werden

Heutiger SpOn-Artikel dazu:Streit um Kraftstoffe- Forscher erteilen Bioenergie klare Absage


Unser E10 natürlich eigentlich auch...

In den USA herrscht Dürre, Mais- und Weizenernte sind in Gefahr; bis zu 60% des Maises werden zu Ethanol verarbeitet- neue "Tortilla - Unruhen" sind absehbar.
« Letzte Änderung: 27. Juli 2012, 08:58:06 von Evitel2004 »
Ich fordere eine PV - Ertragssteuer!
_________________________________

LVZ: Mit was Heizen Sie Herr Minister?

BMU: Eine 40 Jahre alte Ölheizung, welche vor 10 Jahren einen neuen Brenner erhielt und in Berlin mit einer Gasheizung.

Offline Wolfgang_AW

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.368
  • Karma: +12/-9
Re: Leopoldina-Forscher sehen Bioenergie kritisch
« Antwort #1 am: 17. April 2013, 14:26:48 »
Der Bayrische Rundfunk hat das Thema der "Vermaisung Bayerns", auch mit Bezug auf obige Studie nochmals problematisiert und einen 45-minütigen Film gedreht.

Inhaltsangabe:
Zitat
Für Millionen von Menschen weltweit, die auf Mais als Grundnahrungsmittel angewiesen sind, ist diese Entwicklung eine Katastrophe: Viele können den Mais nicht mehr bezahlen. Mais ist inzwischen in Bayern die Pflanze mit der größten Anbaufläche - über eine halbe Million Hektar. Und im Zuge der Energiewende soll diese Fläche in den kommenden Jahren auf eine Million Hektar verdoppelt werden, mit nicht absehbaren Folgen für die Umwelt. Lorenz Knauer hat sich auf eine spannende Reise kreuz und quer durch Bayern begeben und "Gewinner" wie auch "Verlierer" des Mais-Booms besucht: Vom Bauern, der alles auf die Biogasanlage gesetzt und sich dafür in Millionenhöhe verschuldet hat, über den Imker, der gegen die Mais-Monokulturen kämpft, weil seine Bienen unter den Pestiziden leiden, bis zu fränkischen Öko-Bauern, die eine Biogasanlage ganz ohne Mais betreiben - und das sehr erfolgreich.
http://www.phoenix.de/content/phoenix/tv_programm/energie_vom_feld_aus_mais_wird_bio_strom/673384

Video: Energie vom Feld - aus Mais wird Bio-Strom

Die "Vermaisung" geht einher mit Monokultur, hohem Pestizideinsatz (Maiszünsler), Vergiftung der Böden, Bodenerosion, Artenarmut etc.

Die Großanlagen müssen Mais zukaufen, durch den gestiegenen Preis rentieren diese sich immer weniger. Insolvenzen werden sich auch hier ausbreiten.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz