Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: RR-E-ft am 02. November 2006, 14:00:03

Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 02. November 2006, 14:00:03
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/2006_11_02.shtml

http://www.energate.de/news/86258

Mancher wird denken: Schade eigentlich.

Klar ist, dass Sondervertragskunden sich nur gegen die Preiserhöhungen wehren können, seien diese wegen § 307 BGB unwirksam oder aber ein inseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart und die Bestimmung unbillig gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Nur Tarifkunden können die letzte Tariffestsetzung insgesamt als unbillig rügen.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: traderhans am 03. November 2006, 13:14:05
Letzendlich ist die Konsequenz daraus, daß nur Tarifkunden auf Null kürzen dürfen.

So, nun bin ich Sonderkunde und zahle den bei Vertragsabschluß vereinbarten Preis plus eines mir angemessen erscheinenden Aufschlages.

Gewehrt habe ich mich aber seit 2004 gegen den Gesamtpreis.
Das steht mir zwar nicht zu, aber ich habe ja auch nicht auf Null gekürzt.
Könnte es da trotzdem Probleme geben?
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 13:25:27
@traderhans

Das Problem könnte darin bestehen, dass man sich selbst nicht erklären kann, weshalb man überhaupt mehr zahlt, wenn es im ursprünglich geschlossenen Vertrag schon keine wirksame Preisanpassungsklausel gibt, weil diese unwirksam ist.

Richtig problematisch kann es werden, wenn die Ehefrau kurz vor Weihnachten nach den Gründen dafür fragt. :wink:
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: traderhans am 03. November 2006, 13:44:22
Gut, also juristisch kein Problem.

Den freiwilligen Anteil habe ich geleistet, da es einem von Anfang an so in Musterschreiben freigestelt wurde, die Erhöhung ganz zu verweigern oder eben einen kleinen mir angemessen erscheineden Aufschlag zu zahlen.
Liege aber mit ca. 4,7ct/kWh nicht weit über dem Starttarif von 09/2004.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 13:51:46
@traderhans

Es ist doch immer freigestellt, mehr zu zahlen, als man verpflichtet ist.
Erklären muss man es den Ehefrauen, die oft ihre eigenen Vorstellungen davon haben, was mit dem Haushaltsgeld zu geschehen hat. :wink:

Aber wer hat schon Ehefrauen.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: ESG-Rebell am 03. November 2006, 14:36:30
Zitat von: \"RR-E-ft\"
Das Problem könnte darin bestehen, dass man sich selbst nicht erklären kann, weshalb man überhaupt mehr zahlt, wenn es im ursprünglich geschlossenen Vertrag schon keine wirksame Preisanpassungsklausel gibt, weil diese unwirksam ist.


Das ist genau der springende Punkt. :!:

Mein Vertrag mit der Erdgas Südwest GmbH stuft mich als Sondervertragskunde ein.

Es ist keine Preisanpassungsklausel enthalten.

Laut der Geschäftsberichte der EnBW (2002 bis 2005) hat sich diese strukturell
stark verändert. Durch Zerschlagung und Einverleibung anderer Unternehmen
(z.B. NWS) sind auch die Tochterunternehmen (wie die ESG) davon betroffen.

Der Gasumsatz hat sich vervierfacht und die Mitarbeiterzahl halbiert.

Durch ein Sparprogramm konnte die EnBW allein zwischen 2003 und 2005 Kosten
in Höhe von rund 850 Mio. Euro einsparen.

Nahezu alle Kalkulationsgrundlagen für den Gasverkaufspreis
müssen sich daher verändert haben.


Was den anfänglichen Preis betrifft, so stehe ich auf folgendem Standpunkt:

Zum einen hat die ESG schon den anfänglichen Preis einseitig bestimmt:

In den AGB, die in den Vertrag eingebunden wurden, wird einerseits behauptet,
dass der Kunde sich zwischen den "Sondertarifen" und dem "Allgemeinen Tarif" zu
entscheiden habe. Andererseits behält sich die ESG vor, diese Tarifeinstufung bei
Änderung des Verbrauchsverhaltens anzupassen und dass im Zweifel die ESG über die
Tarifeinstufung entscheiden darf.

Die Tarifpreise in den Gruppen "Sondertarife" und "Allgemeine Tarife" werden von
der ESG bekannt gegeben. Innerhalb der Tarifgruppen wird jeweils eine "Bestabrechnung"
vorgenommen; der Kunde also in den für ihn günstigsten Tarif eingeordnet.

Die ESG kann die angebliche "Entscheidung" des Kunden also bereits Minuten nach
Vertragsabschluss einseitig revidieren und damit im Ergebnis auch den anfänglichen
Preis einseitig festsetzen.


Zum anderen kann ich überhaupt nicht einsehen, warum der anfängliche Preis angesichts
offensichtlich starker Änderungen der Kalkulationsgrundlagen über einen längeren
Zeitraum oder gar unendlich lang gelten soll.

Es kann sehr wohl sein, dass mir die EnBW bei Erwirtschaftung eines angemessenen
Gewinns (7%) das Gas für einen geringeren Preis als den vom November 2003
verkaufen könnte.

Aktuell (Mitte 2006) liegt die Eigenkapitalrendite der EnBW AG bei über 60% :!:

In anderen Wirtschaftszweigen sind ebenfalls Dauerverträge üblich.

Versicherungs- oder Handyverträge laufen üblicherweise ein Jahr und verlängern sich
stillschweigend, wenn sie nicht gekündigt werden. Selbstredend kann der Kunde sich
kurz nach Vertragsbeginn nicht über den anfänglichen Preis beschweren, auf den er
sich gerade erst eingelassen hat. Dafür kann er rechtzeitig kündigen und im kommenden
Jahr zu einem Mitbewerber wechseln.

Selbst bei ausbleibenden Preiserhöhungen kann der geforderte Preis unbillig
überhöht werden, wenn die ESG Einsparungen nicht weitergibt (Mitnahmeeffekte).

Als Alt-Kunde kann ich mich durch eine Kündigung jedoch nicht den Preisforderungen
der ESG entziehen, da es keine anderen Anbieter gibt und ich meine Heizung andernfalls
umrüsten müsste.


Konsequenterweise habe ich die ESG aufgefordert, mir zukünftig jährlich zu Beginn einer
Abrechnungsperiode nachzuweisen, dass der geforderte Preis (noch immer) angemessen ist :!:

Desweiteren habe ich meine Nach- und Abschlagszahlungen (bis zur Festsetzung durch ein
Gericht und ohne Anerkennung einer Forderung) auf der Basis eines Preises festgesetzt,
der nur aus unstrittigen bzw. geschätzten Komponenten besteht:

zzgl. Umsatzsteuer 19% . . . . . . . . 0,52 Cent/kWh
   Summe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,24 Cent/kWh
[/list:u]

Gruss,
ESG-Rebell
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 14:42:13
@ESG Rebell

Wo steht denn nun aber geschrieben, dass Sie berechtigt wären, den Preis ohne Kenntnis der tatsächlichen Kosten zu kalkulieren und  einseitig festzulegen ?  :shock:

Bei einseitiger Leistungsbestimmung, soweit eine solche vereinbart ist, steht doch das Festsetzungsrecht bei Unbilligkeit nur dem Gericht zu, vgl. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Sie dürfen sich deshalb keine Festlegung anmaßen, sondern können sich allenfalls- nämlich wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart sein sollte - gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB auf die Unverbindlichkeit berufen.

Mehr kann und darf man in einem solchen Fall als Bestimmungsgegner nicht tun. :shock:  :D

(Ist kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart, kann auch der Versorger einseitig nichts bestimmen.)
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: ESG-Rebell am 03. November 2006, 15:21:33
Zitat von: \"RR-E-ft\"
Wo steht denn nun aber geschrieben, dass Sie berechtigt wären, den Preis ohne Kenntnis der tatsächlichen Kosten zu kalkulieren und  einseitig festzulegen ?  :shock:

Bei einseitiger Leistungsbestimmung, soweit eine solche vereinbart ist, steht doch das Festsetzungsrecht bei Unbilligkeit nur dem Gericht zu, vgl. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Sie dürfen sich deshalb keine Festlegung anmaßen, sondern können sich allenfalls- nämlich wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart sein sollte - gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB auf die Unverbindlichkeit berufen.

Mehr kann und darf man in einem solchen Fall als Bestimmungsgegner nicht tun. :shock:  :D

(Ist kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart, kann auch der Versorger einseitig nichts bestimmen.)


Im vorangegangenen Briefwechsel hatte ich bereits den Preis insgesamt als unbillig gerügt und mich auf dessen Unverbindlichkeit berufen. Auch habe ich die ESG zur Offenlegung ihrer Kalkulation aufgefordert und mir ein sofortiges Anerkenntnis vorbehalten, wenn diese erst vor Gericht erfolgen sollte.

Die ESG hat mir daraufhin das übliche WP-Testat bezüglich ihrer Preiserhöhung geschickt und bekräftigt, dass nur ein Gericht die Offenlegung verlangen könne.

In meiner Antwort an die ESG habe ich deshalb auch nicht behauptet, den Preis meinerseits festsetzen zu wollen, sondern angeboten, diesen geschätzten Preis entgegenkommenderweise und ohne Anerkennung einer Forderung weiter zu leisten, bis ein Gericht einen billigen Preis festgesetzt hat.

Natürlich könnte ich auch immer noch "auf Null" kürzen. Ich wollte mich nur vor dem Vorwurf der mutwilligen überzogen Kürzung schützen, da ja einige Bestandteile (Erdgassteuer, Konzessionsabgabe) unstrittig sind.

Gruss,
ESG-Rebell
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 15:30:44
@ESG-Rebell

Steuerpflichtig hinsichtlich der Erdgassteuer ist doch nicht der Kunde. Zudem bekommen viele Versorger von ihrem Vorlieferanten eine Gutschrift auf die Erdgassteuer, also eine entsprechende Erstattung.

Auch die Konzessionsabgabe hat das Unternehmen zu zahlen und nicht der Kunde. Dass Sie nun als Kunde wissen, wie hoch die tatsächlich zu zahlende Konzessionsabgabe für die Erdgaslieferungen an Sie sind, versetzt mich in Erstaunen.

Sie stellen so vieles unstreitig, von dem Sie bei Lichte besehen gar nichts Konkretes wissen können.

Gerade deshalb ist es dem Bestimmungsgegner untersagt, selbst eine Festlegung zu treffen.

Aber möglicherweise gibt es ja gar kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, sondern es regelt sich bei Sondervertragskunden alles über § 307 BGB.

Deshalb weiß ich aber immer noch nicht, was das mit dem Thema des Threads zu tun haben soll.  :wink:
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: ESG-Rebell am 03. November 2006, 16:01:13
Zitat von: \"RR-E-ft\"
Steuerpflichtig hinsichtlich der Erdgassteuer ist doch nicht der Kunde. Zudem bekommen viele Versorger von ihrem Vorlieferanten eine Gutschrift auf die Erdgassteuer, also eine entsprechende Erstattung.

Interessant zu wissen.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Auch die Konzessionsabgabe hat das Unternehmen zu zahlen und nicht der Kunde. Dass Sie nun als Kunde wissen, wie hoch die tatsächlich zu zahlende Konzessionsabgabe für die Erdgaslieferungen an Sie sind, versetzt mich in Erstaunen.

Laut Dr. Aribert Peters beträgt die Konzessionsabgabe für Sondervertragskunden bundeseinheitlich 0,03 Cent/kWh. Aber natürlich könnte es sein, dass die ESG auch diese nicht entrichten muss.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Sie stellen so vieles unstreitig, von dem Sie bei Lichte besehen gar nichts Konkretes wissen können.

Das stimmt. Konkret wissen tue ich genau genommen garnichts. Die ESG könnte ihr Gas theoretisch auch gänzlich kostenlos beziehen.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Gerade deshalb ist es dem Bestimmungsgegner untersagt, selbst eine Festlegung zu treffen.

Wie bereits gesagt - ich habe den Preis nicht festgesetzt.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Deshalb weiß ich aber immer noch nicht, was das mit dem Thema des Threads zu tun haben soll.  :wink:

Genau genommen hat es etwas mit Ihrer Äußerung zu tun, die ich eingangs zitiert hatte :wink:
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 16:08:35
@ESG-Rebell

Bei den 0,03 Cent/Wh handelt es sich um die höchstzulässige Konzessionsabgabe für Erdgaslieferungen an Sondervertragskunden nach der KAV. Das meinte Herr Dr. Aribert Peters bestimmt auch so.

Höchstzulässig bedeutet, dass es sich um eine Obergrenze handelt, die unterschritten werden kann und darf. Die eigentliche Konzessionsabgabe ist unter Beachtung der KAV im Konzessionsvertrag zwischen der einzelnen Gemeinde und dem EVU geregelt. Man könnte sich dabei auch auf Null geeinigt haben.....
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: superhaase am 03. November 2006, 16:09:48
@ESG-Rebell:
Du sagst, Du bist Sondervertragskunde.
Wie es aussieht, ist die Preisanpassungsklausel in Deinem Vertrag unwirksam (wie so oft).
Ein Preisfestlegungsrecht steht also Deinem Versorger nicht zu.
Ein Preisfestlegungsrecht steht Dir schon mal erst recht überhaupt gar nicht zu!
Du hast mindestens den Anfangspreis bei Vertragsabschluss zu zahlen.
Du darfst natürlich freiwillig mehr zahlen.
Du brauchst nichts auszurechnen oder zu schätzen.
Wo ist das Problem?  :wink:

Wie hoch ist denn Dein Anfangspreis? Von wann ist Dein Vertrag?
Bist Du erst vor kurzem zu hohen Preisen Sondervertragskunde geworden? Das würde Deine Gedanken erklären.

ciao,
sh
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 17:06:24
@ESG-Rebell

Wenn der Versorger je geantwortet haben sollte, dass auf das Vertragsverhältnis § 315 BGB keine Anwendung findet, dann sollte man sich ein entsprechendes Schreiben sehr gut aufbewahren.

Es belegt, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugunsten des Versorgers im Sinne des § 315 BGB jedenfalls nicht vereinbart worden ist. Es ist also ein entsprechender Beleg, ein Nachweis, dass er einseitig nichts (neu) bestimmen darf.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: Fabio am 03. November 2006, 18:44:19
@ superhaase
@ RR-E-ft

Hallo Forum!

Um für mich Wichtiges zu verstehen,
habe ich zwei Aussagen miteinander in Verbindung gebracht.
Daraus ergibt sich für mich eine wichtige Nachfrage.

Verfasst am: Fr Nov 03, 2006 17:09 pm
Zitat von: \"superhaase\"
@ESG-Rebell:
...
Du hast mindestens den Anfangspreis bei Vertragsabschluss zu zahlen.
...

Wie hoch ist denn Dein Anfangspreis? Von wann ist Dein Vertrag?
...
sh

(Rote Hervorhebung von mir!)

Verfasst am: Fr Nov 03, 2006 13:59 pm
Zitat von: \"RR-E-ft\"


@uwes

Nennen Sie mir bitte eine andere einseitige Bestimmung des Versorgers gegenüber Tarifkunden als die öffentliche Bekanntmachung des Tarifs gem. § 4 II AVBV, die als unbillig gerügt werden könnte und erklären Sie bitte zudem, wie diese anderweitige Bestimmung auf ihre Billigkeit hin überprüft werden könnte.

Mit der Neubekanntmachung von Tarifen, wodurch diese gem. § 4 II AVBV wirksam werden, treten die vorher geltenden Tarife außer Kraft, werden unwirksam. Das liegt in der Natur der Sache.

Wie könnte also eine zeitlich überholte einseitige Bestimmung, die durch den Versorger außer Kraft gesetzt wurde, überhaupt noch Weitergeltung beanspruchen?

Gem. § 4 I AVBV handelt es sich um jeweils geltende, jeweilige Tarife. Von wann bis wann (jeweilig) entsprechende Tarife gelten, entscheidet allein der Versorger.

Mit dem Wirksamwerden eines neuen Tarifs - also Neubekanntmachung - tritt der bisherige Tarif immer zugleich außer Kraft und gilt nicht etwa neben dem jetzt aktuell wirksamen Tarif auch nur teilweise weiter fort.

Das hat der Tarifkunde nun einmal überhaupt nicht in der Hand.

(Rote Hervorhebungen von mir!)

Nun zu meiner Nachfrage. Ich gehe davon aus, dass beide obige Aussagen zutreffend sind. D.h., ist die Preisgleitklausel unwirksam / oder gar nicht vorhanden, bin ich als Sondervertragskunde aufgrund § 307 BGB nur den Anfangspreis schuldig. Mehr nicht.

Da aber mein Versorger den Sondervertrag einfach so geändert (!) hat und über Jahre auch immer wieder den Tarif "angepasst" hat, wurde nach obiger Aussage der alte "außer Kraft" gesetzt. Damit hat sich natürlich auch der Preis geändert!
Ist es mir dennoch möglich NUR den Anfangspreis zu zahlen, bin ich trotz allem dennoch NUR den Anfangspreis schuldig, trotz Vertrags- und ständiger Tarifänderung?

Diese Frage bewegte mich, als ich die beiden oben aufgeführten Aussagen miteinander verglich.

Danke für eine Antwort dazu!

Gruss
der Fabio
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2006, 18:50:16
@Fabio

Die letzten Aussagen betreffen doch allein eine Diskussion bei Tarifkunden im direkten Anwendungsbereich des § 4 AVBV und gerade nicht Sondervertragskunden, bei denen statt dessen § 307 BGB zur Anwendung kommt.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: jroettges am 05. November 2006, 10:30:04
Zitat
Drohungen von Energieunternehmen gegenüber Verbrauchern, die unter Berufung auf § 315 BGB Preiserhöhungen nicht bezahlen, ihnen die Strom- oder Gaslieferung einzustellen, stellen einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar und sind kartellrechtlich unzulässig. Gleiches gilt für die um sich greifende Praxis mancher Energieunternehmen, in dieser Situation günstige Sonderverträge mit Verbrauchern zu kündigen und den Kunden in den teureren Grundversorgungstarif herabzustufen.
Das Bundeskartellamt geht also davon aus, dass Sondervertragskungen unter Verweis auf §315 von den EVU geforderte Preiserhöhungen nicht bezahlen, finden dies rechtens und stellen sich vor die Verbraucher.

Nach seiner und der Auffassung der Landes-Kartellbehörden stellen die erwähnten Gegenmaßnahme der EVU (Sperrung, Kündigung in die Grundversorgung) einen ... Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar und sind kartellrechtlich unzulässig.

Das Bundeskartellamt sieht also die Trennung von Tarifkunden (§315) und Sondervertragskunden (§307) als nicht so strikt an, wie sie aus der reinen Lehre heraus gerechtfertigt erscheinen mag.

Außerdem könnten sich einige EVU (wie zB. die EWE im Leeraner Prozess), die so sehr auf die kartellrechtliche Schiene setzen, durchaus auch hier in den Finger geschnitten haben.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: Zottel am 25. November 2007, 19:42:52
Die Meldung des Bundeskartellamts ist jetzt unter

http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/PressemeldArchiv/2006/2006_11_02.php

zu finden.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: ktown am 22. Dezember 2007, 18:03:17
Hierzu habe ich mal an die Pressestelle des Bundeskartellamtes eine Mail geschrieben, da die Landeskartellbehörde diesbezüglich uns Kunden hat im Regen stehen lassen.

Hier nun die Antwort der Pressestelle:

Sehr geehrter Herr K.,
 
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom heutigen Tage.
 
Die von Ihnen erwähnte Presseerklärung gibt das Ergebnis einer gemeinsamen Beratung der Kartellbehörden von Bund und Ländern im Herbst 2006 wieder. Im Zusammenhang mit Preiswidersprüchen nach den Grundsätzen des § 315 BGB war kartellrechtlich relevant, dass marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmen nicht aus einer marktbeherrschenden Position heraus mit Maßnahmen drohen sollten, um so einseitig ihre Rechtsauffassung, ob und inwieweit § 315 BGB anwendbar sei, durchzusetzen.
 
Ob und inwieweit in einem Einzelfall die in der Presseerklärung geschilderte Sachverhaltskonstellation wirklich vorliegt, hat jede Kartellbehörde selbst zu prüfen. Ob eine Kartellbehörde in einem solchen Fall dann den Sachverhalt unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten auch aufgreift und verfolgt, liegt in ihrem Ermessen. Eine Kartellbehörde muss einen Fall dann nicht aufgreifen, wenn er keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung aufweist und die Möglichkeit besteht, Rechtsschutz vor den Zivilgerichten in Anspruch zu nehmen.
 
Es gibt darüber hinaus auch Sachverhaltskonstellationen, die kartellrechtlich unbedenklich sind und nicht unter die von Ihnen genannte Presseerklärung fallen: Die Versorgungsunternehmen sind gehalten, binnen Jahresfrist die bestehenden Gasversorgungsverträge an die im November 2006 in Kraft getretene Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (GasGVV) anzupassen. Regelmäßig gehen Versorgungsunternehmen in diesem Rahmen dazu über, Ihren Kunden diesen Sachverhalt mitzuteilen und darauf aufmerksam zu machen, dass die bisherige Vertragsgrundlage, die AVBGasV, vom Gesetzgeber außer Kraft gesetzt worden ist. Oft werden auch auf Basis der neuen GasGVV Versorgungstarife angeboten, die nach den dortigen Berechnungen für die Kunden mit einer preislich günstigeren Versorgung verbunden sind, was sicherlich auch vor dem Hintergrund des sich im Gasbereich allmählich etablierenden Wettbewerbs geschieht, um Kunden zu halten.
Für den Fall, dass man als Kunde eine solche neue Tarifgestaltung ablehnt, fällt man auf Grund der gesetzliche vorgeschriebenen Grundversorgungspflicht  des Gasgrundversorgers automatisch in den (womöglich teureren) Grundtarif desselben Versorgers, es sei denn,  man kündigt die Gasversorgung mit  dem  bisherigen Gasgrundversorger generell auf und  läßt  sich , sofern möglich,  von einem alternativen, günstigeren Lieferanten beliefern. Eine vom Gesetzgeber bewirkte Vertragsumstellung  wie zuletzt geschildert stellt  aber  jedenfalls keine kartellrechtlich  relevante Problematik dar.  Da es sich um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit handelt, bliebe insofern enzig die Möglichkeit, den Sachverhalt zivilrechtlich überprüfen zu lassen. Hier kann es sich empfehlen, eie Einrichtung des Verbraucherschutzes oder einen Rechtsanwalt zu befragen.

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag

Bundeskartellamt
Grundsatzabteilung
Referat G 2 - Grundsatzfragen und Öffentlichkeitsarbeit
Kaiser-Friedrich-Straße 16
53113 Bonn



Ich frage mich. Wieso gibt das Bundeskartellamt solch eine Pressemeldung heraus, wenn sie oder die zuständigen Landeskartellbehörden trotz Hinweise von Bürgern nicht tätig werden.
Ja sogar behaupten, dass solch ein Vorgehen rechtens wäre.
Titel: Kartellbehörden: Vertragskündigungen unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Dezember 2007, 15:20:43
@ktown

Die Gasversorger werden Ihren Beitrag ggf. mit Interesse lesen und sich womöglich ausmalen, ihr Spielraum habe sich nun erweitert.

Auch das Bundeskartellamt ist indes nicht zu Rechtsauskünften zu zivilrechtlichen Fragestellungen ein einzelnes Vertragsverhältnis betreffend berufen.

Die Frage, ob in den AGB eines bisher bestehenden Sondervertrages ein wirksamer Änderungsvorbehalt enthalten ist, richtet sich nach § 307 BGB.
Wobei zunächst zu klären ist, ob bei Vertragsabschluss gem. § 305 Abs. 2 BGB überhaupt AGB in den Vertrag einbezogen wurden.

Ebenfalls einer zivilrechtlichen Beurteilung unterliegt die Frage, ob, unter welchen Voraussetzungen und unter Einhaltung welcher Form und Frist ein bestehendes Sonderabkommen (Sondervertrag) vom Gasversorgungsunternehmen ggf. gekündigt werden darf.

Kartellrecht kann dabei insoweit eine Rolle spielen, als eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und also eine kartellrechtswidrige Diskriminierung einzelner Kunden vorliegen könnte.

Die in § 115 EnWG vorgesehene Vertragsanpassung nach Inkrafttreten der GasGVV meint eine Anpassung bestehender Verträge, also gerade nicht Kündigung und Neuabschluss von Verträgen.

All diese Fragen sind ggf. in einem Zivilprozess zu klären.

Soweit sich das Energieversorgungsunternehmen dabei auf Rechte und Pflichten beruft, die sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz ergeben sollen, so ist m. E. hierfür gem. §§ 102, 108 EnWG in erster Instanz eine Kammer für Handelssachen an einem Landgericht ausschließlich zuständig.

Dort muss man sich gem. § 78 ZPO durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.