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Autor Thema: Gasversorger schlägt Haken  (Gelesen 6708 mal)

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Offline Don_Quichote

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Gasversorger schlägt Haken
« am: 20. Mai 2010, 11:19:54 »
Hallo Gemeinde,
ich habe von meinem örtlichen Gasversorger letzten Herbst eine Nachforderung in irrelevanter Höhe von über 16.000 € erhalten.
Diese habe ich in einer extrem aufwendigen Recherche über 5 Jahre zurück und mehrere Abnehmestellen (Verbrauchsstellen, Zähler) geprüft.
Fazit war, das der Versorger trotz meiner jeweils seit 5 Jahren fristgerecht eingelegten Widersprüche gemäß Unbilligkeit, die \"Wunschsumme\" seines Unternehmens angesetzt hatte.
Bedingt durch den Umstand, das der Versorger mehrfach die Vertragskontonummern änderte, die Rechnungen für Laien nicht nachvollziehbar stellt, mehrfach versuchte \"Neue Verträge\" anzusetzen, war diese Recherche eine halbe Diplomarbeit für mich und umfasst 2 dicke Aktenordner.
Das Ergebnis meiner Recherche war: tatsächlich begründbarer Anspruch liegt bei 9500 € - der Rest ist durch die Widersprüche nicht einklagbar.

Ich habe also 6500 € sofort eingezahlt und den Bericht dem Versorger übergeben, mit der Bitte, den Rest (3000) in Raten zahlen zu können.

Jetzt bekomme ich erneut Post - aber der Versorger geht nicht nachvollziehbar auf meinen Bericht ein, sondern fordert statt der 3000 nun 5000 € als \"Restsumme\".
Da er nicht begründet wieso, sehe ich es nicht ein, wenngleich die Gesamtforderung ja nun schon erheblich reduziert ist.

Einerseits hat der Versorger erneut die Vertragskontonummern gewechselt, andererseits hantiert er mit \"Gutschriften\" (-aus den BGH - Konsequenzen).
Auch ein Anruf führte nicht wirklich weiter.
Mein Verdacht ist, der Versorger verwirrt mit Absicht um zur Aufgabe zu animieren.
Nehme ich nun einen Fachanwalt, wird der erstmal eine fette Rechnung schreiben, dann im besten Falle eine Zivilgerichtsverhandlung
riskieren und dort wird ein \"Gutachter\" für irrsinnige Summen ein Gutachten erstellen, der Richter überfordert und schließlich ein lausiger Vergleich entstehen + all die Rechtsanwaltskosten.
Summa sumarum:
Da komme ich billiger dem Energieversorger das Geld unwidersprochen in den Rachen zu stopfen.
Genau darauf scheint der Energieriese zu spekulieren.

Was also nun tun?
Die Verbraucherzentralen erweisen sich auch nur als Geldgräber mit wenig Fachwissen und Biss.

Soll ich dem Versorger die Summe über die 3.000 € (Rest), verweigern?
Sperrt er dann? Klagt er dann?
Vielleicht hat jemand im Forum Rat der hilft.
Der Staat ermuntert die Bürger zwar zum Protest, lässt sie aber letztlich in ihrem Kampf gegen das Energiemonopol im Stich.

Offline bolli

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #1 am: 20. Mai 2010, 13:29:57 »
Die erste Frage, die sich mal stellt ist, ob es sich um einen Sondervertrag handelt oder um die Grundversorgung. Sie schreiben zwar, dass Sie vor 5 Jahren wegen Unbilligkeit Widerspruch eingelegt haben, aber das haben wir am Anfang ja alle und erst im Laufe der Zeit hat sich rausgestellt, dass bei Sonderverträgen eben nicht die Unbilligkeit sondern die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel relevant ist (Transparenzgebot, § 307 BGB).

Bei einer Versorgung in der Grundversorgung und einem darauf gestützten Unbilligkeitseinwand gibt es zunächst einmal überhaupt keine fällige Forderung, weshalb man nicht beurteilen kann, was wohl angemesen sein könnte und was nicht. Klar ist aber auch, dass der Versorger nicht unbedingt auf Ihren Ratenzahlungswunsch eingehen muss. Schließlich hatten Sie ja lange genug das Geld gespart und es war ja auch immer empfohlen worden, dieses nicht auszugeben sondern beiseite zu legen.  ;)

Ob Sie im Falle der Grundversorgung nun auf das Angebot des Versorgers eingehen oder es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen ist eine Entscheidung, die Sie selbst treffen müssen. Aber es gilt wie immer im Leben der Spruch: Ohne Fleiss kein Preis ! Ohne Risiko ist es nicht und Sie sollten sich für den Fall eines Rechtsstreites gerade bei einem Billigkeitsprozess einen versierten Anwalt nehmen, da es auf viele Kleinigkeiten ankommt. Da ein Prozess wahrscheinlich (zumindest wenn der Gesamtbetrag eingeklagt würde) vor dem Landgericht stattfinden würde, brauchen Sie den eh, da dort Anwaltszwang herrscht. Achten Sie aber auf die Qualifikation!

Bei einem Sondervertrag sieht die Sache wohl etwas anders aus, da es hier zumindest eine \"Grundschuld\" gibt, nämlich MINDESTENS den Vertragspreis, der bei Abschluss des VBertrages galt. Ob möglicherweise sogar Preisanpassungen als vereinbart gelten, die bis zum erstmaligen Widerspruch (egal ob wegen Billigkeit oder Unwirksamer Preisanpssungsklausel) vollzogen wurden, wird der BGH vermutlich am 16.06.2010 entscheiden. Die Rechtsprechung der Obergerichte ist dort unterschiedlich.

Falls Sie keinen schriftlichen Vertrag vorliegen haben, müssen Sie versuchen anhand verschiedener Punkte heraus zu finden in welchem Vertragsverhältnis Sie sich befinden. Einige Hinweise finden sich u.a.
hier, aber auch an zahlreichen anderen Stellen im Forum.

Hinweise können ggf. Abrechnungen o.ä. geben. Sollte es diesbezüglich Unklarheiten geben, einfach nochmal melden.

Noch ein Hinweis: Da nicht klar ersichtlich ist, über welchen Zeitraum sich die Forderungen des versorgers erstrecken, sei noch der Hinweis gestattet, dass Forderungen, die älter als 3 Jahre sind, möglicherweise schon verjährt sind (§§ 195, 199 BGB). Da in der Regel das Jahresende maßgeblich ist, sind derzeit möglicherweise nur noch Forderungen ab der Jahresrechnung 2007 einforderbar (aber auch rückforderbar).  Ausnahmen müssen sich aus § 204 BGB ergeben..

Offline RR-E-ft

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #2 am: 20. Mai 2010, 13:30:45 »
Zitat
Original von Don_Quichote

Nehme ich nun einen Fachanwalt, wird der erstmal eine fette Rechnung schreiben, dann im besten Falle eine Zivilgerichtsverhandlung
riskieren und dort wird ein \"Gutachter\" für irrsinnige Summen ein Gutachten erstellen, der Richter überfordert und schließlich ein lausiger Vergleich entstehen + all die Rechtsanwaltskosten.
Summa sumarum:
Da komme ich billiger dem Energieversorger das Geld unwidersprochen in den Rachen zu stopfen.
Genau darauf scheint der Energieriese zu spekulieren.

Was also nun tun?
Die Verbraucherzentralen erweisen sich auch nur als Geldgräber mit wenig Fachwissen und Biss.

Soll ich dem Versorger die Summe über die 3.000 € (Rest), verweigern?
Sperrt er dann? Klagt er dann?
Vielleicht hat jemand im Forum Rat der hilft.

Welch groben Unfug man sich doch als Laie mit Hang zu Diplomarbeiten zuweilen zusammenreimen kann.  :D

Eine schriftlich anerkannte Forderung wird man sofort zu bezahlen haben.


Hätte man sich an einen spezialisierten Anwalt gewandt, hätte der wohl darauf hingewiesen, dass auch widerspruchslose Zahlungen bei einem Sondervertrag grundsätzlich nicht zu Neuvereinbarungen führen, so auch LG Bonn, Urt. v. 29.04.10 Az. 7 O 20/10, washalb immer noch die bei Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Preise gelten können und dass über diese Frage Entscheidungen des BGH am 16.06.10 erwartet werden.

Unter diesen Prämissen waren womöglich die selbst errechneten 9.500 EUR gar nicht geschuldet. Nicht vollkommen auszuschließen, dass sogar ein Rückforderungsanspruch bestanden hat, den man nun freilich aufgegeben hat.

Spart man sich die Kosten für eine Rechtsberatung dann kann man natürlich 9.500 EUR schriftlich anerkennen und schuldet diese dann allein aus dem Anerkenntnis heraus.

Ob der Versorger die anerkannte Forderung und darüber hinaus weitere strittige Beträge einklagt, lässt sich ohne Glaskugel schlecht beurteilen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass zumindest anerkannte Forderungen eingeklagt werden.

Ebenso ist der Versorger bei der Verletzung von Zahlungsverpflichtungen berechtigt, die Versorgungseinstellung anzudrohen und durchzusetzen. Es gilt das zuvor Gesagte.

Sparsam wie man ist, hat man  die Kosten der Briefmarke nicht gescheut, mit welcher wohl ein schriftliches Anerkenntnis über mindestens noch 3.000 EUR auf den Weg gebracht und deshalb erst selbst die Voraussetzungen für eine Androhung der Versorgungseinstellung geschaffen wurden. Durch ein Anerkenntnis erledigt sich zugleich die vielleicht zuvor möglich gewesene Verjährungseinrede.

Das ist an Cleverness kaum zu überbieten.  :rolleyes:
Glückwunsch soweit.

Die Erstberatungsgebühr eines Rechtsanwaltes für Verbraucher hält sich gem. § 34 RVG übrigends in Grenzen und kann zudem auf weitere Gebühren angerechnet werden, wenn es denn überhaupt zum gerichtlichen  Rechtsstreit gekommen wäre. Im Falle eines gerichtlichen Rechtstreits muss man sich auch nicht vergleichen, da die Möglichkeit des Anerkenntnisses besteht. Im Falle eines - in eingen Grenzen zulässigen - sofortigen Anerkenntnisses hat sogar der Kläger die gesamten Prozesskosten einschließlich der Anwaltskosten des Beklagten zu tragen. Man entscheidet auch selbst mit seinem Prozessverhalten darüber, ob es überhaupt zu einem gerichtlichen Sachverständigengutachten kommen kann.

All das und noch einiges mehr kann man erfahren, wenn man sich anwaltlich beraten lässt.

Man kann sich - wie hier ersichtlich - natürlich eine anwaltliche Beratung auch sparen und eigene Erfolge erzielen.

Auch gegenüber Verbraucherzentralen hat man selbst vielleicht mehr Fachwissen und Biss, zuweilen jedoch in den eigenen Hintern. :D

Offline Don_Quichote

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #3 am: 20. Mai 2010, 14:09:03 »
Ohne Zweifel hat da mein Kritiker Recht!
Das Problem ist aber dies, das man als Laie sich erst einmal mit der Sache auseinandersetzen muss und ich obendrein in einer anderen, sehr sehr umfangreichen Sache die demotivierende Erfahrung machen musste, von einem (meinem!) Anwalt  trotz hervorragender Ausgangslage komplett an die Wand gefahren worden zu sein, weil sich dieser als vollständig unfähig herausgestellt hatte, aber Unsummen von Kostennoten zu stellen verstand.

In einem späteren beruflichen zufälligen Zusammentreffens mit dem Anwalt der Gegenseite, bekundete DIESER mir noch im nachhinein sein Mitleid und Unverständnis über diese nicht erfolgte verantwortliche Betreuung durch meinen damaligen Anwalt.

Es ist also immer eine schwierige Kiste und ich bin halt geprägt, was sich - da stimme ich hier zu - in meinem jetzigen Falle als Hemmschuh heraus gestellt hat und nicht auf die ganze Anwaltschaft pauschal verstanden werden sollte.

Aber noch einmal zum Vorgang:
Ich habe meine Tiefenprüfung nach bestem Wissen und Gewissen gestellt, es ging mir nicht darum zu tricksen oder etwas vorzuenthalten, sondern einfach nur den tatsächlichen Anspruch zu ermitteln.
Dieser liegt nun einmal bei rd. 9000 € und ist zu zahlen.

Das wirkliche Problem indes ist, was mache ich mit der strittigen Differenz von 2 Tausend € an Nachforderungen?

Meine Recherche anerkennt in keiner Weise diesen Teil, somit ist dieser doch auch nicht \"verschenkt\"?
Bezüglich Raten bot die ENSO wohl Ratenzahlung an, nur besteht die Gefahr, das die das an die Anerkenntnis der 5000 knüpfen (also nicht nur an die offenen 3000) !
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Offline RR-E-ft

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #4 am: 20. Mai 2010, 14:18:38 »
Der Fehler setzt sich fort, wenn man sich nicht anwaltlich beraten lässt. Möglicherweise war bei der Tiefenprüfung nach bestem Wissen und Gewissen entgangen, dass in 2005 und 2006 fällige Forderungen jedenfalls bereits verjährt waren.

Offline Black

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #5 am: 20. Mai 2010, 15:23:27 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Hätte man sich an einen spezialisierten Anwalt gewandt, hätte der wohl darauf hingewiesen, dass auch widerspruchslose Zahlungen bei einem Sondervertrag grundsätzlich nicht zu Neuvereinbarungen führen, so auch LG Bonn, Urt. v. 29.04.10 Az. 7 O 20/10,

Andere Ansicht unter Anderem LG Lüneburg, 10.03.2010; 5 O 144/09
OLG Frankfurt/Main 05.05.2009; 11 U 61/07
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #6 am: 20. Mai 2010, 15:32:21 »
@Black

Gewiss werden dazu auch - selbst von Oberlandesgerichten - unterschiedliche Auffassungen vertreten, deshalb ja auch der Hinweis auf die am 16.06.10 erwarteten Entscheidungen des BGH.

Zitat
Original von RR-E-ft

Hätte man sich an einen spezialisierten Anwalt gewandt, hätte der wohl darauf hingewiesen, dass auch widerspruchslose Zahlungen bei einem Sondervertrag grundsätzlich nicht zu Neuvereinbarungen führen, so auch LG Bonn, Urt. v. 29.04.10 Az. 7 O 20/10, washalb immer noch die bei Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Preise gelten können und dass über diese Frage Entscheidungen des BGH am 16.06.10 erwartet werden.

Unter diesen Prämissen waren womöglich die selbst errechneten 9.500 EUR gar nicht geschuldet. Nicht vollkommen auszuschließen, dass sogar ein Rückforderungsanspruch bestanden hat, den man nun freilich aufgegeben hat.

Wäre der betroffene Kunde zu Ihnen gekommen und hätten Sie diesen anwaltlich beraten, hätten Sie ihn ganz gewiss auf die zu dieser Frage vertretenen divergierenden Auffassungen und die zu dieser Frage erwarteten Entscheidungen des BGH am 16.06.2010 hingewiesen bzw. hinweisen müssen.

Offline Black

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #7 am: 20. Mai 2010, 15:42:48 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Gewiss werden dazu auch - selbst von Oberlandesgerichten - unterschiedliche Auffassungen vertreten, deshalb ja auch der Hinweis auf die am 16.06.10 erwarteten Entscheidungen des BGH.

Die ist wohl verschoben worden.


Zitat
Original von RR-E-ftWäre der betroffene Kunde zu Ihnen gekommen und hätten Sie diesen anwaltlich beraten, hätten Sie ihn ganz gewiss auf die zu dieser Frage vertretenen divergierenden Auffassungen und die zu dieser Frage erwarteten Entscheidungen des BGH am 16.06.2010 hingewiesen bzw. hinweisen müssen.

Ich bezweifle, dass ich ein derartiges Mandat übernommen hätte.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

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Offline RR-E-ft

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #8 am: 20. Mai 2010, 15:48:51 »
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Gewiss werden dazu auch - selbst von Oberlandesgerichten - unterschiedliche Auffassungen vertreten, deshalb ja auch der Hinweis auf die am 16.06.10 erwarteten Entscheidungen des BGH.

Die ist wohl verschoben worden.


@Black

Ja da wissen die Prozessbevollmächtigten der EWE wohl  schneller Becheid als der Rest der Welt.

Ich bezweifle auch, dass Sie eine entsprechende Beratung geleistet hätten.
Da hätte wohl ein zu deutlicher Interessenkonflikt bestanden. Deshalb ja auch der Konjunktiv.

Wenn Sie ihn beraten hätten, hätten Sie ja auch auf die Rechtsprechung des AG HH-Blankenese vom 12.05.10 hingewiesen, so wie Sie auch Ihr eigenes Klientel darauf hinweisen.

Wer unter Verletzung des Abstraktionsprinzips behauptet, was bezahlt wird, sei allein durch die Zahlung auch geschuldet, der sollte wohl auch plakatieren \"Wer zahlt ist selber schuld.\"

Offline bolli

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #9 am: 21. Mai 2010, 11:04:10 »
Zitat
Original von Don_Quichote
Ich habe meine Tiefenprüfung nach bestem Wissen und Gewissen gestellt, es ging mir nicht darum zu tricksen oder etwas vorzuenthalten, sondern einfach nur den tatsächlichen Anspruch zu ermitteln.
Dieser liegt nun einmal bei rd. 9000 € und ist zu zahlen.

Das wirkliche Problem indes ist, was mache ich mit der strittigen Differenz von 2 Tausend € an Nachforderungen?

Meine Recherche anerkennt in keiner Weise diesen Teil, somit ist dieser doch auch nicht \"verschenkt\"?
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Lieber Don_Quichote,

was RR-E-ft meint ist, dass Sie ohne definitive rechtliche Prüfung Ihrer Vertragssituation doch gar nicht wissen, was der tatsächliche Anspruch Ihres Versorgers ist. SIE haben eine eigene Rechnung aufgestellt und Ihrem Versorger gemäß DIESER eigenen Berechnung Geld zukommen lassen. Ob das aber der tatsächlich geschuldete Betrag ist, steht möglicherweise noch gar nicht fest, zumal da ja noch einige Rechtsfragen offen sind.

Wenn Sie aber nun FREIWILLIG OHNE RECHTSGRUND solche Zahlungen leisten, erkennen Sie möglicherweise einen Anspruch, der bisher gar nicht bestand an, was wiederum Folgen für Ihr Vertragsverhältnis und die darauf basierenden Forderungen Ihres Versorgers haben könnte.

Inwieweit Ihr Versorger sich mit den von Ihnen geleisteten (möglicherweise freiwilligen) Zahlungen zufrieden gibt oder, weil Sie ja eh ein freundlicher Zeitgenosse sind, der mehr zahlt als er muss, sich bei Ihnen auch noch ein wenig mehr holen möchte, da Sie ihm ja förmlich den Ball zum Elfmeter auf den Punkt legen, werden Sie dann abwarten müssen.

Und inwieweit des weiteren ein Gericht in einem Verfahren Ihren (bzw. Ihres Anwalts) Ausführungen folgt, dass Sie doch möglicherweise schon freiwillig mehr gezahlt haben als Sie gemusst hätten und es damit bewenden lässt oder den Vorgang rein juristisch betrachtet und dann möglicherweise durch Ihr Handeln Rechtsfolgen herleitet, die SIE so nicht abgesehen haben, bleibt dann abzuwarten.

Aber wie schon mal gesagt, die ganze Materie ist kompliziert und nicht einfach zu handhaben. Man sollte hier nicht nach dem Motto \"geiz ist geil\" handeln sondern sich fachkundigen Beistand holen (wenn ich Ihren Vorbehalt unter Berücksichtigung Ihrer Vorgeschichte nachvollziehen kann). Schauen Sie mal hier (Anwaltsliste BdEV), ob da keiner in Ihrer Nähe dabei ist. Ansonsten mal ein wenig umhören, wer in Ihrer Nähe möglicherweise schon andere Mandate hat. Da brauchen sich die Anwälte oft nicht mehrfach in die bei dem Versorger allgemein vorhandenen Grundlagen einzuarbeiten.  Das könnte den Aufwand minimieren und ggf. die Erfolgsaussichten steigern, wenn es letztlich auch immer Einzelfälle sind, die für sich betrachtet werden (müssen). Aber mit der Erfahrung steigt oft auch der Erfolg.

Offline Black

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #10 am: 21. Mai 2010, 14:53:21 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Wer unter Verletzung des Abstraktionsprinzips behauptet, was bezahlt wird, sei allein durch die Zahlung auch geschuldet, der sollte wohl auch plakatieren \"Wer zahlt ist selber schuld.\"

1. gibt es mehrere entscheidungen, die sehr schön begründen, dass nicht in der Zahlung sondern im widerspruchslosen Weiterbezug von Energie die Neuvereinbarung zu sehen sei.

2. Was Sie als das Prinzip \"wer zahlt ist selber schuld\" proklamieren, hat der Gesetzgeber schon in § 814 BGB geregelt.

3. Auch von Verbraucheranwaltsseite wird gerne versucht, das Abstraktionsprinzip zu durchbrechen, wenn aus der späteren Verbrauchsabrechnung geschlussfolgert werden soll, welche Vertragsart denn vorher abgeschlossen worden ist.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Gasversorger schlägt Haken
« Antwort #11 am: 21. Mai 2010, 16:48:40 »
Ihre Zauberei erscheint bemerkenswert.  ;)

Für § 814 BGB müsste der Kunde doch bei der Zahlung grundsätzlich gewusst haben, dass die Preisänderungsklausel unwirksam ist, darauf gestützte Preisänderungen ebenso und dehalb die Zahlung (teilweise) auf eine Nichtschuld erfolgt. Ermüsste die Rechtslage gekannt haben.

Zitat
BGH, Urt. v. 20.05.05 VIII ZR 199/04 unter II. 3.

Dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin steht, anders als die Revision meint, die Vorschrift des § 814 BGB nicht entgegen. Die Rückforderung des zum Zwecke einer Verbindlichkeit Geleisteten ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Leistende im Zeitpunkt der Leistung positive Kenntnis von der Rechtslage hatte (st.Rspr.; BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381 unter II 4 a m.w.Nachw.). Das hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen. Soweit sie in der Revisionsbegründung auf ihr Vorbringen in den Tatsacheninstanzen verweist, daß die Mieter seit 1999 anwaltlich beraten gewesen seien, reicht dies zur Darlegung einer Kenntnis von der Nichtschuld nicht aus, weil die Beklagte nicht behauptet hat, daß sich die anwaltliche Beratung gerade auf die Unwirksamkeit der Mieterhöhungen bezogen hat.

Viel eher würde man wohl annehmen können, dass der Versorger bereits bei der Abrechnungserstellung Kenntnis davon hatte, dass er tatsächlich nicht geschuldete Beträge zur Abrechnung stellt und ggf. im Wege erteilter Einzugsermächtigung abbucht, was dessen Verhalten in die Nähe eines Betruges rücken lassen könnte.

 

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