Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Aggerenergie nimmt Klage zurück - die Musterprozess- Pleite vor dem LG Köln  (Gelesen 19616 mal)

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Offline RR-E-ft

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Es darf davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen in seinem Leistungsbesreich eine marktbherrschende Stellung hat, was bei einem Marktanteil von über einem Drittel auf dem örtlich und sachlich relevanten Markt vermutet wird [vgl. auch BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Rn. 19; BGH, B. v. 10.12.2008 -  KVR 2/08].

Ein solches marktbherrschende Unternehmen ist es wegen des kartellrechtlichen Diskrimnierungsverbots  gesetzlich verpflichtet, seine Kunden gleichzubehandeln. Haben einzelne Kunden Zahlungen zurückbekommen, müssen auch andere vergleichbare Kunden Geld zurückbekommen. Andernfalls werden sie gesetzwidrig diskriminiert. Man kann dies bei der Kartellbehörde anzeigen. Auch erscheint es möglich, einen eigenen Zahlungsanspruch hiernach nach den kartellrechtlichen Bestimmungen zu verfolgen.

Offline rori

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Hallo Forum,

ich bin selbst Kunde der Aggerenergie, sowohl gewerblich wie auch privat.

Ich habe auch die vom BGH beanstandelte Klausel in meinen Verträgen; Sofern man die Verjährung berücksichtigt (ob man das muss ist ja im Forum umstritten) ergibt sich bei mir für die Heizsaison 2007/2008 und 2008/2009 privat ein Anspruch von rund 600 €, gewerblich mehrere tausend Euro.

Natürlich - und da hat die Aggerenergie recht - ist sie (bisher) zu keiner Rückzahlung verurteilt worden. Das würde ich als Aggerenergie auch so sehen :)

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es zu einer gerichtlichen Klärung in dieser Sache kommen. Mir geht es jetzt darum, meine Ansprüche im Hinblick auf eine spätere gerichtliche Entscheidung zu sichern und nicht weiter verjähren zu lassen. Dies um so mehr, als dass sich eine entsprechende gerichtliche Entscheidung lange hinziehen kann und die Aggerenergie zum 01.04.2009 \"wasserdichte\" Preisanpassungsklauseln formulieren wird.

Ich habe hierzu folgendes Schreiben aufgesetzt:

\"Sehr geehrte Damen und Herren,  

ich nehme Bezug auf das Urteil des BGH zur Unwirksamkeit von Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen über die Lieferung von Gas.  

Die vom BGH beanstandete und unwirksame Preisänderungsklausel ist Teil der vertraglichen Vereinbarung über die Lieferung von Gas zwischen der AggerEnergie und mir.  

Ich gehe davon aus dass – unter der Berücksichtigung der Verjährung – sämtliche Erhöhungen der Arbeitspreise seit einschließlich dem 01.01.2006 unwirksam sind.

Hilfsweise widerspreche ich den auf der Basis der unwirksamen Preisanpassungsklausel erfolgten Erhöhungen der Arbeitspreise, soweit eine Verjährung noch nicht eingetreten ist.  

Vor diesem Hintergrund ergeben sich auf der Basis der von Ihnen errechneten Verbrauchsdaten folgende Forderungen:\"  (Tabelle)


Ist das so ok?


Gruß

Ronald

Offline userD0009

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@rori

Mir erschließt sich der Sinn eines solchen Schreibens nicht.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt immer mit dem Schluss des Jahres, in dem

1. der Anspruch entstanden ist und

2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
§ 199 Abs. 1 BGB

D.h. sollte es auf eine Verjährung ankommen, dann ist das nächste relevante Datum in aller Regel der 31.12.2009.

Wenn Sie selbst davon ausgehen, dass es zu einer gerichtlichen Klärung kommen wird, so sollte für die Anspruchsgeltendmachung ein(e) Rechtsanwalt/Rechtsanwältin beauftragt werden.

Diesem Rechtsbeistand sollte man dann auch die komplette Korrespondenz überlassen.

Ihr Schreiben könnte nämlich auch ein \"Schuss in den Ofen\" sein, was aber ohne genau Sachverhaltsprüfung nicht beantwortet werden kann.

Bei den im Raum stehenden Geldbeträgen kann ich nur noch mal nahe legen, einen mit der Materie vertrauten Rechtsbeistand zu beauftragen.
(Eine Erkältung behandelt man vlt. noch ohne Arztbesuch, aber für eine Operation an inneren Organen beauftragt man besser einen Facharzt.)

Grüße
belkin

Offline WattWurm

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@rori
Gehören Sie auch zu den Kunden, die Anfang Juni die Jahresabrechnung der AE erhalten? Dann nämlich verjährt Ihre Forderung für den Abrechnungszeitraum Mai 2005 bis April 2006 = Rechnungsstellung Juni 2006 wohl erst mit Ablauf des 31.12.2009 (falls die ganz normale dreijährige Verjährungstheorie greift - was hier oder auch hier im Forum kontrovers diskutiert wird). Alle folgenden Abrechnungsperioden verjähren dementsprechend später. Nutzen Sie die Zeit, sich zu informieren und Ihre Schritte genau zu prüfen bzw. besser prüfen zu lassen.
\"Die Wahrheit ist ein dreischneidiges Schwert: Meine Meinung, Deine Meinung und das was wirklich passierte.\" (Quelle unbekannt)

Offline Gasgeisel

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Wenn hier darüber diskutiert wird, ob sich Rückzahlungsforderungen von Kunden der AE verjähren (ob, und nach welchen Fristen auch immer), so stellt sich für mich die Frage, ob dies auch im Hinblick auf strittige, unter Verweis auf Billigkeit, nur in Teilen gezahlte Versorgerrechnungen gilt ?

Offline eislud

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@Gasgeisel
Guckst Du hier: Unbilligkeitseinrede und Fälligkeit
Zur Verjährung im Rahmen der Billigkeit siehe insbesondere ab Textstelle \"Grundsätzlich gilt:\".

Offline RR-E-ft

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Wenn dem Versorger im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB zustand, er dieses Leistungsbestimmungsrecht durch unwiderrufliche Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB wirksam ausgeübt hatte und die Leistungsbestimmung darüber hinaus gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Billigkeit entsprach und die Entgelte zudem gegenüber dem Kunden abgerechnet wurden, kann die Abrechnung (bzw. die in ihr verkörperte Forderung) unter Beachtung des § 27 I AVBV von Anfang an fällig gewesen sein.

Ein derart fälliger Zahlungsanspruch des EVU unterliegt selbst der regelmäßigen Verjährung, kann also verjähren/ verjährt sein.

Offline Gasgeisel

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Vielen Dank für die Antworten,

aber wie siehts denn dann mit, aus strittigen Preisanpassungsklauseln, resultierenden Forderungen seitens der Versorger aus. Wird die Klausel gerichtlich für unzulässig erklärt, ist die Forderung für den preiserhöhten Betrag natürlich ebenfalls hinfällig. Aber wie sieht es aus, wenn noch nicht gerichtlich über die versorgereigene Preisanpassungsklausel entschieden ist, oder vielleicht nie entschieden wird ?

Würden dann zum Beispiel bei einem Kunden der nach einer Preiserhöhung die preiserhöhten Mehrbeiträge einbehalten hat, diese Forderungen des Versorgers die älter als 3 Jahre sind, verjähren?

oder

bei einem Kunden der nach einer Preiserhöhung die preiserhöhten Mehrbeiträge bezahlt hat, die Rückzahlforderungen des Kunden, die älter als 3 Jahre sind verjähren?

Besteht seitens des Versorgers/Kunden daher ein besonder zeitlicher Druck die Zahlung/Rückzahlung über eine gerichtliche Entscheidung zu forcieren ?

Ich denke diese Frage dürfte die Meisten interessieren. Ich kann mit dem Zahlungsrückstand auf meiner Seite nähmlich gut leben und bezahle gerne die Preisbasis von 2005 weiter.

Offline Black

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Zitat
Original von Gasgeisel
Würden dann zum Beispiel bei einem Kunden der nach einer Preiserhöhung die preiserhöhten Mehrbeiträge einbehalten hat, diese Forderungen des Versorgers die älter als 3 Jahre sind, verjähren?

Ja.


Zitat
Original von Gasgeisel
oder bei einem Kunden der nach einer Preiserhöhung die preiserhöhten Mehrbeiträge bezahlt hat, die Rückzahlforderungen des Kunden, die älter als 3 Jahre sind verjähren?

Streitig

Verjährung von Rückforderungsansprüchen der Sondervertragskunden - Zeit der Gegenrechnungen

aber nach meiner Ansicht auch hier: Ja.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Ansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährung. Dies betrifft Ansprüche des EVU gegen den Kunden ebenso wie Rückzahlungsansprüche des Kunden gegen das EVU.

Bei Rückforderungsansprüchen der Kunden, die aufgrund unwirksamer Vertragsklauseln teilweise über Jahre hinweg auf eine Nichtschuld Überzahlungen leisteten, ist lediglich strittig, wann die maßgebliche Kenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände, die für den Beginn des Verjährungslaufs maßgeblich sein kann, vorlag. Zudem ist fraglich, wer die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kenntnis dieser anspruchsbegründenden Umstände, von denen der Beginn des Laufs der regelmäßigen Verjährung abhängt, trägt.

Offline flora

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Aggerenergie nimmt Klage zurück - die Musterprozess- Pleite vor dem LG Köln
« Antwort #25 am: 17. November 2009, 09:04:26 »
woher kann man diese nachrichten bekommen??

 

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