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Autor Thema: 10.000 Klagen \"einkalkuliert\" - An Erfolg vor dem EuGH glaubt Dr. Brinker nicht  (Gelesen 3032 mal)

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Offline janto

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Bisher konnte nur vermutet werden, dass nicht das Empfinden, im Recht zu sein, EWE davon zurückhält, allen Kunden die unberechtigten Gaspreiserhöhungen vollständig zurückzuzahlen, sondern dass es eine nüchterne Rechnung ist: 100% zurückzahlen würde über die Scherf-Zahlung von etwa 80 Mio. € hinaus weitere 120 Mio. € kosten. Klagen wird nur eine kleine Minderheit, also wird das deutlich billiger.

Jetzt hat Dr. Brinker sogar die Zahl der Kläger ausgeplaudert, die EWE einkalkuliert: 10.000.

Gerechterweise geht diese zynische Spekulation eines unredlichen Kaufmanns nicht auf: Mitte März lagen laut NWZ schon 4.000 Klagen vor und der Höhepunkt der Klagewelle wird allgemein erst für September erwartet. Das werden also deutlich mehr als 10.000.

Der Imageschaden wird auch bedeutend größer. Der war ja kaum einkalkuliert, weil EWE das mit Lokalfernsehen, Sponsor- und Glamourprojekten und mit Hilfe ergebener Lokalpolitiker zu überspielen gedachte. Die Rechnung geht schon gar nicht auf.

Jetzt hat EWE schon den Niedersächsischen Justizminister gegen sich aufgebracht, weil EWE die Justiz missbraucht und den Steuerzahler belastet. EWE macht sich also nicht nur bei 600.000 Gaskunden, sondern auch bei Millionen Niedersachsen unbeliebt.

Was für eine Marketing-Strategie!

Laut Ostfriesischen Nachrichten spielt Dr. Brinker sogar mit einem Bankrott des Unternehmens. Das sei eine von zwei Möglichkeiten vor dem EuGH. Entweder beanstandet der EuGH die intransparenten AGB der EWE für die letzten 40 Jahre - das wäre der Bankrott - oder der EuGH fordert nur für die Zukunft andere AGB.

Interessant an diesen beiden einzig erwogenen Szenarien ist, dass die Möglichkeit, EWE könnte mit ihren AGB vor dem EuGH oben bleiben, gar nicht mehr vorkommt. Das glaubt Dr. Brinker selbst nicht und auch das hat er jetzt einfach mal ausgeplaudert.

Den aufschlussreichen Artikel der Ostfriesischen Nachrichten findet man hier.

Janto Just
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Offline RR-E-ft

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Ich hätte Brinkers Stellungnahme für einen Ostfriesen- Witz gehalten.
Plappert der Doktor doch aus, dass die Gaswirtschaft die Rechtsprechung des BGH für das hält, was sie ist.  Wen interessieren denn die letzten 40 Jahre? Es geht um Rückforderungsansprüche in unverjährter Zeit, wobei die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt.

Ich meine mich zu errinnern, Dr. Brinker habe mal gesagt, das Gasgeschäft sei mit großen Risiken verbunden. Ruhrgas kann schließlich auch nicht jammern, dass denen allein diesjahr im Gashandel ein Verlust in Höhe von einer Milliarde Euro droht. Für Jammern hat der Markt kein Verständnis.

Offline jroettges

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Wer war eigentlich Präsident der Spitzenorganisation (VDEW, BDEW) in den Jahren, in denen sich die Gaswirtschaft die Rechtskonstruktion ausgedacht hat, die nun vermutlich beim EuGH scheitern wird?

Kann man sich vorstellen, dass dieser Präsident daran unbeteiligt war?

Aus diesem Grund hat sich die EWE, eben mit Dr. Brinker an der Spitze, ja auch so hartleibig und beratungsresistent gezeigt und tut es immer noch.

Diese Beratungsresistenz erstreckte sich auch auf die Hinweise, die Dr. Brinker über seine Mitarbeiter aus deren Gesprächen mit dem Preiswiderstand in den Jahren 2006 und 2007 erhalten haben muss. Alles was damals an vernünftigen Vorschlägen diskutiert, und sicher auch an den EWE-Vorstand herangetragen wurde, ist ohne Wirkung verhallt. Der Dialog wurde beendet und die EWE unterhielt sich mit den Protestkunden nur noch über diverse Anwaltskanzleien.

Auch die Versprechungen zu mehr Transparenz und Offenheit, die unmittelbar nach der Scherflein-Schlichtung in die EWE-Welt posaunt worden sind, sind immer noch nicht erfüllt.

Immerhin: Seit gestern gibt es vorsichtige Signale an die Protestgruppen.  :)

Offline RR-E-ft

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Bei Lichte betrachtet hatte die EWE erkannt, dass Gespräche mit einzelnen Protestgruppen nichts erbringen können, weil dies die gerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit der erfolgten Preisänderungen nicht verhindern kann. Ich hatte Dr. Brinker bereits im November 2004 persönlich von Angesicht zu Angesicht in Westerstede gesagt, dass den Gaspreisänderungen oftmals die rechtliche Grundlage fehlen wird, weil die meisten Kunden ja gar keine Tarifkunden sind. Unsinn entgegnete der. Dann bin ich wieder weggefahren.

 

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