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Autor Thema: Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...  (Gelesen 3462 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« am: 19. November 2008, 14:42:57 »
Natürlich nicht, wird jetzt jeder Jurist entgegnen.
Nach §xx StGB wird man dafür bestraft und nach §xx ZPO wird man darüber vor der Aussage belehrt.

Alles schön und gut.

Was aber ist, wenn es - wie hier - um wirklich viel Geld geht und der Zeuge unter halbwegs realitätsnahen Annahmen davon ausgehen muss, dass seine strafbare Lüge niemals aufgedeckt werden kann, weil nur diejenigen seine Lüge beweisen könnte, die ihn selbst dazu angestiftet haben.

Konkret:
Ein Gasversorger und dessen Vorlieferant, beide vom selben Energiekonzern, können doch jederzeit einen Liefervertrag aus dem Hut zaubern und dessen Inhalt von den eigenen Mitarbeitern bezeugen lassen. Ob dieser Vertrag oder ein anderer im streitgegenständlichen Zeitraum jemals zur Anwendung gekommen sind, kann ein Außenstehender doch gar nicht beurteilen, geschweige denn beweisen. Dazu bedürfte es schon der fortgeschrittenen Wirtschaftsspionage.

Oder geraten wir hier an die grundsätzlichen Grenzen unserer Zivilprozeßordnung?

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Black

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #1 am: 19. November 2008, 14:50:56 »
Wenn Sie eine \"Verschwörung\" der Beteiligten befürchten, könnten Sie ebensogut Angst haben der Richter sei bestochen oder sämtliche vorgelegten Unterlagen seien gut gemachte Fälschungen.

Würden Sie für Ihren Chef, ihre Firma als Mitarbeiter eine Straftat begehen?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline bjo

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #2 am: 19. November 2008, 15:00:30 »
Zitat
Original von Black
Würden Sie für Ihren Chef, ihre Firma als Mitarbeiter eine Straftat begehen?

das ist das was den Mitstreitern helfen kann.

- man kann nur das bewerten was man vorgelegt bekommt d. h.
als Beklagter das Nachsehen zu haben ist hier größer

Mit Zeugenaussagen sieht das anders aus
- wird er geschickt gefragt macht er sich strafbar!?

Einen Schriftsatz den ider Versorger bei faßt allen Prozessen verwenden kann, kann man in Ruhe erstellen.
Eine Zeugenbefragen hingegen ist jeweils anders. Da muß der Befragte schon vorsichtig sein.

Offline Wusel

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #3 am: 19. November 2008, 15:01:05 »
Oh, ich kann mir so eine \"Verschwörung\" sehr gut vorstellen.
Zumindest dann, wenn (wie bei uns) der Vorlieferant am örtlichen Versorger beteiligt ist!

Offline ESG-Rebell

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« Antwort #4 am: 19. November 2008, 15:38:51 »
Zitat
Würden Sie für Ihren Chef, ihre Firma als Mitarbeiter eine Straftat begehen?
Wenn die \"Zitterprämie\" hoch genug ist und das Risiko kalkulierbar erscheint ...

Hinter allem und jedem eine groß angelegte Verschwörung zu vermuten, ist natürlich weltfremd.

Um hier mal wirklich konkret zu werden:
Herr Pierre Lederer, Vorstandsmitglied der EnBW AG (2005) kontrollierte laut Geschäftsberichten der EnBW sowohl die EnBW Gas GmbH als auch die GVS.

Wenn eine dieser beiden Firmen irgend etwas getan hätte, was den Interessen der EnBW AG zuwiderliefe, dann konnte diese Person direkt davon erfahren und ggf. eingreifen. Das gilt insbesondere für geschäftliche Aktivitäten, die das Konzernergebnis hätten schmälern können.

Dazu bedurfte es keiner besonderen kriminellen Energie oder einer subversiven Verschwörung. Ein formloser Telefonanruf oder ein kurzes Gespräch bei einem Besuch konnte genügen.

Ich behaupte hier ausdrücklich nicht, dass sich Herr Lederer so verhalten oder irgendwie strafbar gemacht hat. Dafür fehlen mir jegliche Beweise.

Es geht hier um Milliarden.
Gelegenheit macht Diebe - und Verschwörer, wenn sie so wollen.
Unter den o.g. Bedingungen ist diese Möglichkeit einfach zu nahe liegend - sorry.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Black

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #5 am: 19. November 2008, 16:03:30 »
Dann sollte wohl der Zeugenbeweis in jedem Zivilprozess verboten werden, denn wo immer es um Geld geht, besteht doch die Gefahr, dass ein Zeuge lügt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline ESG-Rebell

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #6 am: 19. November 2008, 16:08:41 »
Zitat
Original von Black
Dann sollte wohl der Zeugenbeweis in jedem Zivilprozess verboten werden, denn wo immer es um Geld geht, besteht doch die Gefahr, dass ein Zeuge lügt.
Das der Zeugenbeweis problematisch ist, wenn der Zeuge und eine Prozesspartei ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse haben, werden Sie wohl nicht dementieren, oder?

Meine Frau könnte schliesslich auch als Zeugin - wahrheitswidrig - aussagen, ich hätte einen bestimmten Schaden nicht verursacht, den ich nun begleichen soll. Diese Zeugenaussage wäre genauso problematisch, da wir eine \"Bedarfsgemeinschaft\" bilden, wie man es heute nennt.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline ben100

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #7 am: 19. November 2008, 16:13:06 »
Du spielst ja auf das heutige BGH Urteil an.

Ich frage mich immer noch, warum kann die EU die Tarife in den Handysparten diktieren, bei Gas aber nichts machen?

Offline Black

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #8 am: 19. November 2008, 16:15:54 »
@ EGS-Rebell

Sicher.

Ihre Frau könnte auch mit Waffengewalt den Gegner zwingen ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben, wobei der Gegner dann ein Problem hätte diese Bedrohnung im Prozess zu beweisen.

Der böse Energieversorger könnte auch die Jungs von \"Russland Inkasso*\" anheuern und das Geld \"außergerichtlich ohne lästige Billigkeitskontrolle von Ihnen eintreiben. Es geht ja schließlich um Milliarden...

Sie sehen, wenn man sich erst einmal auf derartige Räuberpistolen gedanklich einläßt ist vieles theoretisch\"denkbar\". Aber derartige unbelegte Vermutungen führen doch nirgendwohin....



* Ähnlichkeiten mit realen seriösen Inkassounternehmen nicht beabsichtigt
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline ESG-Rebell

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Darf man als Zeuge vor Gericht lügen ? ...
« Antwort #9 am: 19. November 2008, 16:57:50 »
Zitat
Original von Black
Sie sehen, wenn man sich erst einmal auf derartige Räuberpistolen gedanklich einläßt ist vieles theoretisch\"denkbar\". Aber derartige unbelegte Vermutungen führen doch nirgendwohin....
Da haben Sie Recht. Letztlich bleibt es dem Gericht überlassen, wie es diesen Zeugenbeweis würdigt.

Um nochmal \"einen Gang runterzuschalten\":

Bis in den kriminellen Bereich müssen Versorger den Bogen garnicht überspannen. Es genügt schon, Tatsachen, die der Kunde nicht kennt und daher dazu nicht vortragen kann, nicht zu nennen oder Fragen nur \"halb-wahr\" zu beantworten.

Vielleicht bekommen die Mitarbeiter der EnBW Gas GmbH und der GVS von der EnBW AG jedes Jahr einen freiwilligen kleinen Erfolgsbonus. Dann müssen diese garnicht ausdrücklich zu \"konzern-vorteilhaftem\" Verhalten aufgefordert werden. Es ist gar kein subversives Verhalten notwendig.

Oder die Frage an den Prokuristen der EnBW Gas GmbH: \"Haben Sie sich ernsthaft um einen anderen Vorlieferanten als der GVS bemüht\" kann dieser getrost mit \"Ja\" beantworten, wenn er dazu 10 Minuten im Internet recherchiert hat. Was ernsthaft ist, liegt im Auge des Betrachters. Da wird der Kunde schon bei jedem Detail nachbohren müssen bis zum dorthinaus.

Schliesslich können die Konzerne natürlich - falls sie das bisher versäumt haben - die Lieferverträge aufräumen lassen.
Diese können ja im Konsens beider Parteien jederzeit geändert werden. Daher würde ich im EnBW Vorstand dafür sorgen, dass die EnBW Gas GmbH keine müden Cent Gewinn mehr macht und alles bei der GVS landet. Und natürlich würde ich die schon im Beitrag vom 30.07.2007 geschilderte Preispumpe installieren. Das lohnt sich dann richtig. Damit wären die Verträge zwischen der EnBW Gas GmbH und deren Kunden dann juristisch säurefest.

Ach - ich bin ja so clever ;)

Seid froh, dass ich nicht zur anderen Seite gehöre - Ich hätte Euch schon vor Jahren eingetütet  =)

Gruss,
ESG-Rebell.

 

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