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Energiepreis-Protest => Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest => Thema gestartet von: RR-E-ft am 08. Juni 2011, 09:05:20
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BGH, B. v. 13.04.11 VIII ZR 127/10 Preisvereinbarung bei konkludentem Vertragsabschluss Strom (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=56434&pos=16&anz=678)
Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Stromlieferungsvertrag zwischen dem im Rahmen der Grundversorgung zu beliefernden Haushalts-Kunden und dem Energieversorger zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen regelmäßig dadurch zustande, dass der Kunde die in der Bereitstellung der Versorgung liegende Realofferte auf Abschluss eines Versorgungsvertrages mit der Entnahme von Energie aus dem Netz des Versorgers annimmt.
Der von dem Kunden zu zahlende Preis ist durch den zuvor von dem Versorger veröffentlichten Allgemeinen Preis eindeutig bestimmt und als solcher mit im Abschluss des Vertrages zwischen den Parteien vereinbart (Senatsurteil vom 28. März 2007 - VIII ZR 144/06, BGHZ 171, 374 Rn. 13).
Das ist auch dann nicht anders, wenn zu Vertragsbeginn neben dem aktuell geltenden Anfangspreis auch bereits ein künftiger erhöhter Preis öffentlich bekannt gemacht worden ist.
Die Revision hat bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall keine Aussicht auf Erfolg.
Nach den Feststellungen des Berufungsgericht ist der Stromlieferungsvertrag zwischen den Parteien dadurch zustande gekommen, dass die Beklagten die in der Bereitstellung der Versorgung liegende Realofferte auf Abschluss eines Versorgungsvertrages am 1. Oktober 2007 mit der Entnahme von Energie aus dem Netz der Klägerin angenommen haben. Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl der zunächst geltende Anfangspreis von 14,9 Cent/kWh als auch der ab 1. November 2007 maßgebende erhöhte Tarif von 17,3 Cent/kWh öffentlich bekannt gemacht; beide Tarife wurden damit zum vereinbarten Preis.
Aus der dem Vertragsschluss folgenden Vertragsbestätigung vom 9. Oktober 2007 lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes herleiten, denn sie hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, keine vertragskonstitutive Wirkung.
Für die Wirksamkeit der konkludent zustande gekommenen Preisvereinbarung kommt es entgegen der Auffassung der Revision weder auf AGB-rechtliche Bestimmungen (§§ 305c, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) noch darauf an, ob die Klägerin den Beklagten den ab 1. November 2007 geltenden erhöhten Preis auch brieflich bekannt gegeben hat. Denn § 5 StromGVV bezieht sich nur auf einseitige Änderungen des Allgemeinen Preises, nicht auf Preisvereinbarungen.
Bemerkenswert ist wieder, dass eine Preisvereinbarung zur Voraussetzung hat, dass es nur einen einzigen Allgemeinen Preis gibt, der durch vorherige öffentliche Bekanntabe eindeutig bestimmt ist.
In der Praxis werden bei Gas zurückgehend auf die 1998 außer Kraft getretene BTOGas oft immer noch mehrere Pflichttarife Kleinverbrauchstarif K und Grundpreistarif G angeboten.
Auch im Strombereich bestehen oft noch mehrere Allgemeine Tarife nebeneinander, da früher in der BTOElt verschiedene Pflichttarife nach Bedarfsarten verlangt wurden.
§ 36 Abs. 1 EnWG kennt indes nur noch Haushaltskunden, die zu einem Allgemeinen Preis beliefert werden müssen, so dass es für alle Haushaltskunden auch nur einen Allgemeinen Preis geben sollte.
Nebeneinander bestehende Allgemeine Preise Strom (http://www.eon-thueringerenergie.com/_Material/PDF/preisBlaetter2011/eon_vm18_allg_preise_strom_1213.pdf)
Der Hammer:
Soweit der Stromverbrauch für mehrere Bedarfsarten (Haushalts-/Allgemeinbedarf) für Bestandsanlagenausnahmsweise über einen Zähler erfasst wird, wird für den Haushalt ein Verbrauch von 2.500 kWh/Jahr angerechnet und für den verbleibenden Verbrauch der Allgemeinbedarf abgerechnet. Unabhängig vom Verbrauch fällt der Grundpreis jeweils für den Haushalts- und für den Allgemeinbedarf an.
Bestehen mehrere Allgemeine Preise nebeneinander, geht die Formel des Senats von dem öffentlich bekannt gemachten und eindeutig bestimmten Preis, oftmals schon gar nicht auf.
Der Versorger bestimmt dann bei einem konkludenten Vertragsabschluss einseitig darüber, welcher der veröffentlichten, nebeneinander bestehenden Tarife zur Abrechnung kommt.
Grundsätzlich ablehendend zur konkludenten Preisvereinbarung: Fricke, ZNER 15/2/2011, S. 130 der mit Rücksicht auf die gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG von einer Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers auch als der eigentlichen vertraglichen Preishauptabrede ausgeht, da sich anders die nach der gesetzlichen Regelung bestehende Preisanpassungspflicht des Versorgers zugunsten der betroffenen Kunden - BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18 - nicht darstellen lässt.
BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18
Aus der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen folgt, dass das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhö-hungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 28, und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 29).
Eine (konkludente) vertragliche Preisvereinbarung stünde der gesetzlichen Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen und der gesetzlichen Tarifanpassungspflicht zugunsten der grundversorgten Kunden denknotwendig entgegen.
Beides passt - denknotwendig - nicht zusammen.
Da aber nun einmal die gesetzliche Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen und die gesetzliche Tarifanpassungspflicht zugunsten der grundversorgten Kunden bestehen, muss wohl die nach der Rechtsprechung des Senats bestehende konkludente Preisvereinbarung weichen, um den bestehenden Widerspruch aufzulösen. Denn auch die Rechtsprechung des Senats ist an Recht und Gesetz gebunden, hat also die gesetzliche Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen als auch die gesetzliche Tarifanpassungspflicht zugunsten der grundversorgten Kunden zu beachten.
(Konkludente) Preisvereinbarungen mit einzelnen grundversorgten Kunden, die die gesetzliche Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen aufheben, erscheinen gesetzwidrig.
Wurde der veröffentlichte Allgemeine Preis entgegen der gesetzlichen Verpflichtung des Grundversorgers aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG unbillig zu hoch kalkuliert, müssen alle grundversorgten Kunden gleichermaßen Anspruch auf Tarifanpassung haben, unabhängig davon, wann der Vertrag mit ihnen begründet wurde.
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Wurde der veröffentlichte Allgemeine Preis entgegen der gesetzlichen Verpflichtung des Grundversorgers aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG unbillig zu hoch kalkuliert, müssen alle grundversorgten Kunden gleichermaßen Anspruch auf Tarifanpassung haben, unabhängig davon, wann der Vertrag mit ihnen begründet wurde.
Die Väter und Mütter des EnWG können offenbar sehr gut damit leben, welch nebulöses Unikum sie mit §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG ins Leben gebracht haben. Und offenbar können diese Herrschaften auch sehr gut und beruhigt damit leben, was der VIII. Senat aus dem Tatbestand einer Verpflichtung im Sinne von § 2 Abs.1 EnWG heraus zu lesen genötigt sieht.
Tz. 43 (VIII ZR 138/07)
Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung des Änderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155)
Ja, eine Verpflichtung des Versorgers gem. § 2 EnWG besteht. Doch diese Verpflichtung besteht nur darin, keinen Einkauf zu beliebigen Preisen zu tätigen (so, Tz. 43).
Dementsprechend berichten die von den Versorgern benannten Zeugen dann vor den Schranken des Gerichts, dass man angeblich zehn Lieferanten um Angebote ersucht, aber angeblich nur zwei Anworten erhalten habe, weshalb der Lieferant, der zudem seine Preise nach HEL-Klauseln kalkuliere, sich als der Günstigste herausgestellt habe. Eigenartig nur, dass in aller Regel immer nur zwei Lieferanten Angebote abgeben, zu denen dann zufällig der bisherige Lieferant zählt.
Davon aber, dass der Versorger beim Vertragsschluß einen unbilligen Gewinn in seinen Allgemeinen Preisen untergebracht hat, kann (nach dem VIII. Senat) keine Rede sein; wurde doch dieser Preis (konkludent) vereinbart. Und dass es (nach dem VIII. Senat) keine Prüfung des Anfangspreises geben darf, ist ja auch bekannt (Tz. 24 ff. - VIII ZR 138/07).
Den, vor dem Hintergrund dieser verbraucherfeindlichen Rechtsprechung, im Dornröschenschlaf ruhenden Bundestag wachzuküssen, hat bislang noch kein Prinz vermocht.
Gelegenheit dazu hätte es, bei den angestandenen Novellen des EnWG, sicherlich gegeben.
Ergo: Dieser Gesetzgeber sieht in diesen Umtrieben seinen \"gesetzgeberischen Willen\" umfassend und korrekt zum Ausdruck gebracht. Das sollte sich die versammelte Gemeinde hinter die Ohren schreiben. Denn, wer diesen gesetzgeberischen Willen zu korrigieren in der Lage ist, will und muß ich hier an dieser Stelle nicht vertiefen.
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Original von tangocharly
Ja, eine Verpflichtung des Versorgers gem. § 2 EnWG besteht. Doch diese Verpflichtung besteht nur darin, keinen Einkauf zu beliebigen Preisen zu tätigen (so, Tz. 43).
Diese Aussage hat der Senat nicht getroffen und sie kann ihm auch nicht unterstellt werden. Der Senat macht vielmehr in BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43 zutreffend deutlich, dass der Versorger bei einer einseitigen Preisbestimmung jedenfalls seine gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG berücksichtigen muss, er hängt aber in jener Entscheidung an dem von ihm erfundenen, kritikwürdigen \"(konkludent vereinbartem) Preissockel\" (VIII ZR 138/07 Rn. 24).
Dem Gesetzgeber kann kein Vorwurf gemacht werden.
Der Gesetzgeber hat nichts nebulös geregelt, sondern äußerst klug und umsichtig bereits eine klare gesetzliche Regelung getroffen.
Zum besonderen Schutz der Haushaltskunden hat er mit § 36 Abs. 1 EnWG nicht nur eine Grundversorgungspflicht statuiert, sondern auch eine permanente Preisbestimmungspflicht der Grundversorger.
Die Belieferung der grundversorgten Kunden soll gerade nicht zu vereinbarten Preisen erfolgen, sondern zu Allgemeinen Preisen, die der Grundversorger permanent zu bestimmen verpflichtet ist und die einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle zugänglich sind (§ 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV/ GasGVV) .
Bereits früher war das nur in der Präambel des EnWG verankerte Ziel einer möglichst preisgünstigen Versorgung bei einseitigen Preisbestimmungen des EVU zwingend zu beachten (BGH, Urt. v. 02.10.91 VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183).
Der Gesetzgeber hat die EVU mit § 2 Abs. 1 EnWG nunmehr klarstellend im Rahmen der Bestimmungen des Gesetzes zu einer Versorgung auch unter Beachtung des Ziels einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas zu verbraucherfreundlichen Bedingungen verpflichtet.
Diese Verpflichtung gilt - entsprechend der gesetzestechnisch verwendeten Klammertechnik - insbesondere auch für die permantente Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers gem. § 36 Abs. 1 EnWG.
Deshalb sind die Allgemeinen Preise gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden und besteht deshalb auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Tarifanpassung zugunsten der Kunden (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 320/07 Rn. 29, VIII ZR 81/08 Rn. 18].
Die Rechtsprechung des Senats zu angeblich (konkludenten) Preisvereinbarungen ist freilich mit diesem Willen des Gesetzgebers unvereinbar.
Das liegt jedoch nicht am Gesetzgeber, sondern an denen, die den klar formulierten Willen des Gesetzgbers zuweilen umdeuten.
Der Gesetzgeber spricht im Zusammenhang mit der Grundversorgung an keiner Stelle von Preisvereinbarungen.
Solche konkludente Preisvereinbarungen hat sich vielmehr dieser Senat des BGH ausgedacht, erstmals mit Urt. v. 28.03.07 VIII ZR 144/06 Rn. 13, zumal wohl im Widerspruch zur sonstigen Rechtsprechung des BGH, siehe nur BGH KZR 36/04 Rn. 9 ff..
Der Senat hatte schließlich noch mit einer Leitsatzentscheidung vom 30.04.03 VIII ZR 279/02 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=26257&pos=0&anz=1) entschieden, dass die Preise eines Versorgungsunternehmesn bei einem konkludenten Vertragsabschluss einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen, wohl gemerkt bei Annahme der Realofferte durch Entnahme der bereitgestellten Leistung aus dem Versorgungsnetz.
In dieser Leitsatzentscheidung hieß es immerhin noch vollkommen eindeutig:
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft das Versorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Ermessensausübung bei Festsetzung des Leistungsentgelts (§ 315 Abs. 3 BGB) dann, wenn das Versorgungsunternehmen hieraus Ansprüche gegen die andere Vertragspartei erhebt (BGH, Urteil vom 30. Juni 1969 - VII ZR 170/67, NJW 1969, 1809 f.; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1986 - VII ZR 77/86, WM 1987, 295 = NJW 1987, 1828 unter II 3 a; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90, WM 1991, 2065 = NJW-RR 1992, 183 unter I; zuletzt BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, unter II 1 b, z.Veröff. in BGHZ best.; siehe auch OLG Celle, NJW-RR 1993, 630 f., jew.m.w.Nachw.). ...
Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 19. Januar 1983 (aaO unter II 2 b) sowohl für den Tarifkunden- wie für den Sonderkundenbereich (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 1975 - KZR 2/75, RdE 1976, 25 unter I zu Abschn. VIII, 4 der \"Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Arbeit aus dem Niederspannungsnetz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens\" vom 27. Januar 1942) ausgeführt hat, betrifft der vom Kunden eines Versorgungsunternehmens erhobene Einwand der Unbilligkeit der Preisbestimmung nach § 315 BGB nicht Rechen- und Ablesefehler oder andere Abrechnungsgrundlagen, sondern die Leistungspflicht des Kunden, der im Falle der Unangemessenheit des verlangten Preises von Anfang an nur den vom Gericht bestimmten Preis schuldet (§ 315 Abs. 3 BGB). Wenn die nach billigem Ermessen zu treffende Bestimmung der Gegenleistung einer Partei überlassen ist, entfällt die bei einem Vertrag normalerweise bestehende Gewißheit über Inhalt und Umfang der Leistung, welche aus der Einigung der Partei hierüber folgt. Den Belangen des Kunden, der die Preisbestimmung für unbillig hält und ein schutzwürdiges Interesse daran hat, lediglich den tatsächlich geschuldeten Preis zahlen zu müssen, kann nur dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, daß es ihm gestattet wird, sich gegenüber dem Leistungsverlangen des Versorgungsunternehmens entsprechend dem in § 315 Abs. 3 BGB enthaltenen Schutzgedanken auf die Unangemessenheit und damit Unverbindlichkeit der Preisbestimmung zu berufen und diesen Einwand im Rahmen der Leistungsklage zur Entscheidung des Gerichts zu stellen. Hieran hat der erkennende Senat auch in nachfolgenden Entscheidungen festgehalten (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, WM 1990, 608 unter B I 3 a; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 aaO; a.A. Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke aaO, § 30 AVBEltEV Rdnr. 26; Morell aaO, E § 30 Anmerkung d); siehe auch KG in KGR Berlin 2001, 273).
Zutreffend geht der Senat dabei davon aus, dass es für den konkludenten Vertragsabschluss keiner Preisvereinbarung bedarf, wenn das Versorgungsunternehmen hinsichtlich seiner Allgemeinen Tarife das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist.
Wie hätte der Gesetzgeber demnach bei Verabschiedung des EnWG im Juli 2005, insbesondere nach der Klarstellung der gesetzlichen Verpflichtung gem. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, erahnen sollen, dass der Senat seinen Willen so mißdeuten könnte?
Im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht hatte der Gesetzgber den EVU gerade nicht freigestellt, ihre Allgemeinen Preise/ Tarife nach Belieben zu gestalten, nach Belieben darüber zu entscheiden, ob sie die Tarife zugunsten der Kunden anpassen, sondern vielmehr die Allgemeinen Tarife gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden und die EVU gesetzlich zu Preisanpassungen zugunsten aller grundversorgten Kunden (unabhängig vom Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses) verpflichtet, was der Senat ja auch selbst erkennt (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43, VIII ZR 81/08 Rn. 18].
Die demnach nach billigem Ermessen zu treffende Entscheidung über die Allgemeinen Preise/ Tarife hat der Gesetzgeber den gesetzlich versorgungspflichtigen EVU überlassen.
Hierzu passt die zutreffende Erkenntnis:
\"Wenn die nach billigem Ermessen zu treffende Bestimmung der Gegenleistung einer Partei überlassen ist, entfällt die bei einem Vertrag normalerweise bestehende Gewißheit über Inhalt und Umfang der Leistung, welche aus der Einigung der Partei hierüber folgt.\" (BGH VIII ZR 279/02).
Wohl deutlich erkennbar:
In seiner Leitsatzentscheidung vom 28.03.07 VIII ZR 144/06 Rn. 13 hatte der Senat ganz offensichtlich vergessen, jedenfalls außer Acht gelassen, dass die Allgemeinen Tarife gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind und den Versorger deshalb eine gesetzliche Verpflichtung zur Tarifanpassung zugunsten der Kunden trifft, die Bestimmung der Allgemeinen Tarife gegenüber den grundversorgten Tarifkunden nach billigem Ermessen gesetzlich dem Versorgungsunternehmen überlassen ist und wenn die nach billigem Ermessen zu treffende Bestimmung der Gegenleistung einer Partei überlassen ist, die bei einem Vertrag normalerweise bestehende Gewißheit über Inhalt und Umfang der Leistung entfällt, welche aus der Einigung der Partei hierüber folgt (BGH VIII ZR 279/02).
Nachdem der Senat späterhin die gesetzliche Bindung der Allgemeinen Tarife an den Maßstab der Billigkeit und die gesetzliche Verpflichtung des Versorgers zur Tarifanpassung zugunsten der Kunden - also den Fakt, dass der Gesetzgebereindeutig den versorgungspflichtigen Versorgungsunternehmen die Bestimmung der Allgemeinen Preise/Tarife nach billigem Ermessen überlassen hat - aber später wiederholt wieder erkannt hatte (vgl. nur BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18] blendet der Senat diese jedenfalls wiedergefundene Erkenntnis - nun aber wohl eher in fast hartnäckig schizophren erscheinender Weise - auch in seinem Beschluss vom 13.04.11 VIII ZR 127/10 wieder aus.
Gesetzeslage im Spiegel der Senatsrechtsprechung.
Zwischen Original und Spiegelbild gibt es erhebliche Unterschiede.
Nicht der Gesetzgeber hat die gesetzliche Regelung zu korrigieren, sondern der Senat seine Rechtsprechung, soweit diese im Widerspruch zur Gesetzeslage steht, wonach die Allgemeinen Tarife gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind und den Versprger gegenüber den grundversorgten Tarifkunden die Preisbestimmungspflicht nach billigem Ermessen unter Beachtung der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG trifft, abweichende Preisvereinbarungen mit einzelnen Kunden im Bereich der Grundversorgung unzulässig sind, weil alle Haushaltskunden zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen beliefert werden müssen, die die Versorger der Billigkeit entsprechend festzusetzen haben.
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Solange man eine gesetzliche Norm beliebig interpretieren kann, wohlgemerkt von Seiten der Rechtsprechung, dann bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Ehrerweisung, welche Sie dem Gesetzgeber zukommen lassen wollen, berechtigt ist.
Wenn nun eine ganze Reihe von OLG\'s im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeitsfragen (§ 102 EnWG), diese existierende, gesetzlich normierte, Verpflichtung vom Tisch zu wischen Veranlassung sehen kann, weil es sich dabei nur um einen \"programmatischen Fingerzeig\" handelt, der kein (eindeutiger) Normbefehl innewohne, dann ist dies ein Beleg für die monierte \"Beliebigkeit\".
Eine Anspruchsgrundlage für den Gaspreis (die bei dieser Diskussion immer bemüht wird) liegt ja auch nicht einfach nur in § 433 Abs. 2 BGB, sondern (wenn nicht regelmäßig) in derjenigen Vereinbarung, welche von den Parteien getroffen wurde, als der Vertrag zustande kam.
In diesem Fall (sil. der Allg. Versorgung) existiert ja schon keine Vereinbarung über den Preis, sondern die Rechtsprechung behilft sich mit der dem Realakt innewohnenden Konkludenz. Da sich aus diesem Gesichtspunkt der Konkludenz die \"Vereinbarung\" der veröffentlichten Tarife herleitet, besteht schon überhaupt kein Zweifel mehr daran, dass die Bestimmungen des gesetzlichen Preisrechts (§§ 36 Abs. 1 EnWG, 5 Abs. 2 GVV i.V.m. der Tarifveröffentlichung) anspruchstragend sind.
Auch die Frage, ob bei dem Preisprotest die Bestimmungen gem. § 315 BGB allein maßgeblich sein sollen (der den Versorgern zugestandene Preisaufzug) und daneben (Kostenorientierung) eben die zitierten Bestimmungen (§§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG) anspruchstragend zur Geltung zu bringen sind, wird von dem jüngeren VIII. Senat geradewegs (ohne Rücksicht auf selbige) auf den \"Preisaufzug\" reduziert. Das Argument des VIII. Senat ist bekannt: \"Der Gesetzgeber wolle keine behördliche Preiskontrolle, wozu auch die gerichtliche Kontrolle zähle\" (VIII ZR 138/07).
Nur so erklärt sich die Entstehung des Sockelpreises, bei dem der Verbraucher zum Freiwild der Versorgungswirtschaft wurde, und bei dem die Versorger - jedenfalls bis dorthin - keiner Verpflichtung gem. § 2 Abs. 1 EnWG unterliegen (jedenfalls keiner im Individualfall gerichtlich überprüfbaren).
Dass der Gesetzgeber dieser Rechtsprechungsentwicklung nur zuschaut und in der Nase bohrt, liegt doch auf der Hand (bei allem Respekt für möglicherweise wichtigere Themen der aktuellen und zurück liegenden Zeitgeschichte).
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Original von tangocharly
Das Argument des VIII. Senat ist bekannt: \"Der Gesetzgeber wolle keine behördliche Preiskontrolle, wozu auch die gerichtliche Kontrolle zähle\" (VIII ZR 138/07).
Das Argument ist bekannt falsch.
Bei den Wassertarifen gibt es auch keine behördliche Preiskontrolle und gleichwohl unterliegen sie insbesondere auch bei konkludentem Vertragsabschluss von Anfang an der gerichtlichen Billigkeitskontrolle, weil auch dort das Versorgungsunternehmen die Allgemeinen Tarife zu bestimmen hat und die Allgemeinen Tarife deshalb gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, der konkludente Vertragsabschluss ohne Preisvereinbarung zustande kommt, BGH VIII ZR 279/02 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=26257&pos=0&anz=1).
Verkehrsflughäfen stehen auch in einem scharfen Wettbewerb untereinander, aber ihre von ihnen einseitig bestimmten Landeentgelte unterliegen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle bei konkludentem Vertragsabschluss durch Inanspruchnahme des Flughafens. Auch dabei kommt es bei dem konkludenten Vertragsabschluss nicht zu einer Preisvereinbarung, BGH III ZR 277/06 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=41751&pos=0&anz=1).
BGH Urt. v. 18.10.07 III ZR 277/06
Rn. 11
Es hat sich an der ständigen Rechtsprechung des Senats orientiert, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Flugplatzunternehmer und Luftfahrt-unternehmen privatrechtlicher Natur und nach bürgerlichem Recht zu beurteilen sind (z.B. Senatsurteile vom 24. November 1977 - III ZR 27/76 - ZLW 1979, 140, 142 unter A. I. 1.; vom 23. Januar 1997 - III ZR 27/96 - NJW-RR 1997, 1019 unter 2. a); jew. m.w.N.). Ein Vertragsverhältnis kommt allein durch die Benutzung eines Flughafens zustande (Senatsurteil vom 23. Januar 1997 aaO). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat den Flughafen Berlin-Tegel - auch nach der Entgelterhöhung - angeflogen.
Rn. 19
Das Recht des Flugplatzunternehmers, für die den Benutzern zur Verfügung gestellten Leistungen durch einseitig festgesetzte Allgemeine Geschäftsbedingungen Benutzungsentgelte zu bestimmen, steht unter dem Vorbehalt, dass die Bestimmung der (Gegen-)Leistung der Billigkeit entspricht. Unbeschadet der behördlichen Genehmigung der Flughafenbenutzungsordnung nach § 43 LuftVZO unterliegt die Entgeltregelung der richterlichen Inhaltskon-trolle nach § 315 BGB (Senatsurteile vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. I.; vom 23. Januar 1997 aaO S. 1019 unter 2. a); BGH, Urteil vom 17. Juni 1993 - VII ZR 243/91 - NVwZ 1993, 914, 915 unter II. m.w.N.).
Rn. 20
Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Entgelts der Billigkeit entspricht, erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Inte-ressen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.; BGHZ 41, 271, 279; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 1. m.w.N.; Clausen, Zivilgerichtliche Preiskontrolle über die Landeentgelte der Verkehrsflughäfen in Deutschland S. 76; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts 3. Aufl. S. 581; jew. m.w.N.).
Rn. 29
Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin als Bestimmungsberechtigter nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung obliegt (vgl. BGHZ 41, 271, 279; Senat, BGHZ 115 aaO S. 322; BGH, Urteil vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02 - NJW 2003, 3131, 3132 unter II. 2. a); Clausen aaO S. 126 ff; Giesberts/Sieberg, ZLW 2005, 181, 183 f; jew. m.w.N.).
Auch die Honoraransprüche der Patentanwälte unterliegen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle.
Zudem erkennt der Senat ja selbst die gesetzliche Bindung der Allgemeinen Tarife an den Maßstab der Billigkeit und die gesetzliche Tarifbestimmungspflicht der Versorger.
BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18
Aus der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen folgt, dass das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 28, und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 29).
Der Senat blendet diese erkannte Verpflichtung der Versorger aus und blendet insoweit mit seinem Spiegel.
Für die Frage, ob die Allgemeinen Tarife des Versorgungsunternehmens von Anfang an der Billigkeitskontrolle unterliegen oder nicht, kommt es deshalb auf die Frage der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG noch gar nicht an, sondern nur darauf, ob der Versorger die Allgemeinen Tarife zu bestimmen hat, ihn eine Preisbestimmungspflicht trifft. Dies ist schon immer der Fall, vgl. § 6 Abs. 1 EnWiG 1935, § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 36 Abs. 1 EnWG 2005.
Die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG kommt erst bei der Billigkeitskontrolle einseitiger Preisbestimmungen von EVU selbst zum tragen (vgl. BGH VIII ZR 240/90 unter III.2 und BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43), ohne dass sich aus dieser ergibt, ob die Allgemeinen Tarife gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind. Es geht dabei um den Vertragszweck einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität oder Gas zu verbraucherfreundlichen Bedingungen.
Wünschenswert wäre eine Klarstellung § 36 Abs. 1 Satz 2 EnWG:
\"Die Allgemeinen Preise unterliegen der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB darauf, ob sie unter Beachtung der Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 gebildet wurden.\"
Zu Begründung für einen entsprechenden Vorstoß ließe sich auf Fricke ZNER 15/2/2011 S. 130 ff. verweisen.
Die vom Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung ersonnene konkludente Preisvereinbarung bzw. Preisneuvereinbarung enthebt die Versorger entgegen der Gesetzeslage von ihrer gesetzlichen Tarifanpassungspflicht zugunsten der Kunden.
Es wäre jedoch nur eine Klarstellung, die an der bisher schon bestehenden Gesetzeslage - wie oben umfangreich dargelegt - gar nichts ändern würde.
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Zwitschert und funkt es auf allen Kanälen!
Betr.: Novellierung EnWG - Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Damen und Herren Bundesminister,
sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestages,
das Energiewirtschaftsgesetz steht zur Novellierung an.
In Anbetracht der jüngeren Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH, zuletzt B. v. 13.04.11 VIII ZR 127/10, ist dringend eine Klarstellung durch Einschub eines Satzes 2 in § 36 Abs. 1 EnWG erforderlich:
\"Die Allgemeinen Preise unterliegen der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB darauf, ob sie unter Beachtung der Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 gebildet wurden.\"
Die vom Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung (seit BGH VIII ZR 144/06 Rn. 13) ersonnene konkludente Preisvereinbarung bzw. Preisneuvereinbarung enthebt die Versorger entgegen der bestehenden Gesetzeslage von ihrer gesetzlichen Tarifanpassungspflicht zugunsten der Kunden (vgl. BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18], zur entsprechenden Kritik siehe Fricke, ZNER 15/2/2011 Seite 130 ff..
Zum Hintergrund bitte hier lesen:
BGH, B. v. 13.04.11 VIII ZR 127/10 Preisvereinbarung bei konkludentem Vertragsabschluss (Strom) (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=83553#post83553)
Bitte setzen Sie sich dafür ein!
Freundliche Grüße
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Dabei nicht zu vergessen, die Damen und Herren des Bundesrates, einschließlich seines Präsidiums (§ 39 Abs. 2 Satz 1 EnWG i.V.m. Art. 80 Abs. 2 GG).
Das EnWG 1998 beinhaltete noch keinen § 2 Abs. 1. Dieser wurde mit dem dort niedergelegten Gesetzesbefehl (\"Verpflichtung\") erst mit dem EnWG 2005 geschaffen.
Aus § 1 EnWG 1998 wurde § 1 Abs. 1 EnWG 2005.
In § 39 Abs. 1 EnWG 2005 wird ausdrücklich auf § 1 Abs. 1 EnWG 2005 verwiesen, allerdings hält sich das BWMi mit Tarifverordnungen zurück.
Was aber gewollt wäre, sollte es zu gesetzlichen Tarifverordnungen kommen, liegt auf der Hand. Ergo muß das, was für den etwaigen Tarifverordnungsgeber ggf. recht wäre, auch für die Versorgungswirtschaft billig sein. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber deshalb die Zügel, losgelöst von den Verpflichtungen gem. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs.1 EnWG, nur deshalb locker lassen wollte, nur weil die Versorgungswirtschaft Tarife selbstständig bilden darf.
In § 39 Abs. 2 Satz 2 EnWG 2005 ist geregelt, dass bei den gesetzlichen AVB\'s/GVV\'s die \"beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt\" werden müssen.
Von einem Sockelpreis findet sich dort keine Erwähnung, geschweige denn, dass ein Sockelpreis für den Abnehmer gem. § 1 Abs. 1 EnWG nicht überprüfbar sein sollte, geschweige denn, dass die Bildung eines Sockelpreises und dessen Nichtüberprüfbarkeit eine \"angemessene Berücksichtigung\" darstellen könnte.
Die ältere Rechtsprechung des VIII. Senats hatte sich hierbei (ohne die Existenz eines § 2 Abs.1 EnWG) nicht genötigt gesehen, eine Grenzziehung zwischen Anfangspreis und Preisänderung vorzugeben, weil sich dies aus § 315 BGB so ergibt.
Erst der jüngere VIII. Senat sah sich hierzu genötigt, obwohl zwischenzeitlich ein klarer Gesetzesbefehl in § 2 Abs. 1 EnWG geschaffen wurde und obgleich der Abnehmer gegen den Gesamtpreis des Versorgers widerspricht und sich dabei -letztlich vergeblich- auf §§ 2 Abs.1, 1 Abs. 1 EnWG stützt.
Man könnte meinen, dass das was der Gesetzgeber wollte, klar umrissen worden sei.
Wenn aber gerichtliche Preiskontrollen vom Gesetzgeber angeblich nicht gewünscht wurden (so wie der VIII. Senat dies meint - VIII ZR 138/07), dann würde die Gesetzesnovelle vom 07.07.2005 einen klassischen Schuss \"von hinten durch die Brust ins Knie\" darstellen.