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Autor Thema: Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung  (Gelesen 8800 mal)

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Offline jan_pb

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« am: 09. Januar 2012, 11:31:06 »
Ich benötige dringend mal einen Rat im folgenden Sachverhalt.

ich habe in der Zeit von 2004 bis ende 2010 bei der Entega regelmäßig der Strompreiserhöhung widersprochen und monatlich den selbst errechneten Abschlag bezahlt.

Mitte 2010 hat Entega mit der Stromsperre gedroht. Woraufhin ich dies widersprach und auch beim Amtsgericht eine schutzschrift hinterlegt habe. Den Mitarbeiter der Entega habe ich den Zutritt zur Wohnung unterlassen.

Ende 2010 bin ich aus der Wohnung ausgezogen und habe den damaligen Vertrag gekündigt. Seitdem habe ich nichts mehr von Entega gehört.

Jetzt (Anfang 2012), bekam ich ein Schreiben von einer Anwaltskanzlei, woraufhin eine kostenfestsetzungsbeschluss vom Amtsgericht vom März 2011 sofort zu begleichen ist.

Die Kostenfestsetzung beruht auf das Urteil vom Amtsgericht vom März 2011, worin ohne mündliche Verhandlung der Partei Entega Recht gegeben wurde, und eine Stromsperre erlaubt wurde.

Ich habe bis zum Erhalt dieses Schreibens vor einigen Tagen weder von dem Urteil, noch vom Rechtsverfahren gehört oder gelesen. Ist das denn so möglich ? Hat die Schutzschrift nicht genau dies zu verhindern ?

Offline bolli

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« Antwort #1 am: 09. Januar 2012, 13:47:40 »
Zitat
Original von jan_pb
Die Kostenfestsetzung beruht auf das Urteil vom Amtsgericht vom März 2011, worin ohne mündliche Verhandlung der Partei Entega Recht gegeben wurde, und eine Stromsperre erlaubt wurde.

Ich habe bis zum Erhalt dieses Schreibens vor einigen Tagen weder von dem Urteil, noch vom Rechtsverfahren gehört oder gelesen. Ist das denn so möglich ? Hat die Schutzschrift nicht genau dies zu verhindern ?
Schauen Sie mal hier rein.
Falls tatsächlich so eine Entscheidung ergangen ist, sollten Sie sich schnellstens einen Rechtsbeistand besorgen und diesen die Lage beurteilen lassen.

Offline jan_pb

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« Antwort #2 am: 09. Januar 2012, 15:23:31 »
In wie fern besteht überhaupt noch die Aussicht gegen einen schon fast ein Jahr altes Urteil widerspruch einzulegen ?

Die anwaltliche Beratungskosten würden in dem Fall schon der Kostenfestsetzung vom Gericht übertreffen. Die Kostenfestsetzung / Urteil nur den Zugang zur Wohnung betrifft ja \"nur\" die Sperre. In wiefern würde sich die Zahlung des Beschlusses auf evtl. zukünftige Nachforderung des Versorgers bzgl. der nicht bezahlten Preiserhöhungen auswirken ? (nach dem Motto: \"wir haben jetzt Recht bekommen für die Sperre, also haben wir auch Recht was die Preiserhöungen angeht...\")

Offline ESG-Rebell

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« Antwort #3 am: 09. Januar 2012, 19:38:10 »
Schreiben des Amtsgerichts werden mit einfacher Post oder förmlich (in einem auffälligen gelben Umschlag) zugestellt. Beides wird aber letztlich nur in Ihren Briefkasten geworfen.

Wenn im März 2011 ein Urteil ergangen ist, dann ist diesem auch ein (schriftliches) Verfahren vorausgegangen. Davor wurde Ihnen die Eröffnung des Verfahrens mitgeteilt. Haben Sie darauf nicht reagiert, dann hatte das Gericht antragsgemäß für die Entega zu entscheiden.

Wenn Sie Ende 2010 ausgezogen sind, keinen Nachsendeantrag gestellt haben und/oder sich nicht rechtzeitig beim Einwohnermeldeamt umgemeldet haben und ihr Nachmieter Post für Sie einfach entsorgt hat, dann können Ihnen Mitteilungen des Amtsgerichts entgangen sein.

Auf jeden Fall können Sie beim zuständigen Amtsgericht anfragen, welche Entscheidungen Sie betreffend ergangen sind und Kopien oder Einsicht erbitten. Ob dies schriftlich geht oder ob Sie sich persönlich ausweisen müssen, weiß ich nicht.

Tatsache ist, dass Sie erst jetzt (bzw. konkret nach Auskunft des AG) von der Entscheidung erfahren haben bzw. werden und folglich auch erst jetzt Rechtsmittel einlegen können. Ob Sie sich erfolgreich auf die unterbliebenen Zustellungen der amtsgerichtlichen Mitteilungen berufen können, kann Ich Ihnen leider nicht verbindlich sagen.

Gruss,
ESG-Rebell.

P.S.:
Wer sich mit Firmen anlegt und gerichtliche Auseinandersetzungen in Kauf nimmt, sollte tunlichst sicherstellen, dass amtliche Schreiben empfangen und gelesen werden - auch während eines längeren Urlaubs!

Das dies offenbar nicht für jedermann selbstverständlich ist, zeigt ebendieses Beispiel.

Wenn Sie anwaltlich vertreten sind, kommuniziert das Amtsgericht ausschliesslich mit Ihrem Anwalt und dieser haftet für die Einhaltung aller Fristen.

Offline jan_pb

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« Antwort #4 am: 09. Januar 2012, 20:07:06 »
danke! Ja wahrscheinlich wird es an dem Nachsendeauftrag gelegen haben. Meine Frau sorgt normalerweise sich um die Post und sie ist eigentlich sehr gründlich und hätte so etwas nicht übersehen.

werde wohl erstmal die Kostenfestsetzung begleichen.

Offline bolli

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« Antwort #5 am: 11. Januar 2012, 07:37:26 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
Tatsache ist, dass Sie erst jetzt (bzw. konkret nach Auskunft des AG) von der Entscheidung erfahren haben bzw. werden und folglich auch erst jetzt Rechtsmittel einlegen können. Ob Sie sich erfolgreich auf die unterbliebenen Zustellungen der amtsgerichtlichen Mitteilungen berufen können, kann Ich Ihnen leider nicht verbindlich sagen.
Na ja, ganz so ist es verfahrenstechnisch wohl nicht. Zunächst einmal ist die Rechtsmittelfrist gegen das Urteil bzw. den Beschluss wohl abgelaufen. Man müsste also erst einmal eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen und diesen Antrag begründen. Sinnigerweise würde man natürlich IN das Verfahren zurückgehen (da einen die Schreiben zur Verfahrenseröffnung ja auch nicht erreicht haben) und nicht nur gegen das Urteil ein Rechtsmittel einlegen (wollen). Inwiefern bei bspw. einem unterlassenen Nachsendeantrag und/oder einer fehlerhaften Ummeldung beim Einwohnermeldeamt ein solcher Antrag Aussicht auf Erfolg hat, bliebe abzuwarten.

Offline RR-E-ft

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Kostenfestsetzungsbeschluss, Urteil ohne Verhandlung
« Antwort #6 am: 11. Januar 2012, 08:30:28 »
Man sollte sich wegen der zu Gebote stehenden Schritte und deren Erfolgsaussichten anwaltlich beraten lassen.

Es ist schon nicht ersichtlich, ob es sich bei der Kostengrundentscheidung ohne mündliche Verhandlung vom März 2011 um den Beschluss über den Erlass einer einstweiligen Verfügung oder aber um ein Endurteil in der Form eines Versäumnisurteils handelt und ob diese Entscheidung formal ordnungsgemäß zustande kam. Wenn eine Ladung zu einem Termin etwa nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, konnte wohl auch keine Säumnis im Termin vorgelegen haben, welche Voraussetzung für den Erlass eines Versäumnisurteils war. Auch ein Versäumnisurteil hätte ordnungsgemäß zugestellt werden müssen, um die Einspruchsfrist in Gang zu setzen §§ 338, 339 ZPO. Inhaltlich ist fraglich, ob zum Schluss einer mündlichen Verhandlung überhaupt noch ein Vertragsverhältnis bestand, auf welches sich der Klageanspruch ggf. stützte. Schließlich setzte auch der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses rechtliches Gehör über den Festsetzungsantrag voraus.


Zitat
Original von bolli
 Zunächst einmal ist die Rechtsmittelfrist gegen das Urteil bzw. den Beschluss wohl abgelaufen. Man müsste also erst einmal eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen und diesen Antrag begründen. Sinnigerweise würde man natürlich IN das Verfahren zurückgehen (da einen die Schreiben zur Verfahrenseröffnung ja auch nicht erreicht haben) und nicht nur gegen das Urteil ein Rechtsmittel einlegen (wollen). Inwiefern bei bspw. einem unterlassenen Nachsendeantrag und/oder einer fehlerhaften Ummeldung beim Einwohnermeldeamt ein solcher Antrag Aussicht auf Erfolg hat, bliebe abzuwarten.

Spookenkiekerei hilft nicht weiter.

Möglicherweise wurde wegen der Kostengrundentscheidung bisher keine Frist versäumt, weil eine solche gar nicht wirksam in Gang gesetzt war.
Möglicherweise kann man deshalb im Einspruchsverfahren noch eine Klageabweisung erreichen mit der Folge, dass dem Kläger die Kosten des Verfahrens (insgesamt) auferlegt werden.

 

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