Forum des Bundes der Energieverbraucher
Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: bolli am 04. Mai 2016, 14:03:11
-
Da kann man doch mal sehen, es geht auch ohne den großen Vorsitzenden weiter, man meint, sogar noch schlimmer:
BGH, Urt.v. 06.04.16 VIII ZR 211/10 (http://forum.energienetz.de/index.php/topic,16099.msg116533.html#msg116533)
d)
Die hierdurch im Tarifkundenvertrag eingetretene Regelungslücke ist im Wege einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung (§§157, 133 BGB) dahingehend zu schließen, dass das Stromversorgungsunternehmen berechtigt ist, Kostensteigerungen seiner eigenen (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, an den Tarifkunden weiterzugeben, und das Stromversorgungsunternehmen verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der nach dieser Maßgabe berechtigterweise erhöhte Preis wird zum vereinbarten Preis. Für eine zusätzliche Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB ist deshalb kein Raum.
Was interessieren uns gesetzliche Regelungen (§ 17 Gas-/StromGVV "§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.")
Was WIR sagen ist Gesetz.
Es fragt sich, wie man überprüfen können lassen soll, ob "nach dieser Maßgabe berechtigterweise erhöhte Preis" erfüllt ist oder nicht, wenn der Billigkeitseinwand nicht erhoben werden kann.
-
Bei der ergänzenden Vertragsauslegung für Altfälle soll laut BGH Folgendes gelten:
Es muss in jedem Falle, wenn innerhalb von drei Jahren nach Zugang der Jahresverbrauchsabrechnung, in welcher der einseitig erhöhte Preis erstmalig zur Abrechnung gestellt wurde, ein Widerspruch einging, geprüft werden, ob überhaupt ein Preisänderungsrecht bestand.
Es muss demnach geprüft werden, ob unvermeidbar gestiegene (Bezugs-)kosten vorlagen, die nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden konnten, wobei rückläufige Kosten nach gleichen Maßäben berücksichtigt werden müssen.
Zu den Grenzen der Weitergabe gestiegener Bezugskosten wegen §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG siehe insbesondere auch BGH, Urt. v. 6.4.16 Az. VIII ZR 71/10.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines solchen Preisänderungsrechts und somit eines unvermeidbaren (Bezugs-)kostenanstiges, der nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden konnte, trägt dabei regelmäßig das Versorgungsunternehmen.
Der betroffene Kunde muss insoweit zunächst nur bestreiten, dass die zur Abrechnung gestellten Preise vereinbart waren. Auch dieser Einwand wird durch § 17 GVV nicht ausgeschlossen.
Hingegen könnte § 5 GVV 2014 dem Grundversorger gegenüber grund- und ersatzversorgten Kunden ein Preisänderungsrecht wirksam einräumen, so dass auf dieses § 315 BGB unmittelbar anwendbar ist, der Jahresverbrauchsabrechnung mit dem einseitig erhöhten Preis in angemessener Frist widersprochen werden muss, so dass der einseitig geänderte Preis nicht zum vereinbarten Preis wird und die einseitige Änderung der Billigkeitskontrolle unterliegt (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 VIII ZR 211/10, juris Rn. 17; Urt. v. 24.2.16 VIII ZR 216/12, juris Rn. 88).