Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: RR-E-ft am 10. August 2011, 18:48:05

Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: RR-E-ft am 10. August 2011, 18:48:05
Bei Zahlungsklagen richtet sich der Gegenstandswert nach der eingeklagten Hauptforderung.

Geht es um die Wirksamkeit einer Kündigung ist die 3,5fache vertragliche Jahresvergütung für den Gegenstandswert zu Grunde zu legen.


Mangels anderweitiger Vereinbarung erfolgt die Abrechnung mit Rechtsanwälten nach RVG.

Die Kosten der Instanzen lassen sich hier berechnen:

http://rvg.pentos.ag/

Den Gegenstandswert/ Streitwert eingeben und \"gerichtlich\" anklicken.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Lothar Gutsche am 13. August 2011, 16:35:58
Wenn sich das Risiko der Prozesskosten bei Billigkeitsprozessen so einfach bestimmen ließe, wie es das Berechnungsprogramm von der Allianz ProzessFinanz GmbH vorspiegelt, dann könnte ein Verbraucher vor Beginn eines Rechtsstreites beurteilen, ob er das Risiko tragen kann. Leider kommen gerade bei Auseinandersetzungen über Energiepreise zu den kalkulierbaren reinen Anwalts- und Gerichtsgebühren in vielen Fällen noch Gutachterkosten in unbekannter Höhe dazu. Wegen der Komplexität der zu Grunde liegenden ökonomischen Sachverhalte können die Gutachten oft mehr als 10.000 Euro kosten.  

Der User \"__hp__\" hatte am 27.12.2010 22:31 in seinem umfangreichen Beitrag unter \"http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=77495#post77495\" im EWE-Thread mit dem Titel „Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=77495#post77495)“ gezeigt, dass die Prozesskosten und ihre Nicht-Kalkulierbarkeit eine wirtschaftliche Zugangshürde für Energieverbraucher darstellen. Die Unbestimmtheit der Prozesskosten verletzt den Justizgewährungsanspruch aus Art. 80 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Die Prozesskosten verwandeln das Recht geradezu in eine Waffe der finanzstarken Energieversorger und verletzen das Grundprinzip der prozessualen Waffengleichheit. Wörtlich schreibt „__hp__“:

Zitat
Es geht im engeren Sinne also um die Vorhersehbarkeit des gerichtlichen Verfahrens, die von derartiger Bedeutung für eine rechtsstaatliche Verfahrensgestaltung ist, dass das BVerfG diesem Aspekt neben den „klassischen“ Prozessgrundrechten (Art. 101, 103 GG) sowie dem effektiven Rechtsschutz, dem fairen Prozess sowie dem Justizgewährungsanspruch sogar eigenständige Bedeutung zugemessen hat.
Dem Charakter der Prozesskosten als Waffe der Energieversorger widmet der User \"__hp__\" einen größeren Abschnitt in seinem lesenswerten Beitrag. Fazit: Das tatsächliche Prozesskostenrisiko lässt sich mit einem Prozesskostenrechner leider nicht abschätzen.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: RR-E-ft am 13. August 2011, 18:12:09
Mit dem Prozesskostenrechner lässt sich das Risiko einschätzen, dass sich aus dem Streitwert ergibt.

Das Risiko, welches sich aus Bestreiten und Beweisangeboten (Zeugenauslagen, gerichtliches Sachverständigengutachten) ergibt, ist ein besonderes Risiko, welchem man sich ohne weiteres entziehen kann.
Entzieht man sich dergestalt, dass man entsprechendes Bestreiten rechtzeitig aufgibt, so verbleibt es bei dem Prozesskostenrisiko, dass sich mit dem Prozesskostenrechner berechnen lässt.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Tom81 am 19. August 2011, 15:25:54
@RR-E-ft

Sie haben zwar aus formaler Sicht Recht, dass man sich den Kosten für ein SV-Gutachten durch Rücknahme der Klage o.Ä. bzw. durch Klaglosstellen des Klägers jederzeit entziehen könnte. Kündigt der Richter an, dass er ein SV-Gutachten einholen lassen will und dass dies voraussichtlich X Euro kostet, so kann die Seite, der das zu teuer werden würde, diese Kosten in der Tat abwenden.

Das Problem ist nur: Damit geben Sie zwangsläufig das Ziel auf, welches Sie mit der Klageerhebung bzw. dem Klageabweisungsantrag erreichen wollten (und damit womöglich Ihr \"gutes Recht\"). Sind Sie hierzu nicht bereit (Warum sollten Sie andernfalls auch geklagt haben bzw. die Forderung des potentiellen Klägers nicht vorher befriedigt haben?), bleibt es bei den de facto unkalkulierbaren Kosten eines Rechtsstreits.

M.E. sind diese Prozesskostenrechner nur ein erster Anhaltspunkt, der das Kostenrisiko unvollständig abbildet. Nur unter sehr restriktiven und m.E. völlig wirklichkeitsfernen Prämissen (z.B. es werden keine Zeugenauslagen bzw. Sv-Gutachten anfallen oder die eine Partei gibt jedesmal sofort nach, wenn die andere Partei einen Gutachter / Zeugen zu einem Beweisthema benennt) liefern Prozesskostenrechner ein zutreffendes Ergebnis. Es wäre daher angebrachter, Prozesskostenrechner in \"Gerichtsgebühren- und gesetzlicher Anwaltsvergütungsrechner\" umzubennen.

Überdies ist die Aufspaltung des Kostenrisikos in einen \"besonderen\" und einen sich aus dem Streitwert ergebenden Risikoanteil verzichtbar. Am Ende kommt es immer auf die gesamten Kosten zur Erreichung eines Ziels an.

Ich stimme der Einschätzung von Lothar Gutsche zu, wonach gerade bei Prozessen unter Beteiligung großer Energieversorger die Kosten für Sachverständige o.Ä. als Waffe des finanziell Potenteren eingesetzt werden.
Schauen Sie bitte auch auf die Website vzhh.de (Verbraucherzentrale Hamburg) und dort die einschlägigen Themengebiete (Versicherungen --> Teilzahlungszuschlag, Sammelklage Allianz). Die gesamten Prozesskosten gegen große Versicherer sind so hoch, dass die Verbraucherzentralen mittlerweile selektiv vorgehen müssen (d.h. nur einen Teil der Missstände in diesem Bereich gerichtlich überprüfen lassen) oder gar Sammelklagen bemühen, bei denen Verbraucher vorher einen Betrag X einzahlen müssen. Ich stand z.B. mit Frau Castello von der Vzhh in E-Mail-Kontakt. Sie hat mir gesagt, dass sie liebend gern auch gegen Allianz Unfallprämien-Rückgewährversicherungen vorgehen würde, dies aber aus finanziellen Gründen nicht zeitgleich mit einem Vorgehen gegen Allianz-Lebensversicherungsverträge erfolgen kann.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: RR-E-ft am 09. September 2011, 11:32:23
BGH, B. v. 27.04.10 VIII ZB 91/09 Streitwert für Feststellung unwirksamer Gaspreisneufestsetzung (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=14125)
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Kampfzwerg am 13. September 2011, 20:30:48
Zitat
Original von RR-E-ft
Mit dem Prozesskostenrechner lässt sich das Risiko einschätzen, dass sich aus dem Streitwert ergibt.

Das Risiko, welches sich aus Bestreiten und Beweisangeboten (Zeugenauslagen, gerichtliches Sachverständigengutachten) ergibt, ist ein besonderes Risiko, welchem man sich ohne weiteres entziehen kann.
Entzieht man sich dergestalt, dass man entsprechendes Bestreiten rechtzeitig aufgibt, so verbleibt es bei dem Prozesskostenrisiko, dass sich mit dem Prozesskostenrechner berechnen lässt.

\"Formal korrekt\"
Hätte ich vor vielen Jahren bereits geahnt, dass sich meine Überzeugungen - sowohl hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen als auch meiner Auffassung von Gerechtigkeit - irgendwann einem derartigen Zynismus beugen müssten, und, abgesehen von den gerichtlichen Fehlinterpretationen rechtlicher Grundlagen und einschlägiger BGH-Urteile, zudem auch noch von Kompetenz und goodwill der Anwälte abhängig sind, hätte ich es mir ganz sicher noch einmal gründlich überlegt, ob all diese Widrigkeiten es wirklich wert sind, diesen langwierigen und stressigen Weg des Widerstands zu wählen.

\"Gerechtigkeit\" ist heute ganz offensichtlich wirklich nicht mehr viel wert.

Aber warum sollte es hier auch anders sein als im wirklichen Leben.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Stubafü am 18. September 2011, 14:35:27
@Kampfzwerg

Zitat
\"zudem auch noch von Kompetenz und goodwill der Anwälte abhängig sind\"

Sicherlich hat sich nicht nur Kampfzwerg (zu Beginn seines Leidensweges und
damalig auf der Suche nach einem \"kompetenten\" Juristen) schon einmal
gefragt, was die Begriffe \"Tätigkeitsschwerpunkt\" u. \"Interessenschwerpunkt\"
eigentlich bedeuten sollen. Ich meine dahinter gestiegen zu sein:
Unter die \"Tätigkeitsschwerpunkte\" fällt m.E. alles, was der Anwalt nicht kann,
aber auf Kosten seiner Klientel mit wechselndem Erfolgserlebnis schon
mehrfach probiert hat.
Bei den \"Interessenschwerpunkten\" will der Anwalt m.E. auf Kosten seiner
Mandanten erst noch üben – wenn er dann selbst merkt, daß er auch hier
für sein Portefeuille nichts zustande bringen kann, ordnet er
diesen \"Interessenschwerpunkt\" den \"Tätigkeitsschwerpunkten\" zu und richtet
seine Interessen auf ein neues Gebiet, das von vornherein wieder ein paar
Handbreit über seinem Horizont liegen muß.

Wehe also dem Mandanten, der an solch einen \"Juristen\" geraten ist.
Dann kannste mit deinem Prozeßbudget gleich Harakiri begehen.

Ein Grund dafür ist sicher die Rechtsanwaltsschwemme, die seit vielen Jahren
anhält – waren 1990 noch 56.638 Anwälte bei den deutschen Kammern
zugelassen, stieg die Zahl bis 2010 auf über 172.000; hat sich in 20 Jahren
also mehr als verdreifacht und steigt jährlich weiter um rund fünf Prozent und
das bei stagnierender oder gar sinkender Bevölkerungszahl (!). Da muß der
einzelne Advokat schon gezwungenermaßen zu den vorgeschilderten Mitteln
greifen, wenn auch er ein Reihenhäuschen und einen Opel Astra davor stehen
haben will.

Der Beitrag des Forumsmitglieds Lothar Gutsche wonach \"die Prozesskosten
das Recht geradezu in eine Waffe der finanzstarken Energieversorger
verwandeln und somit  das Grundprinzip der prozessualen Waffengleichheit
verletzen\" ist mithin um einen kleinen aber bedeutungsschweren
Unwägbarkeitsfaktor zu erweitern: Die Wahl des eigenen Anwalts!

Mit vielen Grüssen aus der germanischen Toskana
Stubafü
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: RR-E-ft am 19. September 2011, 13:21:27
Zitat
Original von Stubafü
Ich meine dahinter gestiegen zu sein:
Unter die \"Tätigkeitsschwerpunkte\" fällt m.E. alles, was der Anwalt nicht kann,
aber auf Kosten seiner Klientel mit wechselndem Erfolgserlebnis schon
mehrfach probiert hat.
Bei den \"Interessenschwerpunkten\" will der Anwalt m.E. auf Kosten seiner
Mandanten erst noch üben – wenn er dann selbst merkt, daß er auch hier
für sein Portefeuille nichts zustande bringen kann, ordnet er
diesen \"Interessenschwerpunkt\" den \"Tätigkeitsschwerpunkten\" zu und richtet
seine Interessen auf ein neues Gebiet, das von vornherein wieder ein paar
Handbreit über seinem Horizont liegen muß.

Wehe also dem Mandanten, der an solch einen \"Juristen\" geraten ist.
Dann kannste mit deinem Prozeßbudget gleich Harakiri begehen.

Anwälte können mit der Angabe \"Interessenschwerpunkte\" und \"Tätigkeitsschwerpunkte\" für sich werben und schaffen für die Rechtsuchenden damit auch eine Voraussetzung, schneller den für ihren Fall \"passenden\" Anwalt zu finden.
Ein Anwalt hat in der Regel schon deshalb kein Interesse, Mandate zu aquirieren, die ihn fachlich überfordern, weil er persönlich haftet, mit der Konsequenz, dass auch ein ererbtes Reihenhaus aufgrund der persönlichen Haftung in Gefahr geraten kann.  

Erfreulicherweise gibt es nur sehr wenige Zeitgenossen, denen es besonders schwerfällt, überhaupt mit einem Anwalt vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und die deshalb -  trotz der wachsenden Anzahl an zugelassenen Anwälten - womöglich von Anfang an Schwierigkeiten haben, überhaupt einen Anwalt zu finden, der bereit ist, ihre Sache zu vertreten.

Zitat
Der Beitrag des Forumsmitglieds Lothar Gutsche wonach \"die Prozesskosten
das Recht geradezu in eine Waffe der finanzstarken Energieversorger
verwandeln und somit  das Grundprinzip der prozessualen Waffengleichheit
verletzen\" ist mithin um einen kleinen aber bedeutungsschweren
Unwägbarkeitsfaktor zu erweitern: Die Wahl des eigenen Anwalts!

Bedeutungsschwer, fürwahr.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Kampfzwerg am 10. Oktober 2011, 19:37:36
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Anwalt hat in der Regel schon deshalb kein Interesse, Mandate zu aquirieren, die ihn fachlich überfordern, weil er persönlich haftet, mit der Konsequenz, dass auch ein ererbtes Reihenhaus aufgrund der persönlichen Haftung in Gefahr geraten kann.
Soweit die Theorie.
Das würde zunächst grundsätzlich voraussetzen, dass diesem Anwalt/dieser Anwältin eine entsprechende fachliche Überforderung bewusst wäre. Vermutlich eher die Ausnahme, als die Regel.  Eher wahrscheinlich erscheint mir Selbstüberschätzung oder Arroganz.

In der Praxis dürfte dem Mandanten der Nachweis der fachlichen Überforderung des Anwalts, oder auch \"nur\" der Nachweis eines Fehlverhaltens, z. B. aufgrund des Desinteresses in Gestalt einer Schema-F-Bearbeitung, d. h. ohne Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalles, wohl äußerst schwer fallen.
 

Zitat
Original von RR-E-ft
Erfreulicherweise gibt es nur sehr wenige Zeitgenossen, denen es besonders schwerfällt, überhaupt mit einem Anwalt vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und die deshalb -  trotz der wachsenden Anzahl an zugelassenen Anwälten - womöglich von Anfang an Schwierigkeiten haben, überhaupt einen Anwalt zu finden, der bereit ist, ihre Sache zu vertreten.

Somit ist das auch nicht der entscheidene Punkt!
Natürlich haben die meisten Zeitgenossen überhaupt kein Problem, mit dem Anwalt, den sie zunächst naturgemäß vertrauensvoll aussuchten, auch vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.
Da sie, ebenfalls naturgemäß, auch zunächst einmal - und wieder vertrauensvoll - davon ausgehen, bestmöglich vertreten zu werden.
Aber was geschieht, wenn dieses Vertrauen in den Anwalt ( Synonyme: Fürsprecher, Rechtsbeistand, Sachverwalter, Verteidiger, Vertreter
Rechtsvertreter) durch dessen unprofessionelles Verhalten, schlimmstenfalls den Mandanten schädigenden Verhalten, enttäuscht wird?


Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Der Beitrag des Forumsmitglieds Lothar Gutsche wonach \"die Prozesskosten
das Recht geradezu in eine Waffe der finanzstarken Energieversorger
verwandeln und somit  das Grundprinzip der prozessualen Waffengleichheit
verletzen\" ist mithin um einen kleinen aber bedeutungsschweren
Unwägbarkeitsfaktor zu erweitern: Die Wahl des eigenen Anwalts!

Bedeutungsschwer, fürwahr.
Bei allem Respekt! aber auch diesen Zynismus halte ich hier für völlig verfehlt.
U. a. in diesem Punkt kann ich Stubafü, Lothar Gutsche und Tom81 (leider) nur zustimmen.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: lukas-jakob am 12. Oktober 2011, 08:51:30
Hallo alle zusammen,

mit der EON Hanse liege ich nun schon seit längerem im Rechtsstreit. Eine Forderung seitens EON von rund 2700,00€ liegt im Raum. Habe hier seit Sept. 2004 die Gaspreise angepasst. Das Amtsgericht Grevesmühlen hat bereits zu meinen Gunsten entschieden. Mein Anwalt teilte mir nun mit, dass die Anwälte der EON angedroht haben jetzt wohl weiter zum Landgericht zu gehen. Es sei denn ich gehe auf einen Vergleich ein und zahle 1500,00€ an EON. Somit wäre diese Sache für mich komplett erledigt. Wäre ich hierzu nicht bereit muss ich mich auf ein Verfahren vor dem Landgericht einstellen. Die Kosten hierfür können bis zu 6000,00€ betragen - so mein Anwalt - falls das Langericht sich für die EON entscheidet. Und das ist dann schon eine beträchtliche Summe.

PK
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: bolli am 12. Oktober 2011, 14:46:06
Tja,
das ist ja genau die Masche, die sie immer wieder probieren: Versuchen, den Kunden einzuschüchtern und sei es mit Kostendrohungen.

Natürlich kennen wir alle den Spruch \"Vor Gericht  und auf hoher See bist du in Gottes Hand\" aber mittlerweile gibt es ja schon ne ganze Reihe von höchstrichterlicher Rechtsprechung, die Hinweise darauf gibt, wie das Verfahren ausgehen könnte. Eine Restunsicherheit bleibt da natürlich, die muss aber aber selbst abwägen (ggf. noch mit dem Anwalt).

Bezgl. der Kosten im UNterliegensfall würde ich nochmal genau nachfragen. Gem. obigen Prozesskostenrechner sollte bei Ihrem Streitwert selbst der Weg bis in die Berufungsinstanz da noch nicht dran kommen.

Das alles ist natürlich vor allem \"nur\" dann interessant, wenn man keine Rechtschutzversicherung hat, die diese Kosten übernimmt.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: superhaase am 12. Oktober 2011, 14:59:24
Wie wärs mit einem Gegenangebot:

\"Da man ja schon eine positive Entscheidung hat, aber an einer endgültigen Befriedung und Beilegung durchaus interessiert sei, sei man bereit 700 € zu zahlen.\"

... oder so ähnlich.
Die Höhe des Betrags Kommt darauf an, wie man das Risiko einschätzt, dass man in höheren Instanzen unterliegt.

Ich finde das durchaus eine Überlegung wert.

ciao,
sh
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: RR-E-ft am 26. Oktober 2011, 12:01:51
Alternative:

Schlichtungsstelle ENERGIE im Sinne von §§ 111b EnWG nun anerkannt (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=86522#post86522)
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Energietourist am 05. April 2012, 11:47:54
Mit dem Prozesskostenrechner kann man aber auch ganz schön daneben
liegen - nämlich dann, wenn der Klage vorher ein Mahnverfahren vorausgeht. Wenn z.B. der Kläger einen Mahnbescheid über 4000€
erlässt und der Beklagte widerspricht und dann der Kläger Klage aber nur über z.B. 500€ einreicht. Jetzt würde sich jeder Normalo mit dem Prozesskostenrechner ausrechnen, was er im Falle einer Niederlage zu bezahlen hätte -Streitwert 500€. Er dürfte aber spätestens dann erstaunt sein, wenn er die Rechnung vom Anwalt des Klägers bekommt. Der berechnet nämlich sein Honorar nach einem Streitwert von 4000€ -
ein gewaltiger Unterschied, den der Prozesskostenrechner nicht hergibt.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Black am 05. April 2012, 15:52:43
Das Hauptkostenrisiko für den Kunden sind und bleiben die Gutachterkosten.

In der Mehrzahl der mir bekannten Fälle wird von Seiten der Kunden(-anwälte)  im Verfahren geradezu darauf gedrängt ein solches Gutachten unbedingt einzuholen.

Der Versorger aber kennt seine Preiskalkulation selbst am Besten. Und ein Versorger dessen Kalkulation nicht sauber ist, wird im Regelfall von vornherein kein Gutachten anbieten/einholen lassen.

Das Risiko für den Kunden steigt ausserdem wenn mehrere Preisanpassungen geprüft werden, denn wenn nicht ALLE unbillig sind läuft es schon mal auf eine anteilige Kostenteilung hinaus.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Didakt am 05. April 2012, 17:50:27
Zitat
Original von Energietourist
Jetzt würde sich jeder Normalo mit dem Prozesskostenrechner ausrechnen, was er im Falle einer Niederlage zu bezahlen hätte -Streitwert 500€.

Eine solche einfache Rechnung würde auch ein „Normalo“ sicherlich nicht anstellen, sondern sich mit dem RVG und den darin enthaltenen besonderen Anrechnungsbestimmungen beschäftigen (s. § 15a).

Es ist doch logisch, dass der RA bereits außergerichtlich (im Mahnverfahren) tätig geworden ist und dafür ebenso einen Vergütungsanspruch hat wie auch für seine Tätigkeit im Klageverfahren. Allerdings werden fällige Geschäftsgebühr und Verfahrensgebühr anteilig angerechnet.

Entscheidend ist in einem solchen Fall auch, ob die außergerichtliche Geschäftsgebühr evtl. bereits tituliert worden ist oder nicht.

Es handelt sich hierbei um eine sehr komplexe Materie. Anhand der o. a.  wenigen Angaben ist vorliegend nicht einmal eine überschlägliche Kostenberechnung möglich. Außer Frage steht allerdings, dass die Kosten hierbei weder allein nach den Gegenstandswerten von 500,-- € bzw. 4000,-- € berechnet werden.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Stubafü am 05. April 2012, 18:43:34
@Black
Zitat
Das Hauptkostenrisiko für den Kunden sind und bleiben die
Gutachterkosten.

Dem kann ungeprüft zugestimmt werden.

Zitat
In der Mehrzahl der mir bekannten Fälle wird von Seiten der Kunden
(-anwälte) im Verfahren geradezu darauf gedrängt ein solches Gutachten
unbedingt einzuholen.

Dem kann -rückblickend aus eigener Erfahrung- nicht zugestimmt werden.
Die für meinen Fall zuständige Handelsrichterdame bestand bis zur letzten
mündlichen Verhandlung (Dez. 2011) darauf, dass ich Tarifkunde bin, obgleich
Obergerichte (man staune, darunter sogar das OLG Zweibrücken) und BGH
mehrfach bestätigt haben, dass der Typus meines Gasliefervertrages ohne
wenn und aber ein Sondervertrag ist. Obgleich meine Rechtsbeistand
gebetsmühlenartig seit erstem Prozesstag vorträgt, dass ich
Sondervertragskunde bin, bestand die Richterdame -\"ohne Not\"- auf die
gerichtlich verfügte Einholung eines Billigkeitsgutachten für satte ca.
16.000,-- € ( 13.000,-- von Pfalzgas und 3.000,-- von mir).

Der sogenannte Gutachter ist promovierter Wirtschaftsprüfer und war während
der Sanierung der HD-Stadtwerke dort zeitweilig auch als Geschäftsführer
tätig, d.h. er hat sich seine Geschäftsführung selbst testiert.

Die Handelsrichterdame -auf diesen merkwürdigen Umstand hingewiesen- hat
dies allerdings nicht dazu bewogen, von dieser Gattung Gutachter abzulassen
und sich auf ihre originäre Aufgabe zu beschränken, nämlich auf die richterliche
Überprüfung, ob denn der ihr vorliegende Sondervertrag respektive die dort
enthaltene Preisänderungsklausel wirksam eingebunden und -wenn dies
zutreffend wäre- die Klausel selbst wirksam ist. So die hier verbreitete reine
reine wissenschaftliche Lehrmeinung des Foren-Obergurus.

Es kam wie es kommen musste: der seltsame Gutachter hat die Billigkeit der
Preisänderungen \"festgestellt\", ich habe meinerseits mit einem von mir in
Auftrag gegebenen seriösen Wirtschaftsprüfergutachten, welches genau zu
einem entgegengesetzten Ergebnis gelangt ist,  massiv dagegen gehalten, was
mich weitere fast 4.000,-- € gekostet hat.

Nachdem wir nun bei 20.000,-- € vom Gericht verursachte Gutachterkosten
angelangt sind, hat die Handelsrichterdame jetzt das Verfahren ausgesetzt und
ist auf den EuGH-Vorlagenbeschluss-Zug aufgesprungen.

Was ich damit sagen wollte: Die hier von manchen Rechtsgurus verbreiteten
Ansichten, mit dem \"Prozesskostenrechner\" die Prozessrisiken halbwegs seriös
abschätzen zu können, kannste in die Mülltonne kloppen.

Noch einen kleinen aber bedeutsamen Hinweis für den hiesigen Foren-
Oberguru:
Ich versichere hiermit nach bestem Wissen und Gewissen, dass der obige
Beitrag nicht \"geguttembergt\" und somit original von mir verfasst wurde.

Gruss aus der pfälzischen Toskana

Stubafü.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Stubafü am 05. April 2012, 19:19:50
@Black

Fast hätte ich\'s vergessen:

Streitwert: 873,-- € (bei Versorger-Klageeinreichnung Mai 2007)
Erweiterung auf 1.600,-- € -nach Klageerweiterung Okt. 2008-
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: Energietourist am 06. April 2012, 10:41:24
Soll mir mal einer erklären, warum Anwälte schon für das Mahnverfahren abrechnen dürfen, wenn, dann dürfte es dafür nur einen pauschalierten Betrag geben. Ansonsten kann ich als Anwalt ja einen Utopiebetrag im Mahnschreiben ansetzten (wird sowieso nicht geprüft, ob die Forderund rechtens ist).
Ich setze 10000€ an und wenn ich die Klage einreiche, geht es nur um 100€.
Abrechnen darf ich aber nach 10000€. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Titel: Was kostet ein Streit vor Gericht? Das Prozesskostenrisiko.
Beitrag von: RR-E-ft am 10. April 2012, 10:11:18
Der Kläger/ Antragsteller bestimmt mit seinem Antrag den Gegenstandswert.
Aus diesem ergeben sich u.a. die Anwaltskosten nach RVG.

In welchem Umfang Kosten überhaupt schlussendlich erstattungsfähig sind, ergibt sich jedoch erst aus der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung gem. § 91 ff. ZPO.

Werden im Mahnverfahren 1.000 EUR Hauptforderung beantragt, im Klageverfahren jedoch nur noch 100 EUR weiterverfolgt, kann der Antragsgegner über einen Antrag gem. § 697 Abs. 3 ZPO bewirken, dass das Gericht über den gesamten Zahlungsantrag des Mahnbescheidsantrages entscheidet, so dass im Fall der Nichtweiterverfolgung des Restbetrages der Kläger im Umfange von 900 EUR jedenfalls unterliegt und insoweit die Prozesskosten zu tragen hat.

Mit dem Prozesskostenrechner lassen sich unmittelbar nur die Gerichts- und Anwaltskosten nachvollziehen, die sich aus dem jeweiligen Streitwert ergeben.

Etwaige Gutachterkosten oder Zeugenauslagen, die sich daraus ergeben, dass ein entsprechendes Beweisangebot erfolgt und das Gericht eine (u.a. aufgrund des Bestreitens) streitige Tatsachenfrage für entscheidungserheblich und somit beweisbedürftig hält und  durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten oder Zeugenvernehmung klären lassen möchte bzw. muss, müssen dabei als Auslagen der jeweiligen Partei besonders eingegeben werden.

Bis zur instanzabschließenden Entscheidung (Urteil) kann sich die (vorläufige) Rechtsauffassung des Gerichts darüber, welcher Prozessstoff entscheidungserheblich ist, noch ändern.

Auch in der nächsten Instanz kann sich ergeben, dass eine streitige Tatsachenfrage, die das Gericht für entscheidungserheblich hielt, über die es deshalb Beweis erhoben hatte und sodann seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hatte, tatsächlich gar nicht entscheidungserheblich war (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.10 Az. VIII ZR 81/08 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=51068&pos=0&anz=1)].

Dass ein Gericht erst im Berufungsverfahren oder gar erst in der Revisionsinstanz zur zutreffenden Entscheidung findet, ist bekanntermaßen Gegenstand des allgemeinen Prozessrisikos.

Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung ist mithin alles offen.
Dieser Umstand ist ein Grund dafür, warum sich die Parteien  zuweilen für den rechtskräftigen  Abschluss des Verfahrens auf einen gerichtlichen Vergleich einigen.
Auch die Prozesskosten bei Abschluss eines solchen können mit dem Prozesskostenrechner nachvollzogen werden.