Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: 07010714 am 10. Juni 2008, 09:45:54

Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: 07010714 am 10. Juni 2008, 09:45:54
Schönen guten Morgen!
Mich würde grundsätzlich mal interessieren wie die Widersprüchler langfristig mit den angekündigten, rasant steigenden Gaspreisen im Hinblick auf evtl. Anpassungen der Abschlagszahlungen umgehen. Sollte man bei der Berechnung der Abschlagszahlungen nicht zwischendurch mal anpassen? Oder zahlt ihr weiterhin den Preis von 2004? Wäre schon interessant zu hören, wie da die Entwicklung so ist.
Grüße aus dem Norden
Andrea
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 12:11:23
Wenn man das Recht des Versorgers zur einseitigen Preisänderung bestreitet und hilfsweise die einseitig neu festgesetzten Entgelte insgesamt als unbillig rügt, macht es keinen Sinn, bei gleichbleibendem Jahresverbrauch die Abschläge zu erhöhen. Bei sinkendem Jahresverbrauch muss man die Abschläge sogar absenken, um keinen Nachteil zu erleiden.



Zum wiederholten Male wird die Frage aufgeworfen, wie wohl zu kürzen sei.

Bei Sondervertragskunden gilt der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis, an den beide Vertragspartner gleichermaßen gebunden sind. Ob einseitige Preisänderungen überhaupt zulässig sind, richtet sich danach, ob im Vertrag eine wirksame Preisänderungsklausel vorhanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).

Wer also bestreitet, dass der Vertrag ein wirksames Preisänderungsrecht des Versorgers beinhaltet, wird daran festzuhalten haben.

Bei Tarifkunden/ in der Grundversorgung belieferte Kunden  besteht hingegen ein gesetzlich eingeräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers hinsichtlich der Entgelthöhen gem. § 4 AVBGasV/ AVBEltV, welches die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB zur Folge hat.

Die zur Abrechnung gestellten und geforderten Entgelte werden bei Vertragsabschluss nicht feststehend vereinbart, sondern sind zu jeder Zeit das Ergebnis entsprechender Ermessensausübungen des Versorgers, die Entgelte zu erhöhen, herabzusetzen oder aber stabil zu halten.

Diese Entscheidungen kann der Tarifkunde, der nicht über die notwendigen Informationen hinsichtlich der Preiskalkulation verfügt, weder nachvollziehen, noch selbst kontrollieren.

Ausdrücklich hat der Kartellsenat des BGH (aaO.) ausgeführt, dass dabei bereits aus dem Gesetz auch eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung besteht, wenn dies für den Kunden günstig ist. Dies kann auch eine Absenkung unter die bei Vertragsabschluss geltende Entgelthöhe bedeuten. Mithin gibt es auch keinen \"vereinbarten Preissockel\".

Die vom Versorger aufgrund des gesetzlich eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts einseitig festgesetzten Entgelte sind für den Tarifkunden von Anfang an verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Aber auch nur dann. Entsprechen sie nicht der Billigkeit, sind sie für den Kunden nicht verbindlich. In diesem Fall entsteht ein fälliger Zahlungsanspruch erst mit der Rechtskraft eines Gestaltungsurteils, nachdem ein Gericht - auf Antrag des Versorgers - eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB getroffen hat (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 = NJW 2005, 2919, 2920).  

Den Versorger trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Tarife.

Die Zahlung auf ein unbillig festgesetztes Entgelt führt zu keiner Einigung auf dieses.

Die Willenserklärung, mit der die Tarife einseitig festgesetzt werden, sind gerade die einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB und kein annahmefähiger Antrag gem. § 145 BGB.

Ohne Antrag des Versorgers kommt keine, auch keine konkludente Annahme gem. § 151 BGB durch den Kunden in Betracht.

Die Zahlung auf ein unbillig einseitig festgesetztes Entgelt begründet vielmehr einen sofort fälligen Rückzahlungsanspruch des Kunden gem. § 812 BGB, der seinerseits der regelmäßigen Verjährung unterliegt (vgl. OLG Jena, ZNER 2008, 82; BGH NJW 2003, 1449).

Die Engelte müssen dabei insgsamt als unbillig gerügt werden. Einen vereinbarten oder akzeptierten Preis gibt es dabei grundsätzlich nicht, weil es immer darauf ankommt, ob die einseitige Entgeltbestimmung insgesamt der Billigkeit entspricht (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06)

Die künstliche Aufspaltung der einheitlichen Preisvereinbarung in einen vereinbarten Anfangspreis und einseitig festgesetzte Folgepreise führt zu willkürlichen Zufallsergebnissen. Der Kartellsenat des BGH hat dabei nochmals herausgesetellt, dass das bei Vertragsabschluss bereits bekannte Entgelt das Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsrechts ist, welches dem zur Leistungsbestimmung Berechtigten auch nach Vertragsabschluss zusteht und deshalb ebenso der Billigkeitskontrolle unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 10 und BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06).

Dies gilt bei Entgeltfestsetzungen in Form Allgemeiner Tarife, zu denen jederman - unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses  - die Leistung beanspruchen kann und der Anbieter die Leistung zur Verfügung stellen muss.

Die einseitig festgesetzten Entgelte sind also für den Kunden bei bestehendem (vertraglich vereinbartem oder gesetzlich eingeräumten) einseitigen Leistungsbestimmungsrecht (insgesamt) nur dann verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Sie sind insbesondere nicht teilweise verbindlich, weil dies die klare Regelung in § 315 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf den Kopf stellen würde.

Die Kunden, bei denen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers besteht, sollten deshalb die jeweils einseitig festgesetzten Entgelte jeweils insgesamt als unbillig rügen und die bisher gezahlten Entgelthöhen auch nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung leisten.

Auch bei diesen  gekürzten Zahlungen kann es sich infolge unbilliger Entgeltfestsetzung um Zahlungen auf eine (derzeitige) Nichtschuld handeln, die deshalb gem. § 812 BGB sofort zurückverlangt werden können (vgl. OLG Jena, aaO.).

Das Kostenrisiko eines Zahlungsprozesses des Versorgers  liegt bei nur geringen Kürzungen bezogen auf den Streitgegenstand der Zahlungsklage unverhältnismäßig höher. So ist eine offene Restforderung von nur 1 EUR mit dem Kostenrisiko bei über 270 EUR verbunden. Um so größer der streitige Betrag ist, um so günstiger fällt hingegen dieses Verhältnis aus.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: ESG-Rebell am 10. Juni 2008, 12:58:43
Zitat
Original von RR-E-ft
Zum wiederholten Male wird die Frage aufgeworfen, wie wohl zu kürzen sei.
....
@RR-E-ft
Nein - soweit ich es überblicken kann, haben Sie nichts Wesentliches vergessen ;)

Sie schaffen es mit immer weniger Text, den Sachverhalt vollständig zusammenzufassen.

Übung macht halt den Meister ;)

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 16:08:16
Zitat

Bei Tarifkunden/ in der Grundversorgung belieferte Kunden  besteht hingegen ein gesetzlich eingeräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers hinsichtlich der Entgelthöhen gem. § 4 AVBGasV/ AVBEltV, welches die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB zur Folge hat.

Warum nehmen Sie noch immer auf die AVBGasV/AVBEltV bezug, wo doch bereits seit 2006 die GasGVV/StromGVV gilt? Eine Anpassung nach § 115 EnWG müßte doch mittlerweile für sämtliche Altverträge erfolgt sein.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 16:20:02
@Black

Auch in GasGVV und StromGVV sind einseitige Leistungsbestimmungsrechte enthalten.

Diese gelten grundsätzlich nur für Kunden, die tatsächlich innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 36 bzw. § 38 EnWG beliefert werden. Die Belieferung erfolgt dabei zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen, die der Grundversorger festlegt und zu denen er jeden Kunden, der einen gesetzlichen Anspruch darauf hat, beliefern muss.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 16:22:23
Eben, warum reden Sie dann nicht von § 5 Abs. 3 Strom/GasGVV statt dem veralteten § 4 AVB...
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 16:30:29
@Black

Ich rede ja nicht, ich schreibe.  ;) Undzwar unter Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 16:39:27
Zitat
Original von RR-E-ft

Die Zahlung auf ein unbillig festgesetztes Entgelt führt zu keiner Einigung auf dieses.

(...)

Die Zahlung auf ein unbillig einseitig festgesetztes Entgelt begründet vielmehr einen sofort fälligen Rückzahlungsanspruch des Kunden gem. § 812 BGB, der seinerseits der regelmäßigen Verjährung unterliegt (vgl. OLG Jena, ZNER 2008, 82; BGH NJW 2003, 1449).

In der BGH Entscheidung VIII ZR 36/06 steht aber etwas anderes:

\"Kommt zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Kunden - ob ausdrücklich oder konkludent gemäß § 2 Abs. 2 AVBGasV durch Entnahme von Gas aus einem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens - ein Gaslieferungsvertrag zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen zustande, so ist der von dem Kunden zu zahlende Preis durch den zuvor von dem Gasversorgungsunter-nehmen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG 1998 veröffentlichten Tarif eindeutig bestimmt und als solcher mit dem Abschluss des Vertrags zwischen den Parteien vereinbart

Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versor-gungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor ein-seitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb im Rahmen einer weiteren Preiserhöhung nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden.\"
S.19 der Entscheidung

Bedeutet, wer eine Preisanpassung nicht angreift, kann sich später nicht auf § 315 BGB berufen.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 16:45:40
@Black

Der achte Zivilsenat hat in mündlicher Verhandlung am 28.05.2008 - VIII ZR 138/07 - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei seiner Entscheidung VIII ZR 36/06 um noch keine gefestigte Rechtsprechung handelt und er durchaus Veranlassung sieht, diese nochmals zu überdenken.Die Entscheidung VIII ZR 36/06 hat für erhebliche Verwunderung gesorgt, als sich sehr viele der darin getroffenen Annahmen weder mit der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH noch mit den Grundsätzen des Allgemeinen Schuldrechts, namentlich die Grundsätze zur Rechtsgeschäftslehre (Stichwort Einigung gem. §§ 145 ff. BGB einerseits und § 315 BGB andererseits) vereinbaren lässt. Der Kartellsenat des BGH ist zutreffend  der Auffassung, dass sich aus § 4 AVBGasV auch eine Verpflichtung des Versorgers zur Preissenkung ergibt, wenn diese für den Kunden günstig ist, also auch unter das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Entgelt. Wie man dabei ohne Verstoß gegen Denkgesetze von einer Einigung auf einen vereinbarten Preissockel o. ä.  ausgehen könnte, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Eine Willenserklärung ist entweder eine Erklärung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, die von Anfang an Geltung beansprucht, wenn sie der Billigkeit entspricht oder eben ein Antrag gem. § 145 BGB, der nur dann Geltung beansprucht, wenn er vom anderen Vertragsteil innerhalb einer Annahmefrist gem. §  147 BGB angenommen wird.


Möglicherweise gibt es Kollegen, die da geistig flexibler sind.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 16:53:18
Das mag sein, aber die dort getroffene Aussage ist eindeutig. Man kann natürlich anderer meinung sein und auf eine Abkehr hoffen, aber solange der BGH nicht in einem neuen Urteil von dieser Auffassung wieder eindeutig abrückt, würde ich nicht einfach behaupten, dass eine hingenommene Preisanpassung Rückzahlungsansprüche begründet.

Sofern man eine nachträgliche Absenkung unter einen Preissockel für möglich hält, ist diese Absenkung für die Zukunft, von einer Rückzahlung früherer Anpassunggswerte zu unterscheiden.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 17:01:22
@Black

Die Aussage war so eindeutig, dass sich der Senat nun veranlasst sah, ein Fragezeichen dahinter zu setzen.

Wenn ein Preissockel vereinbart wäre, gäbe es doch denknotwendig schon keinerlei Verpflichtung zur Preissenkung. Eine entsprechende Verpflichtung besteht aber. Und dass die Zahlung auf einen unbillig einseitig festgesetzten Energiepreis einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB  begründet,  der seinerseits  der regelmäßigen Verjährung unterliegt, ist ebenfalls bereits geklärt (BGH, Urt. v. 05.02.2003 . VIII ZR 111/02, NJW 2003, 1449).

Bei bestehendem einseitigem Leistungbestimmungsrecht ist die Höhe des Entgelts jederzeit das Ergebnis der Ermessentscheidung, das Entgelt nach Vertragsabschluss zu erhöhen, abzusenken oder stabil zu halten. Nichts und niemand hindert den zur einseitigen Leistungsbestimmung Berechtigten also daran, die Entgelte einseitig neu festzusetzen, insbesondere keine verbindliche Preisvereinbarung zwischen den Parteien, da es an einer solchen im Anwendungsbereich des § 315 BGB gerade fehlt.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 17:07:16
Zitat
Original von RR-E-ftEine Willenserklärung ist entweder eine Erklärung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, die von Anfang an Geltung beansprucht, wenn sie der Billigkeit entspricht oder eben ein Antrag gem. § 145 BGB, der nur dann Geltung beansprucht, wenn er vom anderen Vertragsteil innerhalb einer Annahmefrist gem. § 147 BGB angenommen wird.)

Wieso denn Antrag und Annahme, wir sind im Bereich der EINSEITIGEN Leistungsbestimmung durch EINE Vertragspartei. Da Bedarf es bei der Preisanpassung nach § 5 Abs. 3 GVV keiner Annahme mehr.

Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Wenn ein Preissockel vereinbart wäre, gäbe es doch denknotwendig schon keinerlei Verpflichtung zur Preissenkung. Eine entsprechende Verpflichtung besteht aber. )

Aber nur weil Sie der Rechtsprechung des Kartellsenates den Vorzug geben (Senkung unter Sockel möglich) und das Urteil VIII ZR 36/06 aussen vor lassen (keine Überprüfung des Ausgangspreises) mit der hoffnung es möge sich erledigen. Tatsächlich besteht derzeit eine sich etwas widersprechende Rechtsprechung.


Zitat
Original von RR-E-ftUnd dass die Zahlung auf einen unbillig einseitig festgesetzten Energiepreis einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB  begründet,  der seinerseits  der regelmäßigen Verjährung unterliegt, ist ebenfalls bereits geklärt (BGH, Urt. v. 05.02.2003 . VIII ZR 111/02, NJW 2003, 1449).

Ja, aber nur wenn dieser unbillige Preis nicht akzeptiert wurde.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 17:11:32
@Black

Die Entscheidung v. 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 betrifft einen Fall, wo ein Tarifkunde die geforderten Entgelte jahrelang vorbehaltlos gezahlt hatte und dann Beträge aus § 812 BGB vom Versorger zurückverlangte. Freilich gebe ich der Rechtsprechung des Kartellsenats im Energiebereich den Vorzug. Das hat schließlich auch der Gesetzgeber getan, der die Spezialzuständigkeit des Kartellsenats angeordnet hat, vgl. §§ 107, 108 EnWG.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 17:13:46
Ich weiss, aber VIII ZR 36/06 aus 2007 mit der gegenteiligen Ansicht \"verdrängt\" die ältere Entscheidung aus 2003. Und die ganz neue Rechtsprechung des Kartellsenats nimmt diesen Punkt nicht zurück.

Im Übrigen halte ich die Rechtsprechung von damals hinsichtlich dieser frage für gar nicht so eindeutig. Nach meiner Ansicht hat der BGH zu diesem Problem keine Stellung bezogen, da er die Rückforderung bereits wegen des fehlens der Unbilligkeit selbst abgelehnt hat:

\"Der Kläger hatte im Rückforderungsprozeß die von ihm behauptete Unbilligkeit der jeweiligen Tarife zu beweisen; ihm oblag es deshalb, die von der Beklagten dargelegten Kalkulationsansätze substantiiert und unter Beweisantritt zu beanstanden. Daß der Kläger dieser Verpflichtung
nachgekommen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen\"
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: 07010714 am 10. Juni 2008, 17:29:46
Uuf! Ehrlich gesagt, mir als \"Paragraphenanalphabet\" fällt es schwer, diesem Dialog zu folgen. Ich hätte nicht vermutet, dass ich mit meiner Ausgangsfrage eine derartige \"Paragraphenschlacht\" auslösen würde. Ich werde mir die Antworten mal ausdrucken und versuchen mit Ruhe und Gelassenheit etwas mehr Verständnis zu erlangen.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 17:32:12
@Black

Noch einmal zum Mitdenken wie im Anfangssemester Zivilrecht:

Eine einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB bleibt immer eine solche und ihre Gültigkeit für den anderen Vertragsteil bemisst sich ausschließlich nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Eine Einigung auf einen Preis setzt hingegen immer Antrag und Annahme gem. §§ 145 ff. BGB voraus.  Wo es aber schon keinen Antrag gem. § 145 BGB gibt, kann ein solcher erst recht nicht vom anderen Vertragsteil angenommen werden. Demnach erscheint es unter Anwendung des BGB völlig ausgeschlossen, dass ein einseitig festgesetztes Entgelt zu einem vereinbarten Entgelt werden kann. Der entsprechenden Metamorphose fehlt es eindeutig an einer Rechtsgrundlage im BGB. Und dabei bestimmt Art. 20 GG, dass die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist.....

In der Entscheidung vom 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 hatte der BGH sich mit der Frage der Unbilligkeit gem. § 315 BGB zu befassen, weil das einseitig festgesetzte Entgelt immer noch ein solches war und sich seine Geltung für den anderen Vertragsteil gerade deshalb immer noch nach § 315 Abs. 3 BGB messen lassen musste.... Es wurden eben durch die vorbehaltlosen Zahlungen des Kunden gerade nicht vereinbart.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 17:38:40
Einigung mit Angebot und Annahme gab es bei Abschluss des Ausgangsvertrages über den damals geltenden Preis.

Kommt jetzt DANACH eine Preisanpassung, die der Kunde nicht beanstandet, dann wird diese wirksam.(so BGH VIII ZR 36/06). Da ist dann nichts mehr mit Angebot und Annahme.

Leisatz:
Ein von dem Gasversorger einseitig erhöhter Tarif wird zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers unbeanstandet hinnimmt, indem er weiterhin Gas von diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB als unbillig zu beanstanden.
BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 17:47:22
@Black

Schon die Annahme, dass bei Vertragsabschluss ein feststehender - für beide Vertragsteile gleichermaßen verbindlicher Preis vereinbart wird - ist unzutreffend (BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 34/06 Tz. 10; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06; erhellend auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04). Dies ist dann nicht der Fall, wenn der eine Vertragsteil nach Vertragsabschluss die Entgelte aufgrund eines bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts dem anderen gegenüber einseitig neu festsetzen kann. Für den Leistungsbestsimmungsberechtigten besteht eben gerade keine Bindung durch eine erfolgte Einigung, sondern er hat das allein durch § 315 BGB beschränkte Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Gegenleistung, die somit jederzeit Ergebnis der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist, nämlich nach Ermessen die Entgelte abzusenken, zu erhöhen oder stabil zu halten.... Dass ein bei Vertragsabschluss bereits bekannter Tarif nicht ausschließt, dass es sich um ein einseitig festgestztes Entgelt handelt, dass von Anfang an der Billigkeitskontrolle unterliegt, ergibt sich aus BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 = NJW 2003, 3131. Dabei hat der Senat ausdrücklich festgestellt, dass die Billigkeitskontrolle Anwendung findet, weil die Parteien bei Vertragsabschluss nicht auf das zu zahlende Entgelt geeinigt haben.

Es sind die Entscheidungen vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 und vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/04, die sich weder mit der aktuellen Rechtsprechung des Kartellsenats, noch mit der früheren Rechtsprechung des achten Zivilsenats, noch mit der aktuellen Rechtsprechung des 3. Zivilsenats (Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06) noch mit der Regelungen des Allgemeinen Teils des Schuldrechts im BGB in Übereinklang bringen lassen.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 17:56:34
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Schon die Annahme, dass bei Vertragsabschluss ein feststehender - für beide Vertragsteiel gleichermaßen verbindlicher Preise vereinbart wird - ist unzutreffend (BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 34/06 Tz. 10; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06; erhellend auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).

Ich weiss, dass Sie Anhänger dieser Auffassung sind, weil diese Ihnen ermöglichen würde auch den Ausgangspreis einer Billigkeitskontrolle zu unterziehen.

Leider steht dem - mal wieder - die besagte Gaspreisentscheidung des BGH wortgenau entgegen. Sie können natürlich anderer Meinung als die 8. Zivilkammerdes BGH sein. Sie können hoffen, dass in künftigen Entscheidungen diese Ansicht wieder revidiert wird. Aber wenn Sie hier so tun, als ob Ihre persönliche Auffassung bereits allgemein gültiges Recht wäre und die Aussagen des 8. Senats stets geflissentlich übergehen, so ist das eben nur die halbe Wahrheit.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 18:03:50
@Black

Es geht nicht um meine persönliche Auffassung, sondern um die aktuelle Rechtsprechung, die sich u.a. auch aus den jüngsten Entscheidungen v. 18.10.2007 - III ZR 277/06, v. 04.03.2008 - KZR 29/06 und v. 29.04.2008 - KZR 2/07 ergibt. Dass die Rechtsprechung des achten Zivilsenats in den Entscheidungen vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 und v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 dazu im Widerspruch steht und dass dieser Senat jüngst (in der Verhandlung am 28.05.2008 - VIII ZR 138/07) angedeutet hat, diese abweichende Rechtsprechung nochmals zu überdenken, die noch nicht gesfestigt sei, ist hier zu lesen.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 18:19:13
Tja, die niedere Rechtsprechung scheint derzeit der Ansicht des 8. Zivilsenats in dieser Frage zu folgen. Siehe LG Osnabrück.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 18:33:45
@Black

Tja, oder auch nicht, siehe LG Dortmund. ;)

Auch interessant: Kammergericht Berlin (http://www.welt.de/berlin/article1665658/Gericht_zwingt_Gasag_zu_mehr_Transparenz.html)
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 10. Juni 2008, 18:54:43
Tja, dann bleibt in Bezug auf die Rechtsprechung festzustellen \"bleibt alles anders\".

Aber wie sollte die Kontrolle des Ausgangspreises begründbar sein? Der § 315 BGB schützt ja nur den Vertragspartner, der innerhalb eines bestehenden Vertrages sich der (Preis)Bestimmungsmacht des anderen Vertragspartners gegenübersieht.

Zu Beginn des Vertrages kann der Kunde jedoch (sofern kein Monopol besteht) auswählen ob er zu diesem Preis versorgt werden will oder nicht. Es wäre widersprüchliches Verhalten, wenn der Kunde ohne Zwang einen bestimmten Preis X annimmt und ihn dann nachträglich als unbillig rügen will.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Juni 2008, 19:46:10
@Black

Der Kunde  nimmt schon keinen Preis an, wenn der andere Vertragsteil berechtigt ist, das Entgelt nach Vertragsabschluss einseitig neu festzusetzen, undzwar sowohl hinsichtlich Grund- als auch Arbeitspreis niedriger oder höher.... Es besteht eben kein vereinbarter Preis, sondern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertragsteils gegenüber dem anderen.

Es gibt da einen aktuellen Fall vor einem Landgericht, wo jemand am 30.11.200. mit seinen Stadtwerken einen Vertrag über Strom-, Gas- und Wasserlieferungen abgeschlossen hat. Wie das eben so üblich ist. Der Vertrag wurde schriftlich abgeschlossen, Preise jedoch nicht aufgeführt. Wie üblich wurden in der Zeit zwischen dem 21.12. und 31.12. des gleichen Jahres die ab dem 01.01. des Folgejahres geltenden Tarifpreise für Strom, Gas, Wasser durch öffentliche Bekanntgabe neu festgesetzt. Die Belieferung und Abrechnung dieses Kunden begann ab dem 10.01. ... Auf welche Entgelte sollte sich dieser Kunde mit den Stadtwerken für die Lieferungen denn wohl geeinigt haben, wo doch die ab 01.01. des Folgejahres geltenden Tarife im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht öffentlich bekannt gegeben waren, sondern erst nach Vertragsabschluss von den Stadtwerken einseitig neu festgesetzt wurden ?! Er hatte sich mit den Stadtwerken auf keine Preise geeinigt, sondern die Belieferung sollte zukünftig zu den von den Stadtwerken gem. § 4 AVBGasV/ AVBEltV/ AVBWasserV einseitig festgesetzten Entgelten erfolgen. Es bestand ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht.

Wie sollte man dabei sonst kontrollieren, ob etwa ein einseitig abgesenktes Entgelt der Billigkeit entspricht? Oder entspricht ein solches per se der Billigkeit? Warum? Warum entspricht nicht erst ein noch weiter abgesenkter Preis der Billigkeit? Möglicherweise war die Preissenkung zu gering und gerade deshalb unbillig.    

Die Annahme eines vereinbarten Preises bei gleichzeitigem Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hinsichtlich des zu zahlenden Entgelts  verstößt insbesondere im Bereich des Kaufrechts  eben schon gegen Denkgesetze. Das eine schließt das andere denknotwendig aus (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04). Bei einem weit zurückliegendem  Vertragsabschluss wird auch nicht der Ausgangspreis kontrolliert, sondern das streitgegenständliche Entgelt, welches bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht insgesamt dessen Ergebnis ist. Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, stellt sich also immer die Frage, warum gerade das geforderte Entgelt der Billigkeit entsprechen soll, warum es nicht etwa abgesenkt wurde, wenn doch ggf. die Möglichkeit dazu bestand und dies für den Kunden günstig gewesen wäre.
Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, sieht sich der andere Vertragsteil diesem immer gegenüber. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht beinhaltet eben auch eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung, wenn dies möglich und für den Kunden  günstiger ist. Das geforderte Entgelt muss dabei jederzeit unter Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks, in welche weitere Gesichtspunkte einfließen können, der Billigkeit entsprechen. Im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht ist die möglichst preisgünstige Versorgung Vertragszweck. Diese soll das betreffende Unternehmen bewerkstelligen und allein dafür wurde vom Gesetzgeber auch das einseitige Leistungsbestimmungsrecht eingräumt. Nur der Versorger kann wissen, welches Entgelt diesem Vertragszweck entspricht.

Und wir bleiben auch auf dem Teppich:

Ein gesetzlich eingräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht betrifft nur gesetzlich versorgungspflichtigte Unternehmen. Und diese sind bei ihrer Preisgestaltung nie frei, sondern haben die energiwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen zu beachten, insbesondere die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG. Es besteht keinerlei schutzwürdiges Interesse des zur einseitigen Leistungsbestimmung berechtigten Unternehmens an der Aufrechterhaltung eines Entgtelts, das unter Verstoß gegen diese gesetzliche Verpflichtung gebildet wurde. Ein Entgelt, welches gegen die energiewirtschaftsrechtlich immanente Preisbildungsschranke des § 2 Abs. 1 EnWG gebildet wurde, hätte schon im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht gar nicht erst angeboten werden sollen/ dürfen.... Wenn der Grund- und Ersatzversorger gesetzlich zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität bzw. Gas zu verbraucherfreundlichen Bedingungen im Interesse der Allgmeinheit verpflichtet ist, dann darf doch jeder Kunde, der einen gesetzlichen Anspruch auf eine dementsprechende Versorgung gem. §§ 36, 38 EnWG in Anspruch nimmt, von Anfang an auch erwarten, dass die dafür einseitig festgesetzten und geforderten Entgelte (Allgemeinen Preise) dementsprechend gebildet wurden, was sich auch kontrollieren lassen muss. §§ 36, 38 EnWG geben den entsprechend Berechtigten nicht nur einen Anspruch auf Versorgung, sondern einen Anspruch auf Versorgung zu Entgelten, die unter Beachtung von § 2 Abs. 1 EnWG gebildet wurden.  

In den allermeisten Verträgen (Sonderverträgen) besteht doch schon gar kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht und die Entgelte unterliegen deshalb auch keiner Billigkeitskontrolle (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07). Das ergibt sich doch auch gerade aus der jüngsten Rechtsprechung. Im Bereich der Sonderverträge kann man also Sonderpreise vereinbaren. Diese vereinbarten Sonderpreise wiederum unterliegen grundsätzlich keiner Billigkeitskontrolle, weil schon kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, finden jedoch bei marktbeherrschenden Unternehmen eine absolute Grenze durch §§ 19, 20, 29 GWB i.V.m. § 134 BGB. Soweit diese vereinbarten Sonderpreise nicht kartellrechtswidrig sind, ist auch das Energieversorgungsunternehmen an diesen vereinbarten Sonderpreis gebunden und muss kraft bindender Einigung zu diesem vereinbarten Preis liefern. Auch klar. Das Unternehmen kann also nach Vertragsabschluss den Preis gerade nicht einseitig neu festsetzen.

Das scheinen viele in der Branche noch nicht verstanden zu haben, obschon es eigentlich jedem einleuchten sollte, dass Verträge bindend sind, auch getroffene Preisvereinbarungen. Sonst bräuchte man keinen Preis vereinbaren.... Und möglicherweise haben selbst einige Juristen Schwierigkeiten mit dieser Einsicht.

Tja, die Ausgangsfrage dieses Threads war m. E. vollumfänglich beantwortet.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 11:38:22
Zitat
Original von RR-E-ftDer Kunde nimmt schon keinen Preis an, wenn der andere Vertragsteil berechtigt ist, das Entgelt nach Vertragsabschluss einseitig neu festzusetzen, undzwar sowohl hinsichtlich Grund- als auch Arbeitspreis niedriger oder höher.... Es besteht eben kein vereinbarter Preis, sondern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertragsteils gegenüber dem anderen.

Es ist nach meiner Wertung keineswegs so, dass der Kunde im Rahmen der Einigung über die essentialia des Vertrages den Preis einfach offenlässt und durch ein Bestimmungsrecht des EVU ersetzt.

Die Regelung des § 5 Abs. 3 GVV ist nur eine gesetzliche Preisanpassungsklausel zur Anpassung des vertraglich vereinbarten Ausgangspreises. Es handelt sich um das Gegenstück zu „handgemachten“ Preisanpassungsklauseln in Sonderkundenverträgen.

Zitat
Original von RR-E-ftWie sollte man dabei sonst kontrollieren, ob etwa ein einseitig abgesenktes Entgelt der Billigkeit entspricht? Oder entspricht ein solches per se der Billigkeit? Warum? Warum entspricht nicht erst ein noch weiter abgesenkter Preis der Billigkeit? Möglicherweise war die Preissenkung zu gering und gerade deshalb unbillig.

Was Sie anstreben scheint keine Preiskontrolle sondern eine Margenkontrolle zu sein. Soll ein Gericht dann konkret festlegen welche Marge noch zulässig ist und welche nicht? Eine derartige Festlegung hätte eine Kettenraktion zur Folge. Da diese interessante Thema ein wenig OT zur Ausgangsfrage ist, schlage ich vor, das in einem extra Thread zu diskutieren.

Zitat
Original von RR-E-ftDie Annahme eines vereinbarten Preises bei gleichzeitigem Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hinsichtlich des zu zahlenden Entgelts verstößt insbesondere im Bereich des Kaufrechts eben schon gegen Denkgesetze. Das eine schließt das andere denknotwendig aus (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).

Verstösst gegen Denkgesetzte soso… es gibt Gesetze was man denken darf? Die Entscheidung (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04) halte ich übrigens nicht für einschlägig. Natürlich schließt es sich aus, dass der Ausgangspreis vereinbart und doch einseitig bestimmt sein soll. Vorliegend ist jedoch der Ausgangspreis vereinbart und nur seine Anpassung ist per Gesetz in das billige Ermessen des Grundversorgers gestellt.

Zitat
Original von RR-E-ftEin gesetzlich eingräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht betrifft nur gesetzlich versorgungspflichtigte Unternehmen. Und diese sind bei ihrer Preisgestaltung nie frei, sondern haben die energiwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen zu beachten, insbesondere die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG. Es besteht keinerlei schutzwürdiges Interesse des zur einseitigen Leistungsbestimmung berechtigten Unternehmens an der Aufrechterhaltung eines Entgtelts, das unter Verstoß gegen diese gesetzliche Verpflichtung gebildet wurde. Ein Entgelt, welches gegen die energiewirtschaftsrechtlich immanente Preisbildungsschranke des § 2 Abs. 1 EnWG gebildet wurde, hätte schon im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht gar nicht erst angeboten werden sollen/ dürfen....

Auch hierzu wieder, das bedeutet letztendlich gerichtliche Margenkontrolle.

Zitat
Original von RR-E-ftDas scheinen viele in der Branche noch nicht verstanden zu haben, obschon es eigentlich jedem einleuchten sollte, dass Verträge bindend sind, auch getroffene Preisvereinbarungen. Sonst bräuchte man keinen Preis vereinbaren.... Und möglicherweise haben selbst einige Juristen Schwierigkeiten mit dieser Einsicht..

Preisvereinbarungen sind bindend, genauso wie gesetzliche oder vertragliche Klauseln um diesen Preis unter Beachtung der jeweiligen Preisanpassungskriterien anzupassen. Preisanpassungsrechte widersprechen keineswegs dem Grundsatz der Vertragstreue.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 13:56:21
@Black

Ich meine, dass ein Tarifkundenvertrag wegen des bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts immer ohne Preisvereinbarung abgeschlossen wird. Dass ein Tarifkundenvertrag ohne Preisvereinbarung abgeschlossen wird, ergibt sich m. E. aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 = NJW 2003, 3131, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02).

Die Annahme einer Preisvereinbarung bei gleichzeitig bestehendem  einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertagsteils verstößt gegen Denkgesetze, als das eine nach den Gesetzen der Logik das andere ausschließt. Den Hintergrund dazu hat m. E.  Prof. Schwintowski von der HU Berlin in einem umfassenden Rechtsgutachten  vgl. Seite 9 ff. (http://www.neue-energieanbieter.de/data/uploads/05_03_04_LichtBlick-Gutachten%20von%20Prof%20Schwintowski%20Anwendbarkeit%20%A7%20315%20BGB.pdf) zutreffend herausgearbeitet. Gezahlt werden soll nach Vertragsabschluss  der Preis, der sich aus dem jeweiligen Preisblatt des Unternehmens ergibt, von dem der Kunde nicht weiß, wie er zustande kommt.

Es gibt keine Gesetze, was man denken darf, sondern Gesetze, wie man denken soll, nämlich die Gesetze der Logik. Ob diese von der Rechtsprechung eingehalten werden, kontrolliert u.a. auch der achte Zivilsenat des BGH (vgl. Urt. v. 29.11.2006 - VIII ZR 92/06 Tz. 21)

Zitat
Ob der Verkäufer danach eine Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache übernommen hat, ist zwar eine Frage der tatrichterlichen Vertragsauslegung (vgl. Senat, Urteil vom 4. Oktober 1989 - VIII ZR 233/88, WM 1989, 1894, unter II 1 a; BGHZ 128, 111, 114; jeweils m.w.Nachw.), die revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften überprüfbar ist (BGHZ 135, 269, 273; 131, 136, 138; jeweils m.w.Nachw.).

Der Versorger war gem. § 4 AVBV auch wenige Minuten nach Vertragsabschluss berechtigt, die Entgelte einseitig vollkommen neu festzusetzen (höher oder niedriger), so dass deshalb eben von einer bindenden Preisvereinbarung nicht ausgegangen werden kann. Der Versorger hat sich doch gerade an gar keinen Preis gebunden und war es auch zu keinem Zeitpunkt.

Eine Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Entgelthöhe erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile unter umffassender Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20 m.w.N.)

Zitat
Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist (Senatsurteil BGHZ 115, 311, 319). Innerhalb des Spielraums stehen dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Entgelts der Billigkeit entspricht, erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.; BGHZ 41, 271, 279; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 1. m.w.N.; Clausen, Zivilgerichtliche Preiskontrolle über die Landeentgelte der Verkehrsflughäfen in Deutschland S. 76; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts 3. Aufl. S. 581; jew. m.w.N.). Ziel dieser Prüfung ist nicht die Ermittlung eines \"gerechten Preises\" von Amts wegen. Vielmehr geht es darum, ob sich die getroffene Bestimmung in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gezogen werden (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.). Damit dient die anzustellende Billigkeitskontrolle der Sicherung elementarer Vertragsgerechtigkeit (Landgericht Berlin, ZLW 2001, 475, 481).

Die Billigkeitskontrolle muss also bei der Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile ansetzen. Diese müssen also zunächst definiert werden. Dass der Vertragszweck in einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung liegt, dürfte klar sein. Worin liegt aber das objektive wirtschaftliche Interesse eines gesetzlich versorgungspflichtigen Energieversorgungsunternehmens?

Sie lassen offen, wie nach Ihrer Vorstellung unter Beachtung von Art. 20 II, 19 IV GG dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der in § 2 Abs. 1 EnWG eine klare gesetzliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen angeordnet hat, Rechnung getragen werden kann. Sollte diese gesetzliche Verpflichtung etwa ausgehebelt werden?

Damit bliebe auch der Vertragszweck unberücksichtigt. Eine Billigkeitskontrolle unter Abwägung der naturgemäß gegenläufigen objektiven wirtschaftlichen Interessen der beiden Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks, wie sie nach der Rechtsprechung erforderlich ist,  fände nicht statt, so dass möglicherweise eine \"institutionalierte Rechtsbeugung\" zu besorgen stünde.

Verkehrsflughäfen stehen heute auch im Wettbewerb untereinander. Die Fluggesellschaften suchen sich aus, welchen sie vor oder nach Erhöhung der Entgelte anfliegen wollen oder auch nicht. Gleichwohl unterliegen die durch AGB festgesetzten Benutzungsentgelte einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle. Dabei muss regelmäßig  die Kalkulation offen gelegt werden, und Gerichte müssen diese prüfen.  Das ist also seit Jahrzehnten gerichtlicher Alltag. Das können auch die gem. § 102, 108 EnWG spezialzuständigen Gerichte im Energiebereich leisten.

Im Gegensatz dazu wird bei Sonderabkommen ein Sonderpreis bei Vertragsabschluss vereinbart. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht dabei nicht, es sei denn, es wäre bei Vertragsabschluss ausdrücklich vereinbart worden. Dann wäre die Kontrolle der Gesamtentgelte in direkter Anwendung des § 315 BGB aber auch unproblematisch, weil es gerade der Anwendungsfall der Norm wäre.

Preisanpassungsklauseln verstoßen dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie dem § 307 BGB entsprechen, insbesondere auch § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Wirksamkeit eines Preisänderungsvorbehalts in den AGB bemisst sich nach § 307 BGB. Der weite Spielraum der Billigkeit entspricht den Anforderungen an Konkretisierung und Begrenzung, den § 307 BGB erfordert, nicht (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004- KZR 10/03 unter II.6 m.w.N.). In Sonderabkommen besteht deshalb kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht und ist deshalb schon der Anwendungsbereich des § 315 BGB nicht eröffnet. Nach der Rechtsprechung ist ja gerade erforderlich, dass der Klauselgegner die Berechtigung einer Preisänderung bereits anhand der Klausel selbst kontrollieren kann (BGH NJW-RR 2005, 1717; NJW 2007, 1054; OLG Frankfurt/M. ZNER 2008, 61, m.w.N.). Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle soll und muss dadurch gerade vermieden werden.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: nomos am 11. Juni 2008, 14:32:44
Zitat
Original von Black

Auch hierzu wieder, das bedeutet letztendlich gerichtliche Margenkontrolle.

Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: ESG-Rebell am 11. Juni 2008, 14:54:29
Zitat
Original von 07010714
Uuf! Ehrlich gesagt, mir als \"Paragraphenanalphabet\" fällt es schwer, diesem Dialog zu folgen. Ich hätte nicht vermutet, dass ich mit meiner Ausgangsfrage eine derartige \"Paragraphenschlacht\" auslösen würde.
Nun, das liegt wohl daran, dass auch ein Versorgeranwalt mal die Gelegenheit ergriffen hat, sich direkt von - dem Verbraucheranwalt schlechthin - beraten zu lassen ;)

Zitat
Original von Black
... da er die Rückforderung bereits wegen des fehlens der Unbilligkeit selbst abgelehnt hat
Nun - genau genommen \"fehlte\" die Unbilligkeit nicht.
Der Kunde war nur nicht in der Lage, die Unbilligkeit zu beweisen.
Das Gegenteil käme einem Wunder gleich, wo doch der verklagte Versorger alle zur Beweisführung erforderlichen Unterlagen unter Verschluss hält.

Zitat
Original von Black
Aber wie sollte die Kontrolle des Ausgangspreises begründbar sein?
Auch dem Ausgangspreis liegt eine Preiskalkulation des Versorgers zugrunde.

Für jeden neuen Abrechnungszeitraum kann diese Kalkulation gleich bleiben oder sich auch grundlegend ändern.

Vor diesem Hintergrund ist logisch nachvollziehbar, dass es dem Versorger gestattet sein soll, gestiegene Bezugskosten weiterzugeben sofern sich die gesamte restliche Kalkulation nicht geändert hat. Nichts anderes folgt aus dem - von Versorgeranwälten immer unterschlagenen Zusatz des Leitsatzes D (36/06): \"... sofern die Bezugskostensteigerungen nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden können.\"

Ebenfalls logisch sollte sein, dass der Versorger beweispflichtig dafür ist, dass er keine Einsparungen an anderer Stelle haben konnte.

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, welche Kostenanteile der aktuellsten Kalkulation (z.B. von 2007) denn mit dem Ausgangspreis (z.B. von 2004) bezahlt werden würden?

Kurz gesagt: Der Umstand, dass die Kalkulation sich von Jahr zu Jahr ändern kann und nicht \"im luftleeren Raum stattfindet\" (wie es in einem Urteil heisst), lässt keinen Raum für einen ewig gültigen Ausgangspreis.

Zitat
Original von Black
Zu Beginn des Vertrages kann der Kunde jedoch (sofern kein Monopol besteht) auswählen ob er zu diesem Preis versorgt werden will oder nicht.
In kaum einem Vertrag - erst Recht nicht in solchen, die die AVBGasV/GasGVV pauschal eingebunden haben - ist aber geregelt, wie lange dieser Preis gelten soll.
Der Versorger kann diesen angeblich vereinbarten Preis also bereits 5 Minuten nach Vertragsabschluss einseitig ändern und die unterstellte Vertragseinigung so ad absurdum führen.

Zitat
Original von Black
Was Sie anstreben scheint keine Preiskontrolle sondern eine Margenkontrolle zu sein. Soll ein Gericht dann konkret festlegen welche Marge noch zulässig ist und welche nicht? Eine derartige Festlegung hätte eine Kettenraktion zur Folge.
Die praktischen Probleme bei einer Margenkontrolle sind offensichtlich.

Die Frage bleibt aber offen:
Wie ist eine Gewährleistung von nicht unbilligen Preisen ohne eine Margenkontrolle - sei es durch funktionierende Marktmechanismen oder sei es durch Gerichte bzw. Behörden - überhaupt möglich?

Die gesamte Prozessführung der Versorger läuft darauf hinaus, ihre Pfründe zu sichern und sich die Möglichkeit weiterer einseitiger Gewinnsteigerungen offen zu halten.

@Black
Können Sie nachvollziehen, dass dieses Ziel der Versorger für die Verbraucher nicht hinnehmbar ist?
Haben Sie konstruktive Vorschläge, wie die o.g. Frage beantwortet werden könnte?

Gruss,
ESG-Rebell
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 14:57:31
Zitat
Original von nomos
Zitat
Original von Black

Auch hierzu wieder, das bedeutet letztendlich gerichtliche Margenkontrolle.

    Dort wo die Billigkeit festgstellt werden soll, ist eine Kontrolle der Margen letztendlich unverzichtbar. Außerdem bestehen darüber hinaus für kommunale Versorger (Stadtwerke) Beschränkungen. Diese verfolgen schon lange vor dem EnWG den Zweck, ebenfalls eine möglichst preisgünstige und sichere Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas zu gewährleisten.

    Daraus folgt, dass Gaspreise nicht privatwirtschaftlich sondern nur bedarfwirtschaftlich kalkuliert werden dürfen und dass keine unbegrenzten Margen zulässig sein können.

    Wollen Sie diese Beschränkungen einer gerichtlichen Kontrolle entziehen und wollen sie hier wirklich für einen rechtsfreien Raum für Energieversorger propagieren?

Die im wesentlichen freie Festlegung an Margen beim Anfangspreis nennt sich Wettbewerb. Das System der Genehmigten Tarife wurde vom Gesetzgeber aufgegeben zugunsten des Wettbewerbs. Wenn man eine gerichtliche Überprüfung der Margen zulassen würde, wäre das eine Rückkehr zum System der genehmigten Tarife  über die Hintertür

Das Prinzip des unverfälschten Wettbewerbs ist unter § 1 Abs. 2 EnWG verankert. \"Bedarfswirtschaftliche Kalkulation\" ist Planwirtschaft, also das Gegenteil von Wettbewerb. Nun ist es nicht verwerflich ein Anhänger von Planwirtschaft zu sein, aber derzeit hat sich der Staat (auch aufgrund der EU) für Wettbewerb  entschieden.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 15:12:00
@Black

Es gab im Gasbereich und gibt im Wasserbereich keine Tarifgenehmigungspflicht und gleichwohl findet eine Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Entgelte statt. Vielmhr ist es so, dass selbst eine behördliche Tarifgenehmigung die gerichtliche  Billigkeitskontrolle nicht ausschließt (vgl. BGH NJW 1998, 3188, 3192). Dieses Argument trägt also nicht.

Ein wirksamer Wettbewerb auf einem einheitlichen Wärmemarkt besteht auch nicht (wie sich aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und aus der amtlichen Begründung der Bundesregierung zur Verschärfung der kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht im Energiebereich BT-Drs. 16/5847 S. 9) zweifelsfrei ergibt. Sie bleiben leider eine Erklärung schuldig, wie die Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Entgelthöhe nach Ihrer Auffassung unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung des BGH (insbesondere Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) erfolgen soll.

Wie soll die nach der Rechtsprechung notwendige Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks erfolgen?

Wenn wirksamer Wettbewerb besteht, ist die Situation dadurch gekennzeichnet, dass die Margen nicht frei festsetzbar sind. Vielmehr konvergiert der Gewinn gegen null. Hingegen wird eine Monopolsituation dadurch gekennzeichnet, dass der Anbieter den Preis einseitig festsetzen kann. Die Verhaltensweise des Preissetzers ist nicht auf Monopole beschränkt, sondern sie wird auch von Oligopolisten und Polypolisten angewendet (vgl. Pilgram in: Zenke/ Wollschläger \"§ 315 BGB: Streit um Versorgerpreise\", S. 130).
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: ESG-Rebell am 11. Juni 2008, 15:16:32
Zitat
Original von Black
Die im wesentlichen freie Festlegung an Margen beim Anfangspreis nennt sich Wettbewerb.
Gerade in einem Markt ist die Margenfestlegung alles andere als frei sondern durch Zwänge von Angebot und Nachfrage sowie den Mitbewerbern stark eingeschränkt.

In einem echten Wettbewerb muss ein Anbieter seine Margen mit spitzer Feder rechnen und kann diese nicht nach Gutsherrenart festlegen.

Zitat
Original von Black
Das System der Genehmigten Tarife wurde vom Gesetzgeber aufgegeben zugunsten des Wettbewerbs. Wenn man eine gerichtliche Überprüfung der Margen zulassen würde, wäre das eine Rückkehr zum System der genehmigten Tarife  über die Hintertür.

... aber derzeit hat sich der Staat (auch aufgrund der EU) für Wettbewerb  entschieden.
Hätte der auch auf dem Gassektor bereits herrschende Wettbewerb (E-wie-Einfach) inzwischen ein solches Ausmaß erreicht, dass die Versorger auf breiter Front unter einem Preisdruck gerieten, dann würden wir hier heute nicht mehr diskutieren. Vielmehr würde dieses Forum wohl mangels Aktivität vom Netz genommen.

Sie selbst wissen vermutlich am besten, dass die Situation anders aussieht.

Der Energiesektor befindet sich in einer Übergangsphase von der \"Planwirtschaft\" (wie Sie es nennen) zu einer Marktwirtschaft.

Den Versorgern ist es seit gut 10 Jahren gelungen, nach dem sofortigen Ausstieg aus der Planwirtschaft den Einstieg in die Marktwirtschaft zu unterbinden. Es gibt keine Hinweise darauf, dass ihnen dies nicht auch noch weitere Jahrzehnte gelingen könnte, wenn Verbraucher und deren Anwälte nicht dagegen Sturm laufen würden.

Also nochmal die Kernfrage:
Wie können Verbraucher vor überzogenen Preisforderungen Ihrer Ansicht nach geschützt werden, solange die Mechanismen der Marktwirtschaft noch nicht wirken?

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: nomos am 11. Juni 2008, 15:19:14
Zitat
Original von Black

Das Prinzip des unverfälschten Wettbewerbs ist unter § 1 Abs. 2 EnWG verankert. \"Bedarfswirtschaftliche Kalkulation\" ist Planwirtschaft, also das Gegenteil von Wettbewerb. Nun ist es nicht verwerflich ein Anhänger von Planwirtschaft zu sein, aber derzeit hat sich der Staat (auch
Aufgrund der EU) für Wettbewerb  entschieden.
sozialen Marktwirktschaft. Das ist immer noch die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie muss offensichtlich verteidigt werden wie man sieht. Dazu gehört auch das kommunale Wirtschaftsrecht, das die Kommunen bzw. den Staat zur Daseinsvorsorge verpflichtet. Die Verpflichtungen beschränken den Profit. Monopole, die die Marktmacht zu Lasten Schwächerer ausnützen, gehören auch nicht in diese Wirtschaftsordnung. Wir haben auf diesem Gebiet keinen uneingeschränkten Kapitalismus.[/list]
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 15:31:30
Zitat
Original von RR-E-ftEs gab im Gasbereich und gibt im Wasserbereich keine Tarifgenehimungspflicht und gleichwohl findet eine Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Entgelte statt. Vilemhr ist es so, dass selbet eine Tarifgenehmigung die Billigkeitskontrolle nicht ausschließt (vgl. BGH NJW 1998, 3188, 3192). Dieses Argument trägt also nicht..

Es geht nicht um das ob einer Billigkeitskontrolle, sondern welchen Umfang diese haben soll. Und die von Ihnen angestrebte Ausdehnung auf den Ausgangspreis bedeutet Margenkontrolle. Und Margenkontrolle bedeutet gerichtliche Tarfigenehmigung. Tarifgenehmigung ist aber nicht gewollt, da diese das Gegenteil von Wettbewerb ist. Das Argument trägt sehr wohl.

Zitat
Original von RR-E-ftSie bleiben leider eine Erklärung schuldig, wie die Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Entgelthöhe nach ihrer Auffassung unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung des BGH (insbesondere Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) erfolgen soll.

So wie es der BGH in einer gleichfalls aktuellen Entscheidung VIII ZR 36/06 erklärt:

Kontrolle des Ausgangspreises - nein
Nachträglicher Billigkeitseinwand nach Hinnahme der Anpassung - nein
Kontrolle der Anpassungsspanne - Ja
keine Erweiterung der Marge durch Preisanpassung - Ja
Offenlegung der Gesamtkalkulation - Nein
Nachweis der reinen Weitergabe der Bezugskosten - Ja

Und das ist kein utopische Zielvorstellung von mir sondern höchstrichterliche Rechtsprechung.

Zitat
Original von ESG-RebellDie Frage bleibt aber offen:
Wie ist eine Gewährleistung von nicht unbilligen Preisen ohne eine Margenkontrolle - sei es durch funktionierende Marktmechanismen oder sei es durch Gerichte bzw. Behörden - überhaupt möglich?

So wie beim Brot, bei Milch, Schokolade, Benzin...eigentlich beinahe jedem gehandelten Produkt. Haben Sie schon mal Ihren Bäcker oder Ihre Tankstelle wegen unbilliger Preise verklagt und gefordert die Preiskalkulation offenzulegen? Haben Sie Ihrem Bäcker oder Tankwart gesagt, dass sie vorerst nur die Brot- und Benzinpreise von 1986 zahlen aber weiterhin Brot und Benzin abnehmen möchten?

Im Bereich der Versorgungswirtschaft haben Sie snun ogar noch die Möglichkeit eine Steigerung der Marge im Rahmen von Anpassungen durch § 315 BGB Überprüfung auszuschließen.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 15:40:32
@nomos/ ESG- Rebell

Es wäre schade, die klare juristische Diskussion durch eine allgemein wirtschaftspolitische/ sozialökonomische Debatte zu verdrängen.

Bei der juristischen Diskussion geht es nicht um Planwirtschaft oder soziale Marktwirtschaft, wie bereits die gerichtliche Billigkeitskontrolle der Landeentgelte von Verkehrsflughäfen in Deutschland, die untereinander im harten Wettbewerb stehen, deutlich zeigt.

Es wurde von Black bisher leider nicht aufgezeigt, wie ein  bestehendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eines Energieversorgungsunternehmens gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich kontrolliert werden soll. Zu dieser Frage sollte Gelegenheit zur Stellungnahme auf klarer juristicher Grundlage gegegeben werden.

Bisher wurden m. E. nur die \"roten Linien\" aus der Sicht der Energiewirtschaft aufgezeigt.

Ein besonderes Problem wurde dabei ausgespart, dass nämlich eine Gewinnspanne gerade dadurch erhöht werden kann, dass rückläufige Kosten nicht oder nicht vollständig weitergegeben werden, was unbillig wäre. Wie kann dies verhindert werden? Wann und wie sollte der Kunde deshalb die Unbilliugkeitseinrede erheben, um  bei gleichbleibenden, abgesenkten  Entgelten  geschützt zu werden ?!
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 15:44:17
Zitat
Original von RR-E-ft
Es wurde von Black bisher leider nicht aufgezeigt, wie ein  bestehendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eines Energieversorgungsunternehmens gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich kontrolliert werden soll. Zu dieser Frage sollte Gelegenheit zur Stellungnahme auf klarer juristicher Grundlage gegegeben werden.

Es steht im vorangegangen Beitrag.


Die Abschweifung in das allgemeine Wirtschaftsrealität ist dem Thema Margenkontrolle und der populistischen Ansatz \"raffgierige\" EVU geschuldet.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 15:47:52
@Black

Bleiben wir getrost bei der Sache:


Zitat
Bisher wurden m. E. nur die \"roten Linien\" aus der Sicht der Energiewirtschaft aufgezeigt.

Ein besonderes Problem wurde dabei ausgespart, dass nämlich eine Gewinnspanne gerade dadurch erhöht werden kann, dass rückläufige Kosten nicht oder nicht vollständig weitergegeben werden, was unbillig wäre. Wie kann dies verhindert werden? Wann und wie sollte der Kunde deshalb die Unbilliugkeitseinrede erheben, um  bei gleichbleibenden, abgesenkten  Entgelten  geschützt zu werden ?!

Netzkostenabsenkungen wurden oft nicht an die Kunden weitergegeben.
Wie wird der Kunde davor geschützt, dass Kostensenkungen unvollständig an ihn weitergegeben werden ?

Wie wird den geltenden  Grundsätzen  (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) zutreffend Rechnung getragen ? Das EVU muss demnach bei der einseitigen Entgeltneufestsetzung eine Abwägung zwischen den objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks vornehmen, damit die einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprechen kann.

Wie muss das konkret geschehen?

Dann ist auch klar, was das Gericht bei der Kontrolle der Billigkeit der Ermessensausübung des EVU bei der einseitigen  Entgeltfestsetzung zu kontrollieren hat.

Kontrolliert wird nicht die Billigkeit des Entgelts, sondern die Billigkeit der Ermessensausübung bei der einseitigen Festsetzung des selben.

Kontrolliert wird also, ob die Interessenabwägung innerhalb eines bestehenden Gestaltungsspielraums zutreffend erfolgte. Dargelegt werden muss m. E., welcher Gestaltungsspielraum überhaupt bestand und wie die Abwägung innerhalb des selben erfolgte.

Gegenstand und Ergebnis einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle war und ist also mitnichten eine  Tarifgenehmigung. Bei bestehender Tarifgenehmigungspflicht erfolgt die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Tarifgenehmigungsverfahrens vor den Verwaltungsgerichten. Die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle vor den ordentlichen Gerichten  ist davon deutlich zu unterscheiden (BVerwG, NVwZ 1994, 999) und erfolgt unabhängig hiervon (BGH NJW 1998, 3188, 3192).
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 18:22:30
Zitat
Original von RR-E-ft
Kontrolliert wird nicht die Billigkeit des Entgelts, sondern die Billigkeit der Ermessensausübung bei der einseitigen Festsetzung des selben.

Gegenstand und Ergebnis einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle war und ist also mitnichten eine  Tarifgenehmigung. Bei bestehender Tarifgenehmigungspflicht erfolgt die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Tarifgenehmigungsverfahrens vor den Verwaltungsgerichten. Die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle vor den ordentlichen Gerichten  ist davon deutlich zu unterscheiden (BVerwG, NVwZ 1994, 999) und erfolgt unabhängig hiervon (BGH NJW 1998, 3188, 3192).

Es dürfte keinen praktischen Unterschied machen ob das Gericht dem Energieversorger sagen soll, \"Deine Marge von X Prozent ist zu hoch\" oder \"Dein Ermessen den Preis mit einer Marge von X Prozent zu planen war fehlerhaft (denn die Marge ist zu hoch).\"

Und welches Gericht nun für die Margenkontrolle zuständig sein soll ist auch letztendlich auch nicht erheblich.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 18:35:50
@Black

Vielleicht wäre es doch möglich, auf meine Fragen im vorhergehenden Beitrag einzugehen. Wie und wann sollte der Kunde eine nachträgliche Erhöhung der Gewinnspanne durch  die nicht vollständige Weitergabe gesunkener Kosten geltend machen?

Wie hat ein Jurist die Grundsätze aus der Entscheidung (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) auf eine einseitige Entgeltneufestsetzung eines Energieversorgungsunternehmens anzuwenden ?

Ich könnte mir vorstellen, dass der jeweilige Gestaltungsspielraum, den das Versorgungsunternehmen hat, gerade den Teil der Preiskalkulation betreffen könnte, der nach Ihrem Wunsch tunlichst unkontrolliert bleiben sollte.  Wenn aber der bestehende Gestaltungsspielraum des betreffenden Versorgungsunternehmens schon nicht festgestellt werden kann, so muss die gesamte Billigkeitskontrolle versagen. Der bestehende Gestaltungsspielraum ist zugleich Voraussetzung und Kern dieser Kontrolle. Es stünde eine \"institutionalisierte Rechtsbeugung\" zu besorgen.

Die durch AGB einseitig festgelegten Benutzungsentgelte der Verkehrsflughäfen - egal in welcher Eigentumsform betrieben - unterliegen der Billigkeitskontrolle. Aus den Entscheidungen ergibt sich der Prüfungsgegenstand....
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 19:02:47
Zitat
Original von RR-E-ft

Vielleicht wäre es doch möglich, auf meine Fragen im vorhergehenden Beitrag einzugehen.

Ich könnte mir vorstellen, dass der jeweilige Gestaltungsspielraum, den das Versorgungsunternehmen hat, gerade den Teil der Preiskalkulation betreffen könnte, der nach Ihrem Wunsch tunlichst unkontrolliert bleiben sollte.

Es ist mir möglich.

Eine Kontrolle der Billigkeit der Gesamtpreissetzung würde nach meiner Auffassung sehr wahrscheinlich eine Kontrolle der Marge mit beinhalten. Da nach meiner bereits dargestellten Meinung nur die Erhöhungsspanne der Kontrolle unterfällt und hier eine Erhöhung der Marge nach der Rechtsprechung ausgeschlossen ist, können sich nur andere Faktoren - wie gestiegene Bezugskosten - noch berechtigt auf die Neukalkulation auswirken.

Da Sie Ihrer Wertung der Rechtslage auch eigentlich eher sachfremde Entscheidungen - wie Festlegung von Flughafennutzungsentgelten oder Preisanpassungen in Sondernutzungsverträgen - als besonders richtungsweisend für das Thema § 315 BGB im Bereich der Grundversorgung zitieren, gleichzeitig aber die klare Aussage des BGH VIII ZR 36/06 zu allen ihren hier gestellten Fragen schlichtweg ignorieren, gehe ich davon aus, dass Sie fest damit rechnen, dass der BGH von seiner bisherigen Meinung abrücken wird?

Immerhin vermitteln Sie dem rechtsunkundigen Leser hier den Eindruck er werde mit den von Ihnen zitierten Entscheidungen im Rücken in jedem Fall eine gerichtliche Überprüfung seines Gesamtentgeltes erreichen können.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 19:10:24
@Black

Ich bin ein Quälgeist. ;)

a)

Zitat
Original von RR-E-ft
Wie und ggf. wann sollte der Kunde eine nachträgliche Erhöhung der Gewinnspanne durch  die nicht vollständige Weitergabe gesunkener Kosten geltend machen?

Diese Frage stellt sich, nachdem das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zugleich auch immer eine Verpflichtung zur Entgeltabsenkung enthält, wenn diese möglich und für den Kunden günstig ist. Wie soll kontrolliert werden, dass diese bestehende Verpflichtung erfüllt wird? Das Problem stellt sich insbesondere, ohne dass das Entgelt erhöht wurde.


b)

Ich hoffe ganz deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben, dass bei den allermeisten Verträgen (Sonderabkommen) schon kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht und deshalb in diesem Bereich auch kein Gesamtentgelt zur Kontrolle stehen kann, vielmehr der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis weiterhin Geltung beansprucht, wenn keine wirksame Preisänderungsklausel im Vertrag enthalten ist. Weiter habe ich auf die st. Rechtsprechung verwiesen, wonach der weite Spielraum der Billigkeit den Anforderungen des § 307 BGB nicht genügt. Daneben sieht das Gesetz  mit §§ 313, 314 BGB m. E. ausreichende Regelungen vor.

c)

Mich ärgert, dass die vollkommen unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Belieferung innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht und außerhalb der selben aufgrund von Sonderverträgen immer wieder unzulässig vermengt werden. Innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte, bei Sonderverträgen hingegen gerade nicht. Das macht einen sehr gewichtigen Unterschied. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade in der fehlenden gedanklichen Differenzierung der Grund für die obiter dicta der Entscheidung vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 lagen, die geradewegs in die wenig überzeugende Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 münden mussten. Vielleicht sollte man sich nochmals vergegenwärtigen, dass die Billigkeitskontrolle Aufgabe des Tatsachengerichts ist und nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle unterliegt.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 19:27:51
Da stellt sich zunächst die Frage, ob das gesetzliche Preisanpassungsrecht auch in beide Richtungen wirkt. Ob also aus dem Recht des Versorgers zur Erhöhung eine Pflicht zur Absenkung resultiert.

Die letzten BGH Entscheidungen lassen das vermuten.

Ich könnte mir daher vorstellen, dass der BGH in diesem Fall eine Überprüfung des Gesamtbetrages für Zulässig erachtet, jedoch beschränkt auf den aktuellen Zeitpunkt und den Nachweis gesunkener Bezugskosten.

In diesem Fall wäre zu überprüfen ob eine unzulässige Margensteigerung aufgrund einer Kostensenkung stattgefunden hat. Dies wäre aber keine Überprüfung des Ausgangspreises von Anfang an, sondern ab einem  Zeitpunkt X, zu dem eine Kostensenkung behauptet wird. Die Ausgangsmarge bliebe unberührt.

Nachtrag:

Da Sie den Bereich Sonderkundenverträge ansprechen geht meine Prognose dahin, dass künftig überwiegend zeitlich eng befristete Verträge ohne Preisanpassungsklausel  abgeschlossen werden, mit der Folge, dass sich die Preise dann bei jedem Neuabschluss verändern.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: greatHunter am 11. Juni 2008, 19:30:40
Zitat
Original von Black
Es geht nicht um das ob einer Billigkeitskontrolle, sondern welchen Umfang diese haben soll. Und die von Ihnen angestrebte Ausdehnung auf den Ausgangspreis bedeutet Margenkontrolle. Und Margenkontrolle bedeutet gerichtliche Tarfigenehmigung. Tarifgenehmigung ist aber nicht gewollt, da diese das Gegenteil von Wettbewerb ist. Das Argument trägt sehr wohl.

Mich würde doch mal interesseieren, wer denn was will.
Jüngste Äußerungen aus der Bundesregierung schienen alles andere als begeistert. EVU-Interessen und die der Kunden sind in Bezug auf die Preisbildung für die Energie einander entgegengerichtet. Daß Tarifgenehmigung nicht gewollt ist, das gestehe ich Ihnen zu. Was ist denn gewollt? So wie die Sache gerade aussieht, findet aber weder eine Tarifgenehmigung noch ein Wettbewerb statt. Deshalb streben ja so viele  eine - ich sags mal mit Ihren Worten: \"gerichtliche Tarifgenehmigung\" als Notbremse an. Darum sei es so: Jeder muß seinen Weg gehen. Mit Blick auf die Notbremse könnte das eine Völkerwanderung werden, was sicherlich abzuwarten ist.

Vielleicht sollte man nebenbei darüber nachdenken, noch ein paar Scheine in EVU-Aktien zu stecken, um sich möglichst schadlos zu halten. RWE bleibt langfristig attraktiv. (Effecten Spiegel Nr25 vom 12.06.08  S.5)
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 11. Juni 2008, 19:40:47
Zitat
Original von greatHunter


Mich würde doch mal interesseieren, wer denn was will.
(...) EVU-Interessen und die der Kunden sind in Bezug auf die Preisbildung für die Energie einander entgegengerichtet. Daß Tarifgenehmigung nicht gewollt ist, das gestehe ich Ihnen zu. Was ist denn gewollt? So wie die Sache gerade aussieht, findet aber weder eine Tarifgenehmigung noch ein Wettbewerb statt. Deshalb streben ja so viele  eine - ich sags mal mit Ihren Worten: \"gerichtliche Tarifgenehmigung\" als Notbremse an. Darum sei es so: Jeder muß seinen Weg gehen. Mit Blick auf die Notbremse könnte das eine Völkerwanderung werden, was sicherlich abzuwarten ist.

Was jeder will? Der Unternehmer will hohe Gewinne und der Kunde am liebsten Energie umsonst.

Energie wird langfristig teurer werden. Da ändert auch ein Preisprotest mit Pyrussiegen nicht. Meinen Sie denn Politik und Gerichte haben Lust sämtliche Preise, Preisbestandteile und Margen sämtlicher Energieversorger für Strom, Wärme, Gas auf ihre Billigkeit zu prüfen? Durch mehrere Instanzen und bei jedem Erhöhungsschritt erneut? Meinen sie nicht politik oder Rechtsprechung werden einen Weg finden dem zu entgehen?

Den Hinweis auf eine Völkerwnderung verstehe ich nicht.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Juni 2008, 20:09:56
@Black

Die letzten Entscheidungen des BGH lassen nicht vermuten, dass das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht auch eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung enthalten. Dies wird in der Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07 in Tz. 26 zutreffend ausdrücklich festgehalten (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=43457#post43457). Das wurde auch von der Branche bisher überhaupt nicht in Frage gestellt. Schließlich soll selbst die Ölpreisbindung keine Einbahnstraße sein, sondern in beide Richtungen wirken. Und wenn Energiepreise wegen gestiegener Kosten steigen, dann müssen sie ebenso bei Kostensekungen auch wieder sinken. Dass Kostensenkungen in die einseitige Preisfsetzsetzung Eingang finden müssen, ergibt sich bereits aus der Entscheiung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06. Bei der einseitigen Entgeltfestsetzung geht es nicht darum, was jeder will, sondern um die Abwägung gegenläufiger rechtlich anerkannter Interessen. Der Kunde hat ein rechtlich anerkanntes Interesse an einer Versorgung, die der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG entspricht. Dieses rechtlich anerkannte Interesse bildet zugleich den Vertragszweck, der mit in die Ermessensentscheidung des EVU bei der Entgeltfestsetzung einfließen muss (siehe schon BGH, Urt. v. 02.10.1991- VIII ZR 240/91 = NJW-RR 1992, 183).

Nun warten wir mal ab, was der BGH wohl am 18.06.2008 im Verfahren VIII ZR 274/06 weiter zu Erdgas- Sonderverträgen sagt.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: peterb am 19. Juni 2008, 21:18:23
Natürlich hat Black recht, dass der ganze Protest auf eine Margenkontrolle hinausläuft.
Fakt ist aber leider, dass die Grenzübergangspreise um 1,2ct/kwh (Okt 2004 auf März 2008) gestiegen sind, meine Gasbezugspreise aber um 2,6ct/kwh. Nicht nur ich habe das Gefühl, das da etwas nicht stimmen kann.
Durch das BGB-Urteil vom Juni 2007 bin ich dem aber ausgeliefert.
Das der §315 in Bezug auf Gaspreise anders ausgelegt werden soll als bei allen anderen Sachverhalten erschließt sich mir auch nicht wirklich, daher hoffe ich dass diese Interpretation gekippt wird.
Ich denke, wenn der Unterschied nicht so eindeutig auf Mißbrauch hinweisen würde, wäre alles halb so schlimm, aber dass sich Eon & Konsorten auf meine Kosten sanieren ist nicht in Ordnung.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 17:33:10
Wir beamen uns zurück in die Zeit vor über einem Jahr, Juni 2008.
Bordzeit: 11.06.2008 19:27

Zitat
Original von Black
Da stellt sich zunächst die Frage, ob das gesetzliche Preisanpassungsrecht auch in beide Richtungen wirkt. Ob also aus dem Recht des Versorgers zur Erhöhung eine Pflicht zur Absenkung resultiert.

Die letzten BGH Entscheidungen lassen das vermuten.

Ich könnte mir daher vorstellen, dass der BGH in diesem Fall eine Überprüfung des Gesamtbetrages für Zulässig erachtet, jedoch beschränkt auf den aktuellen Zeitpunkt und den Nachweis gesunkener Bezugskosten.

In diesem Fall wäre zu überprüfen ob eine unzulässige Margensteigerung aufgrund einer Kostensenkung stattgefunden hat. Dies wäre aber keine Überprüfung des Ausgangspreises von Anfang an, sondern ab einem  Zeitpunkt X, zu dem eine Kostensenkung behauptet wird. Die Ausgangsmarge bliebe unberührt.


@Black

Haben Sie bisher nur vermutet, was der Inhalt des gesetzlichen Preisanpassungsrechts sein könnte?

War es um die Kenntnis der Versorger um den Inhalt des gesetzlichen Preisanpassungsrechts besser bestellt?

Heißt das nicht etwa auch, dass noch nicht einmal die Versorger wussten, welche Rechte und Pflichten sich aus von ihnen verwendeten Preisanpassungsklauseln gegenüber Normsondervertragskunden ergaben, so dass noch nicht einmal der Klauselverwender selbst sichere  Kenntnis von der vertraglichen Rechte- und Pflichtenlage hatte?

Und sind nicht etwa auch  in Normsonderverträgen Klauseln unangemessen benachteiligend, den den Vertragspartner des Klauselverwenders über die vertragliche Rechte- und Pflichtenlage im Unklaren lassen?

Welche Schlüsse muss man daraus ziehen in Bezug auf die Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB?!

Ich versuche es mal mit Logik:

Die Versorger wussten nicht, dass sie zur Weitergabe gesunkener Kosten verpflichtet waren? Die Kunden wussten dann wohl erst recht nicht, dass sie einen Anspruch auf Preisabsenkung haben?

Und nun, zurück in der Jetztzeit, wo man um die Verpflichtung der Versorger und den spiegelbildlichen Anspruch der Kunden weiß, stellt sich die Frage, wie die Kunden mit solchen Verträgen ihren Anspruch auf Preisabsenkung durchsetzen können.

Haben Sie eine Antwort oder ist es möglicherweise eher so, dass der Anspruch auf Preisabsenkung ins Leere geht und deshalb von einer justitiablen Verpflichtung zur Preisabsenkung keine Rede sein kann, was die Situation jener vergleichbar macht, in der eine solche Verpflichtung von Anfang an im Vertrag nicht vorgesehen ist?!

Eine Verpflichtung, die nicht justitiabel ist, ist keine Verpflichtung.

Ist dann nicht aber der Verwender entsprechender Klauseln Schuld an diesem Zustand, weil er eine klare Regelung zur bestehenden Verpflichtung nicht geschaffen hat und benachteiligt er dadurch nicht seine Kunden unangemessen gem. § 307 BGB?!!!

Wenn Sie uns jetzt sagen, wie Normsonderkunden einen Anspruch auf Preisabsenkung durchsetzen können, dann fahren Sie bitte gleich damit fort, wie Kunden in der Grundversorgung einen solchen Anspruch durchsetzen.

Und dann sind wir ja an dem entscheidenden Punkt.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 17. Juli 2009, 18:24:35
Die Vermutung bezog sich nicht auf den Inhalt des Preisanpassungsrechtes sondern erkennbar auf die Frage wie der BGH seine Preissockelrechtsprechung mit der Rechtsprechung zur Absenkungspflicht vereinbaren wird ohne in Widersprüche zu geraten.

Allein aus der Tatsache, dass Gerichte immer die Möglichkeit haben gesetzliche Normen mit Richterrecht zu füllen ergibt sich keine Intranparenz der Übernahme gesetzlicher Normen in AGB.

Sonst wäre jede AGB Klausel, die zum Beispiel eine \"Haftung nach den gesetzlichen Vorschriften\" vorsieht intransparent, nur weil zum Zeitpunkt der Verwendung den Parteien nicht klar ist, ob der BGH zur Frage der \"gesetzlichen Haftung\" nicht 5 Jahre später ein neues Urteil zum Mitverschulden des unterbevollmächtigten Erfüllungsgehilfen fällen wird.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 18:29:06
@Black

Jetzt lavieren Sie.

Gehen Sie einfach noch einmal ein Jahr zurück:

Zitat
Original von Black
Da stellt sich zunächst die Frage, ob das gesetzliche Preisanpassungsrecht auch in beide Richtungen wirkt. Ob also aus dem Recht des Versorgers zur Erhöhung eine Pflicht zur Absenkung resultiert.

Die Frage muss sich dann doch in Bezug auf Preisanpassungsklauseln bestimmten Typs bei Normsondervertragskunden erst recht gestellt haben, so dass die entsprechenden AGB- Klauseln inhaltlich zu unbestimmt sein müssen. Und wenn sie gestern inhaltlich zu unbestimmt waren, dann sind sie es heute auch noch.

Nicht der Gesetzgeber oder Gerichte getalten den Klauselinhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen, sondern der Klauselverwender trägt die Verantwortung für hinreichend konkrete Bestimmungen bei Meidung der Unwirksamkeit.

Ein vereinbarter Preissockel war noch nie mit einer Verpflichtung zur Preisabsenkung vereinbar.

Dass nenne ich ja den Denkfehler. Sie nennen es Widerspruch, weil wohl auch Ihnen die Logik anderes gebietet.

Wie ist es bei den Normsondervertragskunden mit dem Anspruch auf Preisabsenkung bestellt und wie bei Kunden in der Grundversorgung?!
Sagen Sie uns bitte, wie es geht, damit wir morgen anfangen können.  ;)
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 17. Juli 2009, 18:43:36
Zitat
Original von RR-E-ft

Ein vereinbarter Preissockel war noch nie mit einer Verpflichtung zur Preisabsenkung vereinbar.

Oh doch sehr einfach sogar.

Wenn im Preissockel eine Marge von 50 Einheiten enthalten ist, dann wollen die Verbraucheranwälte gerne, dass das Gericht sich die Preisbildung anschaut und sagt \"nein, nein 30 Einheiten genügen, 50 sind unbillig\" Das wäre die Gesamtpreiskontrolle. Da macht die Rechtsprechung aber nicht mit. Der BGH sagt sinngemäß, wenn der Kunde einen Preis mit 50 Einheiten Marge wählt und vereinbart, dann ist das nicht überprüfbar.

Wenn jetzt aber nun die Kosten des EVU fallen können aus den 50 Einheiten Marge plötzlich 70 werden. Der Kunde kann dann den Preis rügen und das Gericht könnte den Preis soweit herunter fahren, dass wieder \"nur\" 50 Einheiten Marge enthalten sind. Es kann aber nicht auf 30 Einheiten Marge heruntergehen, weil der Sockel \"fest\" ist.

Das ist der Unterschied.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 18:50:17
@Black

Ihre Theorie lässt auf uns und die Gerichte wohl viel Arbeit zukommen.

Bei wem fangen wir morgen am besten an mit der ganz einfachen Margenkontrolle in Ihrem Sinne?

Woher weiß ich, welcher Margensockel mir als Kunde zusteht?
Muss der bei Vertragsabschluss mit angegeben werden?

Da wäre  man bei den Anforderungen, die der III. Zivilsenat des BGH in der Entscheidung vom 15.11.2007 - III ZR 247/06 aufgestellt hatte: Offenlegung der Preiskalkulation in wesentlichen Zügen innerhalb der Preisänderungsklausel selbst.

Hängt die zulässige Marge in Ihrem Sinne vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab, so dass etwa zwei Nachbarn, die ihre Verträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten zum gleichen Tarif abschlossen, Anspruch auf unterschiedliche Margensockel haben?

Oder gilt doch ein einheitlicher Margensockel? Und wenn ein einheitlicher Margensockel für Bestands- und Neukunden gilt, somit in alle Ewigkeit unzulässig abänderlich zu Lasten der Kunden, warum teilt man den dann nicht gleich allen entsprechenden Kunden mit? Dann macht es doch eigentlich auch keinen Unterschied, ob man den Gesamtpreis kontrolliert?

Der Kartellsenat des BGH hatte deshalb in seiner Entscheidung vom 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 9 ff. zutreffend gesagt, eine künstliche Aufspaltung in einen vereinbarten Anfangspreis und einen einseitig bestimmten Folgepreis führt bei Preisen ähnlich Allgemeinen Tarifen zu willkürlichen Zufallsergebnissen.

Ich bekenne, ich will so eine Margenkontrolle, aber nur da, wo eine gesetzliche Versorgungspflicht und eine Verpflichtung zur möglichst preisgünstigen Versorgung besteht und deshalb der Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist.

Bei Sondervertragskunden liegt mir das mehr als fern.

Ich erkenne an, dass Sie nunmehr selbst  für die übergroße Mehrheit der Normsondervertragskunden eine solche Margenkontrolle für notwendig erachten, bei denen keine gesetzliche Regelung eine Billigkeitskontrolle kennt. Interessant wäre zu erfahren, ob es bei Ihnen  etwa zwischenzeitlich ein persönliches \"Damaskus- Erlebnis\" gab.

Ich halte dies aber für rechtsdogmatisch sehr bedenklich.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 17. Juli 2009, 19:31:16
Weder die eine noch die andere Kontrolle ist in meinem Sinne. Es ist nur die logische Möglichkeit die Rechtsprechung des 8. und des Kartellsenates noch halbwegs sinnvoll zu verbinden.

Es war der Kartellsenat, der in einer Entscheidung über eine reine Sondervertragsklausel und deren Wirksamkeit plötzlich der Meinung, war er müsse nun endlich auch mal sagen, wie es in der Tarifversorgung seiner Meinung nach laufen sollte.

Da der Kartellsenat nur sehr schwer eher sachfremde Ausführungen in einer Sondervertragsentscheidung unterbringen konnte musste er offensichtlich über die Unterschiede zwischen Tarif- und Sonderkunde philosophieren. Nur zur Abgrenzung natürlich. Dem Verbraucher wird diese Entscheidung als der Meilenstein der Rechtsfindung verkauft. Natürlich durchbricht sie die ansonsten stimmige Linie des 8. Senates.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 19:44:44
@Black

Sie wollen gar keine Kontrolle wegen der besonderen Vertrauenswürdigkeit der Versorger ?

Der VIII. Zivilsenat sagt am 15.07.2009 es besteht bei der Grundversorgung eine gesetzliche Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten, wobei auf einen vereinbarten Preissockel dabei wohl keine Rücksicht genommen werden kann. Das deutete sich aber auch schon in den Entscheidungen VIII ZR 36/06 und VIII ZR 138/07 an. Dabei machte der VIII. Zivilsenat auch schon deutlich, dass gesunkene Kosten auch zu berückichtigen sind.

Die Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten müsse auch für Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen gelten, wenn die Klausel nicht unangemessen benachteiligend sein soll.

Sie sagen nun:

Bei Normsonderkunden sei diese Verpflichtung in den AGB- Preisanpassungsklauseln schon immer vorhanden (wusste nur keiner davon).

Und jetzt - wo wir es wissen - wollen wir die gesetzliche/ vertragliche Verpflichtung zur Preisabsenkung einem Praxistest unterziehen.

Sie sagen:

Marge bei 30 Einheiten liegt fest, lässt sich einfach kontrollieren.

Kunde A hat den Allgemeinen Tarif zum 01.01.2009 abgeschlossen.
Marge lag bei 30 Einheiten, weiß er nur nicht. Im dezember 2008 lag die Margenhöhe  noch bei 15 Einheiten.

Die Kosten sinken zum 01.04.2009 um 10 Einheiten, (Geschäftsgeheimnis) Preissenkung Fehlanzeige.

Die Kosten sinken zum 01.07.2009 um 10 Einheiten (Geschäftsgeheinis), Preissenkung Fehlanzeige.

Die Kosten sinken zum 01.10.2009 um 5 Einheiten (Geschäftsgeheimnis).

Kunde B hat den gleichen Allgemeinen Tarif wie Kunde A, jedoch erst am 02.07.2009 abgeschlossen.

Nun die Preisfrage:

Welchen Anspruch auf Preissenkung haben Kunde A und/ oder Kunde B
zum welchem Zeitpunkt  und kann dann noch für beide der gleiche Allgemeine Preis gelten?

Anders gewendet:

In welchem Umfange besteht eine Verpflichtung des Versorgers gegenüber diesen Kunden auf Preissenkung? Der Geschäftsführer bekommt Ende September Fracksausen, kommt zu Ihnen, berichtet von den zwischenzeitlich gesunkenen Kosten und fragt an, in welchem Umfang der Allgemeine Tarif nach der neuen BGH- Rechtsprechung nun wann abgesenkt werden muss, um gegenüber allen Tarifkunden, auch gegenüber A und B rechtssicher zu sein.

Wir nehmen Ihre ganz einfache Methode.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 20:05:31
Zuerst würde ich dem Geschäftsführer zu seinem grandiosen Erfolg gratulieren in Zeiten steigender Preise im Jahr bereits 3 mal Kostensenkungen im Rahmen von 25 Einheiten erwirtschaftet zu haben. Bei fehlender Kostensenkung bedeutet das eine nahezu Verdopplung der Marge im Vertragsverhältnis des A von 30 auf 55 Einheiten. Im Verhältnis zum Dezember 2008 fällt das Verhältnis sogar noch besser aus (15 auf 55).

Gedanklich würde ich meinen Stundensatz neu kalkulieren, da das EVU offensichtlich in der Klemme steckt, aber im Geld schwimmt.

Eine solche Margensteigerung (Dezember 2008 - 15 Einheiten, Oktober 2009 - 55 Einheiten wird durch die Kürzungen der Protestkunden nicht mal angekratzt). Hier gilt es nur den Prozess zu vermeiden.

Am Besten wäre eine vollständige Umstrukturierung des Tarifsystems im Herbst 2009 mit einer leichten Kostensenkung.
Titel: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 20:19:06
Zitat
Zuerst würde ich dem Geschäftsführer zu seinem grandiosen Erfolg gratulieren in Zeiten steigender Preise im Jahr bereits 3 mal Kostensenkungen im Rahmen von 25 Einheiten erwirtschaftet zu haben. Bei fehlender Kostensenkung bedeutet das eine nahezu Verdopplung der Marge im Vertragsverhältnis des A von 30 auf 55 Einheiten. Im Verhältnis zum Dezember 2008 fällt das Verhältnis sogar noch besser aus (15 auf 55).

Gedanklich würde ich meinen Stundensatz neu kalkulieren, da das EVU offensichtlich in der Klemme steckt, aber im Geld schwimmt.

Eine solche Margensteigerung (Dezember 2008 - 15 Einheiten, Oktober 2009 - 55 Einheiten wird durch die Kürzungen der Protestkunden nicht mal angekratzt). Hier gilt es nur den Prozess zu vermeiden.

Am Besten wäre eine vollständige Umstrukturierung des Tarifsystems im Herbst 2009 mit einer leichten Kostensenkung.

@Black

Möglicherweise werden Sie aber bei der Beratungspraxis - anders als bisher -  die neue Rechtsprechung des BGH einfließen lassen müssen, dass entgegen gesetzlichen Bestimmungen zu hoch kalkulierte Tarife einen Berugstatbestand erfüllen. Die Entscheidung darüber müssen Sie dem (von Ihnen darüber hinreichend aufgeklärten) Geschäftsführer überlassen.

Nachdem Sie ein entsprechend hohes Honorar abfassten, sollten Sie nicht vergessen, den Geschäftsführer im Falle einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auch regelmäßig in seiner staatlichen Unterkunft zu besuchen. Fraglich, ob der angestiftet wurde.