Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => E => Stadt/Versorger => E.ON Mitte => Thema gestartet von: fabita am 13. Januar 2011, 13:09:52

Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: fabita am 13. Januar 2011, 13:09:52
Hallo,

folgende Vorgeschichte. Ich widerspreche seit 2006 den Gas- und Strompreisen meines Anbieters E.ON Mitte. Ich erstelle eigene Rechnungen, und überweise eigene Abschläge. Dies funktioniert bislang recht reibungslos. E.ON hat bislang nur mit recht belanglosen Schreiben reagiert. Die Jahresrechnungen von E.ON kommen immer im Januar des nächsten Jahres

Am 08. Dezember 2010 bekam ich nun Post einer Anwaltskanzlei mit Aufforderung zur Zahlung eines Gesamtbetrags, der sich aus den Summen fälliger Beträge bis Januar 2010 zusammen setzt. Im gleichen Schreiben bot man mir einen Vergleich von 80% an, bei gleichzeitigem Verzicht von Mahn- und Anwaltsgebühren. In einem zweiten Schreiben am 28.12. 2010 wurde nochmals auf das erste Schreiben hingewiesen mit der Option der Aufrechterhaltung des Vergleichs bis zum 12.01.2011.

Nun meine Fragen:
Der Rechnungsbetrag aus 2006 ist wohl entgültig verjährt.
Der Rechnungsbetrag aus 2007 wäre am 31.12.2010 verjährt, allerdings stellt sich hier die Frage, ob durch das Vergleichsangebot der Anwaltskanzlei der Tatbestand der Hemmung eingetreten ist. Im BGB gibt es dazu einige Paragraphen, bin mir aber nicht sicher ob das hier der Fall ist. Zumal hier im Forum immer von gerichtlichen Bescheiden die Rede ist, die die Hemmung erst wirksam werden lassen.

E.On Mitte scheint momentan massiv Anwaltsmahnungen zu verschicken, von daher wäre meine Frage, ob hier noch andere aktuelle Fälle bekannt sind. Bekannte von mir konnten einen Vergleich mit 60% erzielen.

Ich verfolge dieses Forum seit einigen Jahren, und kann nur sagen....weiter so.

Vielen Dank
fabita
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: RR-E-ft am 13. Januar 2011, 13:16:33
Man darf mit dem Versorger und dessen Anwälten nicht in Verhandlungen eintreten, sonst kommt es zur Hemmung der Verjährung gem. § 203 BGB. (http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__203.html).

Man sollte die Schreiben einfach beiseite tun, keinesfalls darf man auch nur  irgendwie (Schreiben, Anrufe oder sonstige Reaktionen) den Eindruck erwecken, man wolle etwaig  über streitige Beträge verhandeln.

Es wäre - jedenfalls mit Rücksicht auf die Verjährung - deshalb auch kreuzgefährlich, auf solche Schreiben dergestalt zu reagieren, man bräuchte auf eine Stellungnahme darauf noch etwas Zeit.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: fabita am 13. Januar 2011, 14:33:20
Vielen Dank für die prompte Antwort.

Tja, leider habe ich mich dazu hinreißen lassen, eine Aufsplittung des Gesamtbetrags zu veranlassen, da ich die Zusammensetzung des Summe nicht nachvollziehen konnte (gerade im Hinblick auf den Betrag von 2006).

Leider geht aus dem §203 nicht eindeutig hervor, ob nur bei beidseitigem Verhandlungswillen die Hemmung einsetzt, und ob bei einseitigem Ignorieren eines Verhandlungsangebots trotzdem die Verlängerung um 3 Monate einsetzt, da ja eine Seite der Streitparteien Verhandlungen anbietet.

Verfällt die Hemmung eigentlich, wenn ich auf das Angebot eine schriftliche Absage einreiche, bzw. kommt sie gar nicht erst zum greifen?

Gruß
fabita
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: RR-E-ft am 13. Januar 2011, 14:40:40
Gläubiger und Schuldner müssen (miteinander, wenn auch über Mittelsmänner) über den Anspruch verhandeln wollen.
Das Angebot des einen zur Aufnahme von Verhandlungen genügt nicht.

Kam es zu einem Meinungsaustausch über den Anspruch und wird darin die Aufnahme von Verhandlungen gesehen, so ist die Verjährung so lange gehemmt, bis eine der Parteien diese Verhandlungen endgültig als gescheitert erklärt, wofür langes Schweigen allein nicht genügt. Dem anderen muss nachweisbar eine entsprechende Erklärung zugehen.

Und ertst ab diesem Zeitpunkt des Zugangs einer solchen Erklärung ist die Verjährung nochmals für die Dauer von drei Monaten gehemmt, so dass daraus Jahre werden können.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: PLUS am 13. Januar 2011, 14:44:46
@fabita, Gerichte sind da mitunter sehr rigide:


Zur Hemmung der Verjährung durch Verhandlung im Sinne von § 203 BGB reicht jeder Meinungsaustausch über den Anspruch und seiner tatsächlichen Grundlagen aus, wenn nicht sofort erkennbar die Verhandlung abgelehnt wird.

OLG Oldenburg, Urteil vom 24.11.2005, Aktenzeichen 8 U 129/05
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: fabita am 13. Januar 2011, 17:03:05
Gut, ich denke diese Aussagen sind recht präzise zum Thema Hemmung der Verjährung.

Zur Verjährung selbst möcht ich hier nur kurz formulieren, dass der Eintritt der Verjährung erst zum Ende des Kalenderjahres, in dem die Rechnung gestellt wurde, erfolgt, und erst ab dann die eigentlichen 3 Jahre der Verjährung selbst folgen.
Im meinem Beispiel bei Rechnungsdatum 12.01.2007, Start der Verjährung am 01.01.2008, Ende der Verjährung 31.12.2010, in diesem Fall also fast 4 Jahre. Ich schreibe das deswegen, da ich mich Anfangs beim Suchen im Forum etwas schwer tat, zu diesem Thema präziese Angaben zu bekommen. Ich hoffe daher, dass diese Angaben es ebenso Betroffenen etwas leichter machen.

Ich würde gern meinen Fall hier weiter mit den aktuellen Infos ergänzen. Soll ich dazu in einer anderen Rubrik einen neuen Thread erstellen?
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: Amazone am 14. Januar 2011, 23:50:39
Zitat
Original von RR-E-ft
Man darf mit dem Versorger und dessen Anwälten nicht in Verhandlungen eintreten, sonst kommt es zur Hemmung der Verjährung gem. § 203 BGB. (http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__203.html).

Man sollte die Schreiben einfach beiseite tun, keinesfalls darf man auch nur  irgendwie (Schreiben, Anrufe oder sonstige Reaktionen) den Eindruck erwecken, man wolle etwaig  über streitige Beträge verhandeln.

Es wäre - jedenfalls mit Rücksicht auf die Verjährung - deshalb auch kreuzgefährlich, auf solche Schreiben dergestalt zu reagieren, man bräuchte auf eine Stellungnahme darauf noch etwas Zeit.

Ich habe kürzlich von einem Fall gehört, wo ein Versorger seinen Kunden öffentlich ein Vergleichsangebot angekündigt und ehemalige Kunden gebeten hatte, sich zwecks Zusendung desselben zu melden. Daraufhin hat ein Bekannter von mir dann \"aus reiner Neugier\" dies Vergleichsangebot beim Versorger angefordert. Das dürfte wohl als Bereitschaft zu Verhandlungen mit dem Ergebnis einer Verjährungshemmung ausgelegt werden.

Fragt sich nur: ist das für diesen Kunden, der eigene Rückforderungsansprüche gegen den Versorger geltend gemacht hatte, überhaupt negativ? Denn ihm kommt das doch zugute und nicht dem Versorger. Oder liege ich da falsch?
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: PLUS am 15. Januar 2011, 05:54:50
Zitat
Original von Amazone
Ich habe kürzlich von einem Fall gehört, wo ein Versorger seinen Kunden öffentlich ein Vergleichsangebot angekündigt und ehemalige Kunden gebeten hatte, sich zwecks Zusendung desselben zu melden. Daraufhin hat ein Bekannter von mir dann \"aus reiner Neugier\" dies Vergleichsangebot beim Versorger angefordert. Das dürfte wohl als Bereitschaft zu Verhandlungen mit dem Ergebnis einer Verjährungshemmung ausgelegt werden.
Fragt sich nur: ist das für diesen Kunden, der eigene Rückforderungsansprüche gegen den Versorger geltend gemacht hatte, überhaupt negativ? Denn ihm kommt das doch zugute und nicht dem Versorger.
Geht es um Ansprüche des Versorgers an den Kunden oder umgekehrt ist die Frage! Im Vergleichsangebot des Versorgers wird es sich wohl um die strittigen Ansprüche des Versorgers an seinen Kunden gehandelt haben. Wenn dem so ist, ist das Eingehen darauf mit der möglichen Folge der Verjährungshemmung kein Vorteil für den Kunden. Sollte es sich aber um ein Vergleichsangebot wegen Rückforderungsansprüche des Kunden gehandelt haben gilt das umgekehrt.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: Amazone am 15. Januar 2011, 12:00:55
Zitat
Original von PLUS
Im Vergleichsangebot des Versorgers wird es sich wohl um die strittigen Ansprüche des Versorgers an seinen Kunden gehandelt haben.
Zitat
Original von Amazone
Fragt sich nur: ist das für diesen Kunden, der eigene Rückforderungsansprüche gegen den Versorger geltend gemacht hatte, überhaupt negativ?
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. ;)

Zitat
Original von PLUS
[...] Sollte es sich aber um ein Vergleichsangebot wegen Rückforderungsansprüche des Kunden gehandelt haben [...]
Genauso war es (s.o.). Deshalb kann man wohl nicht generell sagen, dass man aufpassen solle, sich nicht auf Verhandlungen einzulassen. Es kommt immer darauf an, wer von dem Eintritt einer Verjährungshemmung profitiert.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: PLUS am 15. Januar 2011, 12:29:28
Zitat
Original von Amazone
Zitat
Original von Amazone Fragt sich nur: ist das für diesen Kunden, der eigene Rückforderungsansprüche gegen den Versorger geltend gemacht hatte, überhaupt negativ?
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. ;)

Wo steht, um wessen Ansprüche es bei diesem \"öffentlichen Vergleichsangebot\" des Versorgers ging?
... und
Wer es ohnehin schon [besser] weiß, kann sich das Fragen sparen.  ;)
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Januar 2011, 13:06:35
Dieser Thread geht auf die eindeutige Frage von fabita zurück.

Selbstredend liegt es beim Fall der Stadtwerke Münster, den Amazone wohl im Hintersinn hatte, umgekehrt. Fraglich jedoch, warum man jenen Fall hier anschleppt.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: baxmann am 16. Januar 2011, 13:55:08
Abgesehen von der rein rechtlichen Beurteilung dieser Fälle ist es m. A. durchaus lohnenswert, die Vorgehensweise des Energieversorgers mit dem am 26.01.2010 vom Vorstand der E.ON AG erlassenen Verhaltens-kodex abzugleichen. Dieser Kodex gilt angeblich nicht nur für die AG sondern auch für alle 6 Vertriebstöchter des Konzerns.
Durch den Abgleich erfährt  man dann sehr schnell, wie ernst E.ON und deren Mitarbeiter in Wirklichkeit die Einhaltung dieser Festlegungen nehmen.
Betroffene sollten es einmal auf einen Test ankommen lassen und die AG über die Fälle informieren, in denen sich die Mitarbeiter der Vertriebstöchter nicht an die eindeutigen Festlegungen des Verhaltenskodex gehalten haben.  
Viele Grüße
baxmann
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: Amazone am 19. Januar 2011, 18:36:12
Zitat
Original von RR-E-ft
Dieser Thread geht auf die eindeutige Frage von fabita zurück.

Selbstredend liegt es beim Fall der Stadtwerke Münster, den Amazone wohl im Hintersinn hatte, umgekehrt. Fraglich jedoch, warum man jenen Fall hier anschleppt.
Man schleppt den Fall hier an, weil jemand an anderer Stelle (hier (http://forum.bdev.de/thread.php?threadid=15041)) eine generelle und keineswegs auf den speziellen Fabita-Fall beschränkte Ermahnung exponiert hatte, bei Vergleichsangeboten des Versorgers Vorsicht walten zu lassen. Da der eilige Leser so nur zu leicht auf die Idee kommt, dass man sich jedenfalls und unabhängig davon, ob das Vergleichsangebot vom Schuldner oder Gläubiger ausgeht, vor Vergleichsangeboten zu hüten habe, schien ein differenzierender Hinweis angebracht.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: luispold am 22. Oktober 2011, 17:18:23
Hallo,

wie ging es denn weiter in der Angelegenheit.

Wurde eklagt oder verglichen?
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: Amazone am 22. Oktober 2011, 18:39:53
Verglichen - wobei 95 Prozent meiner Forderungen erfüllt wurden. ;-)
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: luispold am 22. Oktober 2011, 18:50:48
Zitat
Original von Amazone
Verglichen - wobei 95 Prozent meiner Forderungen erfüllt wurden. ;-)

jetzt wenn ich wüßte, was 100 % waren?
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: Amazone am 23. Oktober 2011, 00:47:20
Bei ca. 5000 Euro Streitwert wohl leicht auszurechnen.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: luispold am 23. Oktober 2011, 09:22:10
Das ist ja eine Summe!

Wie gings dann weiter?

immernoch EON Kunde,

wenn nein, wer hat das \"Verhältnis\" beendet und wie?

oder immer noch Preisrebell?

Oder ständiges Anbieterwechseln?
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: Amazone am 23. Oktober 2011, 10:37:16
Natürlich wurde der Vertrag mit der unwirksamen Klausel gekündigt, danach also Wechsel zu einem anderen Versorger. Und fleißiges Weiterwechseln immer schön zum günstigsten Anbieter. ;)
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: fabita am 24. Oktober 2011, 08:02:17
Hallo alle,

dem kann ich nur zustimmen. Da meine Rechtsschutz für diesen Fall leider noch nicht greifen konnte, habe ich einem Vergleich mit eigenen Konditionen zugestimmt.
Desweiteren wechselte ich den Anbieter, was zwar nicht die Ersparniss eines Widerspruchs hat, man erspart sich aber ne Menge Schreiberei und Ärger.

Hätte ich die Rechtschutz vor dem ersten Widerspruch gehabt, hätte ich es auf einen Prozess ankommen lassen, so war mir aber das Risiko zu hoch, zumal der Vergleich für mich sehr günstig ausgefallen ist. Sorry für alle die durchhalten das ich letztlich nachgegeben habe, aber mein Anwalt meinte, dass meine Chancen in Nordhessen nicht die besten wären.

Gruß
fabita
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: smithers1190 am 28. November 2011, 10:08:40
Hallo zusammen,

bei mir liegt ein ähnlicher Fall wie bei fabita vor. Ich widerspreche den Gasabrechnungen der E.ON Mitte seit 2006 unter Verwendung des Musterschreibens,
mit Erstellung einer eigenen Abrechnung und Überweisung entsprechender Abschlagszahlungen.

Nun erreichte mich ein Anwaltsschreiben zum Ausgleich einer Forderung betreffend die Abrechnungen 2008 bis 2011. Ein Vergleich über 80 % der Summe wurde ebenfalls angeboten.

Den Empfehlungen entsprechend habe ich auf dieses Schreiben nicht reagiert. Ich werde über den Fortgang weiter berichten.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: fabita am 29. November 2011, 15:12:38
Was die Erfolgsaussichten eines Verfahrens angeht, so liegen die nach meinen (eher oberflächlichen) Recherchen bei 50% gemessen an den Anteilen der Gerichtsbeschlüsse hier in Nordhessen.
Wie gesagt, mit Rechtsschutzunterstützung hätte ich sicherlich weiter gemacht, so war es für mich aber der sicherste Weg.
Titel: Mahnung, Verjährung, Hemmung
Beitrag von: wind123 am 11. Dezember 2011, 21:48:28
Ich habe gestern auch so ein Schreiben von einer Kanzlei aus Kassel erhalten. Ich werde auch auf dem Schreiben nicht reagieren. Ich werde weiter über den Verlauf meines Falles berichten.
Viel Grüße an alle.