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Autor Thema: BGH: Verhältnis § 315 BGB zum Kartellrecht  (Gelesen 3223 mal)

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BGH: Verhältnis § 315 BGB zum Kartellrecht
« am: 08. Juli 2005, 22:42:49 »
Wie unsinnig die Argumentation der Gasversorger ist, wonach kartellrechtliche Bestimmungen die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle von Monpolpreisen ausschließt, ergibt sich aus der neueren BGH- Rechtsprechung, vgl. folgendes BGH- Urteil in den Entscheidungsgründen unter II. 2. d. bb) (2) (b):


http://www.rws-verlag.de/bgh-free/volltex3/vo76246.htm

Dort heißt es:


(a) Ein Unternehmen, das ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist und diese Stellung dazu ausnutzt, Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden, verstößt gegen das Verbot der mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB). Ein solches Verhalten kann nach § 32 GWB von der Kartellbehörde untersagt werden und nach § 33 GWB Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Sollte die Beklagte für den Anschluß an ihr Kabelnetz oder für dessen Nutzung von den Mietern der Klägerin mißbräuchlich überhöhte Entgelte fordern, so haben die Mieter - unbeschadet der Frage, ob ihnen insoweit Ansprüche gegen den Vermieter zustehen - die Möglichkeit, entweder die Beklagte unmittelbar auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen (Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 33 GWB Rdnr. 23) oder die Kartellbehörde einzuschalten. Damit ist in kartellrechtlicher Hinsicht der Schutz der Mieter vor einem Ausbeutungsmißbrauch gewährleistet.

(b) Daneben besteht für die Mieter die Möglichkeit, die faktisch von der Beklagten einseitig bestimmten Entgelte entsprechend §§ 315, 316 BGB gerichtlich darauf überprüfen zu lassen, ob sie der Billigkeit entsprechen, und sie, sofern dies nicht der Fall ist, durch Urteil festsetzen zu lassen.


In einem Urteil vom 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 (NJW 2003, 1449 f.) führt der BGH unter II 2. aus:


Die Grenzen des allgemeinen kartellrechtlichen Mißbrauchs- und Diskrimnierungsverbots fallen nicht mit den Grenzen der Billigkeitsentscheidung nach § 315 BGB zusammen.


Der BGH nimmt dabei Bezug auf die weiteren Ausführungen im Urteil vom 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 (NJW-RR 1992, 183), dort unter III 2 d.





Demnach wird die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle durch das Kartellrecht gerade nicht ausgeschlossen, auch nicht nach der 6. GWB- Novelle 1999.

Vielmehr gilt die Feststellung aus dem BGH- Urteil vom 05.02.2003, NJW 2003, S. 1449 ff., wonach zivilrechtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, das kartellrechtliche Diskrimnierungsverbot und das kartellrechtliche Verbot eines Preishöhenmissbrauchs vollkommen unterschiedliche Anwendungsbereiche und Prüfungsmaßstäbe haben und zudem gleichberechtigt nebeneinander zur Anwendung kommen.


Die Argumentation der Versorger ist deshalb offensichtlich falsch und im Widerspruch zur langjährigen, gefestigten BGH- Rechtsprechung stehend.

Auf das BGH- Urteil unter o. g. Link sowie auf das Urteil NJW 2003, 1449 f. sollten die Versorger deshalb hingewiesen werden, wie auch auf das neuere Urteil der Berliner Kammergerichts (Berliner OLG).




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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