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Energiepreis-Protest => Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest => Thema gestartet von: tangocharly am 29. Juni 2011, 18:56:50

Titel: BGH, Urt.v. 28.06.11 KZR 75/10 Kartellrechtlicher Schadensersatzanspruch (andere Marktstufe)
Beitrag von: tangocharly am 29. Juni 2011, 18:56:50
Der Kartellsenat (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2011&Sort=3&nr=56711&pos=0&anz=118&Blank=1) hat am 28.06.2011 in einer Kartellsache (allerdings mit einem Preiskartell der Hersteller von Selbstdurchschreibepapier {SD-Papier}) entschieden, dass auch in der Absatzkette folgenden indirekten Abnehmern ein Schadensersatzanspruch wegen kartellbedingter Preiserhöhungen zustehen kann, wobei dem Umstand Rechnung getragen wird, dass die nachteiligen Folgen eines Preiskartells sich nicht notwendigerweise bei den unmittelbaren Abnehmern der Kartellanten realisieren, sondern – weil diese die Preiserhöhungen weitergeben können – oft auf nachfolgende Marktstufen verlagert werden.

Nach dem Sinn und Zweck des Kartell- und Schadensersatzrechts ist es aber geboten, dass auch diejenigen Marktteilnehmer ihren Schaden ersetzt erhalten, auf deren Kosten ein kartellrechtlich verbotenes Verhalten letztlich praktiziert wird.

Dies ist auch die Auffassung des Gerichtshofs der europäischen Union, der bereits ausgesprochen hat, dass jedermann berechtigt ist, Ersatz des ihm entstandenen Schadens zu verlangen, der ursächlich auf ein nach Unionsrecht verbotenes Kartell zurückzuführen ist.

Interessant auch:
Grundlage des Schadensersatzanspruchs im Streitfall ist § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit Art. 81 EG (heute Art. 101 AEUV). Auf § 33 GWB konnte die Klage nicht gestützt werden, da diese Norm im Zeitraum der maßgeblichen Warenlieferungen noch nicht galt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch klargestellt, dass sich nach geltendem Recht keine grundsätzlich abweichende Beurteilung ergibt.