Forum des Bundes der Energieverbraucher
Energiepreis-Protest => E => Stadt/Versorger => EWE => Thema gestartet von: janto am 10. Mai 2014, 13:14:40
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Möchte an dieser Stelle darüber informieren, dass die Schlichtungsstelle Energie durch ihren Ombudsmann Jürgen Kipp am 1.4.14, anknüpfend an das BGH-Urteil vom 31.7.13 zu einer intransparenten und daher unwirksamen Preisänderungsklausel von RWE, empfohlen hat, dass der Versorger EWE, der eine neuere, aber ähnlich mangelhafte Klausel verwandt hat, 70% der Gaspreiserhöhungen der letzten 3 Jahre zurückzahlen soll.
Den Wortlaut der Schlichtungsempfehlung findet Ihr hier Schlichtungsempfehlung zur Rückzahlung unberechtigter Gaspreiserhöhungen (http://bezahlbare-energie.de/aktuell/neue-rückzahlungsansprüche-wegen-gaspreiserhöhungen-seit-2010/schlichtungsstelle-ewe-soll-70-zurückzahlen/)
Die Schlichtungsstelle spricht dem BGH-Urteil von Juli 2013 eine „außerordentliche Bedeutung“ für die gesamte Versorgungswirtschaft zu, „angesichts der hohen Zahl ihrer Strom- und Gaskunden“. Sie geht also davon aus, dass das BGH-Urteil auf sehr viele Unternehmen und Kunden (auch Stromkunden!) anzuwenden ist und hatte deshalb im Dezember 2013 eigens Vertreter der Energiewirtschaft und der Verbraucherzentralen zu Gesprächen eingeladen, um Möglichkeiten für einen breiten Konsens zu finden. Was bei diesen Gesprächen heraus gekommen ist, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass die Schlichtungsstelle am Ende eine Rückzahlung von 70% solcher Gaspreiserhöhungen empfiehlt, die auf ähnlich intransparente Weise zustande gekommen sind wie die vom BGH inkriminierte RWE-Klausel. Wobei die „Abstriche“ vor allem dem Schlichtungsgedanken geschuldet sind, der Entgegenkommen verlangt, und dem Umstand, dass das Verfahren für Verbraucher völlig kostenlos ist, „ein risikoloser, unkomplizierter und schneller Weg zur Verfolgung ihres Anspruchs“, der „Zeit, Nerven und Kostenrisiken spart“.
Da EWE die Schlichtungsempfehlung nicht akzeptieren will, legt die Schlichtungsstelle den Verbrauchern nahe („es steht Ihnen frei …“), „unsere Empfehlung im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung als Argumentationshilfe zu verwenden“.
Hinter der ablehnenden Haltung von EWE vermutet die Schlichtungsstelle wohl richtig „die Umstände einer großen Zahl paralleler Fälle und die daraus resultierende schwerwiegende wirtschaftliche Bedeutung der Gesamtzahl potentieller Rückforderungsbegehren“. Etwa 80% der EWE-Kunden dürften „Sonderkunden“ (Belieferung außerhalb der Grundversorgung) sein. Bei 20.000 kWh Jahresverbrauch haben sich bei ihnen, wenn sie im gleichen Tarif geblieben sind, von Dezember 2010 bis heute über 1.000 € Rückzahlungsanspruch angesammelt.
Gerade wo sich eine Vielzahl von Rückzahlungsforderungen ergeben kann, hält Ombudsmann Kipp das Schlichtungsverfahren für geeignet. Die Verbraucher erhalten hier „einen lückenlosen, kostengünstigen, einfachen und schnellen Rechtsschutz ohne Inanspruchnahme der Gerichte“. Der Schlichtungsgedanke erlange „gesteigerte Bedeutung, wenn es darum geht, bereits vorhandene Ergebnisse der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Vielzahl vergleichbarer Einzelfälle umzusetzen“.
Die Streitfrage selbst, die Übertragbarkeit des BGH-Urteils von Juli 2013 auf vergleichbare Preisänderungsklauseln anderer Versorger, „wirft … in Bezug auf den zugrundeliegenden Sachverhalt keine Schwierigkeiten auf“. „Vielmehr sind mit dem Urteil die zentralen Grundentscheidungen in klarer Weise getroffen.“ „Zwar ist die Entscheidung (gegen RWE) zu einer wortwörtlich dem § 4 Abs. 2 AVBGasV entsprechenden allgemeinen Geschäftsbedingung ergangen, doch unterscheidet sich § 5 Abs. 2 und 3 GasGVV (auf den sich nach Ablösung der AVBGasV die meisten Preisänderungsklauseln stützen) unter den für den BGH entscheidungsrelevanten, verbraucherschutzrechtlichen Aspekten in keiner Weise von § 4 Abs. 2 AVBGasV … Beide Regelungen versetzen den Verbraucher nicht in transparenter Weise in die Lage, zukünftige Preiserhöhungen anhand klarer und verständlicher Kriterien zu prüfen.“ Sie sind, als Preisänderungsklauseln in Verträge übernommen, „wegen ihrer inhaltlichen Substanzlosigkeit unwirksam“. Preiserhöhungen auf ihrer Grundlage können für die letzten 3 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem sie zum ersten Mal in einer Jahresrechnung auftauchen, zurückgefordert werden.
Was ergibt sich hieraus?
1. Mit dieser „Argumentationshilfe“ der Schlichtungsstelle können und sollten bei allen Versorgern, die in ihren Sonderverträgen Preisänderungsklauseln wie RWE oder EWE verwandt haben, die Gaspreiserhöhungen der letzten 3 Jahre zurückgefordert werden.
Diese Klauseln erkennt man daran, dass sie den Versorger meist nur zur Ankündigung der Preiserhöhung verpflichten und dem Verbraucher ein Kündigungsrecht einräumen. Erforderlich ist aber, dass die Kostenbestandteile aufgeführt werden, deren Verteuerung den Versorger zu einer Preiserhöhung berechtigen – das sind Bezugskosten, Vertriebskosten, Netzentgelte, Steuern und Abgaben -, wie sie ihn bei Verbilligung ebenso zu einer Preissenkung verpflichten. Geregelt sein muss eine Gleichbehandlung und Verrechnung von Kostensteigerungen und Kostensenkungen.
2. Wer von seinem Versorger eine Ablehnung bekommt, kann und sollte sich kosten- und risikolos und mit besten Aussichten an die Schlichtungsstelle Energie wenden.
3. Wenn der Versorger die Schlichtungsempfehlung nicht akzeptiert, empfiehlt sich zumindest für alle rechtsschutzversicherten Verbraucher der Gang zum Gericht. Gestützt auf das Votum der Schlichtungsstelle dürften dort gute Erfolgsaussichten bestehen.
Janto Just
Verein Bezahlbare Energie e.V.
www.bezahlbare-energie.de
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Hallo Janto,
welche Bezeichnung soll der "handliche" Link denn bekommen?
Vorschlag: Rückzahlungsansprüche gegen EWE (http://bezahlbare-energie.de/aktuell/neue-rückzahlungsansprüche-wegen-gaspreiserhöhungen-seit-2010/schlichtungsstelle-ewe-soll-70-zurückzahlen/)
Umsetzung siehe PM. Viel Erfolg!
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Danke für die Verlinkungshilfe!