@Wolfram Heinz
Es ist schon befremdlich, dass ein EVU einen Gutachter bestellen will, um die Billigkeit der Preiserhöhung nachzuweisen.
Immerhin haben ja wohl die eigenen Kaufleute im Haus die Preise kalkuliert und wissen also genau, ob die eigenen Margen in der Vergangenheit zu Lasten der Kunden erhöht wurden oder nicht.
Wegen der Preiserhöhungen der Vorlieferanten durften sich jedoch die eigenen Margen des Versorgers nicht erhöhen.
Wenn lediglich die Preisentwicklung der Vorlieferantenpreise immer entsprechend an die Kunden weiter gegeben wurde, was die Versorger immer behaupten, konnten sich die eigenen Margen zwischenzeitlich wohl nicht erhöhen. Das läßt sich durchaus überprüfen.
Die Betrachtung darf dabei jedoch nicht erst im September 2004 beginnen, sondern der Anfangszeitpunkt einer entsprechenden Betrachtung ist zumindest auf April 2003 zurückzuverlegen, um ein zutreffendes Bild zu gewinnen.
Bei einem Gutachten ist es wie auch sonst im Leben:
Wer die Musik bestellt, muss dafür bezahlen.
Sie haben in diesem Sinne jedenfalls keine Musik bestellt.
Entsprechende Kosten können selbstredend nicht auf die Verbraucher umgelegt werden. Es handelt sich um allein um einen weiteren Einschüchterungsversuch.
Sie sollten deshalb den entsprechenden Schriftverkehr dringend der zuständigen Kartellbehörde in Abschrift zur Kenntnis bringen.
Bei einem entsprechenden Gutachten kann es sich nur um ein Privatgutachten handeln, man könnte es auch Gefälligkeitsgutachten nennen.
Lassen Sie sich ein solches Gutachten gern vorweisen, jedoch ohne Geld dafür zu zahlen. Ihr Versorger wird es ja wohl nicht für den \"Giftschrank\" produzieren lassen.
Andernfalls wäre die mit erheblichen Kosten verbundene Beauftragung des Gutachters mit der Verpflichtung zur preiswürdigen Versorgung mit leitungsgebundener Energie gem. § 1 EnWG vollkommen unvereinbar.
Sehen Sie sich dabei genau an, wer das Gutachten erstellt hat. WIBERA ist bereits bekannt, deren Muttergesellschaft ist die PwC. Vergleichen Sie dabei auch mit den Geschäftsberichten Ihres Versorgers, wer dessen Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre testiert hat.
Ein Gericht würde, wenn man es soweit kommen lassen wollte - man hat das Verfahren durch ein mögliches Anerkenntnis selbst in der Hand - selbst einen unabhängigen Sachverständigen zum Gutachter bestellen.
Ein Privatgutachten hat also mit einem gerichtlich angeordneten Gutachten schon nichts gemein und kann ein solches somit auch nicht ersetzen. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger könnte zudem erst tätig werden, nachdem der Versorger vor Gericht seine Kalkulationsgrundlagen offen gelegt hat.
Das Gericht kann nämlich dem von diesem bestellten Gutachter nur die Prozessakten mit dem Auftrag der Erstellung eines Sachverständigengutachtens übersenden.
Worüber sollte ein gerichtlich bestellter Sachverständiger also befinden, wenn gar keine Kalkulationsgrundlagen offen gelegt werden?
Wenn mit der Klageschrift Kalkulationsgrundlagen offen gelegt werden, hat der beklagte Kunde ab Klagezustellung für die Verteidigungsanzeige bei Gericht zwei Wochen Zeit.
In diesen zwei Wochen sollte es möglich sein, die entsprechenden Unterlagen schnellstmöglich zum Beispiel dem Bund der Energieverbraucher per Fax zukommen zu lassen, um eine erste Plausibilitätsprüfung der offen gelegten Zahlen durchzuführen.
Deshalb gilt wie immer: Bange machen zählt nicht.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt