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Autor Thema: OLG Bamberg = Kein Cent für Stadtwerke Würzburg  (Gelesen 9151 mal)

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Offline nomos

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OLG Bamberg = Kein Cent für Stadtwerke Würzburg
« am: 11. Mai 2009, 20:06:30 »
Swap-Prozess

Das Oberlandesgericht Bamberg entschied, dass die Zinswetten, die der städtische Konzern mit der Deutschen Bank geschlossen hatte, nicht sittenwidrig sind und dass die WVV keinen Schadensersatz bekommt.

Zitat
Dann attestiert der Richter der WVV „grobe Verstöße gegen die eigenen Obliegenheiten“. Als da wären: „Bewusste Einlassung auf hochriskante Geschäfte“, „wiederholte Umgehung der Wirtschaftsprüfer“, „bewusste Missachtung des kommunalen Spekulationsverbots“ , „unzureichende Berücksichtigung der Hinweise der Deutschen Bank“ und schließlich „Defizite in den Kontroll- und Aufsichtsgremien“. Eine Berufung zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, was Christian Duwe, der Anwalt der Bank, zufrieden lächelnd zur Kenntnis nahm.
    hier weiterlesen

    Klare richterliche Ansprache!  :]

    Öffentlich rechtliches Monopoly, Spekulationsgeschäfte und Steuersparmodelle und die kommunale Daseinsvorsorge?

    siehe auch hier:
    Daseinsvorsorge - Wasserpreis und Cross-Border-Leasing
    PS: Zeit zur Rückbesinnung  - Kommunalwahlen - ein Anfang?

    WELT:

    Zitat
    Die Stadtwerke hätten sich bewusst auf die riskanten Geschäfte eingelassen, hieß es im Urteil. Der Leiter des Finanzmanagements der WVV habe als Diplom-Betriebswirt für Finanzwissenschaften sogar selbst Fortbildungsveranstaltungen bei der Deutschen Bank gehalten. Bei einem derart geschäftserfahrenen Anleger habe kein erhöhter Aufklärungsbedarf seitens der Bank bestanden. Zudem habe die Bank bereits bei der ersten Präsentation der Papiere auf das unbegrenzte Risiko für den Anleger hingewiesen, falls sich die Differenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Zinsen negativ entwickle. Im Gegensatz zum Landgericht Würzburg sah das Berufungsgericht auch keine Verpflichtung der Deutschen Bank, den Kunden darauf hinzuweisen, dass die Zinsswapgeschäfte gegen das Spekulationsverbot kommunaler Körperschaften verstoße. Den Stadtwerken und ihren Aufsichtsgremien bescheinigte der Zivilsenat dagegen ernstzunehmende Verletzungen ihrer Pflichten.
    Sicher unentgeltlich uneigennützig und ganz im Sinne der kommunalen Verpflichtung:
    Der Leiter des Finanzmanagements der WVV habe als Diplom-Betriebswirt für Finanzwissenschaften sogar selbst Fortbildungsveranstaltungen bei der Deutschen Bank gehalten  X(

    Konsequenzen?!

    Das Oberlandesgericht hat den Weg für eine Revision vor dem BGH versperrt. Die einzige Möglichkeit für das Würzburger Unternehmen wäre nun, eine Zulassungsbeschwerde einzureichen. Diee WVV  wird sich laut Meldung in den nächsten Tagen entscheiden.

    Wie sieht es mit Regress und Konsequenzen gegenüber den Verantwortlichen aus. Mit den getätigten Geschäften wurden doch eindeutig Pflichten verletzt? Kein einziges Wort dazu![/list]

    Offline Pedro

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    OLG Bamberg = Kein Cent für Stadtwerke Würzburg
    « Antwort #1 am: 11. Mai 2009, 21:28:41 »
    Auszug aus Main - Post:
    Zitat
    Die WVV hat offenbar schon mit dem Sparen begonnen. Kein WVV-Vertreter, nicht einmal ein Anwalt, war nach Bamberg gereist.

    Und den \'\'Rest\'\' zahlen die Kunden der Würzburger Versorgungs-Verkehrs-GmbH und natürlich allgemein die Steuerzahler über die geminderte Gewinnermittlung,  wer denn sonst.

    Offline Lothar Gutsche

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    OLG Bamberg = Kein Cent für Stadtwerke Würzburg
    « Antwort #2 am: 15. August 2010, 15:21:34 »
    Nach Berichten der Würzburger Main-Post vom 6. und 7. August 2010 hat die Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) gegen ihre früheren Geschäftsführer am Landgericht Würzburg Schadenersatzklage eingereicht. Im Jahr 2006 hatten die Würzburger Kommunalunternehmen, die Stadtwerk Würzburg AG und die Heizkraftwerk Würzburg GmbH, durch Spekulationsgeschäfte mit Zinsderivaten rund 4,1 Millionen Euro verloren. Die umfangreichen Main-Post-Artikel lassen sich unter http://www.mainpost.de/lokales/franken/WVV-will-Ex-Geschaeftsfuehrer-verklagen;art1727,5680278 und http://www.mainpost.de/lokales/wuerzburg/Landgericht-prueft-WVV-Klage;art735,5681751 online abrufen.

    Was in den Zeitungsberichten fehlt, habe ich in mehreren Online-Kommentaren ergänzt. Denn zu den Verursachern des Spekulationsschadens gehören nach einer Analyse des Urteils 4 U 92/08  am OLG Bamberg vom 11.5.2009 auch die heutigen WVV-Geschäftsführer Prof. Dr. Norbert Menke und Thomas Schäfer.  Denn sie haben durch die Restrukturierung der Swap-Geschäfte am 24.2.2006 den Schaden erheblich vergrößert, vgl. Abschnitt V b) der Urteilsgründe unter http://www.betriebs-berater.de/nachrichten/pages/show.php?timer=1249938640&deph=0&id=65499 bzw. juris-Randnummer 242.

    Der Schadenersatzprozess der Würzburger Kommunalunternehmen gegen die Deutsche Bank war von Anfang mit einem hohen Prozesskostenrisiko verbunden, da die Beweis- und Darlegungslast den Kommunalunternehmen oblag. Bei einem Prozess gegen die früheren Geschäftsführer hätte sich die Beweislast nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG zu Gunsten der Kommunalunternehmen umgekehrt.

    Schließlich zeigt das Urteil des OLG  Bamberg, dass das Risikomanagement der WVV äußerst mangelhaft war und darüber hinaus eine regelrechte Spekulationsabsicht bestand. Bei Vorsatz zahlt natürlich keine Managementversicherung: die Verantwortlichen haben den Schaden absichtlich begangen und müssen ihn deshalb selbst tragen.

    Viele Grüße
    Lothar Gutsche
    Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

    Offline Lothar Gutsche

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    OLG Bamberg = Kein Cent für Stadtwerke Würzburg
    « Antwort #3 am: 05. Dezember 2011, 21:28:53 »
    Nach einem Bericht der Würzburger Main-Post vom 2.12.2011 zahlt die Deutsche Bank den Würzburger Kommunalunternehmen Stadtwerke Würzburg AG und Heizkraftwerk Würzburg GmbH jetzt insgesamt 2,1 Millionen Euro. Darauf habe man sich habe man sich in einem schriftlichen Vergleich am 19. November 2011 geeinigt, allerdings ohne eine Schuld anzuerkennen, siehe Details in dem Artikel \"Swapgeschäfte: Geld für Würzburg\" unter http://www.mainpost.de/regional/bayern/Swapgeschaefte-Geld-fuer-Wuerzburg;art16683,6482705.

    Damit ist der Fall aber noch nicht zu Ende, weil laut dem Zeitungsbericht am Landgericht Würzburg immer noch um 800.000 Euro Schadenersatz gestritten wird, den die früheren Vorstände und Aufsichtsräte an die beiden Würzburger Kommunalunternehmern aus dem WVV-Konzern zahlen sollen. Nachdem der Vergleich schon nichtöffentlich war und es im Dunkeln bleibt, warum die Deutsche Bank tatsächlich einen derart hohen Betrag gezahlt hat, bleibt zu hoffen, dass der Zivilprozess nicht auch durch einen Vergleich mit der Managementversicherung endet, sondern vor einem ordentlichen Gericht in einem transparenten öffentlichen Prozess entschieden wird. Denn nach den Erkenntnissen aus dem Zivilprozess gegen die Deutsche Bank am OLG Bamberg unter Aktenzeichen 4 U 92/08 prägten Vorsatz und gravierende Pflichtverletzungen das Handeln der Stadtwerke und des Heizkraftwerks.

    Viele Grüße
    Lothar Gutsche
    Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

     

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