Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung  (Gelesen 7041 mal)

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Offline Cremer

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Hallo


Die Bürgerinitiative für faire Energiepreise (BIFEP) stellt fest, dass einem Kunden der Stadtwerke Kreuznach nach einer strittigen Jahresverbrauchsrechnung 2004 mit einer Nachzahlung in Höhe von ca. 730 € die Gasversorgung in einer \"Nacht und Nebelaktion\" am Abend des 3.5.05 gesperrt wurde. Der Kunde stand abends unter der Dusche und das Wassser wurde plötzlich kalt. Wie die Stadtwerke zu diesem Zeitpunkt ins Haus kamen, ist nicht geklärt.

Er hatte mehrfachen Schriftverkehr in dieser Angelegenheit, zumal er die Abschläge in 2005 regelmäßig zahlt. Stand noch die versprochene Rückzahlung einer Kaution in Höhe von 180 € aus 2003 noch offen.

Den Strom konnten die Stadtwerke nicht sperren, da er bei Yello Strom ist.

Zunächst wollte er am 3.5.05 frühmorgens einen Widerspruchsbrief bei den Stadtwerken abgeben und sich den Empfang bestätigen lassen. Die Stadtwerke Kreuznach verweigerte ihm die schriftliche Bestätigung der Annahme des Briefes !!!

Eine am 3.5.05 anschließende Schutzschrifthinterlegung ging leider schief, da die Stadtwerke ca. 30 Minuten vor ihm für eine entsprechende Schutzschrifthinterlegung auf dem Amtsgericht waren.
Er erfuhr, dass die Stadtwerke Kreuznach auf dem Amtsgericht nicht den gesamten Schriftverkehr vorgelegt hatten, sonst wäre ggf. eine andere Entscheidung getroffen worden. Er legte den gesamten Schriftverkehr dem Amtsgericht vor, danach muss jetzt ein Richter entscheiden.

Schlußfolgerung: Eine Schutzschrift sollte so frühzeitig wie möglich hinterlegt werden.

Hallo Herr Fricke, ist dies möglich bevor überhaupt eine Sperrandrohung erfolgt ist bzw. eventuell erwartet wird?
MFG
Gerd Cremer
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Offline Wagner/Steinmann

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #1 am: 05. Mai 2005, 10:29:10 »
An alle Mitstreiter,
Es muß alles getan werden um diesem Mitstreiter zu helfen.
Gefragt sind jetzt besonders unsere Experten.

Auch sollte alles geprüft werden um den Versorger evtl. wegen
Gesetzesbrüche zu verklagen usw.
Herr Fricke, schreiten Sie ein.

Gruß der Rebell aus Kaiserslautern

Offline Cremer

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #2 am: 05. Mai 2005, 12:20:45 »
Hallo Wagner/Steinemann

Schönen Dank für die Unterstützung.

Der Fall ist natürlich verzwickt, da der Kunde für 2004 keinen Widerspruch gemäß § 315 eingelegt hatte. Dies tat er erst mit Musterbrief Mitte Januar auf die Gaspreiserhöhung ab dem 1.1.2005.
Er hat nur Widerspruch gemäß § 30 AVBGasV eingelegt.
Insofern ist es teilweise \"Altlast\". Da er aber die Abschläge für 2005 entrichtet hat, erscheint mir die Angemessenheit der Sperre durch die Stadtwerke Kreuznach fraglich, zumal diese sich nicht bei ihm fernmündlich oder persönlich gemeldet haben. Der Kunde vertraut auf die Aussage der Stadtwerke, dsass seine geleistete Kaution aus 2003 in 2004 angerechnet wird, was aber nicht der Fall ist.

Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass die Versorger sehr wohl das Instrument \"Schutzschrift\" kennen und es für sich auch in Anspruch nehmen. Deshalb meine Frage an H. Fricke, wann kann man frühestens eine Schutzschrift beantragen? Jetzt sofort für eine eventuelle Streitigkeit im kommenden Herbst oder Winter?

Eine andere Frage ist natürlich der rechtliche Zugang zu einem Zähler in dem Haus der auf dem Flur/Keller installiert ist. Die Stadtwerke brauchen ja nur bei jemand anderem im Haus klingeln und schon sind sie drin.

Der Kunde ist morgen am Freitag erneut auf dem Amtsgericht und will den weiteren Ablauf klären. Vielleicht wäre da auch ein Tipp von H. Fricke in diese Richtung hilfreich.

Was macht die Initiative in Kaiserslautern?
MFG
Gerd Cremer
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Offline Georgjosefm

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #3 am: 05. Mai 2005, 13:18:33 »
Habe die neuen Einträge zu meinem Fall gelesen.
Morgen werde ich wie gesagt wieder zum Gericht gehen
und werde auch die bis jetzt gefällten Urteile dem zuständigen
Richter vorlegen bzw. die Angaben der Aktenzeichen.Ich habe mir
dann noch einmal das Einspruchschreiben angeschaut und dort steht
,,...entsprechend Abrechnung vom 31.12.2004\" also ist ja wohl der
Einspruch auch für das Jahr 2004. Laut Angabe der Verbraucherschutz-
zentrale RLP wurden im Jahr 2005 nur von zwei Versorgern die Preise
erhöht ( hier in RLP) Auf jeden Fall werde ich bei der Staatsanwaltschaft
Anzeige erstatten denn ich lasse mich bestimmt nicht erpressen und schon
garnicht nötigen

Georgjosefm

Offline RR-E-ft

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #4 am: 06. Mai 2005, 13:02:06 »
Es stellt sich die Frage, warum man ggf. die Frist zwischen Sperrandrohung und frühestmöglicher Versorgungseinstellung ungenutzt verstreichen lassen hat.

Es gilt:

Rechnungen können erst nach der Einrede der Unbilligkeit gekürzt werden!

Bis zur Einrede sind die Forderungen vorläufig voll wirksam und können deshalb auch zu einer Versorgungseinstellung berechtigen.

Wenn der betroffene Kunde zu Allgemeinen Tarifen versorgt wird, jetzt noch Unbilligkeit nicht nur gegen Preiserhöhungen, sondern auch gegen die Tarife selbst erheben. Dies ist nach dem BGH Urteil vom 30.04.2003 (NJW 2003, 3131 ff.) selbst noch im Rahmen einer Zahlungsklage des Versorgers möglich, kann also nicht verwirkt sein.

Dann kann nach der Rechtsprechung nichts fällig sein wegen der Unverbindlichkeit gem. § 315 Abs. 3 BGB. Die Voraussetzungen für eine Versorgungseinstellung liegen dann nicht (mehr) vor.

Eine Schutzschrift - die nicht etwa beantragt werden muss-  hinterlegt man bei Gericht, wenn man selbst mit einem Antrag des Versorgers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung besorgt. Ziel einer Schutzschrift ist es, dass das Gericht über den Antrag des Versorgers nicht ohne mündliche Verhandlung entscheidet.


Eine Schutzschrift wird also nicht erwirkt, sondern nur bei Gericht hinterlegt.

Dort wird sie von keinem gelesen, sondern erst hervorgeholt, falls die besorgte einstweilige Verfügung, gegen deren Erlass sie sich richtet, bei Gericht beantragt wird. Sie soll praktisch vorsorglich Gehör verschaffen.

Eine einstweilige Verfügung des Versorgers besorgt der Verbraucher, wenn der Versorger die Versorgungseinstellung angedroht hat (schriftlich, 14 Tage Frist § 33 Abs. 2 AVBV) und der Versorger nicht ohne gerichtliche Hilfe eine Versorgungseinstellung bewerkstelligen kann, weil man ihm Hausverbot erteilt hat.

Hilft ein Hausverbot nicht, um eine Versorgungseinstellung zu verhindern, muss man selbst eine einstweilige Verfügung beantragen.

Das Spiel läuft wie bei "Hase und Igel".

Natürlich steht auch dem Versorger die Möglichkeit offen, eine Schutzschrift zu hinterlegen, um zu verhindern, dass über den Antrag eines Kunden auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.

Wenn ein Kunde ein einstweilige Verfügung auf Unterlassen der Versorgungssperre erwirkt, darf er nicht vergessen, dass diese erst durch Zustellung beim Versorger wirksam wird!!!

Das haben selbst schon Rechtsanwälte übersehen.

Sie muss deshalb mit einem Gerichtsvollzieher dem Versorger zugestellt werden!

Es reicht also nicht allein aus, dass das Gericht im Sinne des Kunden entschieden hat.

Eine Schutzschrift hinterlegt man dann, wenn man wie oben ausgeführt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Versorger akut besorgt.

Deshalb ist eine solche Schutzschrift untunlich, so lange man noch keine Sperrandrohung erhalten hat. Hiernach hat man ja noch 14 Tage Frist bis zur Versorgungseinstellung, um tätig zu werden.

Der Versorger kann eine einstweilige Verfügung auf Zutritt und Duldung der Versorgungseinstellung regelmäßig erst beantragen, wenn hinreichend sicher ist, dass ihm der Kunde den Zutritt verweigert und er deshalb die Versorgungseinstellung nicht wie von ihm beabsichtigt durchführen kann.

Sollte der Versorger eine einstweilige Verfügung gegen den Kunden erwirkt haben, kann man hiergegen noch Widerspruch einlegen und die Aussetzung der Vollziehung beantragen.

Eine einstweilige Verfügung muss innerhalb eines Monats vollzogen werden, verliert hiernach ihre Wirkung.

Deshalb sollte auch eine Schutzschrift nach einem Monat ggf. erneuert werden.

Eine Schutzschrift für eine Maßnahme, die man im Herbst erwartet, ist also unsinnig.

Nochmals:

Keine Strafanzeige stellen, sondern den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis bringen, damit diese von Amts wegen prüfen kann, ob etwa strafbares Verhalten vorliegt.

Mit einer Strafanzeige kann man sich ggf. selbst strafbar machen. Das hat mit den Fußangeln des Strafrechts zu tun, die hier nicht umfassend erörtert werden können.

In jedem Falle:

Energieaufsichtsbehörde  einschalten, Medien kontaktieren, Solidarität organisieren.  

Immer auf den Seiten aktuell informieren über die neuesten Entscheidungen, hier Amtsgericht Marienberg vom 03.03.2005  und Amtsgericht Bad Kissingen vom 29.04.2005.

Hinweisen auf die Debatte im Landtag von RLP:


Argumente: Parlamentsdokumente zu den Energiepreisen



Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Georgjosefm

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #5 am: 06. Mai 2005, 13:40:07 »
Hallo Forum

Heute morgen war ich beim AG Bad Kreuznach und habe dort nach dem
Stand der Dinge angefragt. Dort habe ich auch meinen kompletten Schriftverkehr (was die Stadtwerke nicht gemacht haben) vorgelegt,
u.a. auch das Urteil vom AG Marienberg. Trotz das ich auch geschildert habe das meine Versorgung schon am 03.05.05 eingestellt wurde und auch betont habe was wäre wenn ich diese angebliche Schuld am 03.05.05
bei meiner Bank überwiesen hätte wurde der Termin auf den 12.05.05, 10:00 h festgelegt. Gut das ich mit Strom von einem anderen Versorger beliefert werde. Ich bin nicht großartig rechtskundig aber man stellt sich doch die Frage wie es sein kann das in einem Rechtsstaat so etwas passieren kann. Das Motto hier in Bad Kreuznach scheint so zu sein:
Wir sind das Momopol und wer dagegen aufbegehrt wird mundtot gemacht!

Gruß Georg-Josef Hofmann

Offline Cremer

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #6 am: 06. Mai 2005, 13:51:13 »
@ georgjosefm,

bringen Sie Ihren Sachverhalt auch der Verbraucherzentrale, Referent Herr Weinreuter, mit Schreiben zur Kenntnis.

Adresse:
Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V.
z.Hd. Herrn Weinreuter
Gymnasiumstr. 4

55116 Mainz

Bitte Ihren weiteren Sachverhalt zunächst nur auf meine private E-mailadresse zwecks Absprache, was veröffentlicht werden soll. Die Stadtwerke lesen hier mit !!
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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gerd@cremer-kreuznach.de

Offline RR-E-ft

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Stadtwerke Kreuznach sperrt Widerspruchler die Gasversorgung
« Antwort #7 am: 06. Mai 2005, 13:55:02 »
@Georgjosefm

Mich verwundert, dass ein Verhandlungstermin bestimmt wurde.

Nach den bisherigen Informationen gibt es bisher  von keiner Seite einen Antrag, über den allein ein Gericht zu entscheiden hätte.

Schutzschriften sind eben keine Anträge sondern lediglich vorsorgliche Widersprüche gegen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Ein Prozess wird erst dann anhängig, wenn eine Seite einen Antrag stellt!

Das Gericht ist an die Anträge gebunden und darf nicht über diese hinaus entscheiden, § 308 ZPO.

Eine Schutzschrift allein bringt gar nichts.

Diese kann nur verhindern, dass über einen Antrag des Versorgers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht ohne mdl. Verhandlung entschieden wird.

Wenn schon gesperrt ist, braucht der Versorger nicht erst noch eine einstweilige Verfügung.

Vielmehr ist es dann am Kunden, seinerseits eine einstweilige Verfügung zu erwirken und da kann ihm natürlich der Versorger mit einer eigenen Schutzschrift zuvor kommen, so dass über einen solchen Antrag des Kunden auch nur in einer mündlichen Verhandlung entschieden werden kann.

Wichtig ist aber, dass der Kunde dabei überhaupt etwas bei Gericht beantragt.

Ohne Antrag hat das Gericht nichts zu entscheiden.

Merke: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Denn über eine hinterlegte Schutzschrift als solche  wird niemals entschieden !!!!  


Da die Versorgung bereits eingestellt ist, müssten demnach Sie einen Antrag stellen, wonach die Stadtwerke verpflichtet werden, die Versorgung bei Meidung von Ordnungsmitteln unverzüglich wieder aufzunehmen.

Wenden Sie unbedingt sofort die Unbilligkeit gegen den Gesamttarif ein!

Orientieren Sie sich an den Beschlüssen AG Marienberg und AG Bad Kissingen sowie Heilbronner Gaspreisurteil.

Schalten Sie ggf. einen Anwalt ein, der sich hier informieren soll.




Hier geht die Geschichte weiter:


http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=1007


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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