Forum des Bundes der Energieverbraucher
Energiepreis-Protest => E => Stadt/Versorger => EWE => Thema gestartet von: jroettges am 30. September 2007, 11:00:48
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Am 18. Oktober 2007 ab 11:30 Uhr im Saal 3 des Landgerichts Oldenburg finden die nächsten mündlichen Verhandlungen zu mehreren Klagen gegen die EWE AG statt.
Sicher eine wichtige Station nach dem BGH-Urteil vom 13.06.07!
Alle Mitstreiter im Gaspreisprotest, erscheint zahlreich und zeigt Flagge!
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@jroettges
Sicherlich nicht falsch, am Ausgang des Verfahrens durch Teilnahme an der Verhandlung Interesse zu bekunden.
Gerichtssäle sind aber nicht der richtige Ort, um eine Flagge (welche?) zu zeigen oder aber allgemein zu protestieren.
Die mündliche Verhandlung wird durch vorbereitende Schriftsätze, in denen auch die Anträge der Parteien enthalten sind, vorbereitet.
In der Verhandlung werden diese Anträge gestellt und dann vom Gericht die Sach- und Rechtslage erörtert, insbesondere die mit den Schriftsätzen bisher ausgetauschten Argumente erörtert und ggf. noch Hinweise an die Parteien zu ggf. noch ergänzungsbedürftigem Vortrag gegeben.
Wer den Inhalt dieser vorbereitenden Schriftsätze nicht kennt, für den wird es manchmal schwer, dem Inhalt einer solchen Verhandlung zu folgen.
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@jroettges
Das LG Oldenburg verhandelt am 18.10.2007 über insgesamt fünf Verfahren gegen die EWE, nämlich um 11.00, 11.30, 12.00, 12.15, 12.30 Uhr.
Früher da zu sein, kann sich deshalb lohnen.
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Es gibt keine Sammelklagen in Deutschland...
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@Crazycreek
Da mögen Sie gut aufgepasst haben. ;)
Die genannten Gerichtstermine sind aber trotzdem vom Gericht so bestimmt worden und wer alles mitbekommen möchte, sollte rechtzeitig da sein. Der Termin um 11.30 Uhr betrifft zum Beispiel 37 Sondervertragskunden (Sonderabkommen S I), die sich zu einer Streitgenossenschaft zusammengefunden haben. Über die gemeinsame Klage dieser Kläger wird also verhandelt werden.
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genau, das haben sie vollkommen Recht,
Streitgenossenschaft und gemeinsame Klage. :)
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@jroettges
Es soll bereits um 11.00 Uhr mit der ersten Verhandlung losgehen. Wer zu spät kommt...bekommt keinen Sitzplatz mehr.
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Terminsliste (http://www.landgericht-oldenburg.niedersachsen.de/master/C17474198_N5315801_L20_D0_I4799805.html)
Landgerichts Oldenburg
Elisabethstraße 7 Telefon: 0441/220 - 2401
26135 Oldenburg Fax:
0441/220 - 2435
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Pressemitteilung vom 01. Oktober 2007
Presseinformation zu den Terminen in Zivilverfahren mit Beteiligung der EWE AG
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Seit Anfang des letzten Jahres sind bei der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg mehrere erst- und zweitinstanzliche Zivilverfahren anhängig, in denen sich Verbraucher gegen die seitens der EWE AG vorgenommene Gaspreiserhöhung/-festsetzung wenden.
In sämtlichen Verfahren ist für Donnerstag, den 18.10.2007, Saal 7, jeweils ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt worden:
11.00 Uhr - Az.: 9 O 656/06 - und
11.30 Uhr - Az.: 9 O 403/06
In diesen beiden erstinstanzlichen Verfahren haben insgesamt 48 bzw. 37 Kläger aus dem Raum Oldenburg und Ostfriesland am 09.02.2006 bzw. 03.03.2006 jeweils eine Sammelklage gegen die EWE AG erhoben, mit der sie die gerichtliche Feststellung der Unangemessenheit der am 01.09.2004, 01.08.2005 und 01.02.2006 vorgenommenen Gaspreiserhöhung begehren. Außerdem wollen die Kläger festgestellt wissen, dass sie nicht zur Zahlung des entsprechenden Erhöhungsbetrages verpflichtet sind, solange kein angemessener Gastarif festgesetzt wird.
In ihrer Klageerwiderung hat die beklagte EWE AG u. a. eingewandt, dass ihre eigenen Bezugskosten deutlich gestiegen seien und sie diese Kostensteigerungen auf die Kunden habe umlegen müssen, wobei die Umlage noch so maßvoll vorgenommen worden sei, dass dadurch die erhöhten Bezugskosten nicht einmal vollständig abgedeckt werden könnten.
12.00 Uhr - Az.: 9 S 59/06
12.30 Uhr - Az.: 9 S 770/06
13.00 Uhr - Az.: 9 S 561/06
Auch in diesen Berufungsverfahren wenden sich mehrere Verbraucher gegen die seit dem 01.09.2004 durch die EWE AG vorgenommenen Gaspreiserhöhungen. Sie möchten gerichtlich festgestellt wissen, dass der geänderte Gastarif insgesamt unbillig und unwirksam ist. Das Amtsgericht Oldenburg hat in seinen Urteilen vom 21.12.2005, 20.07.2006 und 16.11.2006 in sämtlichen Verfahren die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die beklagte EWE AG zu den günstigsten Anbietern unter den Energieversorgern zähle und daher nicht von einer Unangemessenheit ihrer Festsetzung des Gastarifs ausgegangen werden könne. Den Klägern sei als Kunden auch kein allgemeiner Anspruch auf Offenlegung der Preiskalkulation durch die Beklagte zuzusprechen. Ein solcher sei nur dann zu bejahen, wenn bei der Preisfestsetzung ein Rechtsmissbrauch durch Preisabsprachen zwischen den Gasversorgern vorliege, wovon hier aber nicht die Rede sein könne.
Entscheidende Vorschrift im Streit um die Angemessenheit der Gaspreiserhöhungen in den letzten Jahren ist § 315 BGB (insbesondere Absatz 3). Die Norm lautet wie folgt:
BGB - § 315. Bestimmung der Leistung durch eine Partei
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) 1 Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. 2 Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Die o. g. Verfahren waren zunächst mit Rücksicht auf zwei zu erwartende Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zum Thema „Gaspreiserhöhung“ ausgesetzt worden.
Künftige Entscheidungen des Landgerichts Oldenburg hierüber werden gesondert mitgeteilt werden.
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Die Kammer will am 22. November 2007 ihre Entscheidung verkünden.
Die Verhandlungen heute haben erkennen lassen, dass das Gericht:
- die Sonderverträge der EWE (S1) als Tarife
innerhalb der Grundversorgung ansieht
- für die §4 AVBGasV ein einseitiges Preisbestimmungsrecht einräumt
- die Billigkeit der Preiserhöhungen (nur diese) nach §315 prüfen will
- dazu kein eigenes Gutachten sondern die von der EWE gestellten Testate der Wirtschaftsprüfer anerkennen will
[/list]
In den ohnehin sehr günstigen Tarifen der EWE sieht das Gericht einen wichtigen Indikator für die Billgigkeit der Preise. Außerdem hat die beklagte EWE das Rostocker Urteil als Beleg für ihre Auffassung eingebracht.
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Und warum werden diese Punkte nicht von den Verbrauchern massiv bestritten? Ich verstehe es nicht...
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Möglicherweise hat niemand das Gericht darauf aufmerksam gemacht, dass sich aus den Veröffentlichungen der EWE eindeutig ergibt, dass es sich bei den Sonderabkommen S 1 und S 2ausdrücklich nicht um die Allgemeine Versorgung gem. § 10 EnWG 1998 handelte. Folglich konnte schon gem. § 1 AVBGasV die Verordnung gar keine Anwendung finden.
Möglicherweise haben die Kläger Anträge auf gerichtliche Billigkeitskontrolle anstatt auf Feststellung der Unwirksamkeit der Preiserhöhungen gestellt, was sich als fatal erweisen kann, weil es auch ein wohlwollendes Gericht in die falsche Richtung treibt:
Schließlich muss eine Klage auf gerichtliche Billigkeitskontrolle auch dann abgewiesen werden, wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB (wie im Falle von Sonderabkommen) nicht besteht.
Möglicherweise wollte das Gericht dehalb den Klägern entgegen kommen und dehalb eine Billigkeitskontrolle nur der Preiserhöhung ausschließlich anhand des unbestrittenen Parteivortrages durchführen.
Wer zuviel mit Billigkeitskontrolle argumentiert, kann als Verbraucher auch ins Hintertreffen gelangen.
Herr Kollege Dr. Kunth überzeugte die Kammer in der Verhandlung davon, dass er des Lesens mächtig ist und las mit mehr oder minder guter Betonung aus dem Berufungsurteil des Landgerichts Rostock vor.
Dessen Zustandekommen kann man sich wohl nicht anders erklären, als dass der dortige Kläger und Berufungskläger noch vor dem Amtsgericht eine gerichtliche Billigkeitskontrolle beantragt hatte, die das Amtsgericht Rostock allein wegen der vom Kläger nicht nachgewiesenen Monopolstellung der Stadtwerke abgelehnt hatte.
Offensichtlich wollte das Landgericht Rostock die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des AG Rostock nicht allein deshalb zurückweisen, weil schon gar kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bestand und § 315 BGB gar keine Anwendung findet, sondern für den Berufungskläger zumindest eine Billigkeitskontrolle der Erhöhung durchführen.
Das geht aber regelmäßig nicht ohne unzulässige Sachverhaltsquetsche. Und gequetscht wurde bei diesem Urteil noch und noch.
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Das wäre ja ähnlich dem aktuell so heiß diskutierten letzten \"Gasurteil\" des BGH, wobei ich die mangelnde Vorbereitung meine. Wir können hier nur spekulieren, was die Gründe sind.
Aber warum kann so etwas passieren, wenn man doch eigentlich gut vorbereitet in so eine Verhandlung geht - bzw. gehen sollte?
Es scheint sich zu zeigen, daß es nicht so ohne weiteres möglich ist, einen (beliebigen) RA zu beauftragen, auch wenn er sich als Kenner der Materie zu erkennen gegeben hat.
Macht es eigentlich Sinn, wenn sich ein RA VOR der (Gegen-)Klage mit Ihnen, sozusagen als \"Berater\", in Verbindung setzt?
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@Thomas S.
An der fachlichen Kompetenz des Kollegen, der heute die Kläger vertreten hat, bestehen keinerlei Zweifel, ebensowenig an der Kompetenz des Kollegen, der sich in Untervollmacht in einigen der Termine vertreten ließ und die Schriftsätze gefertigt hatte. Welche Kollegen die Berufungskläger in erster Instanz vor dem Amtsgericht vertreten hatten, weiß ich nicht.
Es macht keinerlei Sinn, wenn sich irgendein Kollege vor seiner Verhandlung mit mir in Verbindung setzt. Ich bin weder eine Telefonauskunft oder -beratung, noch von der Heilsarmee und muss mir die Honorare in den Verfahren, die ich selbst betreue, auch selbst hart erarbeiten. Es ist wohl so, dass sich auch Bäcker und Fleischer nicht gegenseitig anrufen, um ihre eigenen Rezepte untereinander auszutauschen. Nicht nur Gasversorger haben Geschäftsgeheimnisse, auf denen der Erfolg beruht. Wir Anwälte stehen in einem harten Wettbewerb auf dem Beratungsmarkt.
Wenn der Bund der Energieverbraucher oder die Verbraucherzentralen aber Rechtsanwälte besonders schulen wollten, dann können sie das tun und sicher auch geeignete Referenten für solche Veranstaltungen gewinnen.
Nun warten wir einfach mal ab.
Vor der Verkündung der Oldenburger Urteile liegt erst noch die Verkündung des womöglich richtungsweisenden Berufungsurteils des OLG Bremen.
Der heutige Verhandlungstag in Oldenburg sollte für keinen EWE- Kunden Veranlassung sein, sich entmutigen zu lassen oder aufzugeben. Zusammengezählt wird immer erst am Ende.
Unvergessen der Verhandlungstag vor dem Landgericht Dresden in Sachen Enso, wo sich Herr Kollege Dr. Kunth auch bereits nach Schluss der mündlichen Verhandlung am Ziel wähnte. Dann kam doch alles ganz anders und selbst in der Berufungsverhandlung vor dem OLG Dresden wurde ihm das Pferd unter dem Hintern sogleich noch wieder weg gezogen. Verblüffend epochemachend.
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Die EWE- Gaspreise in den alten Bundesländern liegen geringfügig unter den EWE - Gaspreisen in Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern.
Verblüffend ist aber, dass die Netzentgelte in den alten Bundesländern weit niedriger liegen als im Osten. Im Westen findet auch die kostengünstige Eigenförderung der EWE statt. Obwohl also die EWE- Gaspreise im Westen insgesamt etwas niedriger liegen, ist die darin einkalkulierte Vertriebsmarge als Gewinnanteil wohl noch weit höher als die im Osten.
Das sollte man sich gewiss einmal genauer ansehen. Denn im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass EWE auch im Westen mit einer geringeren Marge auskommen könnte, die Preise dort jedenfalls noch stärker abgesenkt werden könnten, wenn es auf eine möglichst preisgünstige, effiziente Energieversorgung ankommt.
Der Gaspreis, der auf den ersten Blick günstiger erscheint, enthält auf den zweiten Blick also noch viel mehr Gewinn und ist deshalb noch stärker unbillig. Famos.
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Moin Leute,
Hier im EWE-Land gibt es zurzeit eine rege Diskussion darüber, ob es klug gewesen ist. die EWE per Sammelklage wegen ihrer Preise und Erhöhungen anzugehen.
Offenbar ist Oldenburg kein gutes Pflaster, um gegen die EWE zu prozessieren. Zu kürzen und darauf zu warten, dass man von der EWE verklagt wird, mag bessere Erfolgsaussichten haben. Wenn aber die anstehenden Klagen scheitern, werden auch diejenigen schlechtere Karten haben, die konsequent kürzen und auf eine Klage der EWE zuwarten. Die EWE wird unter Verweis auf zu ihren Gunsten ergangener Urteile in den Ring steigen. Daher sollten wir alle ein gemeinsames Interesse daran haben, dass die aktuellen Klagen erfolgreich für den Gasprotest ausgehen und uns dafür voll einsetzen.
Mich hat in den Verhandlungen am 18. Oktober der Winkelzug der EWE-Anwälte verblüfft, die ehemaligen S-Tarife und den derzeitigen Tarif EWE Erdgas classic kurzerhand als Tarif der Grundversorgung zu titulieren, damit nun das milde Licht des BGH-Urteils darauf fallen kann. Mehr noch hat mich allerdings verblüfft, dass die Anwälte der Klägerseite dazu keinen Ton gesagt haben. Hoffentlich gibt es in den Schriftsätzen der Klägeranwälte dazu eine klare, auch für Richter Boklage verständliche Gegenposition. Wenn nicht, könnte sich dies als die Achillesverse aller Klagen erweisen. Richter Boklage scheint ja bereit zu sein, diesem Licht zu folgen, weil er sonst nur unheimliche Dunkelheit sieht.
Die EWE stellt in ihren Publikationen und in ihrem Internetangebot den Tarif EWE Erdgas classic eindeutig neben und damit außerhalb die Grundversorgung. Dazu ein Auszug aus dem EWE Infobrief Nr. 5 vom Februar 2007 (http://www.egnw.de/download/0710_EWE_GasTarife.jpg). Die EWE bietet in der Grundversorgung zwei Preisstufen G I und GII an, die abhängig vom Verbrauch bis oder ab 7.059 kWh gelten. Der Tarif EWE Erdgas classic steht also in eindeutiger Konkurrenz zum Grundversorgungstarif G II.
Übrigens hat die EWE uns als Widersprüchler und Verweigerer einer Unterschrift unter einen neuen Vertrag im Mai 2007 zwangsweise in den Grundversorgungstarif G II versetzt, wobei wir diesem einseitigen Willkürakt natürlich schärfstens widersprochen haben und ebenso natürlich keinen Cent mehr zahlen. Würde es sich beim Tarif EWE Erdgas classic um einen Tarif der Grundversorgung handeln, warum hat dann die EWE uns nicht einfach in diesen Tarif eingestuft? Nein sie hat uns diesen Tarif quasi vorenthalten, um unsere Unbotmäßigkeit zu bestrafen.
In unserem mehrjährigen Schreibekrieg mit der EWE hat es auch nie den leisesten Hinweis darauf gegeben, dass es sich beim Tarif Sodervereinbarung S1 und den nun nachfolgenden Tarifen nach Ansicht der EWE um Tarife innerhalb der Grundversorgung handelt. Auch der zwischen der EWE und uns in 1995 abgeschlossene Vertrag trennt beide Seiten noch sauber voneinander.
Die Kläger sind also gut beraten, diesen schäbigen Trick der EWE-Anwälte als solchen zu entlarven und die vorhandenen guten Argumente dagegen zu setzen. Wenn es einer kann, sollte er die Fakten auch Herrn Richter Boklage mal stecken.
mit solidarischem Gruß zum Wochenende
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@jroettges
Es sollte sich niemand verrückt machen lassen.
Die Sammelklagen sind richtig und wichtig.
Neben den Oldenburger Prozessen gibt es auch nach das Verfahren vor dem Kartellsenat des LG Hannover und das Verfahren vor dem LG Frankfurt/ Oder.
In den Kundeninformationen zur Sondervereinbarung der EWE AG zum 01.09.2004 und zum 01.08.2005 war unter 1.2 ausdrücklich aufgeführt:
\"Diese Sondervereinbarung ist kein Allgemeiner Tarif im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes\"
Es handelte sich gem. Punkt 2 ausdrücklich um Sondergaspreise.
Damit steht fest, dass die Sondervereinbarungen S I und S II , nunmehr umbenannt in EWE Erdgas Classic, keine Allgemeinen Tarife im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes waren, auf welche die AVBGasV als Verordnung überhaupt nur Anwendung fand (vgl. § 1 AVBGasV).
Sicher tut auch der Prozessbevollmächtigte der EWE gut daran, seine Brille zu putzen, dies nochmals genau nachzulesen und dies selbst schleunigst richtig zu stellen, sollte er im Eifer des Gefechts unwahre Tatsachen in der Verhandlung zum Vortrag gebracht haben. Des Lesens selbst soll er ja mächtig sein. Dass er vielleicht aufgrund gewisser Betagtheit schon etwas tuttelig ist und deshalb im Eifer eines Gefechts schon einmal Sachen durcheinander bringt, mag man ihm ggf. noch nachsehen. Nicht nachsehen würde man, wenn keine unverzügliche Richtigstellung dazu erfolgt.
Möglicherweise waren auch Juristen der EWE in der Verhandlung zugegen, die dem Prozessbevollmächtigen ggf. sogleich hätten ins Wort fallen müssen, weil sie es selbst besser wissen (müssen).
Sollten die EWE- Anwälte demgegenüber tatsächlich wahrheitswidrig etwas anderes im Prozess vorgetragen haben und daran weiter festhalten, dann gibt es dafür klare prozessuale und strafrechtliche Regelungen. Und sicher sind auch die Juristen- Kollegen bei den Staatsanwaltschaften des Lesens mächtig und ganz gewiss nicht nur des Lesens.
Wenn Zuschauer des Prozesses sich an enstprechende Aussagen des Prozessbevollmächtigten der EWE erinnern, wonach es sich bei den Sonderpreisen S I um Allgemeine Tarife im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes handelt, sollten sie dies schleunigst als Gedankenstütze zu Papier bringen, so dass sie selbst auch mit Zeugenaussagen, eidesstattlichen Versicherungen für diese Tatsatsache später zur Verfügung stehen können. Es müssen doch einige Zuschauer (nicht Kläger) Zeugen des entsprechenden Vortrags geworden sein. Diese sollte man nach Möglichkeit feststellen, um sie zu benennen, wenn die objektivste Behörde der Welt den Sachverhalt später aufklären wollte.
Vorsorglich also schon einmal eine Zeugenliste mit Anschriften zusammenstellen.
Im Übrigen ist es so, dass EWE selbst Erdgas fördert und nach Deutschland importiert bzw. an der Erdgasförderung und am Import beteiligt ist.
Der Wert der Ware Erdgas hatte sich laut amtlicher Statistik des BAFA Eschborn gegenüber April 2003 und November 2004 bis zum Mai 2005 gerade einmal von 1,31 Ct/ kWh auf 1,45 Cent/ kWh erhöht.
Preiserhöhung der EWE zum 01.09.2004 jedoch 0,40 Cent/ kWh (netto).
Der Wert der Ware Erdgas hatte sich laut amtlicher Statistik des BAFA Eschborn gegenüber Abril 2003 und November 2004 bis zum November 2006 gerade einmal von 1,31 Cent/ kWh auf 2,23 Cent/ kWh um 0,92 Cent/ kWh erhöht.
Die kumulierten Preiserhöhungen der EWE in dieser Zeit betrugen 1,510 Cent/ kWh (netto).
EWE behauptet dabei eine kumulierte Bezugskostensteigerung in dieser Zeit um 1,816 Cent/ kWh, was angesichts des vom BAFA amtlich festgestellten Anstiegs des Werts der Ware Erdgas an der deutschen Grenze in selber Zeit um lediglich 0,92 Cent/ KWh überhaupt nicht nachvollziehbar ist.
EWE behauptet, ohne eine plausible Erklärung dafür zu haben, dass ihre Beschaffungskosten doppelt so stark gestiegen seien wie der Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze. Wie denn das?
Einzige Begründung: weltweit gestiegene Energienachfrage, vornehmlich in aufstrebenden Volkswirtschaften wie China und Indien.
Diese führte indes allein zum Anstieg des Werts der Ware Erdgas an der deutschen Grenze um lediglich 0,92 Cent/ kWh.
Dass da wohl etwas nicht stimmen kann, liegt wohl offen auf der Hand.
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Ich habe den Kollegen der EWE- Rechtsabteilung heute folgende Mail geschickt:
Sehr geehrter Herr Kollege Darimont,
sehr geehrter Herr Kollege Grabow,
einige Kunden Ihres Unternehmens, die an den Gaspreis- Verhandlungen am 18.10.2007 vor dem Landgericht Oldenburg teilgenommen haben, meinen, sich an einen Vortrag Ihres Prozessbevollmächtigten zu erinnern, wonach es sich bei den Sondergaspreisen S I um Allgemeine Tarife im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes handelt, auf welche die AVBGasV unmittelbar Anwendung findet.
Sollte es einen solchen Vortrag tatsächlich gegeben haben, wäre er aus meiner Sicht wohl schleunigst richtig zu stellen.
Bitte hier lesen:
18.10.07 Verhandlung beim LG Oldenburg (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=34233#post34233)
Freundliche kollegiale Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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Original von Thomas S.
Und warum werden diese Punkte nicht von den Verbrauchern massiv bestritten? Ich verstehe es nicht...
Wer behauptet das? Die in den Wirtschaftsprüferstellungnahmen aufgestellten Behauptungen, wonach ausschlließlich Bezugskostensteigerungen weitergegeben worden sein sollen, wurden meines Wissens in allen Verfahren detailliert bestritten.
Die für mich prozessrechtlich relevante Frage lautet:
Wie will das Gericht dann um eine Beweisaufnahme dazu herumkommen?
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@uwes
Ggf. sollte man jetzt dem Gericht das Sondergutachten 49 der Monopolkommission (http://www.monopolkommission.de/sg_49/text_s49.pdf)
vom heutigen Tage vorlegen, wonach es keinen wirksamen Wettbewerb gibt und der BGH eine unzutreffende Marktabgrenzung vorgenommen hat (vgl. S. 140, 152f.), was nicht verwundert, weil für Fragen der Marktabgrenzung eigentlich der Kartellsenat zuständig ist.
Aus OLG Frankfurt/ M., Urt. v. 19.09.06 - 11 U 44/05 zum Bedarfsmarktkonzept:
An dieser zutreffenden Marktabgrenzung ändert es nichts, wenn die Beklagte im fraglichen Zeitraum in der Lage gewesen sein sollte, Dieselkraftstoff für den Betrieb ihres Eisenbahnunternehmens von Drittlieferanten zu beziehen. Denn sie hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie nur über eine Diesellok, aber über mehrere Elektrolokomotiven verfügt. Der sachlich relevante Angebotsmarkt bestimmt sich nach dem Bedarfsmarktkonzept. Danach sind sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet hält, abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, marktgleichwertig.
Stehen unterschiedliche Systeme zur Bedarfsdeckung zur Verfügung, so ist eine Austauschbarkeit zu verneinen, wenn nach den Verbrauchsgewohnheiten der Abnehmer nicht davon auszugehen ist, dass diese von einem System zum anderen wechseln. So sind trotz der objektiv gegebenen Substituierbarkeit verschiedene Energieträger, die den gleichen Bedarf nach Raumwärme decken, nicht unbedingt als austauschbar anzusehen, da die Umstellung von einem Heizungssystem auf das andere, z. B. von Gas auf Heizöl, unter Umständen erhebliche Kosten verursacht. Selbst bei Produkthomogenität kann es an der funktionellen Austauschbarkeit und damit an einem einheitlichen Markt fehlen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Abnehmer Anpassungsleistungen erbringt, um vorhandene Unterschiede in der Aufmachung des Angebots zu überwinden. Insbesondere fehlt es an einer zumutbaren Ausweichmöglichkeit, wenn sie mit besonderen Kostenaufwendungen verbunden ist (Götting in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht § 19 Rn. 13f; Langen/Bunte/Schultz, Kartellrecht, 10.Aufl. § 20 Rn. 53 ff ). Die von der Klägerin als ihr günstig zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 23.02.2005 scheint diesen Umstand nicht zu berücksichtigen, sondern ohne weiteres von der Austauschbarkeit zwischen Fernwärme, Öl, Gas und Elektrizität auszugehen.
Siehste auch hier Seite 66. (http://www.uni-koeln.de/jur-fak/central/archiv/veranstaltungen/ss00/wbskript2.pdf)
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Als Zuhörer der mündlichen Verhandlung vor dem LG Oldenburg am 18.10.07 wegen der EWE Gaspreise habe ich mich zunächst mal doch sehr gewundert, daß eine schriftliche Protokollführung lt. Richter Boklage aus Kostengründen nicht möglich sei.
Da gehen natürlich große Teile des Argumentationsaustauschs schlicht und einfach unter den Teppich.
Ist es überhaupt zulässig, daß ein vorsitzender Richter selber per Diktiergerät protokolliert ?
Ich habe deshalb gleich am nächsten Tag ein Gedächtnisprotokoll erstellt :
Es ist ja schon ziemlich fatal, daß die Justiz lt. Richter Boklage überfordert sein könnte mit dem Thema „Gaspreiserhöhung“ und daß er meint, da wäre die Politik gefragt. So kann man natürlich sehr bequem eine Entscheidung auf der Grundlage bisher ergangener Gerichtsurteile und gesetzlicher Gegebenheiten treffen. Gesunder Menschenverstand bleibt da besser außen vor.
„Was wir wissen müssen, haben wir“ ! so Richter Boklage im Hinblick auf eine LG Entscheidung am 22.11. bzw. 29.11.07.Das Gericht argumentiert:
[list=1]- Die EWE ist immer noch einer der preiswertesten Anbieter im Markt
- Es liegen „unabhängige“ Wirtschaftgutachten vor, die belegen, daß die EWE tatsächlich nur erhöhte Bezugskosten weitergegeben hat.
- Die enorm gesteigerten Bilanzgewinne der letzten drei Jahre, extensives Engagement im Ausland oder Sponsoring von Sport und Kultur/Wissenschaft spielen für eine Entscheidungsfindung keine Rolle.
[/list=1] Darüberhinaus ist fraglich, ob man eine Revision des zu erwartenden Urteils zulassen wird angesichts einer Vielzahl bereits ergangener Urteile einschl. der BGH Entscheidung vom 13.6.07. Da bliebe dann möglicherweise nur noch eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO. In der Verhandlung für mehrere Klagen haben nach meinem Eindruck die RA’e der Kläger gegenüber der EWE Präsenz keine überzeugende Vorstellung gegeben. Einzig RA Adler hat in eigener Sache deutliche Worte gesprochen. Als Protestgemeinde müssen wir wohl konstatieren, daß die Entscheidung einiger Verbraucher, die EWE aktiv zu verklagen, ein gravierender strategischer Fehler war. Nach meiner Ansicht hat diese Vorgehensweise die Erfolgsaussichten der Protestler auf eine Verurteilung der EWE wahrscheinlich doch erheblich geschwächt. Besser wäre wohl gewesen, sich von der EWE verklagen zu lassen !!Die Diskussion um die rechtliche Bedeutung von Sondertarifen und Grundversorgung ist mir unverständlich geblieben.Inzwischen habe ich die EWE Jahresabrechnung 2006/07 erhalten und umgehend zurückgewiesen, da diese wieder auf der Basis der nach §315 bestrittenen Preissteigerungen erstellt wurde.
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Hier die Presseerklärung (http://www.egnw.de/download/071122_LG_OL_EWE.pdf) zum Urteil des LG Oldenburg vom 22.11.07.
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Jetzt sollte man erst einmal die Urteilsbegründungen abwarten und dann sehen, ob man etwa in Berufung geht.
Pressemitteilung der EWE (http://www.ewe.de/363_6909.php?navpoint=1.1)
Die Kläger hatten sich damit durchgesetzt, dass das Landgericht Oldenburg für die Billigkeitsentscheidung zuständig ist, und nicht das Landgericht Hannover als Kartellgericht, wie es EWE verlangt hatte.
Dann müssen die Kläger wohl auch geltend gemacht haben, dass eine Billigkeitskontrolle stattzufinden hat.
Deren Voraussetzungen liegen jedoch nach dem Urteil des BGH vom 13.06.2007 dann nicht vor, wenn die Parteien nicht bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einer Vertragspartei zur einseitigen Festlegung der Preise vereinbart hatten und wenn sich ein Recht zur Preisänderung auch nicht aus dem Gesetz ergibt.
Gegenüber Sondervertragskunden S I ergibt sich kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht aus dem Gesetz, weil die AVBGasV als Rechtsverordnung auf diese Vertragsverhältnisse, bei denen es sich ausdrücklich nicht um die Versorgung gem. § 10 EnWG 1998 handelte, nicht zur Anwendung kam.
Sicher wurde ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Preise auch nicht bei Vertragsabschluss vereinbart. Hätte es eine entsprechende vertragliche Vereinbarung bei Vertragsabschluss gegeben, so unterlägen die zuletzt festgelegten Preise insgesamt, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB.
So kann der Fall nicht gelegen haben, weil das Gericht es ablehnte, einen \"Preissockel\" zu prüfen.
Die Wirksamkeit von Preisänderungsklauseln innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen bemisst sich allein nach § 307 BGB. Entsprechende Klauseln müssen dem Transparenzgebot entsprechen.
Meines Erachtens hätte also vorliegend gar keine Billigkeitskontrolle stattfinden dürfen, weil schon die Voraussetzungen für eine solche gar nicht vorlagen. Das Gericht hätte vielmehr feststellen müssen, dass ein Recht zu einseitigen Preisänderungen nicht besteht, die Preisänderungen deshalb unwirksam sind (so auch OLG Bremen).
Wenn die Kläger jedoch auf eine gerichtliche Billigkeitskontrolle gedrungen haben sollten, obschon die Voraussetzungen für eine solche gem. § 315 BGB schon gar nicht vorlagen, dann ist ihnen wohl auch nicht recht zu helfen. :rolleyes: