Forum des Bundes der Energieverbraucher
Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: biene am 18. Januar 2006, 18:21:42
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@ forum
wo besteht der Sinn darin sich einer Sammelklage anzuschliessen, wenn es heißt: man sollte sich von den Energieversorgern verklagen lassen?
Gruß Biene
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@Biene
hier in Brandenburg organisiert die Verbraucherzentrale Sammelklagen gegen mehrere GVU im Lande ein. An diesen Sammelklagen beteiligen sich nach Auskunft der Verbraucherzentrale (jeweils aktueller Stand abrufbar unter http://www.vzb.de) mehr als 400 Bürger.
Sich in diesem Rahmen an einer Sammelklage zu beteiligen könnte Sinn machen, weil
a) eine Verbraucherschutzorganisation mit ihrer Rechtsabteilung die Organisation übernimmt. Die haben ganz andere Möglichkeiten (auch was Presse- und Öffentlichkeitsarbeit angeht), wie ein Einzelne, der seinen Versorger verklagt.
b) praktischer Grund: die Kosten teilen sich unter vielen Teilnehmern auf.
c) die Verbraucherzentrale will mit ihrem Vorgehen ein Gerichtsurteil hinsichtlich der Gaspreise erreichen, das dann für alle Verbraucher im Land Geltung haben würde.
Viele Grüße,
Maverick
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@Maverick,
was wenn aber Verbraucher, die sich nicht beteiligt haben, weiterhin ihren Gaspreis zahlen und nicht den den die VBZ mit dem Versorger gerichtlich klären lies? Dann muss der Versorger sowieso klagen.
Ich hätte da meine Bedenken.
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@Cremer
... ich hab ja auch nicht gesagt, dass das der einzig mögliche Weg ist und ich hab gesagt, dass das Sinn machen --kann--.
Natürlich steht nicht von vorneherein fest, was die Verbraucherzentrale mit der Sammelklage erreichen wird. Und natürlich hat die Verbraucherzentrale grundsätzlich auch das Problem, das der Einzelne hat, wenn er klagt: ihr liegen die Kalkulationsunterlagen der EVU nicht vor, sie muß sich den Zugang hierzu ggf. erklagen, was auch nicht einfach werden dürfte.
Auf der anderen Seite ist es doch aber immerhin anzuerkennen, wenn eine Organisation mit ihrem gesamten Apparat sich für die Verbraucher in dieser Weise einsetzt.
Deshalb muß immer noch jeder einzelne für sich abschätzen, ob er sich an so einer Sammelklage beteiligt oder andere Wege (z.B. den Widerspruch gem. §315 BGB) nimmt.
Beste Grüße,
Maverick
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@Gast,
es ist richtig, dass jeder seine eigene Ansicht hat. biene hatte ja nach dem Sinn gefragt. Da gibt es auch andere Ansichten diesbezüglich.
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@Cremer
sorry, war bei der Antwort vorhin nicht eingeloggt.
Rechtlich interessant wäre allerdings die Frage, inwieweit ein durch die Verbraucherzentrale erstrittenes Urteil automatisch Wirkung für alle Verbraucher (zumindest die, die bei den beklagten EVU angeschlossen sind) hätte. (Gibt\'s da entsprechende §§ oder liefe es auf eine analoge Anwendung hinaus?)
Aber das läßt sich wohl zum jetzigen Zeitpunkt wohl noch nicht beurteilen, oder?
Gruß,
Maverick
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@Maverick,
richtig!!!
Das wäre gut mal darüber etwas von unseren RA\'s zu erfahren.
M.E. wäre das keine automatische Wirkung auf die anderen der Sammelklage nicht angeschlossenen Widersprüchler
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hallo liebe Mitstreiter/innen
es haben sich ja schon einige drauf gemeldet - danke!
Aber wie schon \"Cremer\" mich richtig verstanden hat - es wäre schön, wenn wir von den Fachleuten hier nen Tipp bekommen . damit auch wir den Interessierten, die kein Internet haben, dass genau weitergeben können....
Es ist für die \"Neulinge\" schon schwer - zu verstehen, warum soll ich klagen - wenn ich mich andererseits vom \"Versorger\" verklagen sollte?
Danke für Eure Mithilfe! :)
Liebe Grüße
Biene aus Ganderkesee
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M.E. wäre das keine automatische Wirkung auf die anderen der Sammelklage nicht angeschlossenen Widersprüchler
Richtig. Rechtsbildenden Charakter haben nur obergerichtliche Entscheidungen (z.B. OLG, BGH).
Erst- und zweitinstanzliche Entscheidungen zeigen aber durchaus tendentielle Entwicklungen auf.
Gruß aus dem Paderborner Land
st.one
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@ Forum
Biene schrieb am 18.1.2006:
\"wo besteht der Sinn darin sich einer Sammelklage anzuschliessen, wenn es heißt: man sollte sich von den Energieversorgern verklagen lassen? \"
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Die hierauf erfolgten Antworten zu dieser Frage stellen mich nicht zufrieden. Leider haben sich auch Herr RA. Fricke und andere fachkundige Spezialisten zu dieser Frage hier noch nicht geäußert.
Nach meinem Kenntnisstand sind derzeit bereits zahlreiche Gaspreis-Sammelklagen von mehreren Protestgruppen, teils mit Beteiligung von Verbraucherzentralen, gegen Gasversorgungsunternehmen bei den Gerichten eingereicht. Ausser dem Fall Eon Hanse vor dem LG Hamburg sind mir noch keine gerichtlichen Terminierungen bekannt.
Wie ich aus den Seiten des Bundes d. Energieverbraucher und den Forum-
Beiträgen entnehme, habe sich eine Vielzahl von Interessengruppen zu
weiteren Sammelklagen entschieden, oder befinden sich noch in der Entscheidungspipeline.
http://www.energienetz.de/index.php?pre_cat_open=2&id=600&subid=1700&content_news_detail=5000&back_cont_id=4043
Nun hat sich auch die Regionalgruppe Main-Kinzig i. Bund der Energieverbraucher entschieden, gegen meinen Gasversorger Main-Kinzig-Gas, Gelnhausen die erste Sammelklage in Hessen zu starten.
Hier die Mitteilung v. 24.2.06 \" Der Gaspreisstreik geht in die nächste Runde. \"
http://www.energieverbraucher-mkk.de/index.php?id=3&cid=0
In einem Telefonat mit einem der Initiatoren der Regionalgruppe wurde diese Sammelklage damit begründet, dass \" sonst die Gefahr besteht, dass die Bewegung einschläft, wenn man nicht reagiere. von Main-Kinzig-Gas sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, dass diese den geforderten Nachweis der Billigkeit ihres Gaspreises durch Offenlegung ihrer Kalkulation erbringt. \"
Ich habe in meinem Fall gegenüber der Main-Kinzig-Gas den Einwand der Unbilligkeit ihres Gaspreispreises und der einzelnen Preiserhöhungen seit dem 1.10.2004 schriftlich angezeigt. Dieser Einwand erfolgte jeweils schriftlich zu allen einzelnen Preiserhöhungen.
Ferner habe ich Main - Kinzig - Gas , mangels fehlender wirksamer Preisanpassungsklausel im Gasversorgungsvertrag , das Recht abgesprochen, einseitig Preiserhöhungen vorzunehmen.
Ich zahle bis zu einer gerichtlichenFeststellung lediglich die Preise vom 30.9.2004. ( Grundgebühr + Arbeitspreis )
Meine Jahresabrechnung 2005 habe ich entsprechend mit diesen Preisen
abgeändert, und meine monatlichen Abschlagzahlungen für 2006 daraus festgesetzt.
Die auszugsweise Antwort hierauf von MKG ( Textbaustein an alle Rebellen )
\" Für die von Ihnen vorgenommene Kürzung unserer Rechnung gibt es bislang keine hinreichende gerichtliche Entscheidung, die Ihre Rechtsauffassung bestätigt. Ungeachtet dessen werden wir, um weiteren Schiftverkehr bzw. unnötige Verwaltungskosten zu vermeiden, ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung zunächst den von Ihnen errechneten Gaspreiskürzungsbetrag auf Ihrem Kundenkonto berücksichtigen.Beachten Sie, dass dieser Betrag unsererseits lediglich gestundet wird. Wir haben bezüglich der gekürzten Beträge keinen Verzicht ausgesprochen. \"
F A Z I T:
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Hier komme ich wieder auf die Ausgangsfrage von \" Biene \" zurück, nämlich dem Sinn, sich einer Sammelklage anzuschliessen, oder sich verklagen zu lassen.
Ich persönlich kann die Sache aussitzen und abwarten, ob überhaupt und wann Main-Kinzig-Gas eine Klage gegen mich anstrengt. Wer will denn von mir einen höheren Preis ?
An einer Beteiligung der Sammelklage der Regionalgruppe Main-Kinzig sehe ich deshalb derzeit keine pausiblen Gründe.
Oder kann mich jemand mit stichhaltigen Argumenten davon überzeugen?
Beste Grüße aus Gelnhausen.
vangogh64.
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@vangogh64,
@biene,
ich persönnlich sitze die Sache aus und warte auf die Klage, sofern eine kommt.
Nach Einschätzung meines RA eher nicht.
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Zu Sammelklagen und deren Nutzen habe ich mich schon wiederholt geäußert:
Ist Sammelklage überhaupt noch sinnvoll ? (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=2809)
Ich vertrete selbst mehrere Sammelklagen.
Diese Klagen sind grundsätzlich im Ergebnis nur für die Beteiligten bindend.
Sollte ein Gericht jedoch schlussendlich die Unangemessenheit einer Preiserhöhung feststellen, so folgt aus dem Gleichbehandlungsgebot und kartellrechtlichem Diskriminierungsverbot, dass unzulässige Preise auch von den übrigen, vergleichbaren Kunden des Unternehmens, die nicht an der Klage beteiligt waren, gefordert werden können/ dürfen.
Diese Kunden müssten, soweit sie schon vollständig - ggf. unter Vorbehalt - gezahlt haben, indes ggf. auf Rückzahlungb klagen.
Problematisch ist dabei, dass sich die Sammelklageverfahren mit Instanzenzug lang hinziehen können und dann die Rückerstattungsansprüche anderer Kunden, welche diese noch nicht gerichtlich geltend gemacht haben, verjährt sein könnten.
Die Zahlungsansprüche des EVU gegen Zahlungsverweigerer verjähren indes nicht, weil es ohne Fälligkeit grundsätzlich keinen Verjährungsbeginn gibt.
Die Versorger haben deshalb alle Zeit der Welt und warten erst einmal ab. Die Verbraucher müssen weiter mit der Ungewissheit leben, wenn sie nicht selbst aktiv werden und das Heft in die Hand nehmen.
Über laufende Verfahren werde ich mich hier indes nicht verbreiten.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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:!:
Nicht verzagen, sondern Klagen !:wink:
Es grüßt Hamburg in voller Zuversicht der weiteren Entscheidung des Landgerichtes Hamburg. Voraussichtlich wohl nächste Woche gibt es seitens der Verbraucherzentrale Hamburg Infos zu unserer Antwort :twisted: auf die gegenwärtig seitens E.On Hanse offengelegten Unterlagen im Rahmen der Sammelklage.
Hierzu verweise ich auf dessen Internetseite www.vzhh.de
Es grüßt Hamburg !