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Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Black am 27. Oktober 2011, 10:56:17

Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 10:56:17
Der Rechtskundige wird es vermurlich schon bemerkt haben, in der aktuellen Fassung des EnWG gab es eine Änderung am § 41 EnWG.

Dort heißt es nun in Absatz 3:

Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Das bedeutet, der Gesetzgeber normiert darin ein Recht des Lieferanten einseitig die Vertragsbedingungen zu ändern und ein Recht des Kunden zur fristlosen Kündigung.

Diese Änderung dürfte dem Streit um das Bestehen von Preisanpassungsrechten neuen Zunder verleihen.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 11:32:50
Zitat
Original von Black
Der Rechtskundige wird es vermurlich schon bemerkt haben, in der aktuellen Fassung des EnWG gab es eine Änderung am § 41 EnWG.

Dort heißt es nun in Absatz 3:

Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Das bedeutet, der Gesetzgeber normiert darin ein Recht des Lieferanten einseitig die Vertragsbedingungen zu ändern und ein Recht des Kunden zur fristlosen Kündigung.

Ja, ja, die Juristerei.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Lieferanten damit ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich aller Vertragsbedingungen einschließlich der Preise eingeräumt wird:

Denn dann  könnte von einer vertraglichen Bindung des Lieferanten im eigentlichen Sinne keine Rede mehr sein, da er nach Vertragsabschluss sämtliche Vertragsbedingungen einschließlich des Preises einseitig abändern könnte. Es widerspricht elementarem Vertragsrecht, wenn der Lieferant nicht an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden ist, sondern diesen unter nicht genannten Voraussetzungen und Richtlinien einseitig abändern kann. Man hätte dann die Frage zu stellen, ob von einem wirksamen Vertragsabschluss überhaupt noch die Rede sein kann. Wer meint, der Gesetzgeber hätte mit § 41 Abs. 3 EnWG die Lieferanten zu Lasten der - grundgesetzlich geschützten - Privatautonomie der Kunden jedweder Vertragsbindung enthoben, weil ein vertraglich vereinbartes Äquivalenzverhältnis nichts mehr gilt, wird deshalb mit dieser Meinung  wohl nicht richtig liegen können. Schließlich wäre eine so verstande Regelung auch schwer mit den EU- Richtlinien vereinbar, die ein hohes Maß an Verbraucherschutz im Energiebereich gebieten.

Gesetzlich normiert wird m. E. vielmehr, dass dem betroffenen Kunden für den Fall, dass dem Lieferanten im konkreten Vertragsverhältnis wirksam ein einseitiges Änderungsrecht eingeräumt wurde und ein solches wirksam ausgeübt wird, vom Gesetz jedenfalls ein - möglicherweise vertraglich unabdingbares- Sonderkündigungsrecht eingeräumt wird.

Damit räumt das Gesetz bei Lichte betrachtet nur dem betroffenen Kunden ein Sonderkündigungsrecht ein, nicht jedoch dem Lieferanten ein einseitiges Änderungsrecht.

Dabei verhält es sich nicht anders als bei einer wirksamen vertraglichen Einbeziehung des Sonderkündigungsrechts gem. § 32 AVBGasV für den Fall von Preis- und Bedingungsänderungen in einen Sondervertrag. Aus dieser konnte sich ja schließlich selbst auch schon kein uneingeschränktes Preisanpassungsrecht für den Lieferanten ergeben (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07 Rn. 35).

Ob überhaupt ein einseitiges Änderungsrecht besteht oder nicht, muss sich demnach aus dem konkreten Vertrag selbst ergeben.

AGB- rechtlich sind uneingeschränkte einseitige Bedingungs- und Preisänderungsvorbehalte jedenfalls regelmäßig unwirksam.

Zitat
BGH, Urt. v. 13.07.04 Az. KZR 10/03 unter II. 6., juris

Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarungbereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeitder Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich derin § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraumder Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einerFormularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

Erst recht kann dem § 41 Abs. 3 EnWG kein uneingeschränktes Preisanpassungsrecht des Lieferanten entnommen werden.

Das Sonderkündigungsrecht des § 41 Abs. 3 EnWG erweist sich zudem  als sinnlos, wenn der Kunde nicht zugleich die Möglichkeit hat, sich sofort von einem anderen Lieferanten beliefern zu lassen, oder jedenfalls erst einmal in die teure Grund- bzw. Ersatzvbersorgung zurück fällt.


Zitat
BGH, Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07 Rn. 35, juris:

Ein angemessener Ausgleich dieser Benachteiligung durch Einräumung eines Sonderkündigungsrechts scheitert hier außerdem daran, dass die Beklagte nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts als einziges regionales Energieversorgungsunternehmen, das leitungsgebunden an B. Haushalte Erdgas vertrieb, im streitgegenständlichen Zeitraum eine Monopolstellung innehatte, weil weitere Gasversorgungsunternehmen nicht vorhanden waren. Das Kündigungsrecht stellt deshalb für die Mehrzahl der Kunden der Beklagten, die entweder an die Entscheidung des Vermieters für den Heizenergieträger Gas gebunden sind oder selbst die Entscheidung dafür getroffen und entsprechende Investitionen getätigt haben, keine echte Alternative dar, weil sie dann nur die Möglichkeit hätten, sich von der Beklagten zu dem (regelmäßig teureren) Allgemeinen Tarif mit Gas beliefern zu lassen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 34)..

Ein Sonderkündigungsrecht kann bei Lichte betrachtet auch sonst regelmäßig die unangemessene Benachteiligung durch einen unangemessenen einseitigen Preis- und Bedingungsänderungsvborbehalt nicht ausgleichen.

Zitat
BGH, Urt. v. 21.04.09 Az. XI ZR 55/08 Rn. 37, juris:

Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kunden aus.

Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199,1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49).


Der Gesetzgeber hätte für die Rechtsanwender wie Black durchaus besser verständlich  formulieren können:

\"Ändert der Lieferant aufgrund eines vertraglichen Anpassungsrechts die Vertragsbedingungen einseitig, so  kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.\"

Er hat dieses Verständnis wohl als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt.

Der Rechtskundige erkennt:

Begründung zu § 41 Abs. 3 EnWG (http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a09/anhoerungen/9_Oeffentliche_Anhoerung/Gesetzentwuerfe_Antraege/1706072.pdf)

Zitat
Lieferanten haben Letztverbraucher rechtzeitig, in jedem Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode und auf transparente und verständliche Weise über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungenund über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten. Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Zitat
Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter. Bereits nach geltendem Recht müssen die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung derVertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte unterrichtet werden. Auch müssen die Dienstleister ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der Abrechnungsperiode. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.

Es ging lediglich um eine Klarstellung der Verpflichtung der Lieferanten und der Rechte der Kunden. Ein bisher nicht bestehendes Preisanpassungsrecht sollte den Lieferanten  demnach nicht eingeräumt werden.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Cremer am 27. Oktober 2011, 11:41:55
@RR-E-ft,

Zitat
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Lieferanten damit ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich aller Vertragsbedingungen einschließlich der Preise eingeräumt wird:

top !!
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 15:04:01
Zitat
Original von RR-E-ft
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Lieferanten damit ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich aller Vertragsbedingungen einschließlich der Preise eingeräumt wird:

Denn dann  könnte von einer vertraglichen Bindung des Lieferanten im eigentlichen Sinne keine Rede mehr sein, da er nach Vertragsabschluss sämtliche Vertragsbedingungen einschließlich des Preises einseitig abändern könnte. Es widerspricht elementarem Vertragsrecht, wenn der Lieferant nicht an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden ist, sondern diesen unter nicht genannten Voraussetzungen und Richtlinien einseitig abändern kann.

Recht folgt aus Gesetzen des Gesetzgebers. In § 41 Abs. 3 EnWG wird ausdrücklich die einseitige Vertragsänderung für zulässig erklärt.

Warum sollte der Gesetzgeber auch sonst ein besonderes Kündigungsrecht für eine Situation festlegen (der Versorger ändert einseitig Vertragsbedingungen), wenn diese Situation nach Ihrer Meinung wegen rechtlicher Unzulässigkeit gar nicht eintreten kann?

Der Verweis auf BGH Rechtsprechung, die vor der Neufassung des § 41 Abs. 3 EnWG erging ist nicht zielführend, da sie sich mit dem neuen Rechtssetzungsakt des Gesetzgebers gar nicht befasst.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: tangocharly am 27. Oktober 2011, 15:11:09
.... aber das alte BGB gilt schon noch weiter ;  auch bei Versorgeranwälten - oder ?
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: uwes am 27. Oktober 2011, 15:17:18
Zitat
Original von Black
In § 41 Abs. 3 EnWG wird ausdrücklich die einseitige Vertragsänderung für zulässig erklärt.
Das ist ja interessant. Wenn das so wäre, dann hätte doch in der Bestimmung zumindest sinngemäß formuliert sein müssen:
\"Der Versorger kann die Vertragsbedingungen ändern\".

Das ist der von Ihnen zitierten gesetzlichen Regelung aber nicht zu entnehmen.

Es dürfte sich allenfalls um eine Regelung eines gesetzlichen Kündigungsrechts handeln, für den Fall, dass der Versorger ein (bereits bestehendes) gesetzliches oder vertraglich eingeräumtes Recht zur Vertragsänderung geltend macht. Ersichtlich ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es derartige Regelungen gibt. Der Passus enthält daher keine Einräumung eines solchen Rechts sondern unterstellt, dass es solche Änderungsrechte geben kann und regelt hierfür eine Kündigungsmöglichkeit. Mehr lese ich da nicht heraus.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Energiesparer51 am 27. Oktober 2011, 15:39:34
Stellt sich die Frage, ob der Kunde dann auch fristlos kündigen muss um der Preiserhöhung zu entgehen. Bei fristloser Kündigung führt der Weg zu einem neuen Lieferanten wohl praktisch immer zu einer zeitweisen Grundverorgung, die auch nicht gerade preiswert sein dürfte.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 15:50:03
@Black

§ 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG statuiert gerade kein einseitiges Anpassungsrecht für Lieferanten, sondern stellt lediglich klar, dass dem Kunden dann ein Sonderkündigungsrecht zusteht, wenn der Lieferant ein bestehendes einseitiges Änderungsrecht ausübt.

Zitat
Original von Black

Warum sollte der Gesetzgeber auch sonst ein besonderes Kündigungsrecht für eine Situation festlegen (der Versorger ändert einseitig Vertragsbedingungen), wenn diese Situation nach Ihrer Meinung wegen rechtlicher Unzulässigkeit gar nicht eintreten kann?

Sie haben mich entweder nicht richtig verstanden oder geben mich bewusst falsch wieder. Das eine wie das andere wäre zu bedauern.

Also:

Ein solches einseitiges Anpassungsrecht in einem Vertrag mit einem Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ergibt sich nicht aus dem Gesetz, kann sich jedoch aus individueller Vereinbarung oder aber wirksamer Einbeziehung einer wirksamen Anpassungsklausel in den konkreten Vertrag ergeben (vgl. nur BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2).

Soweit ein solches Recht besteht und vom Lieferanten ausgeübt wird, soll der Kunde den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen können.

Dem Haushaltskunden steht demnach auch dann ein gesetzliches Sonderkündignungsrecht zu, wenn ein einseitiges Anpassungsrecht individuell vertraglich  vereinbart wurde, ohne dafür ein Sonderkündigungsrecht vertraglich vorgesehen zu haben.  

Hierzu wurde insbesondere auch auf die (verlinkten)  Gesetzgebungsmaterialien verwiesen, aus denen sich klar ergibt, dass der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung hinsichtlich der bereits bestehenden Pflichten der Lieferanten und der bereits bestehenden Rechte der Kunden bezweckte.

Als die Anhörung im Gesetzgebungsverfahren am 06.06.11 erfolgte, war die entsprechende bestehende Rechtsprechung des BGH zu einseitigen Preisanpassungen in Verträgen mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 57-59, 65; Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 und B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 sowie Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 33 f.) zudem auch schon bekannt. Der Gesetzgeber beabsichtigte gerade nicht, an der bestehenden Rechtslage, wie sie auch in den genannten Entscheidungen des BGH zum Ausdruck kam, etwas zu ändern.


Zitat
Original von RR-E-ft

Der Rechtskundige erkennt:

Begründung zu § 41 Abs. 3 EnWG (http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a09/anhoerungen/9_Oeffentliche_Anhoerung/Gesetzentwuerfe_Antraege/1706072.pdf)

Zitat
Lieferanten haben Letztverbraucher rechtzeitig, in jedem Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode und auf transparente und verständliche Weise über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungenund über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten. Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Zitat
Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter. Bereits nach geltendem Recht müssen die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung derVertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte unterrichtet werden. Auch müssen die Dienstleister ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der Abrechnungsperiode. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.

Es ging lediglich um eine Klarstellung der Verpflichtung der Lieferanten und der Rechte der Kunden. Ein bisher nicht bestehendes Preisanpassungsrecht sollte den Lieferanten  demnach nicht eingeräumt werden.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 15:56:31
Zitat
Original von Energiesparer51
Stellt sich die Frage, ob der Kunde dann auch fristlos kündigen muss um der Preiserhöhung zu entgehen. Bei fristloser Kündigung führt der Weg zu einem neuen Lieferanten wohl praktisch immer zu einer zeitweisen Grundverorgung, die auch nicht gerade preiswert sein dürfte.

Die Frage ist vom BGH bereits entschieden worden (vgl. BGH B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 57- 59, 65).

Fehlt es bereits an einem Preisanpassungsrecht des Lieferanten, kommt es durch die unwidersprochene Zahlung einseitig erhöhter Entgelte oder den Weiterbezug von Energie nicht zur Preisneuvereinbarung.

Besteht hingegen ein wirksames Recht zur einseitigen Anpassung im konkreten Vertragsverhältnis, so kann es zu (konkludenten) Preisneuvereinbarungen kommen, wenn der Kunde weiter Energie bezieht und den Anpassungen und darauf beruhenden Verbrauchsabrechnungen nicht in angemessener Frist widerspricht (vgl. nur BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09, Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09).

Übrigends spricht der § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG von einer Kündigung ohne Einhaltung einer Frist.
Eine Frist, innerhalb derer eine solche Kündigung erfolgen muss, ist nicht ersichtlich.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Energiesparer51 am 27. Oktober 2011, 16:27:50
Meine Frage ging eher in eine andere Richtung:

Habe ich einen Vertrag, der den Lieferanten zu einer Preisänderung berechtigt, z.B. nach Ablauf einer Preisgarantie und kündigt der Lieferant eine Preisänderung an, so müsste jetzt das Recht zur Fristlosen Kündigung bestehen. Wenn ich das ausübe, um zu einem anderen Lieferanten zu wechseln, kommt es evtl. zu einer sehr kurzfristigen Beendigung des Vertrages.

Kündige ich nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt, werde ich wohl kaum über einen für einen Wechsel benötigten längeren Zeitraum vor dem Wirksamwerden der Preiserhöhung geschützt.

Ich erkenne also keinen Vorteil gegenüber jetzigen Regelungen zum Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen, z.B. nach der StromGVV oder in Anlehnung daran.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 16:33:19
Zitat
Original von Energiesparer51

Ich erkenne also keinen Vorteil gegenüber jetzigen Regelungen zum Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen, z.B. nach der StromGVV oder in Anlehnung daran.

Zitat
Original von RR-E-ft

Dem Haushaltskunden steht demnach auch dann ein gesetzliches Sonderkündignungsrecht zu, wenn ein einseitiges Anpassungsrecht individuell vertraglich  vereinbart wurde, ohne dafür ein Sonderkündigungsrecht vertraglich vorgesehen zu haben.

Wenn der Kunde wegen § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG berechtigt ist, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, dann kann er wohl selbst den Zeitpunkt bestimmen, zu dem der Vertrag durch diese Kündigung beendet wird.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Energiesparer51 am 27. Oktober 2011, 16:39:16
Zitat
Original von RR-E-ft

Wenn der Kunde wegen § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG berechtigt ist, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, dann kann er wohl selbst den Zeitpunkt bestimmen, zu dem der Vertrag durch diese Kündigung beendet wird.

Das ist unzweifelhaft richtig. Nur vermeidet er damit nicht unbedigt das Wirksamwerden der Preiserhöhung in dem Zeitraum bis zum selbst gewählten Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages.

Andere bisher übliche Regelungen ermöglichten zwar keine fristlose Kündigung, führen aber z.T. dazu, dass bei dem Kunden der ein Sonderkündigungsrecht aufgrund der Preiserhöhung ausübt, die Preiserhöhung nicht wirksam wird.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 16:40:49
Der Lieferant teilt jetzt (wie immer etwas knapp) mit, dass er die Bedingungen ab 01.11.11 einseitig anpasst.

Und der Kunde erklärt daraufhin sogleich, dass er damit nicht einverstanden ist und deshalb den Vertrag gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG zum 31.12.2017 kündigt. :D

Der betroffene Kunde hätte dann jedenfalls sowohl wirksam gekündigt als auch sogleich  zu erkennen gegeben, dass er mit der Anpassung nicht einverstanden ist.

Klar ist auch, dass dann, wenn ein einseitiges, nicht näher konkretisiertes  Anpassungsrecht besteht, die darauf beruhende  einseitige Anpassung jedenfalls einer Billigkeitskontrolle unterliegen muss (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17).
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 18:23:25
Zitat
Original von tangocharly
.... aber das alte BGB gilt schon noch weiter ;  auch bei Versorgeranwälten - oder ?

Natürlich. Aber das speziellere EnWG geht dem allgemeinen BGB vor.

RR-E-ft hat doch sehr schön erläutert, dass es nach dem AGB-Recht des BGB eigentlich nicht möglich ist, einseitig AGB zu ändern. Und doch hat der Gesetzgeber nun für Energielieferverträge genau diesen Fall geregelt.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: tangocharly am 27. Oktober 2011, 18:40:41
Zitat
Natürlich. Aber das speziellere EnWG geht dem allgemeinen BGB vor.

Schön, diesen Kommentar werde ich mir für die nächste Auseinandersetzung über den Wirkungsbereich des § 102 EnWG merken.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 18:45:44
Zitat
Original von tangocharly
Zitat
Natürlich. Aber das speziellere EnWG geht dem allgemeinen BGB vor.

Schön, diesen Kommentar werde ich mir für die nächste Auseinandersetzung über den Wirkungsbereich des § 102 EnWG merken.

Gibt es diese Auseinandersetzung noch? Inzwischen hat doch fast jedes OLG schon seine eigene kleine Rechtsprechung zu § 102 EnWG.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 18:51:22
Zitat
Original von Black

RR-E-ft hat doch sehr schön erläutert, dass es nach dem AGB-Recht des BGB eigentlich nicht möglich ist, einseitig AGB zu ändern. Und doch hat der Gesetzgeber nun für Energielieferverträge genau diesen Fall geregelt.


@Black


Natürlich kann beim individuellen Abschluss eines Energielieferungsvertrages mit  Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ein einseitiges Anpassungsrecht für den Lieferanten wirksam vereinbart werden. Auch dafür gilt das gesetzliche Sonderkündigungsrecht des § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG.

Unbestritten kann in einen Energielieferungsvertrag mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung auch ein sonstiges einseitiges Anpassungsrecht des Lieferanten wirksam einbezogen werden.

Unbestritten ist es dabei auch möglich, ein wirksames einseitiges Anpassungsrecht im Wege von AGB wirksam einzubeziehen.

Worauf indes zutreffend hingewiesen wurde, war der Umstand, dass unbeschränkte einseitige Anpassungsrechte, die keinerlei tatbestandliche Konkretisierung hinsichtlich Voraussetzung, Richtlinien und Umfang der einseitigen Anpassung enthalten, regelmäßig gegen § 307 BGB verstoßen und deshalb unwirksam sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.04 Az. KZR 10/03 unter II. 6).

Das bedeutet doch aber nicht, dass es gar keine wirksamen Anpassungsklauseln geben kann, auf welche das gesetzliche Sonderkündigungsrecht des § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG dann zur Anwendung kommt. Es sind einseitige Anpassungsklauseln denkbar, die den Erfordernissen nach inhaltlicher Konkretisierung gem. § 307 BGB entsprechen.

Zitat
BGH, Urt. v. 15.11.07 Az. III ZR 247/06 Rn. 10, juris:

Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Die einseitige Anpassung auf der Grundlage einer wirksam einbezogenen Anpassungsklausel, die diesen Erfordernissen entspricht, hätte dann auch das gesetzliche Sonderkündigungsrecht gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG zur Folge.  


Vollkommen unsinnig ist indes der Schluss, aus § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergäbe sich ein unbeschränktes Anpassungsrecht für die Lieferanten.

Diese Annahme findet nirgends eine Stütze, erst recht nicht in den Gesetzesmaterialien.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 18:54:25
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein solches einseitiges Anpassungsrecht in einem Vertrag mit einem Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ergibt sich nicht aus dem Gesetz, kann sich jedoch aus individueller Vereinbarung oder aber wirksamer Einbeziehung einer wirksamen Anpassungsklausel in den konkreten Vertrag ergeben (vgl. nur BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2).

Sie wollen Ihre Behauptung, dass sich aus § 41 Abs. 3 EnWG kein einseitiges Änderungsrecht des EVU ergibt mit einer Rechtsprechung des BGH zum Fehlen eines solchen gesetzlichen Rechtes begründen, die älter ist als § 41 Abs. 3 EnWG?
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: tangocharly am 27. Oktober 2011, 18:55:41
Zitat
Worauf indes zutreffend hingewiesen wurde, war der Umstand, dass unbeschränkte einseitige Anpassungsrechte, die keinerlei tatbestandliche Konkretisierung hinsichtlich Voraussetzung, Richtlinien und Umfang der einseitigen Anpassung enthalten, regelmäßig gegen § 307 BGB verstoßen und unwirksam sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.04 Az. KZR 10/03 unter II. 6).

..... und worauf jetzt auch die Vorlage an den EuGH ausgerichtet ist, nämlich die Feststellung, ob solches durch den Einbezug der GVV\'s sicher gestellt werden konnte bzw. kann.


@Black
Dass der Gesetzgeber bei einer Novelle seiner überarbeiteten Bestimmungen auf die bis dahin ergangene Rechtsprechung Rücksicht nimmt, dürfte Allgemeingut sein. Und die Beratungen über die Novelle wurden auch nicht erst nach dem 07.06.2011 begonnen.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 19:05:20
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein solches einseitiges Anpassungsrecht in einem Vertrag mit einem Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ergibt sich nicht aus dem Gesetz, kann sich jedoch aus individueller Vereinbarung oder aber wirksamer Einbeziehung einer wirksamen Anpassungsklausel in den konkreten Vertrag ergeben (vgl. nur BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2).

Sie wollen Ihre Behauptung, dass sich aus § 41 Abs. 3 EnWG kein einseitiges Änderungsrecht des EVU ergibt mit einer Rechtsprechung des BGH zum Fehlen eines solchen gesetzlichen Rechtes begründen, die älter ist als § 41 Abs. 3 EnWG?


@Black

Nach welcher anerkannten juristischen Methode soll man eigentlich zu dem von Ihnen behaupteten Auslegungsergebnis gelangen?

Es ergibt sich gerade nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG für die Lieferanten ein unbeschränktes Anpassungsrecht statuieren wollte.


Zitat
Original von RR-E-ft
Der Rechtskundige erkennt:

Begründung zu § 41 Abs. 3 EnWG (http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a09/anhoerungen/9_Oeffentliche_Anhoerung/Gesetzentwuerfe_Antraege/1706072.pdf)

Zitat

Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter. Bereits nach geltendem Recht müssen die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung derVertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte unterrichtet werden. Auch müssen die Dienstleister ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der Abrechnungsperiode. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.


Es ging lediglich um eine Klarstellung der Verpflichtung der Lieferanten und der Rechte der Kunden. Ein bisher nicht bestehendes Preisanpassungsrecht sollte den Lieferanten  demnach nicht eingeräumt werden.

Aus der Begründung zu § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergibt sich jedenfalls nicht, dass durch die Norm ein einseitiges Anpassungsrecht für Lieferanten (neu) geschaffen werden soll.

Dass kein enstprechendes gesetzliches Anpassungsrecht für Lieferanten besteht, ergibt sich aus der st. Rechtsprechung des BGH (vgl. schon BGH, Urt. v. 29.04.08 Az. KZR 2/07, Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07, Urt. v. 13.01.10 Az. VIII ZR 81/08].

Zitat
Original von RR-E-ft

Als die Anhörung im Gesetzgebungsverfahren am 06.06.11 erfolgte, war die entsprechende bestehende Rechtsprechung des BGH zu einseitigen Preisanpassungen in Verträgen mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 57-59, 65; Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 und B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 sowie Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 33 f.) zudem auch schon bekannt. Der Gesetzgeber beabsichtigte gerade nicht, an der bestehenden Rechtslage, wie sie auch in den genannten Entscheidungen des BGH zum Ausdruck kam, etwas zu ändern.

Wenn es in der Gesetzesbegründung zu § 41 EnWG ausdrücklich heißt \"Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter....Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.\", dann ist doch klar, dass damit an der bestehenden Rechtslage, wie sie in der st. Rspr. des BGH zum Ausdruck kommt,  gerade nichts geändert werden sollte.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 19:13:15
Zitat
Original von tangocharly
@Black
Dass der Gesetzgeber bei einer Novelle seiner überarbeiteten Bestimmungen auf die bis dahin ergangene Rechtsprechung Rücksicht nimmt, dürfte Allgemeingut sein.

Aha. Wenn der BGH also mal feststellt, dass ein bestimmtes gesetzliches Recht zum Zeitpunkt des Urteils nicht existiert, dann ist es dem Gesetzgeber für die Zukunft verwehrt  ein solches Recht in einem neuen Gesetz zu konstituieren?
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 19:40:34
Der Gesetzgeber wollte kein Anpassungsrecht für die Lieferanten neu statuieren und der Gesetzgeber hat auch kein Anpassungsrecht für die Lieferanten neu statuiert. Das ist der einfache Fakt. Und dann gibt es da noch den einen Satz von Black, was sich angeblich aus § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergeben soll, den ersichtlich kein anderer Jurist hier in der Diskussion nachvollziehen oder teilen kann.

Wer behaupten wollte, der Gesetzgeber habe neu bestimmt, dass Lieferanten den Inhalt bestehender Verträge unbeschränkt einseitig umdichten dürfen, der kann in einer solchen Diskussion wohl nicht ernst genommen werden.

Wenn der Gesetzgeber an der bisher bestehenden Rechtslage etwas grundlegend ändern wollte, so müsste sich dies aus den Gesetzesmaterialien ergeben. Aus jenen ergibt sich jedoch gerade eindeutig  das Gegenteil.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 27. Oktober 2011, 19:54:32
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Gesetzgeber wollte kein Anpassungsrecht für die Lieferanten neu statuieren und der Gesetzgeber hat auch kein Anpassungsrecht für die Lieferanten neu statuiert. Das ist der einfache Fakt. Und dann gibt es da noch den einen Satz von Black, was sich angeblich aus § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergeben soll, den ersichtlich kein anderer Jurist hier in der Diskussion nachvollziehen oder teilen kann.

Fakt ist, dass § 41 Abs. 3 EnWG davon ausgeht, dass der Versorger einseitig die Vertragsbedingungen ändern kann und für diesen Fall eine Regelung trifft.

Fakt ist weiterhin, dass nach normalem AGB Recht nach BGB eine solche einseitige Änderung nicht zulässig wäre

Fakt ist zuletzt, dass § 41 EnWG eine Vorschrift ist, die auf ausdrücklich für alle Verträge mit Haushaltskunden ausserhalb der Grundversorgung gelten soll und nicht etwa, wie RR-E-ft meint, Regelungen für reine Individualverträge trifft (die praktisch nie abgeschlossen werden).

Der § 5 Strom/GasGVV normiert ja auch das Recht  des Grundversorgers Preise und ergänzende Bedingungen einseitig zu ändern, warum soll das über § 41 EnWG nicht auch für andere Haushaltskunden gelten.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 20:02:44
Zitat
Original von Black
Fakt ist weiterhin, dass nach normalem AGB Recht nach BGB eine solche einseitige Änderung nicht zulässig wäre

Wieso das denn?

Natürlich gibt es auch einseitige Anpassungsrechte in AGB, die eine einseitige Anpassung zulassen, jedoch gerade nicht unbeschränkt, sondern mit Rücksicht auf § 307 BGB inhaltlich hinreichend konkretisiert (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.04 Az. KZR 10/03 unter II. 6., Urt. v. 15.11.07 Az. III ZR 247/06 Rn. 10).

Es sind einseitige Anpassungsklauseln denkbar, die den Erfordernissen nach inhaltlicher Konkretisierung gem. § 307 BGB entsprechen.

Zitat
BGH, Urt. v. 15.11.07 Az. III ZR 247/06 Rn. 10, juris:

Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Die einseitige Anpassung auf der Grundlage einer wirksam einbezogenen Anpassungsklausel, die diesen Erfordernissen entspricht, hat das gesetzliche Sonderkündigungsrecht gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ebenso zur Folge wie die Ausübung eines individuell vereinbarten einseitigen Anpassungsrechts des Lieferanten in solchen Verträgen mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung.

§ 41 Abs. 2 Satz 3 EnWG regelt schon seinem Wortlaut nach ganz klar ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht des Kunden und eben kein unbeschränktes einseitiges Anpassungsrecht für den Lieferanten.

Zitat
Original von Black
Der § 5 Strom/GasGVV normiert ja auch das Recht  des Grundversorgers Preise und ergänzende Bedingungen einseitig zu ändern, warum soll das über § 41 EnWG nicht auch für andere Haushaltskunden gelten.

Ich teile die Auffassung des BGH nicht, dass § 5 GVV ein entsprechendes Recht einräumt, auch wenn  die Ausübung eines solchen (andernorts eingeräumten) Rechts normiert wird. Ich bin vielmehr nach wie vor der Auffassung, dass sich die gesetzliche Leistungsbestimmungspflicht und das sich daraus ergebende einseitige Leistungsbestimmungsrecht für Grundversorger unmittelbar aus § 36 Abs. 1 EnWG ergibt, dmnach § 5 GVV lediglich die Ausübung einer im EnWG normierten Bestimmungspflicht des Grundversorgers regelt (vgl. ZNER 15/2/2011, S. 130, 133), womit ich nicht ganz allein stehe (vgl. Markert, ZNER 15/4/2011, S. 437 Fn. 5).

Außerhalb der Grundversorgung besteht eine solche gesetzliche Leistungsbestimmungspflicht für Lieferanten jedenfalls nicht.
Ohne einseitige Leistungsbestimmungspflicht jedoch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Und deshalb sollte es anders sein.

Auch der BGH behauptet schon nicht, dass sich aus § 4 AVBV/ 5 GVV ein unbeschränktes Anpassungsrecht des Grundversorgers ergäbe (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.06 Az. VIII ZR 36/06 Rn. 17, Urt. v. 29.04.08 Az. KZR 2/07 Rn. 26, Urt. v. 13.01.10 Az. VIII ZR 81/08 Rn. 18, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 9 f., B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17).


Zitat
BGH, Urt. v. 13.07.06 Az. VIII ZR 36/06 Rn. 17, juris

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber den Gasversorgungsunternehmen in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein an kein Ermessen gebundenes freies Preisbestimmungsrecht einräumen wollte. Dies kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass Gasversorgungsunternehmen gemäß § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben (so aber Morell, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung, Kommentar, Stand 2003, E § 4 Absatz 2 d).

Zitat
BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 11, juris

Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).

Irgendwo wabert auch noch die Feststellung, der Gesetzgeber wollte Sondervertragskunden jedenfalls nicht besser aber auch nicht schlechter stellen als grundversorgte (Tarif-) kunden, was sich aus der Begründung zu § 310 Abs. 2 BGB ergäbe (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 225/07, Az. VIII ZR 56/08, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09).  

Und nun sollen Sondervertragskunden aber jedenfalls schlechter stehen, weil diesen gegenüber sogar ein unbeschränktes einseitiges Anpassunsgrecht bestünde?

Diese grundsätzliche Neuerung der Rechtslage hätte der Gesetzgeber doch wohl umfassend begründet?

Aus der Gesetzesbegründung zu § 42 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergibt sich jedoch eindeutig, dass es nicht um eine Neuregelung der Rechtslage, sondern lediglich  um eine Klarstellung der bereits bestehenden Rechtlage geht.

Und deshalb erscheint es nicht nachvollziehbar, wenn behauptet wird, mit § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG habe der Gesetzgeber ein einseitiges Anpassungsrecht der Lieferanten neu statuiert.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: uwes am 27. Oktober 2011, 20:43:31
Zitat
Original von Black
Sie wollen Ihre Behauptung, dass sich aus § 41 Abs. 3 EnWG kein einseitiges Änderungsrecht des EVU ergibt mit einer Rechtsprechung des BGH zum Fehlen eines solchen gesetzlichen Rechtes begründen, die älter ist als § 41 Abs. 3 EnWG?

@Black: Ich habe den Eindruck, dass Sie jetzt mit einer gewissen Halsstarrigkeit Ihre haltlose These auch noch verteidigen ohne dabei die Gesetzesbegründung gelesen zu haben. Das disqualifiziert Sie. In der Begründung des Gesetzgebers zum neuen § 41 Abs. 3 ENWG heißt es:

Zitat
Der neue Absatz 3 hat lediglich klarstellenden Charakter. Bereits nach geltendem Recht müssen die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte unterrichtet werden. Auch müssen die Dienstleister ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mitteilen, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der Abrechnungsperiode. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass es den Kunden frei steht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren.

Da es weder nach bisher geltendem Recht noch nach dem neuen Recht der Energiewirtschaft automatisch ein einseitiges Recht zu Vertragsänderungen gibt, hat RR-E-FT richtigerweise auf die hierzu bereits ergangene Rechtsprechung hingewiesen. Es ist wohl auch mit der Vertragsautonomie und dem hohen Maß an Verbraucherschutz nicht vereinbar, wenn der Versorger ein solches von Ihnen beschriebenes Recht hätte.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Oktober 2011, 22:12:14
Zitat
Original von Black
Fakt ist zuletzt, dass § 41 EnWG eine Vorschrift ist, die auf ausdrücklich für alle Verträge mit Haushaltskunden ausserhalb der Grundversorgung gelten soll

Das stimmt. Und anderes wurde von mir weder gemeint noch behauptet.

Daraus ergibt sich jedoch nicht der Schluss, dass den Lieferanten in allen Verträgen mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung jedenfalls ein einseitiges Änderungsrecht eingeräumt ist bzw. gesetzlich neu eingeräumt wurde.

Gesetzliche Normen knüpfen generell abstrakt an einen Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge (Wenn [Tatbestand], dann gilt [Rechtsfolge]).
Keinesfalls regelt eine Rechtsnorm, dass ihr Tatbestand jedenfalls immer erfüllt sei. Von eben dieser Fehlvorstellung wird wohl ausgegangen.

§ 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG knüpft lediglich  an die Tatbestandsvoraussetzung, dass der Lieferant die Bedingungen einseitig ändert, die Rechtsfolge, dass der Kunde dann ein Sonderkündigungsrecht hat. Die Norm bestimmt jedoch nicht, dass dem Lieferanten jedenfalls ein einseitiges Änderungsrecht eingeräumt ist.

Die Norm will ersichtlich nach ihrem logischen Programmsatz  [wenn Tatbestand erfüllt, dann Rechtsfolge] das Sonderkündigungsrecht des Kunden regeln, nicht jedoch das  Änderungsrecht des Lieferanten.

Die Behauptung im Eröffnungsbeitrag ist wohl ein juristischer Black out.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: luispold am 28. Oktober 2011, 08:27:03
Zitat
Original von RR-E-ft


........................ ein juristischer Black out........




..............tritt bei mir beim Lesen in diesem Forum sehr häufig, ja fast jedes Mal ein ;(

Als ich dem BDEV beigetreten bin war ich von den Auftritten Herrn Peters und anderer Verbrauchschützer im TV und Radio begeistert. Also Musterbrief runtergeladen und ab ging die Post.

Jetzt bin ich ein wenig in der Zwickmühle, suche Rat und Motivation und was finde ich in diesem Forum..............sich mehr oder weniger für mich unverständlich äußernde Kontrahenten.


Wäre schön, wenn es in diesem Forum einen Bereich für Personen ohne juristische Ambitionen und Erfahrungen gäbe. Die Homepage des BDEV ist für mich einfacher zu verstehen. Aber nachdem ich im Forum herumgelesen habe, plagen mich Zweifel, ob da alles so richtig dargestellt wird X(
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: tangocharly am 28. Oktober 2011, 09:58:33
@luispold
Sicherlich verstehbar, was Sie hier einwerfen.

Aber derjenige, der...
Zitat
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

...müßte sich eigentlich Sandmännchen heißen. Denn er kam nicht mit dem Schwert, sondern mit einem ganzen Sack voll Sand. Letzteren will er Nichtjuristen in die Augen streuen, damit sie den richtigen Wert solcher Diskussionen nicht mehr durchschauen  -  Heißluft !
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: bolli am 28. Oktober 2011, 10:56:03
Zitat
Original von luispold
Als ich dem BDEV beigetreten bin war ich von den Auftritten Herrn Peters und anderer Verbrauchschützer im TV und Radio begeistert. Also Musterbrief runtergeladen und ab ging die Post.

Jetzt bin ich ein wenig in der Zwickmühle, suche Rat und Motivation und was finde ich in diesem Forum..............sich mehr oder weniger für mich unverständlich äußernde Kontrahenten.

Wäre schön, wenn es in diesem Forum einen Bereich für Personen ohne juristische Ambitionen und Erfahrungen gäbe. Die Homepage des BDEV ist für mich einfacher zu verstehen. Aber nachdem ich im Forum herumgelesen habe, plagen mich Zweifel, ob da alles so richtig dargestellt wird X(
Tja luispold,
das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. In der Theorie hört sich manches ganz einfachund plausibel an, was sich in der (Rechts-)Praxis oft als deutlich komplizierter herausstellt.

Wenn man tatsächlich einen Überblick über das für und wider bestimmter Dinge im Energiebereich haben möchte führt an einer vertieften juristischen Betrachtung (leider) oft kein Weg vorbei. Da hilft es einem auch nicht, wenn in einem anderen Bereich für Nichtjuristen \"geschwafelt\" wird. Juristische Bedeutung hat möglicherweise noch nicht mal jedes Argument im ersteren Bereich, aber auf jeden Fall nicht im letzeren. Das wird Ihnen dann im Zweifelsfall nicht weiterhelfen.

Man darf auch nicht erwarten, dass man für jede Fallkonstellation in diesem Forum DIE Lösung findet, weil es diese oft gar nicht gibt. In vielen Fällen urteilen Untergerichte zum gleichen Sachverhalt unterschiedlich, manchmal sogar gegen die bestehende Rechtssprechung des BGH.

Es wird einem in diesem Fall der Unsicherheit wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich entweder individuelle Rechtsberatung zu holen (und zu bezahlen) oder dem Ansinnen des Versorgers auf Zahlung eventuell bestehender Außenstände nachzukommen. Für ersteres hilft es natürlich, wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat. Im Klagefall des Versorgers, wenn man es denn darauf ankommen lässt, hilft es eventuell auch schon, wenn man dem Prozesskostenfond des BDEV beigetreten ist, der allerdings wohl auch nicht immer eintritt, aber doch sehr häufig.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 28. Oktober 2011, 11:12:30
Zitat
Original von uwes
Da es weder nach bisher geltendem Recht noch nach dem neuen Recht der Energiewirtschaft automatisch ein einseitiges Recht zu Vertragsänderungen gibt, hat RR-E-FT richtigerweise auf die hierzu bereits ergangene Rechtsprechung hingewiesen.

Denken Sie an die Entscheidung des BGH, nach der ein Versorger einseitig dazu übergehen kann, einen bisherigen Kunden der Grundversorgung in einen Sonderkunden umzustufen, mit der Folge, dass die bisher geltenden Vertragsbedingungen der StromGVV/GasGVV keine Anwendung mehr finden.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 28. Oktober 2011, 12:05:07
Zitat
Original von RR-E-ft
Gesetzliche Normen knüpfen generell abstrakt an einen Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge (Wenn [Tatbestand], dann gilt [Rechtsfolge]).
Keinesfalls regelt eine Rechtsnorm, dass ihr Tatbestand jedenfalls immer erfüllt sei. Von eben dieser Fehlvorstellung wird wohl ausgegangen.

§ 5 GasGVV/StromGVV tut dies nicht und begründet nach Auffassung des BGH ebenfalls ein Vertragsänderungsrecht.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: uwes am 28. Oktober 2011, 13:14:49
Zitat
Original von Black
§ 5 GasGVV/StromGVV tut dies nicht und begründet nach Auffassung des BGH ebenfalls ein Vertragsänderungsrecht.

Ja genau das ist es doch. Vielleicht haben Sie es ja doch jetzt verinnerlicht. § 41 EnWG n.F. geht von dem Bestehen solcher Änderungsrechte aus, regelt sie aber nicht selbst. Die Bestimmung stellt - lediglich - die Rechtsfolgen einer Ausübung eines solchen Änderungsrechts klar.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Oktober 2011, 14:45:23
Der BGH hat am 07.06.11 unter Az. VIII ZR 333/10 (Rn. 2) entschieden, dass die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen  dem Versorger in Sonderverträgen außerhalb der Grundversorgung ein Preisanpassungsrecht zusteht, geklärt sei.


Zitat
BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2, juris:

Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Gasversorgungsunternehmen gegenüber einem Normsonderkunden ein einseitiges Preisänderungsrecht zusteht, sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt.

Insbesondere ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen bei einem Normsonderkundenvertrag (auf den das für den Tarifkundenvertrag geltende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV bzw. [seit dem 8. November 2006] § 5 Abs. 2 GasGVV weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung findet, vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 23; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, NJW 2011, 50 Rn. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ 186, 180 ff. vorgesehen, und VIII ZR 327/07, RdE 2010, 384 Rn. 12; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn. 25; jeweils mwN) von einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 26 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 32 ff., 38 ff.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, aaO Rn. 17; jeweils mwN), ob beim Fehlen einer wirksamen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts ein solches aus der ergänzenden Auslegung des Versorgungsvertrages hergeleitet werden kann (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38 f.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 49 ff.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, aaO Rn. 26 ff.; jeweils mwN) und ob in einer vorbehaltlosen Zahlung der vom Gasversorgungsunternehmen einseitig erhöhten Gaspreise durch den Kunden eine stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis gesehen werden kann, wenn es bereits an einem wirksamen Preisanpassungsrecht des Gasversorgungsunternehmens fehlt, weil die Preisanpassungsregelung nicht Vertragsbestandteil des Sonderkundenvertrags geworden oder unwirksam ist (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 57-59, 65 f.; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 40-42; jeweils mwN; vgl. hingegen für den Fall einer wirksamen Einbeziehung der AVBGasV mit dem sich hieraus ergebenden Preisänderungsrecht in den Normsonderkundenvertrag: Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 327/07, aaO Rn. 18].


Demnach gibt es für diesen Bereich kein gesetzliches Anpassungsrecht, sondern es bedarf der wirksamen vertraglichen Vereinbarung eines solchen Rechts (st. Rspr.).

Es gibt nach wie vor für Sonderverträge, insbesondere auch für Sonderverträge mit Haushaltskunden iSv. § 41 EnWG, kein gesetzliches Anpassungsrecht.

Insbesondere begründet § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG n.F.  kein einseitiges Anpassungsrecht für die Lieferanten, sondern lediglich ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht für die Kunden.
Letzteres knüpft tatbestandlich nur daran an, dass der Lieferant die Bedingungen einseitig ändert.

Aus § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergibt sich keine Berechtigung der Lieferanten zu einseitigen Anpassungen. Vielmehr besagt die Regelung, dass für den Fall, dass der Lieferant die Bedingungen eines solchen Vertrages  einseitig ändert, dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht zusteht.

Darüber, dass § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG n.F.  kein einseitiges Anpassungsrecht für die Lieferanten schafft, kann angesichts der eindeutigen Gesetzesbegründung wohl nicht ernsthaft juristisch gestritten werden.

Wenn man sich jedoch über diese Frage vor Gericht streiten wollte, nämlich ob sich aus § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG nunmehr ein einseitiges Anpassungsrecht für die Lieferanten ergibt, so müsste man diesen Streit vor den nach § 102 EnWG ausschließlich zuständigen Gerichten austragen. Denn dieser Streit betrifft eindeutig die Frage, ob sich ein entsprechendes Recht für Lieferanten aus der Bestimmung des § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ergibt.

@Black

Wenn Sie behaupten, § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG begründe/ schaffe ein einseitiges Anpassungsrecht für die Lieferanten, dann legen Sie doch bitte mal dar, was der Inhalt eines solchen Rechts sein soll und woraus sich dieser Inhalt ergeben soll. Man darf wohl gespannt sein, wieweit die Phantasie reicht.

§ 5 GasGVV/ StromGVV konkretisiert lediglich, wie eine Anpassungspflicht und ein Anpassungsrecht des Grundversorgers auszuüben ist. Die Pflicht und das Recht zur einseitigen Bestimmung und Anpassung selbst ergeben sich jedoch schon unmittelbar aus § 36 Abs. 1  [iVm. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1]  EnWG (vgl.  zutreffend Markert, ZNER 15/4/2011, S. 436 mwN.)
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 28. Oktober 2011, 15:07:22
Zitat
Original von RR-E-ft
Es gibt nach wie vor für Sonderverträge, insbesondere auch für Sonderverträge mit Haushaltskunden iSv. § 41 EnWG, kein gesetzliches Anpassungsrecht.

Worauf beruht dann eigentlich das Recht des Versorgers einseitig bei einem Grundversorgungskunden die bisher geltenden Vertragsbedingungen der GasGVV abzuändern, in dem der Versorger den Kunden einfach einseitig zu einem Sonderpreis abrechnet?
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Oktober 2011, 15:13:48
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von RR-E-ft
Es gibt nach wie vor für Sonderverträge, insbesondere auch für Sonderverträge mit Haushaltskunden iSv. § 41 EnWG, kein gesetzliches Anpassungsrecht.

Worauf beruht dann eigentlich das Recht des Versorgers einseitig bei einem Grundversorgungskunden die bisher geltenden Vertragsbedingungen der GasGVV abzuändern, in dem der Versorger den Kunden einfach einseitig zu einem Sonderpreis abrechnet?

@Black

Sie lenken ab. Wir reden gerade noch über das Anpassungsrecht der Lieferanten außerhalb der Grundversorgung.

Das Recht des Versorgers, mit dem grundversorgten Kunden konkludent die (Weiter-) Belieferung auf der Grundlage  eines Sondervertrages zu vereinbaren, begründet der BGH ganz offensichtlich mit dem Gebrauch von Vertragsfreiheit, insbesondere jedoch nicht mit einem einseitigen Anpassungsrecht gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG.

Zitat
BGH, Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 33, juris:

Der Senat hat entschieden, dass ein Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV auch dann nicht besteht, wenn das Versorgungsunternehmen dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde versorgt worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der allgemeinen Tarifpreise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen.

Dass der BGH ein entsprechendes Recht des Versorgers auf § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG n. F. gestützt habe, wollen Sie wohl selbst nicht behaupten.
Das würde auch absonderlich anmuten, nachdem der BGH in jenen Entscheidungen vollkommen klar entschieden hatte, dass dem Versorger gerade kein einseitiges Preisanapssungsrecht (mehr) zusteht.

Zitat
Original von RR-E-ft

@Black

Wenn Sie behaupten, § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG begründe/ schaffe ein einseitiges Anpassungsrecht für die Lieferanten, dann legen Sie doch bitte mal dar, was der Inhalt eines solchen Rechts sein soll und woraus sich dieser Inhalt ergeben soll. Man darf wohl gespannt sein, wieweit die Phantasie reicht.

§ 5 GasGVV/ StromGVV konkretisiert lediglich, wie eine Anpassungspflicht und ein Anpassungsrecht des Grundversorgers auszuüben ist. Die Pflicht und das Recht zur einseitigen Bestimmung und Anpassung selbst ergeben sich jedoch schon unmittelbar aus § 36 Abs. 1 [iVm. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1]  EnWG (vgl.  zutreffend Markert, ZNER 15/4/2011, S. 436 mwN.)

Also:

Was soll denn der Inhalt eines angeblichen  einseitigen Anpassungsrechts aus § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG sein?
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 28. Oktober 2011, 17:43:53
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Sie lenken ab. Wir reden gerade noch über das Anpassungsrecht der Lieferanten außerhalb der Grundversorgung.

Das Recht des Versorgers, mit dem grundversorgten Kunden konkludent die (Weiter-) Belieferung auf der Grundlage  eines Sondervertrages zu vereinbaren, begründet der BGH ganz offensichtlich mit dem Gebrauch von Vertragsfreiheit, insbesondere jedoch nicht mit einem einseitigen Anpassungsrecht gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG.

Aha. Und diese \"Vertragsfreiheit\" berechtigt also zu einer einseitigen Vertragsänderung. Diese Freiheit des Versorgers lobe ich mir. Wenn diese äh..Freiheit einseitig das gesamte Vertragsgefüge ohne Zustimmung des Kunden nur innerhalb der Grundversorgung gelten sollte, dann müßte sie ja in der entsprechenden speziellen GVV geregelt sein. Nur leider enthält die GVV keine Regelung, die es dem Grundversorger erlaubt per \"Vertragsfreiheit\" die Grundversorgung zugunsten eines beenden.

Also muss diese \"Vertragsfreiheit\" zur einseitigen Umwandlung eines Vertrages auf sonstigem Recht beruhen. Dann aber gilt sie für jede Art von Vertrag mit Haushaltskunden.

In § 41 Abs. 3 EnWG wurde sie nun noch einmal erwähnt.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Oktober 2011, 18:35:24
Zitat
Original von Black
Nur leider enthält die GVV keine Regelung, die es dem Grundversorger erlaubt per \"Vertragsfreiheit\" die Grundversorgung zugunsten eines beenden.

Also muss diese \"Vertragsfreiheit\" zur einseitigen Umwandlung eines Vertrages auf sonstigem Recht beruhen. Dann aber gilt sie für jede Art von Vertrag mit Haushaltskunden.

In § 41 Abs. 3 EnWG wurde sie nun noch einmal erwähnt.


@Black


Sonderabkommen können - wie aufgezeigt -  durch konkludente Neuvereinbarung infolge der Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zustande kommen.

Dass Ihr letzter Beitrag unhaltbar ist, merken Sie doch hoffentlich selbst daran, dass der BGH in ständiger Rechtsprechung betont, dass dem Versorger bei der Belieferung aufgrund eines Sonderabkommens ein einseitiges Anpassungsrecht nur zustehen kann, wenn ein solches wirksam vertraglich vereinbart wurde, weil es sich gerade nicht aus einem Gesetz oder ergänzender Vertragsauslegung ergibt (vgl. BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2 mwN).

Mit anderen Worten kann der Verorger, wenn ein Sonderabkommen besteht, gerade nicht machen, wozu er lustig ist, sondern er bleibt grundsätzlich an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden, es sei denn, ein einseitiges Anpassungsrecht wurde vertraglich wirksam vereinbart und der Billigkeit entsprechend ausgeübt bzw. der zunächst - auf einem vertraglich wirksam vereinbarten (!) -  einseitigen Anpassungercht beruhende Preis später vertraglich vereinbart.

Der BGH hat klar entschieden, dass insbesondere ein sonstiges Recht zur einseitigen Anpassung für den Versorger dabei nicht besteht.

Wo wollen Sie ein solches Recht also herholen?

Unabhängig davon, dass Sie nicht sagen können, woher  Sie es holen wollen, können Sie offensichtlich auch nicht angeben, welchen Inhalt ein solches Recht überhaupt haben soll.

Es gibt keinerlei gesetzliche Grundlage, welche die Energieversorger von einem vertraglich vereinbarten  Äquivalenzverhältnis entbinden.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: luispold am 28. Oktober 2011, 19:23:39
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Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Oktober 2011, 20:10:42
@luispold

Niemand erhebt Anspruch darauf, dass Sie einer Diskussion zwischen Juristen, die untereinander ihre Meinung austauschen,  folgen können.

Kurzgefasst hat der BGH geklärt, dass Energieversorgern in Sonderabkommen ein einseitiges Preisanapssungsrecht nur dann besteht, wenn es wirksam vertraglich vereinbart wurde.

Dies deshalb,  weil der BGH dazu festgestellt hat, dass sich ein einseitiges Anpassungsrecht  dabei weder aus Gesetz noch aus ergänzender Vertragsauslegung oder sonstigem Recht ergeben kann.

Ferner hat der BGH geklärt, dass solche Sonderabkommen auch dadurch zustande kommen können, dass der Versorger aus der Sicht des Kunden dazu übergeht,  ihn außerhalb der Allgemeinen Tarife unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu beliefern.

Der Versorger ist so frei, außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht, Sonderabkommen anzubieten und auch dadurch abzuschließen, dass er einen bisherigen Tarifkunden zu einem günstigeren Sonderpreis beliefert und abrechnet und der betroffene Kunde dem nicht widerspricht.

Ist aber ein solches Sonderabkommen erst einmal zustande gekommen, so ist der Versorger nur dann noch zur einseitigen Anpassung berechigt, soweit ein entsprechendes Recht vertraglich wirksam eingeräumt/ vereinbart wurde.

Entsprechende Zitate aus der Rechtsprechung wurden jeweils angeführt.

Ein anderer behauptet: Doch, doch es bestünde ein einseitiges Anpassungsrecht des Versorgers  aus sonstigem Recht und dies gelte deshalb gegenüber allen Haushaltskunden, die außerhalb der Grundversorgung beliefert werden.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: luispold am 29. Oktober 2011, 10:04:35
=)=)=)=)
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: Black am 31. Oktober 2011, 11:36:23
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black


Sonderabkommen können - wie aufgezeigt -  durch konkludente Neuvereinbarung infolge der Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zustande kommen.

Wenn der Versorger einseitig dem Kunden \"Sonderpreise\" in Rechnung stellt und der Kunde nicht widerspricht, dann liegt also eine konkludente Neuvereinbarung vor?
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 01. November 2011, 09:28:21
@Black

Der BGH geht wohl offensichtlich von der konkludenten Neuvereinbarung eines Sonderabkommens aus.

Zitat
BGH, Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 33 f., juris:

Ob hier der ursprünglich geschlossene Vertrag - in jedem Einzelfall - ein Sonderkundenvertrag war, kann dabei letztlich dahinstehen. Der Senat hat entschieden, dass ein Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV auch dann nicht besteht, wenn das Versorgungsunternehmen dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde versorgt worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der allgemeinen Tarifpreise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen. Denn ein Recht zur einseitigen Änderung von Preisen, die keine allgemeinen Tarifpreise sind, regelt § 4 AVBGasV nicht (Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, juris Rn. 22 ff.).

Vorliegend spricht aus Sicht eines durchschnittlichen Kunden bereits die von der Beklagten vorgenommene Abgrenzung der \"Allgemeinen Tarife\" von den \"Sonderpreisregelungen\" beziehungsweise - für die streitgegenständlichen Preiserhöhungen - \"Klassik\" dafür, dass es sich bei letzteren um Angebote außerhalb der Grundversorgung handelt. Denn aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers spricht die ausdrückliche Kennzeichnung eines Tarifs als Sondertarif und die Abgrenzung zu allgemeinen Tarifen dafür, dass das Energieversorgungsunternehmen eine Belieferung nicht (mehr) im Rahmen der Grundversorgung vornehmen will.

Was sollte denn auch gegen eine konkludente Neuvereinbarung sprechen, wenn Versorger und Kunde sich offensichtlich darüber einig sind, dass die Belieferung fortan nicht mehr zum Allgemeinen Tarif, sondern zu einem vom Versorger angebotenen  Sonderpreis erfolgen soll? Schließlich hatte der Versorger eine solche Belieferung angeboten und der Kunde war damit einverstanden.

Widerspricht der Kunde einer solchen Neuvereinbarung, so muss er freilich weiter als grundversorgter Tarifkunde beliefert werden.

Ein einseitiges Preisanpassungsrecht besteht in einem bestehenden Sonderabkommen jedenfalls nur dann, wenn es wirksam vertraglich vereinbart wurde (vgl. BGH, B. v. 07.06.11 Az. VIII ZR 333/10 Rn. 2 mwN).
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 03. November 2011, 13:43:03
Mit Beschluss vom 07.09.11 Az. VIII ZR 25/11 (Rn. 2) bekräftigt der BGH nomals seine Rechtsprechung.

Zitat
BGH, Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 Rn. 21 f, juris:

Soweit das Berufungsgericht die Wirksamkeit der von der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum vorgenommenen Preiserhöhungen bejaht und die Abweisung des dagegen gerichteten Feststellungsbegehrens des Klägers gebilligt hat, hält dies revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagten hat ein wirksam vereinbartes Preisanpassungsrecht nicht zugestanden.

Es kann dahinstehen, ob die Vertragsbeziehung der Parteien ursprünglich als Tarif- oder als Sonderkundenvertrag zu qualifizieren war und ob ein möglicherweise zunächst bestehendes Tarifkundenverhältnis nachträglich durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien im Wege der Vertragsänderung in ein Sonderkundenverhältnis umgewandelt worden ist.

Denn eine Anwendung des gesetzlichen Preisanpassungsrechts nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV scheitert vorliegend schon daran, dass die Beklagte den Kläger nach der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers nicht zu allgemeinen Tarifpreisen (§ 6 Abs. 1 EnWiG 1935), Allgemeinen Tarifen (§ 10 Abs. 1 EnWG 1998] oder Allgemeinen Preisen (§ 36 Abs. 1 EnWG 2005) beliefert hat.

Der BGH meint, eine nachträgliche Neuvereinbarung durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien könne dahinstehen.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: tangocharly am 04. November 2011, 15:22:04
Ich warte immer noch auf die Klarstellung durch den BGH, nämlich dahin, dass es nur einen Allgemeinen Tarif gibt (und nicht zwei oder viele Allgemeine Tarife).

Wenn es schon darauf ankommt, wie der Verbraucher seinen Tarif sieht, dann gehört die Lachplatte endlich in den Keller, wonach der arme kontrahierungsgezwungene Versorger nur das Beste seiner Kunden will (bekanntlich ist \"das Beste\" in diesem Sinne immer nur sein Geld !) - der sogenannte \"Bestpreis\".

Ich möchte meinen Hut verwetten, dass dann, wenn der Jauch am Samstagabernd den/die \"intelligentesten Deutsche(n)\" küren möchte und denen die Frage stellt, ob der Bestpreis eine gesetzlich, zwingend und für alle geltende Wirtschaftskomponente darstellt, von allen Kandidaten der falsche Buzzer gedrückt werden wird.
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: RR-E-ft am 04. November 2011, 15:51:09
Zitat
Original von tangocharly
Ich warte immer noch auf die Klarstellung durch den BGH, nämlich dahin, dass es nur einen Allgemeinen Tarif gibt (und nicht zwei oder viele Allgemeine Tarife).

Der BGH hat zu dieser Frage folgendes angemerkt:


Zitat
BGH, Urt. v. 11.05.11 Az. VIII ZR 42/10 Rn. 32, juris

Zwar kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht angenommen werden, dass nur ein Vertragsschluss zu dem \"allgemeinsten\", im Verhältnis zu anderen Tarifen besonders hoch kalkulierten Tarif im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht eines Versorgungsunternehmens erfolgt und nur in solch einem Fall dem unmittelbaren Anwendungsbereich der AVBGasV unterfällt.

Denn auch im Rahmen der Grundversorgung steht es dem Energieversorgungsunternehmen frei, verschiedene Tarife anzubieten.

Für die Frage, ob es sich bei öffentlich bekannt gemachten Vertragsmustern und Preisen um Tarif- oder Grundversorgungsverträge mit allgemeinen Tarifpreisen im Sinne von § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 752-1 veröffentlichten bereinigten Fassung, Allgemeinen Tarifen im Sinne von § 10 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730) oder Allgemeinen Preisen im Sinne von § 36 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970) handelt, kommt es darauf an, ob das betreffende Versorgungsunternehmen die Versorgung zu den öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften oder unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit anbietet (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 14, sowie VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 13; jeweils mwN; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, WM 2010, 1762 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ 186, 180 vorgesehen; Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2009 - VIII ZR 312/08, WuM 2010, 436 Rn. 2).
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: M.W. am 04. November 2011, 19:46:05
Ius est ars boni et aequi. ;)
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: tangocharly am 06. November 2011, 14:26:17
Ceteris paribus !
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: luispold am 14. November 2011, 11:37:16
?( ?( ?(
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: M.W. am 14. November 2011, 12:29:30
Ich meinte, dass die Juristerei eine gute und gerechte Kunst sei, worauf TC anmerkte, dass im übrigen gleiche Bedingungen herrschen müssten.
Gruß
Titel: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
Beitrag von: luispold am 14. November 2011, 16:39:39
vielen Dank für Übersetzung!