Gaspreiserhöhung zum 01.10.11 um 0,7 Ct/ kWhDie Stadtwerke waren dadurch aufgefallen, dass sie nach einer
drastischen Gaspreiserhöhung zum 01.10.08 um ca. 1,5 Ct/ kWh die Gaspreise in 2009 nicht wie andere Versorger infolge der Gasschwemme und des Überangebots absenkten, sondern den Gaspreis bis zum 01.10.2010 stabil hielten, um ihn erst dann überaus spärlich abzusenken.
Gasspreiserhöhung zum 01.10.2008Die spärliche Preissenkung zum 01.10.10 wird durch die
Preiserhöhung zum 01.10.11 mehr als wettgemacht.
Seit 01.10.2008 entwickelten sich die Gaspreise der grundversorgten Kunden nach dem Willen der Stadtwerke wie folgt:
01.010.2008
Kochgaskunden mit 650 kWh/a Mehrkosten in Höhe von 15,60 EUR/ Jahr
Heizgaskunden mit 20.000 kWh/a Mehrkosten in Höhe von 312,00 EUR/ Jahr
Diese Mehrbelastung hielt trotz drastisch gesunkener Großhandelspreise in 2009 über das gesamte Jahr 2009 an, wurde auch zum 01.10.10 nicht wesentlich verringert.
01.10.2010
Kochgaskunden mit 650 kWh/a Kostenersparnis gegenüber 01.10.08 in Höhe von lediglich 3,00 EUR/ Jahr
Heizgaskunden mit 20.000 kWh/ a Kostenersparnis gegenüber 01.10.08 in Höhe von lediglich 90,00 EUR /Jahr
Während andere Gasversorger die Preise 2009/ 2010
mehrfach absenkten, die Gaspreise sich hiernach wieder auf dem Niveau von 2005 bewegten, fiel die verspätete Absenkung in Jena um um rund 0,45 Ct/ kWh überaus mager aus.
Es hätte wohl weit früher um mindestens 1,5 Ct/ kWh mit den Gaspreisen runter gehen müssen.
Statt dessen wird nun wieder oben aufgesattelt.
01.11.2011
Kochgaskunden mit 650 kWh/ a Kostenerhöhung gegenüber 01.10.10 in Höhe von 4,70 EUR/ Jahr
Heizgaskunden mit 20.000 kWh/ Jahr Kostenerhöhung gegenüber 01.10.10 in Höhe von 145,00 EUR/ Jahr.
Anders als andernorts waren die zwischenzeitlich gesunkenen Erdgasgroßhandelspreise infolge der Gasschwemme bei den Jenaer Gaskunden nicht angekommen.
Soweit die Stadtwerke die neuerliche Preiserhöhung mit gestiegenen Gasbezugskosten zu rechtfertigen suchen, lässt man wohl bewusst unter den Tisch fallen, dass 2009/2010 gesunkene Bezugskosten nicht mindestens nach gleichen Maßstäben an die betroffenen Kunden weitergegeben wurden.
Gegenüber Sommer 2008 verbleibt nach dem Willen der Jenaer Stadtwerke für die betroffenen Kunden eine deutliche Mehrbelastung:
Kochgaskunden mit Jahresverbrauch von 650 kWh/a in Höhe von 17,30 EUR/ Jahr
Heizgaskunden mit 20.000 kWh/a in Höhe von 367,00 EUR/ Jahr
Die Gaspreise sollen nach dem Willen der Jenaer Stadtwerke ab 01.10.11 um ca. 1,75 Ct/ kWh höher liegen als noch im Sommer 2008.
Mit der Ölpreisbindung lässt sich die Preisgestaltung er Jenaer Stadtwerke wohl nicht rechtfertigen.
Entwicklung der Heizölpreise 2008 - 2011Bei einer bestehenden Ölpreisbindung hätten die Gaspreise 2009/2010 gegenüber Sommer 2008 drastisch gesenkt werden müssen.
Mittlerweile ist fraglich, ob dem Grundversorger überhaupt ein Preisänderungsrecht zusteht (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).
Jedenfalls müssen dabei Kostensenkungen mindestens nach gleichen Maßtsäben an die betroffenen Kunden weitergegeben werden.
BGH, B. v. 18.05.11 VIII ZR 71/10 Rn. 10 f.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gasversorgungsunternehmen das ihm nach dem Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 oder 2 AVBGasV kraft Gesetzes zukommende und dort nach Anlass, Voraussetzungen und Umfang nicht präzisierte Recht zur Preisänderung nicht nach freiem Belieben ausüben; eine solche Preisänderung hat vielmehr gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen. Sie ist deshalb für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Zu diesem Zweck kann dieser die Preisänderung auch gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen lassen (BGH, Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 14 ff.; vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 26; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 26; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 19 f.).
b) Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).
Werden Kostensteigerungen früher und stärker weitergereicht als Kostensenkungen, ist dies jedenfalls alles andere als fair.