Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Opa Ete am 11. März 2010, 13:57:27

Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Opa Ete am 11. März 2010, 13:57:27
Moin zusammen,

kann mir jemand die höchsrrichterliche Begründung nennen (Urteil), warum aus diesen beiden Absätzen

§ 4 Art der Versorgung
(1) Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen des Unternehmens
ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Versorgung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases bestimmen sich nach den allgemeinen Tarifen.
(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam

das Recht zur Preisanpassung für den Versorger hervorgehen soll?

Wortwörtlich kann ich da nichts lesen und mit viel Fantasie kann ich da jede Menge rauslesen.

Gruß Opa Ete
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 11. März 2010, 14:34:30
Aus Absatz 1 geht hervor, dass die Lieferung nicht zu einem feststehenden Preis, sondern zu den jeweiligen Tarifen erfolgt. Jeweilige Tarife sind veränderlich (BGH KZR 2/07 Rn. 29).

Aus Abs. 2 geht hervor, dass die Tarife durch öffentliche Bekanntgabe des Versorgers geändert werden können.

Aus der Zusammenschau ergibt sich, dass der Versorger die jeweiligen Tarife, zu denen der Kunde Gas bezieht und die als Gegenleistung für die Gaslieferungen vom Kunden geschuldet sind, vom Versorger durch öffentliche Bekanntgaben neu festgesetzt werden können. Es handelt sich um ein (gesetzliches) einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Der Versorger ist berechtigt und verpflichtet, die Tarife durch öffentliche Bekanntgaben (neu) zu bestimmen. Die Bestimmung darf nicht willkürlich erfolgen, sondern muss nach billigem Ermessen erfolgen. Die Allgemeinen Tarife sind gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden (BGH KZR 2/07 Rn. 26).
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Opa Ete am 11. März 2010, 14:53:55
@RR-E_FT
da interpretieren sie aber ganz schön hinein, aber darum geht es mir.
Abs 2 sagt ja nur, dass Änderungen der allg. Tarife zu veröffentlichen sind.
Daraus zu schliessen, das der Versorger sie einseitig ändern darf ist gewagt. Von Billigkeit steht da übrigens auch nichts, die gibts wohl erst
seit (BGH KZR 2/07 Rn. 26). Worauf ich hinaus will: ich wundere mich, dass
noch nie jemand diese Interpretation hinterfragt hat und das seit 1979!
Gruß Opa Ete
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 11. März 2010, 15:06:15
Sie müssen schon auch Absatz 1 lesen. Daraus ergibt sich, dass kein feststehender Preis vereinbart wird (BGH KZR 2/07 Rn. 29).
Es handelt sich um ein gesetzliches  Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht , dass nach dem Willen des Gesetzgebers nicht willkürlich oder nach freiem Ermessen ausgeübt werden darf (BGH KZR 2/07 Rn. 26, 29, VIII ZR 36/06 Rn. 14 ff.).

Es ist auch eine eher akademische Diskussion, ob sich das einseitige Leistungsbestimmungsrecht nun aus § 10 Abs. 1 EnWG 1998 bzw. § 36 Abs. 1 EnWG ergibt oder aber aus § 4 AVBV bzw. § 5 GVV (für ersteres BGH KZR 29/06 Rn. 19 f.). Ich meine auch, dass sich das - mit Verpflichtungen verbundene - einseitige Leistungsbestimmungsrecht bereits aus § 6 Abs. 1 EnWG 1935, 10 Abs. 1 EnWG 1998, 36 Abs. 1 EnWG ergibt und § 4 Abs. 2 AVBV bzw. § 5 Abs. 2 GVV nur die Ausübung dieses andernorts bereits bestehenden gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts gegenüber § 315 Abs. 2 BGB spezieller ausgestaltet.

Ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht stellt insbesondere auch das OLG Oldenburg in seinen Entscheidungen vom 05.09.08 und vom 12.02.10 nicht in Abrede.

Fest steht, dass nach der gesetzlichen Regelung das gesetzlich versorgungspflichtige EVU unter Beachtung von § 1 EnWG die Allgemeinen Preise zu bestimmen, öffentlich bekannzugeben und zu diesen Preisen die (grundversorgten) Tarifkunden zu beliefern hat. Die Allgemeinen Preise der Grundversorgung sind also nach der gesetzlichen Regelung vom Versorger zu bestimmen.

Wer sollte denn auch sonst die jeweiligen Allgemeinen Preise festlegen, zu denen das gesetzlich versorgungspflichtige EVU zur Belieferung der Kunden gesetzlich verpflichtet ist?

Zweifellos darf diese Bestimmung weder willkürlich noch nach freiem Ermessen erfolgen, was sich aus § 315 Abs. 1 BGB ergibt.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Opa Ete am 11. März 2010, 15:53:22
na ja, selbst das OLG Oldenburg sagte mit Urteil vom 5.9.08:
\"Diesen Anforderungen genügen die Regelungen in § 4 AVBGasV und § 5 GasGVV offensichtlich nicht.
Zunächst lassen sie nicht erkennen, dass hiermit überhaupt ein Preisanpassungsrecht begründet werden sollte.\"
Das ist doch schon mal was.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 11. März 2010, 15:59:30
Zweifeln Sie wirklich daran, dass der Grundversorger nach der gesetzlichen Regelung berechtigt und verpflichtet ist, die Allgemeinen Preise der Grundversorgung zu bestimmen, öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Preisen grund- und ersatzversorgte Kunden zu beliefern?

Zweifeln Sie wirklich daran, dass der Grundversorger die Bestimmung unter Beachtung des § 1 EnWG zu treffen hat?

Zweifeln Sie wirklich daran, dass die Bestimmung der Allgemeinen Preise der Grund- und Ersatzversorgung durch den Grundversorger nach dem Willen des Gesetzgebers weder willkürlich noch nach freiem Ermessen erfolgen darf?

Das OLG Oldenburg hat das Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers nicht in Abrede gestellt. Es hat ausgeführt, dieses müsse sich schon andernorts ergeben, es würde sich nicht erst aus § 4 AVBV ergeben, mit jener Vorschrift begründet werden sollte. Das meine ich ja auch, siehe oben.

Den Entscheidungen des OLG Oldenburg liegen gar keine Tarifkunden- Fälle der gesetzlichen Versorgungspflicht zu Grunde, sondern Sonderverträge, bei denen Sonderpreise bei Vertragsabschluss vereinbart wurden.

Und für diese hat auch der BGH entschieden, dass das gesetzliche Tarifbestimmungsrecht nicht gilt (BGH KZR 2/07 Rn. 29).
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Opa Ete am 11. März 2010, 16:06:47
nein, daran zweifele ich wirklich nicht. Ich finde es nur komisch, dass sich noch nie jemand an diesen Formulierungen gestört hat. Man könnte doch gleich  klar und deutlich in §4 schreiben: Der Versorger hat dass Recht und die Pflicht (nach dem Massstab der Billigkeit) die Preise zu erhöhen und zu senken.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 11. März 2010, 16:19:47
Zitat
Original von Opa Ete
Man könnte doch gleich  klar und deutlich in §4 schreiben: Der Versorger hat dass Recht und die Pflicht (nach dem Massstab der Billigkeit) die Preise zu erhöhen und zu senken.


Ich habe versucht, begreiflich zu machen, dass sich dies bereits aus der gesetzlichen Regelung § 6 Abs. 1 EnWG 1935, § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 36 Abs. 1 EnWG iVm. § 1 EnWG, § 315 BGB  von selbst ergibt, selbst wenn es die AVBV und die GVV gar nicht geben würde (BGH KZR 29/06 Rn. 19 f.)

Das (mit Pflichten verbundene) gesetzliche Tarifbestimmungsrecht ergibt sich aus dem EnWG selbst (BGH KZR 29/06 Rn. 20). Bei vereinbarten Preisen gilt es nicht (BGH KZR 2/07 Rn. 29).

§ 4 AVBV und § 5 GVV regeln insoweit schließlich nur, dass es zur Ausübung des (mit Verpflichtungen verbundenen) gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts (Tarifbestimmungsrechts) keines Zugangs einer unwiderruflichen Willenserklärung gem. §§ 315 Abs. 2, 130  BGB beim Kunden bedarf, sondern statt dessen die öffentliche Bekanntgabe des Versorgers maßgeblich sein soll. Wäre nach der gesetzlichen Regelung  der Zugang einer Erklärung beim Kunden maßgeblich, müsste der Versorger diesen im Zweifel beweisen. Das wollte der Gesetzgeber nicht.

Die aufgrund des Tarifbestimmungsrechts vom Versorger gebildeten Allgemeinen Preise müssen so öffentlich bekannt gegeben sein, dass allein durch die Entnahme von Energie aus dem Netz zu diesen bestimmten Allgemeinen Preisen der Versorgungsvertrag zustande kommen kann.

Unsere Gesetze orientieren sich am Abstraktionsprinzip, weshalb in keinem Gesetz geregelt ist, wie ein Mann, Vater dreier Kinder und Großvater von zwei Enkelkindern mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Supermarkt in die Pedalen zu treten hat. Könnte man gesetzlich genauer regeln, braucht man aber nicht.  Es bestünde sogar die Gefahr, dass bei der genaueren gesetzlichen Regelung der Fall unberücksichtigt bliebe, dass der Mann etwaig einen fünf Kilo schweren Rucksack auf dem Rücken bei sich führt. Fraglich auch, was gilt, wenn ein Enkelkind hinzukäme.  Ich würde es komisch finden, wenn das gesetzlich genauer geregelt würde. :D

Im Preußischen Allgemeinen Landrecht versuchte man noch, für alles und jedes einen eigenen Paragrafen zu bilden. Blick zurück. (http://www.smixx.de/ra/Links_F-R/PrALR/pralr.html)

Warum der Verordnungsgeber gut beraten ist, die Regelung abstrakt zu halten, weil sie auf jeden Fall passen muss und passend bleiben muss, liest man hier. (http://www.ewerk.hu-berlin.de/ewerk/Leitbildfunktion+der+Strom-+und+GasGVV)

Zitat
Sofern man aus § 5 Abs. 2 Strom/GasGVV noch kein materielles Preisänderungsrecht ableitet, sondern ein solches, wie oben vertreten, erst formuliert werden muss, besteht das Risiko, dass im Laufe der Zeit Kostenfaktoren entstehen, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehbar waren und von der Formulierung der vereinbarten Preisanpassungsklausel nicht mehr gedeckt sind. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Kostenfaktoren, die in der ursprünglichen Preisanpassungsklausel zwar Berücksichtigung gefunden haben, in einem Umfang ansteigen, der nach der ursprünglichen Klauselassung nicht mehr in einem angemessen Verhältnis umgelegt werden kann. In beiden Fällen würde sich das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis verschieben, so dass eine Preisanpassungsklausel das von ihr bezweckte Ziel der Wertsicherung nicht mehr erfüllen könnte. Zur Behebung derartiger Äquivalenzstörungen ist die Änderungskündigung ein gängiges Instrument da sie den ursprünglichen Vertrag auflöst und einen neuen Vertrag, der neue Kostenfaktoren berücksichtigt, von der Zustimmung des Kunden abhängig macht. Diese Lösung scheitert hier allerdings daran, dass gemäß § 20 Strom/GasGVV eine ordentliche Kündigung alleine dem Kunden vorbehalten ist.

Die Kostenkalkulation gestaltet sich schließlich bei jedem Versorger anders, so dass man keine für alle gültige Kostenklausel formulieren kann. hinzu tritt, dass sie auch noch hinsichtlich der Gewichtung von Kostenfaktoren Veränderungen unterliegen können, so dass der Verordnungstext dann nicht mehr passt (wie bei dem Radfahrer mit dem fünf Kilo- Rucksack).
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Lothar Gutsche am 11. März 2010, 21:27:29
Zitat
Original von Opa Ete
Wortwörtlich kann ich da nichts lesen und mit viel Fantasie kann ich da jede Menge rauslesen.
In dem Aufsatz \"Die Anwendung des deutschen und europäischen Kartellrechts und der zivilrechtlichen Preiskontrolle nach §§ 307, 315 BGB im Strom- und Gassektor in zweiten Jahrzehnt der Marktliberalisierung\", ZNER Heft 3/2009, Seite 193 - 204 äußert sich Professor Dr. Kurt Markert wie folgt zu der Frage, die Opa Ete stellt:

\"Dass der Wortlaut des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV und des § 5 Abs. 2 GasGVV für die Annahme eines Preisbestimmungsrechts des Versorgers im Grunde nichts hergibt, hat der Senat selbst eingeräumt. Aus der sehr detaillierten, bis zum EnWG von 1935 zurückreichenden Analyse der Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften im Urteil des OLG Oldenburg vom 5. September 2008 ergibt sich, dass bei allen Entscheidungen des Gesetz- und Verordnungsgebers das Preisbestimmungsrecht des Versorgers immer nur als bereits bestehend und allgemein anerkannt und praktiziert vorausgesetzt wurde und der Verordnungsgeber zwar die allgemeinen Versorgungsbedingungen regeln wollte, nicht jedoch die Tarifgestaltung der Energieversorger.\"

Mit dem \"Urteil des OLG Oldenburg vom 5. September 2008\" bezieht sich Professor Markert auf die Entscheidung 12 U 49/07, die in Heft 4 der ZNER 2008 auf Seite 385 - 391 abgedruckt ist, siehe online unter http://www.ponte-press.de/pdf/U9_200804.pdf (http://www.ponte-press.de/pdf/U9_200804.pdf). Auf den Seiten 386 rechte Spalte - 388 linke Spalteder ZNER 2008 zeigt das OLG Oldenburg, dass das Recht des Versorgers zur Preisanpassung als \"eine sich aus der Natur der Sache ergebende Befugnis\" anzusehen ist. Auch in den gesetzlichen Regelungen, die RR-E-ft aus dem EnWG 1935, 1998 und heute zitiert, sind Aussagen zur Preisgestaltung nur implizit enthalten. Ein wörtlich, klar definiertes Recht der Versorger wird vorausgesetzt, aber nicht explizit formuliert.

Vor dem Hintergrund glaube ich, dass es gar kein gesetzliches Recht zur Bestimmung und Änderung von Gaspreisen gibt, sondern dass es sich vielmehr um ein Gewohnheitsrecht (http://de.wikipedia.org/wiki/Gewohnheitsrecht) handelt. Die gesetzlichen Regelungen aus dem EnWG und der AVBGasV beschäftigen sich nur mit der Form und der Gültigkeit von Preisbekanntmachungen und Preisänderungen, aber nicht mit der eigentlichen Preisbestimmung.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 11. März 2010, 22:15:10
Zitat
Original von Lothar Gutsche

Vor dem Hintergrund glaube ich, dass es gar kein gesetzliches Recht zur Bestimmung und Änderung von Gaspreisen gibt, sondern dass es sich vielmehr um ein Gewohnheitsrecht (http://de.wikipedia.org/wiki/Gewohnheitsrecht) handelt. Die gesetzlichen Regelungen aus dem EnWG und der AVBGasV beschäftigen sich nur mit der Form und der Gültigkeit von Preisbekanntmachungen und Preisänderungen, aber nicht mit der eigentlichen Preisbestimmung.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Die Glaubensfreiheit ist im Grundgesetz verankert.
Ein Blick ins Gesetz möge uns die Rechtsfindung erleichtern.

Zitat
§ 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG

Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen.

Zitat
§ 2 Abs. 1 EnWG

Energieversorgungsunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Sinne des § 1 verpflichtet.

Zitat
§ 1 Abs. 1 EnWG

Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.

Hier ist klar eine gesetzliche Verpflichtung, Allgemeine Preise zu bilden, öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Preisen grundversorgte Kunden zu beliefern, geregelt.

Schon aus § 1 EnWG folgt, dass sich  Allgemeinen Preise mit den Kosten einer effizienten Betriebsführung  ändern müssen, was das Recht zu Preiserhöhungen im Umfange von Kostensteigerungen bei effizienter Betriebsführung ebenso einschließt wie die Verpflichtung zu Preissenkungen, wenn die Kostenentwicklung bei effizienter Betriebsführung solche zulässt.

Es handelt sich folglich um das gesetzliche Recht und die Pflicht, Allgemeine Preise zu bilden, öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Preisen grundversorgte Kunden zu versorgen.

Die gesetzliche Tarifbestimmungsrechtspflicht unter Berücksichtigung von § 1 EnWG durch öffentliche Bekanntgabe ist von Anbeginn an Teil der gestzlichen Versorgungspflicht gem. § 6 Abs. 1 EnWG 1935, § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 36 Abs. 1 EnWG (BGH KZR 29/06 Rn. 19, 20).

Der Versorger hat durch öffentliche Bekanntgabe die vom Kunden für Energielieferungen innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht geschuldete Gegenleistung zu bestimmen. Es handelt sich deshalb um ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB, auf welches die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle unmittelbare Anwendung findet.

Dass der Grundversorger die Allgemeinen Preise der Grundversorgung durch öffentliche Bekanntgabe zu bestimmen hat, ist keinesfalls Ausfluss eines Gewohnheitsrechts, sondern - wie aufgezeigt -  von Anfang an Teil der gesetzlichen Versorgungspflicht nach dem EnWG.

Wenn der Versorger gesetzlich verpflichtet ist, Allgemeine Preise öffentlich bekannt zu geben, dann muss er doch (denknotwendig) zunächst einmal die öffentlich bekannt zu gebenden Allgemeinen Preise zuvor bestimmen.

Es besteht ein gesetzliches Tarifbestimmungsrecht, wie jedes einseitige Leistungsbestimmungsrecht verbunden mit einer entsprechenden Verpflichtung, vorliegend der gesetzlichen Verpflichtung, die Allgemeinen Preise unter Berücksichtigung der Verpflichtung aus §§ 1, 2 EnWG zu bestimmen, öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Preisen grundversorgte Kunden zu beliefern.
 
Wie man darauf kommen wollte, Preisänderungen bei einer Belieferung im Rahmen einer gesetzlichen Versorgungspflicht, seien lediglich eine (lässliche) Angewohnheit der Versorger, die sich durch hinreichend  lange Übung zu einem Gewohnheitsrecht verdichtet habe, ist nicht nachvollziehbar. Seit Inkrafttreten einer gesetzlichen Versorgungspflicht mit  § 6 Abs. 1 EnWG 1935 sind die Allgemeinen Tarife gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden, was die Verpflichtung des Versorgers  zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten mit einschließt.

Es sollte eigentlich selbst auffallen, dass es eine gesetzliche Versorgungspflicht zu unveränderlichen Preisen bei Kosten der Belieferung, die naturgemäß Änderungen unterworfen sind, nicht geben kann. So krumm hat auch der Gesetzgeber des EnWG von Anfang an nicht gedacht.

Wenn es Vertreter geben sollte, die tatsächlich glauben, die gesetzliche Versorgungspflicht nach EnWG beinhaltete oder beinhaltet, einmalig Allgemeine Preise öffentlich bekannt zu geben und fortan Kunden zu diesen einmal öffentlich bekannt gegeben Allgemeinen Preisen allezeit zu beliefern, ist es vielleicht doch ganz gut, dass § 4 Abs. 1 AVBV, § 5 Abs. 1 GVV eine (eigentlich nicht erforderliche) Klarstellung enthält, dass die Belieferung zu den \"jeweiligen\" Allgemeinen Tarifen bzw. Allgemeinen Preisen erfolgt.  ;)  

(Preisstopp- VO vom 26. November 1936 (RGBl. I, S. 955) bleibt außen vor)

Ich glaube an den Menschenverstand, der weder durch akademische Weihen noch das Überstreifen einer Robe verloren geht.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Lothar Gutsche am 12. März 2010, 07:37:52
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn der Versorger gesetzlich verpflichtet ist, Allgemeine Preise öffentlich bekannt zu geben, dann muss er doch (denknotwendig) zunächst einmal die öffentlich bekannt zu gebenden Allgemeinen Preise zuvor bestimmen.
Damit bestätigt RR-E-ft meine Aussage:
Zitat
Original von Lothar Gutsche
Auch in den gesetzlichen Regelungen, die RR-E-ft aus dem EnWG 1935, 1998 und heute zitiert, sind Aussagen zur Preisgestaltung nur implizit enthalten. Ein wörtlich, klar definiertes Recht der Versorger wird vorausgesetzt, aber nicht explizit formuliert.
Ich habe nie versucht aus dem EnWG abzuleiten, dauerhaft konstante Energiepreise zu erhalten, die der Versorger unter keinen Umständen nach der erstmaligen öffentlichen Bekanntmachung ändern darf. Um auf die Ausgangsfrage von Opa Ete zurückzukommen, in §4 AVBGasV finde ich kein Recht zur einseitigen Preisbestimmung.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Opa Ete am 12. März 2010, 09:02:58
@Lothar Gutsche
sie haben völlig recht, sehe ich nämlich genauso!
@RR-E-FT
dann soll man gefälligst das EnWG zitieren, daraus könnte man schon eher das Recht zur Preisanpassung ableiten, aber nicht §4 AVBGASV.

Gruß Opa Ete
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 12. März 2010, 11:13:04
Die jeweils im EnWG geregelte gesetzliche Versorgungspflicht lässt sich doch - wie aufgezeigt -  gar nicht anders auslegen, als dass der Versorger die von den Kunden geschuldete Gegenleistung für die Belieferung im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht durch öffentliche Bekanntgabe jeweils bestimmt.

Klar ist auch, dass es sich dabei um ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB handelt, weil die Bestimmung eben weder willkürlich noch nach freiem Ermessen erfolgen darf.

Dieses besteht bereits ohne die Verordnungen. Historisch ist die gesetzliche Versorgungspflicht nach EnWG auch älter als die entsprechenden Verordnungen über Allgemeine Versorgungsbedingungen.

Das Leistungsbestimmungsrecht (Preisbestimmungsrecht/ Tarifbestimmungsrecht) des Versorgers ergibt sich für den Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht mithin bereits aus dem EnWG selbst. Damit ist es ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht. Ein solches ist immer zugleich mit Pflichten verbunden.

Um ein Gewohnheitsrecht infolge lässlicher Gewohnheit handelt es sich nicht.


Für Sonderverträge gilt das Tarifbestimmungsrecht nicht (BGH KZR 2/07 Rn. 29). Kontrovers diskutiert wird, ob sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für den Versorger ergibt, wenn die Vorschrift des § 4 AVBV, § 5 GVV als AGB in einen Sondervertrag einbezogen wird (BGH VIII ZR 225/07). Es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 12. März 2010, 12:01:39
Zitat
Original von RR-E-ft
Kontrovers diskutiert wird, ob sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für den Versorger ergibt, wenn die Vorschrift des § 4 AVBV, § 5 GVV als AGB in einen Sondervertrag einbezogen wird (BGH VIII ZR 225/07). Es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen.

Kontovers diskutiert in diesem Forum . In der realen Welt ist dieser Streit durch die zwei Entscheidungen des BGH vom 15.07.2009 entschieden worden.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 12. März 2010, 13:22:56
Es gibt mit BGH VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08, VIII ZR 320/07, VIII ZR 326/07, VIII ZR 81/08 mehrere Entscheidungen, bei denen es darauf nicht ankam, wo vom Senat obiter dicta eine solche Auffassung jeweils geäußert wurde, die sich jedoch schon  mit BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16 schwerlich vereinbaren lässt, wonach ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht dann nicht vertraglich vereinbart ist, wenn sich die Parteien bei Vertragsabschluss auf einen feststehenden  Preis geeinigt haben, wie dies bei Sonderverträgen gerade der Fall ist (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46, KZR 2/07 Rn. 29).

Wurde hingegen bei Abschluss eines Sondervertrages im Rahmen der Vertragsfreiheit nicht ein feststehender Preis, sondern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart, ist die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB vollkommen unbestritten (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Wie gesagt, ich glaube an den Menschenverstand.

§§ 4 AVBV, 5 GVV enthalten weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig überhaupt eine Regelung über die Änderung vereinbarter Preise eines Sondervertrages. Sie verhalten sich ausschließlich zu dem im EnWG geregelten gesetzlichen Tarifbestimmungsrecht, das bei Sonderverträgen nicht gilt (BGH KZR 2/07 Rn. 29). Solche Klauseln laufen bei genauer Betrachtung in den AGB eines Energielieferungsvertrages deshalb nicht weniger  leer, wie eine Klausel über die Änderung der Preise für Spreewaldgurken.

Es ist auch nicht ersichtlich, warum sich Gerichte mit einer Billigkeitskontrolle in Fällen  behängen sollten, wo der Anwendungsbereich des § 315 BGB schon nicht eröffnet ist (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16). Ich meine, dass sich das Gerichten durchaus leicht vermitteln lässt.

Gerichte, die § 315 BGB in Fällen anwenden, wo der Anwendungsbereich der Norm von vornherein schon nicht eröffnet ist, handeln contra legem (BGH aaO.). Zumindest darüber herrschte doch lange Zeit Einigkeit (Kunth/ Tüngler, NJW 2005, 1313).

Insbesondere das OLG Oldenburg ist ja wohl durchaus auf der richtigen Spur.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 12. März 2010, 14:59:01
Zitat
Original von RR-E-ft
...wonach ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht dann nicht vertraglich vereinbart ist, wenn sich die Parteien bei Vertragsabschluss auf einen feststehenden  Preis geeinigt haben, wie dies bei Sonderverträgen gerade der Fall ist.

Ich darf daran erinnern, dass sowohl im Bereich der Grundversorgung, als auch der Sonderverträge der Anfangspreis immer vertraglich vereinbart ist.

Im übrigen sind ihre Argumente noch immer die Selben, wie vor diesen beiden Entscheidungen des BGH vom 15.07.2010. Für die Praxis damit überholt.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 12. März 2010, 15:14:03
Im Bereich der Grundversorgung ist der Anwendungsbereich des § 315 BGB wegen des gesetzlichen Tarifbestimmungsrechts  eröffnet, vertraglich soll ein solches nicht vereinbart sein (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

An den ganannten Stellen wird doch gerade deutlich herausgestellt, was die Folgen der vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsechts einerseits und der vertraglichen Vereinbarung eines feststehenden Preises bei Vertragsabschluss andererseits sind und dass das eine das andere innerhalb einer vertraglichen Einigung regelmäßig ausschließt (ebenso BGH KZR 24/04).

Was besagen denn sonst die zwei ersten Sätze in BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32 bzw. VIII ZR 138/07 Rn. 16 ?!

Soweit ersichtlich, hat sich der Senat mit meinen Argumenten in den genannten Entscheidungen überhaupt nicht auseinandergesetzt.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 12. März 2010, 15:29:29
Zitat
Original von RR-E-ft
Soweit ersichtlich, hat sich der Senat mit meinen Argumenten in den genannten Entscheidungen überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Unverschämtheit aber auch!
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 12. März 2010, 16:35:17
Sie waren es, der auf meine Argumente abgestellt hatte.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Rn. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Da sehe ich wenig Interpretationsspielraum. Es handelt sich um einen tragenden Begründungssatz innerhalb der Entscheidung.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 12. März 2010, 16:50:27
Das liegt aber nur daran, dass es für Sie nur zwei Möglichkeiten gibt:

1. Preis vereinbart

2. Preis einseitig bestimmt

Das mag für einmalige Rechtsgeschäfte zutreffend sein. Aber Energielieferverträge sind Dauerschuldverhältnisse und da gibt es die Möglichkeit Nr.

3. Der Anfangspreis ist vereinbart, Preisänderungen werden einseitig bestimmt.

Dieses Modell Nr. 3 kennt der BGH schon seit 2007. Da hat er nämlich den Anfangspreis als vereinbart anerkannt und gleichzeitig ein Preisänderungsrecht nach § 315 BGB bestätigt. Nach nunmehr 3 Jahren sollte man das verstanden haben.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 12. März 2010, 17:03:26
Zitat
Original von Black
Das liegt aber nur daran, dass es für Sie nur zwei Möglichkeiten gibt:

1. Preis vereinbart

2. Preis einseitig bestimmt

Das mag für einmalige Rechtsgeschäfte zutreffend sein. Aber Energielieferverträge sind Dauerschuldverhältnisse und da gibt es die Möglichkeit Nr.

3. Der Anfangspreis ist vereinbart, Preisänderungen werden einseitig bestimmt.

Dieses Modell Nr. 3 kennt der BGH schon seit 2007. Da hat er nämlich den Anfangspreis als vereinbart anerkannt und gleichzeitig ein Preisänderungsrecht nach § 315 BGB bestätigt. Nach nunmehr 3 Jahren sollte man das verstanden haben.


Das wollen wir uns einmal in Ruhe genauer besehen.

In allen Entscheidungen hat der BGH gesagt, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich nicht vereinbart wurde. Gegenstand waren jeweils Energielieferungsverträge.
Die Begründung lautet jeweils wie folgt:


Zitat
BGH 28.03.07 VIII ZR 144/06 Rn. 11

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57). An dieser Voraussetzung fehlt es. Die Parteien haben nicht vereinbart, die Klägerin solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat.

Das war eine Entscheidung zu einem Strom- Sondervertrag \"local plus\" der E.ON edis.

Zitat
BGH, aaO., Rn. 16

Anders mag es dagegen bei Preiserhöhungen liegen, die ein Versorgungsunternehmen im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Vertrages gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBEltV vornimmt, weil diese einseitig in Ausübung eines gesetzlichen Leistungsänderungsrechts erfolgen. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

Wenn jedoch - wie dort - bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nicht vertraglich vereinbart wurde und zudem kein gesetzliches Tarifbestimmungsrecht Anwendung findet (weil es sich um einen Sondervertrag handelt), dann fehlt es schlicht und ergreifend an den Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 11, VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Was Sie deshalb seit drei Jahren womöglich nicht verstanden haben wollen:

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57). An dieser Voraussetzung fehlt es. Die Parteien haben nicht vereinbart, die Klägerin solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat.

Wenn die Parteien - wie dort - kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart haben, sich ein solches im konkreten Fall auch nicht aus einem Gesetz ergibt, sind einseitige Leistungsbestimmungen im laufenden Vertragsverhältnis vertraglich unzulässig und es kommt deshalb auch nicht auf eine Billigkeitskontrolle an. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB liegen dann nämlich nicht vor.

Ich stelle auf den Menschenverstand (eigentlich Gesetze der Logik) ab, der wohl besagt, dass bei Vertragsabschluss entweder ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart oder aber nicht vereinbart wurde. Zunächst ist also zu prüfen, ob ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde und dazu sagt uns der BGH seit drei Jahren für Energielieferungsverträge, dies sei eindeutig nicht der Fall, wenn bei Vertragsabschluss die vom Kunden zu erbringende Leistung (in Form einer Preisvereinbarung) konkret vereinbart wurde.

Ganz langsam tasten wir uns nochmals an die Lösung ran, für alle die, wo mitdenken möchten.

Wir fragen unmissverständlich:

Liegen die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB vor?

Und erfahren eindeutig:

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57).

Wir fragen deshalb unmissverständlich weiter:

Haben die Parteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart?

Und erfahren dazu eindeutig:

An dieser Voraussetzung fehlt es.
Die Parteien haben nicht vereinbart, die Klägerin solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen.
Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat.


Ergo:

Man kann nicht zugleich einen feststehenden Preis und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbaren (BGH KZR 24/04).
Der BGH entscheidet doch dabei selbst eindeutig entweder/ oder. Zutreffend, weil es einen dritten Weg nicht gibt.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 12. März 2010, 23:16:45
Um noch einmal auf Opa_Ete zurückzukommen:

Der Gesetz- und Verordnungsgeber kann das (unzweifelhaft nach dem EnWG bestehende)  gesetzliche Tarifbestimmungsrecht überhaupt nicht transparenter regeln, weil es jederzeit auf alle von der gesetzlichen Regelung betroffenen Vertragsverhältnisse passen soll und muss, die Kostenstrukturen der einzelnen Versorger sich jedoch unterscheiden, insbesondere auch die besonders änderlichen Bezugskosten sich jeweils unterscheiden, sich zudem auch wandeln können. Siehste hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=70035#post70035)

Das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (BGH KZR 2/07 Rn. 26) muss deshalb notwendigerweise abstrakt- generell geregelt sein, wie es gesetzlichen Regelungen nun einmal aus der Natur der Sache eigen ist.

Es grenzt an Unfug (so offen müssen wir wohl das Wort führen), daraus herzuleiten, der Gesetzgeber habe damit ein Maß an Transparenz für AGB- Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen vorgegeben.

Dem einzelnen Energielieferanten wäre es nämlich demgegenüber durchaus möglich, Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen, die er im Rahmen der Vertragsfreiheit auf dem Markt  anbietet,  transparenter zu gestalten, da er ja die dem angebotenen Vertragspreis konkret zu Grunde liegende Kostenkalkulation, deren Bestandteile und deren Gewichtung am angebotenen Preis genau kennt. Und man muss dies auch von ihm erwarten.

Preisänderungsklauseln dienen immer dazu, erhöhte Kosten ohne Änderungskündigung auf die Kundschaft abzuwälzen. Sie sind nicht schon an sich unzulässig.
 
Es besteht jedoch keinerlei Grund, einen Energielieferanten insoweit besser zu stellen, als einen anderen Verwender von Preisänderungsklauseln in AGB, an welche hohe Anforderungen gestellt werden (BGH III ZR 247/06 Rn. 10). Schließlich werden Preisänderungsklauseln immer im Massengeschäft verwendet und die Verwender solcher Klauseln stehen auf dem Markt regelmäßig im Wettbewerb mit anderen Anbietern und tragen auch das unternehmerische Risiko unwirksamer Klauseln.

Dabei gilt:

Zitat
BGH v. 15.11.08 III ZR 247/06 Rn. 10

Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; BGH, Urteile vom 21. September 2005 aaO und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 21; jeweils m.w.N.).   Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Zitat
BGH 21.04.09 XI ZR 78/08 Rn. 37, 38  

(1) Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kunden aus. Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199, 1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49). Ferner stellt ein Kündigungsrecht bei Aktivgeschäften eines Kreditinstituts für einen Darlehensnehmer auch schon mit Blick auf die hohen Transaktionskosten einer häufig erforderlichen Umschuldung keine adäquate Kompensation für das Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts dar (Habersack, WM 2001, 753, 757; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 und WM 2003, 1449; Metz in Hadding/Nobbe, RWS Forum 17 - Bankrecht 2000 S. 183, 197).

(2) Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).

Dass eine Besserstellung der Energielieferanten in Bezug auf die Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB erfolgen soll, ergibt sich insbesondere nicht aus § 310 Abs. 2 BGB, der den § 307 BGB gar nicht aufführt. § 307 BGB nicht uneingeschränkt auch auf Preisänderungsklauseln in den AGB von Energielieferungsverträgen anzuwenden, wäre mithin auch contra legem.  Wenn Energieversorger, die im Rahmen der Vertragsfreiheit Verträge anbieten, wie normale Unternehmen im Wettbewerb behandelt werden wollen, dann müssen sie sich auch ebenso wie andere Unternehmen im Wettbewerb den gesetzlichen Anforderungen stellen.

Aber sei es drum:

Zum Ausgleich dafür, dass das gesetzliche Preisbestimmungs- und -änderungsrecht notwendigerweise abstrakt- generell geregelt sein muss, könnte man sich freilich eine Modifizierung des § 5 GVV dergestalt vorstellen, dass in den öffentlichen Bekanntgaben, brieflichen Mitteilungen und Veröffentlichungen im Internet die gesamten Preisgefüge der Grund- und Ersatzversorgung aufgeführt und zu jedem Allgemeinen Preis jeweils die Preiskalkulation offen gelegt werden muss und zwar hinsichtlich aller allgemeinen und besonderen verbrauchsunabhängigen und verbrauchsabhängigen Kosten der Belieferung, namentlich Netzkosten, Kosten des Messstellenbetriebs, der Messung und Abrechnung, Konzessionsabgaben, Energiesteuer, Umlagen nach EEG und KWKG, Bezugskosten, Risikoaufschlag der Grundversorgung,...

Beizufügen wäre jeweils die vorhergehend ebenso offen gelegten Preiskalkulationen, wobei Veränderungen bei einzelnen Positionen besonders hervorzuheben sind.

Dies korrespondiert damit, dass nach der Rechtsprechung bei Dauerschuldverhältnissen zu kostenbasiert- veränderlichen Preisen notwenigerweise  mit der Preisänderungsklausel zugleich vor Vertragsabschluss die Preiskalkulation offen gelegt werden muss (BGH III ZR 247/06 Rn. 10).

Die Gleichbehandlung zwischen grundversorgten Kunden und Kunden außerhalb der Grund- und Ersatzversorgung. Schließlich wäre auch den europarechtlichen Vorgaben zur Transparenz von Energiepreisen Genüge getan. Die Gleichbehandlungsapologeten werden hoch zufrieden zeigen.

Änderungen wären so für den Kunden leichter nachzuvollziehen und er könnte die Angemessenheit leichter beurteilen, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss. Schließlich würden die Gerichte auch nicht dadurch belastet, dass Sondervertragskunden allenthalben über eine aufwendige Billigkeitskontrolle die vertragliche Verpflichtung zur umfassenden Weitergabe gesunkener Kosten durchsetzen wollen.

Ich meine, das ließe sich mit Menschenverstand wohl auch noch gerade nachvollziehen.
Black hat entgegen dem Menschenverstand sicher auch keine Erklärung, warum es anders sein sollte.

Mal darüber nachdenken.

Wir brauchen nur noch eine knappe Formulierung des Verordnungsergänzungstextes, die Unterstützung des VZBV und des Verbraucherschutzministeriums,  und Politiker, die sich etwa im NRW- Wahlkampf dafür begeistern und eine Transparenz - Inititaive über den Bundesrat unterstützen. Volksbegehren wären wohl auch ein Weg.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 13. März 2010, 11:55:11
@RR-E-ft

Das einzige was Sie mit Ihrer Rechtsauffassung maximal erreichen könnten wäre die Nichtanwendung des § 315 BGB auf die von mir geschilderte Kombination.

Grundversorgung
Es ist mittlerweile wiederholte Rechtsprechung des BGH, das der \"Einstiegspreis\" des Kunden nicht einseitig vom Versorger bestimmt wurde, sondern vertraglich vereinbart wurde.

Anders dagegen die Preisänderung. hier steht dem Grundversorger ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu. Daher findet hierauf § 315 BGB Anwendung.

Normsondervertrag
Neben vielen anderen Möglichkeiten der Gestaltung eines Sondervertrages besteht die Möglichkeit das Modell der Grundversorgung zu übernehmen.

Der Anfangspreis des Kunden wird auch hier vertraglich vereinbart. Da es am gesetzlichen Preisänderungsrecht fehlt, wird dieses vertraglich vereinbart, indem § 5 GVV (§ 4 AVB) in den Vertrag einbezogen wird. Das hat zur Folge, dass auch hier Preisänderungen der Billigkeitskontrolle unterliegen, aber der Gesamtpreis nicht.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: nomos am 13. März 2010, 15:06:45
@Black, und sind die Versorger damit glücklich?

Wie eine Preisanpassungsklausel aussehen muss, damit sie wirksam ist, hat der BGH ja weder formuliert noch entschieden. Auch Fehlanzeige was die konkrete Feststellung der Billigkeit angeht.  Der Gesetz- und Verordnungsgeber war auch nicht tätig.  :(

Lediglich Preisanpassungsklauseln im Rahmen des § 5 GasGVV sind nach dem BGH grundsätzlich möglich. Danach sind wir bei der ersten Preisänderung wieder bei der Billigkeitsfrage mit dem  § 315 BGB und die Sosse ist wieder am Kochen.

Tolles deutsches Energiepreisrecht!  X(  -  ein weiteres Armutszeugnis deutscher Politik!

@all, die Empfehlung an die Verbraucher kann da nur lauten, Wettbewerb befördern und Wechseln was das Zeug hält und Protest bei jeder Gelegenheit, inbesondere gegenüber den gewählten Bürgervertretern.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 13. März 2010, 16:11:47
@Black

Auf das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (Grundversorgung) findet § 315 BGB unmittelbare Anwendung, auf sonstige Verträge indes nur, wenn bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde, wenn die Parteien also vereinbart haben, der Versorger solle nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen. Letzteres soll dann nicht der Fall sein, wenn bei Vertragsabschluss ein feststehender Preis vereinbart wurde (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46).

Bei den öffentlichen Bekanntgaben gibt es - wie aufgezeigt -  sicher noch Verbesserungsmöglichkeiten, um die Transparenz zu erhöhen.

@all

Wie wir wohl wissen,  kann nicht von jedem erwartet werden, dass er verstanden hat, welche Anforderungen laut BGH an Preisänderungsklauseln grundsätzlich zu stellen sind und wie man auch die Gleichbehandlungsapologeten vorliegend recht einfach zufrieden stellen kann. Manch einer palavert erfahrungsgemäß  lieber auf mehr oder minder Niveau. Auch auf mehrere Bitten steht keine Verschonung zu erwarten, so dass es uns wohl noch oft begegnen  wird.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Lothar Gutsche am 13. März 2010, 16:43:08
@ Black
Zitat
Original von Black
Es ist mittlerweile wiederholte Rechtsprechung des BGH, das der \"Einstiegspreis\" des Kunden nicht einseitig vom Versorger bestimmt wurde, sondern vertraglich vereinbart wurde.
Sie sollten besser differenzieren zwischen \"Rechtsprechung des BGH\" und den Entscheidungen des VIII. Zivilsenates unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Ball.  Wegen der Details verweise ich auf meine Kritik an der Preissockeltheorie unter http://www.cleanstate.de/Preissockel_Energiepreise.html (http://www.cleanstate.de/Preissockel_Energiepreise.html).

@ RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn Energieversorger, die im Rahmen der Vertragsfreiheit Verträge anbieten, wie normale Unternehmen im Wettbewerb behandelt werden wollen, dann müssen sie sich auch ebenso wie andere Unternehmen im Wettbewerb den gesetzlichen Anforderungen stellen.
Energieversorger waren und sind nie \"normale Unternehmen im Wettbewerb\". Denn sie bieten besondere Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge an, sie unterliegen eigens für sie geschaffenen Gesetzen wie dem EnWG oder § 29 GWB.  Soweit die Energieversorger sogar mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören wie z. B. viele Stadtwerke als Kommunalunternehmen, gelten auch einschlägige Kommunalvorschriften aus Gemeindeordnungen und Haushaltsordnungen mit Vorschriften zur Gewinnbegrenzung und zur Ausrichtung am Gemeinwohl. Selbst die Grundrechtsfähigkeit solcher Kommunalunternehmen existiert oft nicht, siehe z. B. die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts  BVerfG 1 BvR 1731/05 (Mainova AG aus Frankfurt am Main) vom 18.05.2009 unter http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090518_1bvr173105.html (http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090518_1bvr173105.html)  

Für den Wettbewerb wäre es schön, wenn die deutschen und europäischen Kartellbehörden ihrer Aufgabe nachkommen würden, dass auch die Energieversorger die allgemeinen und die einschlägigen Wettbewerbsvorschriften einhalten. Davon sind wir jedoch in einer Welt von Kartell-Deals (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=55076#post55076) meilenweit entfernt. Wenn die Einhaltung von wettbewerbs-, kommunal- und energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften sichergestellt ist, dann interessieren mich auch Paragraphen wie 307, 310 und 315 BGB.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 13. März 2010, 16:56:51
@Lothar Gutsche

Die Sache mit den \"Gänsefüßchen\" ist andernorts hinlänglich thematisiert worden.

Sie bringen kein tragfähiges Argument dafür, warum Unternehmen wie Lichtblick, Goldgas etc. pp., die im Rahmen der Vertragsfreiheit Energie im Wettbewerb anbieten  bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB anders zu behandeln wären als alle anderen, namentlich auch Banken und Sparkassen, Kabelnetzbetreiber etc. pp., zu denen die Rechtsprechung aufgezeigt wurde.

Es geht bei § 307 BGB jeweils um Preisänderungsklauseln in Verträgen, bei denen bei Vertragsabschluss ausdrücklich ein Preis vereinbart wurde. Nur ein vertraglich vereinbarter Preis lässt sich vermittels vertraglicher Preisänderungsklausel abändern. Dabei ist bei Vertragsabschluss regelmäßig innerhalb der Preisänderungsklausel  selbst die Preiskalkulation offen zu legen, damit die Klausel wirksam ist.

Diese Frage hat -wie auch alles andere in diesem Thread- damit, ob wirksamer Wettbewerb herrscht oder nicht, rein überhaupt gar nichts zu tun, ebensowenig wie mit der (Un-)Tätigkeit der Kartellbehörden.

So besonders sind Energieversorgungsunternehmen und die Dienstleistungen, die sie im Rahmen der Vertragsfreiheit anbieten, nun auch wieder nicht.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: nomos am 13. März 2010, 17:23:08
Zitat
Original von RR-E-ft
@all
Wie wir wohl wissen,  kann nicht von jedem erwartet werden, dass er verstanden hat, welche Anforderungen laut BGH an Preisänderungsklauseln grundsätzlich zu stellen sind und wie man auch die Gleichbehandlungsapologeten vorliegend recht einfach zufrieden stellen kann. Manch einer palavert erfahrungsgemäß  lieber auf mehr oder minder Niveau. Auch auf mehere Bitten steht keine Verschonung zu erwarten, so dass es uns wohl noch oft begegnen  wird.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 13. März 2010, 17:28:16
Selten bewahrheiten sich Prophezeiungen so rekordverdächtig schnell. ;)
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Lothar Gutsche am 14. März 2010, 11:43:03
@ RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft
Sie bringen kein tragfähiges Argument dafür, warum Unternehmen wie Lichtblick, Goldgas etc. pp., die im Rahmen der Vertragsfreiheit Energie im Wettbewerb anbieten bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB anders zu behandeln wären als alle anderen, namentlich auch Banken und Sparkassen, Kabelnetzbetreiber etc. pp., zu denen die Rechtsprechung aufgezeigt wurde.
\"Banken und Sparkassen, Kabelnetzbetreiber etc. pp.,\" bieten kein Produkt an, das dem Energiewirtschaftsgesetz und dort speziell den Preisgünstigkeitsanforderungen der §§ 1,2 EnWG unterliegt. Wo ist denn im Energiebereich der \"Wettbewerb\"? Es gibt ein Oligopol von Gasimporteuren, es gibt ein Duopol bei der Stromerzeugung in Deutschland, es gibt zu wenig Möglichkeiten, ausländischen Strom nach Deutschland zu importieren, es gibt beim Strom eine Börse EEX, deren Preise laut einem Beitrag von Klaus-Dieter Benner  in ZNER Heft 4-2009 (Seite 371 - 377) nicht als Referenzpreise dienen können und gerade kein Produkt des freien Marktes und freien Wettbewerbs sind. Was bleibt da noch für den \"Wettbewerb\" übrig, um ein wirklich günstiges Preisniveau im Sinne des EnWG zu erreichen?

Mit meinem gestrigen Beitrag wollte ich darauf hinweisen, dass Wettbewerb in der Energiewirtschaft nicht selbstverständlich ist und dass diese Branche in weiten Teilen anderen Vorschriften unterliegt als Kabelnetzbetreiber. Sie haben natürlich recht, dass § 307 BGB auch für Energieversorger gelten müsste. An die Gültigkeit von § 315 BGB für einseitig bestimme Energiepreise glaubte ich auch, bis ein BGH-Senat der Furcht der Energieversorger vor einer Prozessflut den Vorrang vor dem Gesetz einräumte.  Vielleicht schafft der VIII. Zivilsenat des BGH auch bezüglich § 307 BGB noch eine Lösung im Interesse der Energieversorger.

Es passt zu der Tendenz in diesem Forum, sich fast nur noch mit Preisänderungsklauseln und anderen Formalien zu befassen, statt die ökonomischen und politischen Wurzeln überhöhter Energiepreise anzupacken. Diese Kritik hatte ich schon an anderer Stelle (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=68740#post68740) geäußert. Die Ausgangsfrage von Opa Ete dürfte geklärt sein, eine weitere Diskussion erübrigt sich zumindest in diesem Thread.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 14. März 2010, 17:49:14
Ärgerlich wäre, wenn uns hier jemand einen gedanklichen Eintopf servieren wollte. Es bedarf schon einer gewissen Differenzierung.

Wir haben es rechtlich wohl mit drei Komplexen zu tun. (Etwaige Komplexe von einzelnen Diskussionsteilnehmern können weit vielschichtiger sein.)

I. Kartellrecht

1.

Auf dem auf ein regionales Netzgebiet beschränkten sachlich- relevanten Markt für die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie kann ein Energieversorgungsunternehmen eine marktbherrschende Stellung einnehmen und diese kann Auswirkungen haben auf dessen Preisgestaltung bzw. darauf, was für dieses marktbeherrschende Unternehmen insoweit erlaubt ist und was nicht (BGH Urt. v. 23.06.09 KZR 21/08].

2.

Nicht alle Energieversorgungsunternehmen, die sich auf diesem örtlich und sachlich relevanten Markt betätigen, haben indes auf diesem auch eine marktbeherrschende Stellung inne. Andererseits folgt aus der Tatsache, dass überhaupt  Wettbewerber auf einem Markt vorhanden sind, nichts für das Missbrauchspotential eines marktbeherrschenden Unternehmens auf diesem Markt.

3.

Zudem gibt es Großhandelsmärkte für Energie, die teilweise bundesweit abzugrenzen sind und an denen die Haushaltskunden selbst nicht teilnehmen (BGH KVR 60/07).

Auf diesen Großhandelsmärkten kann es auch wiederum marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmen geben, ohne dass dies etwas über die Beherrschungssituation auf dem Markt aussagt, an welchem die Haushaltskunden teilnehmen.

II. Vertragsfreiheit und Preisänderungsklauseln

1.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann man mit einem Energieversorgungsunternehmen die Belieferung zu einem bestimmten Preis frei vereinbaren, der weder bei steigenden Kosten erhöht werden darf, noch bei sinkenden Kosten abgesenkt werden muss.

2.

Aus der vertraglichen Preisvereinbarung ist der Kunde verpflichtet, den vereinbarten Preis zu bezahlen und der Lieferant verpflichtet, zu dem vereinbarten Preis die Energie zu liefern. Das ergibt sich aus § 433 BGB und ist vollkommen normal. Ein solcher vereinbarter Preis ist von den Gerichten nicht zu kontrollieren. Die staatliche Kontrolle wäre ein unzulässiger  Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Privatautonomie, Art. 2 GG.

(Ausnahme: Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, siehe oben unter I.)

3.

Ein vertraglich vereinbarter Preis kann grundsätzlich nur dann vom Lieferanten abgeändert werden, wenn eine Preisänderungsklausel vereinbart wurde. Die Preisänderungsklausel innerhalb von AGB unterliegt der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB. Das ist auch vollkommen normal.

Auch dabei wird nicht der vertraglich vereinbarte Preis gerichtlich kontrolliert, sondern nur die vertragliche Befugnis, diesen einseitig abzuändern.

Zulässig sind dabei nur Preiserhöhungen im Umfange tatsächlich gestiegener Kosten seit dem Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses. Der Versorger wird durch eine wirksam vereinbarte Preisänderungsklausel vor einer Gewinnschmälerung wegen nachträglich gestiegener Kosten ebenso geschützt wie der Kunde vor der Einpreisung von Risikozuschlägen in den angebotenen Preis wegen veränderlicher Kosten.
 
Erweist sich die Preisänderungsklausel bei dieser Inhaltskontrolle als unwirksam, besteht für den Energieversorger auch dann kein Recht zur einseitigen Preisänderung, wenn er eine Monopolstellung inne hat (BGH KZR 2/07, VIII ZR 320/07). Er ist im Gegenzug auch nicht zu Preissenkungen bei gesunkenen Kosten verpflichtet (LG Gera, 07.11.08 Az. 2 HK O 95/08]..  

Das ist auch vollkommen normal.

III. Gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht und Billigkeitskontrolle

1.

§ 315 BGB findet unmittelbare Anwendung im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht, weil diese unmittelbar mit einem gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht verbunden ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26). Dafür ist eine marktbeherrschende Stellung des Grundversorgers vollkommen belanglos (BGH VIII ZR 36/06, VIII ZR 56/08 Rn. 20, 26).

2.

Der VIII.Zivilsenat des BGH geht dabei von einem gesetzlichen Preisänderungsrecht aus und wendet deshalb § 315 BGB nur auf die einseitige Preisänderung an.

Zugleich hat dieser Senat seit dem 15.07.09 aber auch wiederholt festgestellt, dass die Allgemeinen Tarife/ Preise gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind und deshalb nach der gesetzlichen Regelung auch eine Verpflichtung zur Preisanpassung besteht, wenn es die Kosten zulassen und dies den Kunden günstig ist. Wortreich umschriben ist damit eine Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung. Auch eine wegen der bestehenden gesetzlichen Bindung gebotene, jedoch unterlassene Preisabsenkung kann demnach zur Unbilligkeit der Preise führen.

3.

Der Kartellsenat des BGH spricht hingegen von einem gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (BGH KZR 2/07 Rn. 26).

Haben wir es mit einem gesetzlichen Tarif- bzw. Preisbestimmungsrecht zu, müsste die Billigkeitskontrolle umfassender erfolgen, nämlich ebenso umfassend, als hätten die Parteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart, also  wenn sie vereinbart haben, der Versorger solle den Preis nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen.

Darüber gehen die Meinungen also auseinander. Und hierzu haben einige ganz eigene Theorien entwickelt und teilweise auch veröffentlicht.

In der Grundversorgung ist vereinabrt, dass die Belieferung des Kunden nach Vertragsabschluss zu den \"jeweiligen\" Allgemeinen Preisen des Grundversorgers  erfolgt, die der Grundversorger durch öffentliche Bekanntgabe einseitig zu bestimmen hat. Der einzelne grundversorgte Kunde hat auf die jeweiligen Allgemeinen Preise des Grundversorgers, die der Grundversorger einseitig zu bestimmen hat, keinerlei Einfluss. Der grundversorgte Kunde  weiß weder, wie diese jeweiligen Allgemeinen Preise zustande kamen und kommen, noch wird er an deren Festsetzung beteiligt.

Mit dem gesetzlichen Tarifbestimmungsrecht geht aufgrund der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Preise an den Maßstab der Billigkeit auch die Verpflichtung des Grundversorgers einher, die Preise abzusenken, wenn dies bei effizienter Betriebsführung möglich für die Kunden günstig ist. Der Versorger kann sich entgegen dieser Verpflichtung nicht auf individuelle Preisvereinbarungen mit den einzelnen grundversorgten Kunden berufen. Die Verpflichtung besteht gegenüber allen grundversorgten Kunden, unabhängig vom individuellen Vertragsabschluss. Schließlich kommt es - anders als bei einem vereinbarten Preis mit Preisänderungsklausel -  auch nicht auf die Kostenentwicklung seit dem konkreten Vertragsabschluss an.
Maßgeblich ist vielmehr die Kostenentwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren seit der letzten Tariffestsetzung durch öffentliche Bekanntgabe.

4.

Dass eine gerichtliche Preiskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB dann zu erfolgen hat, wenn die Parteien vertraglich vereinbart haben, dass der eine Teil den Preis für seine Leistung nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen soll, ist indes auch vollkommen normal.

5.

Die Besonderheit im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung liegt allein darin, dass im Rahmen der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle das Ziel einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung besondere Bedeutung erlangen kann (BGH VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183, 186). Weitere Besonderheiten gibt es dabei nicht.

6.

Wurde vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers vereinbart (welches Voraussetzung für die Zulässigkeit einer einseitigen Leistungsbestimmung des Versorgers ist!), so ist der vom Kunden zu zahlende Preis wohl nie das Ergebnis einer vertraglichen Vereinbarung, sondern vielmehr immer das Ergebnis der Ermessensausübung des Versorgers nach Vertragsabschluss, zum Beispiel den Preis nicht abzusenken, obschon er aufgrund des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hierzu gerade vertraglich verpflichtet war.

Letzteres sieht Black wohl anders, weil er eine andere Logik bemüht.

Fazit:

Wenn man diese drei Komplexe nicht gedanklich von einander trennt und dann möglicherweise innerhalb der kartellrechtlichen Beurteilung auch noch die Verhältnisse auf dem regionalen Haushaltskundenmarkt mit denen auf dem vorgelagerten Großhandelsmarkt unzulässig vermengt, liefe man Gefahr, zu palavern und nicht zu zutreffenden Ergebnissen gelangen zu können bzw. den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.

Es ist wirklich nicht so besonders, wie mancher es sich denkt.

Und dann gibt es einige, die bemühen sich nach Kräften um eine juristische Diskussion. Wieder andere wollen eine politische Diskussion. Eine politische Diskussion ist nicht von Gerichten zu entscheiden, sondern gehört in die dafür zuständigen Parlamente. Wirtschaftliche Gegebenheiten (wirksamer Wettbewerb ja/ nein) können weder Gerichte per Urteil noch Parlamente durch Gesetze unmittelbar abändern.

Ein Gericht darf auch im Falle einer Monopolstellung des Energielieferanten unter Berücksichtigung des § 1 EnWG einen der Billigkeit entsprechenden Preis von sich aus dann nicht festlegen, wenn der Lieferant ein einseitiges Leistungsbetimmungsrech hat, die prozessualen Voraussetzungen jedoch nicht vorliegen, so dass es oft dabei verbleiben muss, dass die Billigkeit des gefordeten Preises nicht festgestellt werden konnte. Wer sich dies näher erschließen möchte, der lese aufmerksam BGH, Urt. v. 2.10.1991 - VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183, 186.

Was deshalb eher als reine Laberei erscheint:

Zitat
Original von nomos
Tolles deutsches Energiepreisrecht!

@Black, und sind die Versorger damit glücklich?

Wie eine Preisanpassungsklausel aussehen muss, damit sie wirksam ist, hat der BGH ja weder formuliert noch entschieden. Auch Fehlanzeige was die konkrete Feststellung der Billigkeit angeht.  Der Gesetz- und Verordnungsgeber war auch nicht tätig.  :(

Lediglich Preisanpassungsklauseln im Rahmen des § 5 GasGVV sind nach dem BGH grundsätzlich möglich. Danach sind wir bei der ersten Preisänderung wieder bei der Billigkeitsfrage mit dem  § 315 BGB und die Sosse ist wieder am Kochen.

Tolles deutsches Energiepreisrecht!  X(  -  ein weiteres Armutszeugnis deutscher Politik!

@all, die Empfehlung an die Verbraucher kann da nur lauten, Wettbewerb befördern und Wechseln was das Zeug hält und Protest bei jeder Gelegenheit, inbesondere gegenüber den gewählten Bürgervertretern.

Von einem Armutszeugnis ist dabei die Rede. Gewiss. Ebensogut könnte man sich auf ein \"Schlümmm!\" beschränken.

Die Politik hat Milliarden in die Hand genommen etwa für die Abwrackprämie. So mancher hat jetzt vielleicht - nichts ist unmöglich - so gefördert ein neues Auto, bei dem das Gaspedal klemmt. Milliarden in die Hand zu nehmen, um ein Vorkaufsrecht des Staates für Energienetze zu regeln, um diese gesichert unter staatliche Kontrolle zu bringen, dafür fehlte es.  Da kann man sich auch drüber aufregen. Bringt nur nichts.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: nomos am 15. März 2010, 10:09:18
Zitat
Original von RR-E-ft
Ärgerlich wäre, wenn uns hier jemand einen gedanklichen Eintopf servieren wollte. Es bedarf schon einer gewissen Differenzierung.

.........
Von einem Armutszeugnis ist dabei die Rede. Gewiss. Ebensogut könnte man sich auf ein \"Schlümmm!\" beschränken.

Die Politik hat Milliarden in die Hand genommen etwa für die Abwrackprämie. So mancher hat jetzt vielleicht - nichts ist unmöglich - so gefördert ein neues Auto, bei dem das Gaspedal klemmt. Milliarden in die Hand zu nehmen, um ein Vorkaufsrecht des Staates für Energienetze zu regeln, um diese gesichert unter staatliche Kontrolle zu bringen, dafür fehlte es.  Da kann man sich auch drüber aufregen. Bringt nur nichts.
Schlümme Laberei hier im Forum. :D

Sorry, aber von \"gedanklichem Eintopf\" oder fehlender \"Differenzierung\" kann keine Rede sein.

Die Politik hat schon viele Milliarden in die Hand genommen und nicht nur Steuergeld. Was ist zum Beispiel die Abrackprämie gegen die Millardenbelastung der Verbraucher mit der PV-Förderung. Die Auslassung über klemmende Gaspedale, über die man sich auch aufregen kann, bringt was!? Des Einen Differenzierung ist des Anderen Laberei.[/list]PS:
Einfach faszinierend die nachfolgenden \"Differenzierungen\"!  :rolleyes:
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 10:18:29
Es wurde doch deutlich herausgestellt, was eher als Laberei erscheint. Mag man sich nun nicht noch darüber streiten, wem die größte Laber- Kompetenz zufällt. Zu dem Punkt gibt es wenig Diskussionsbedarf.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 10:23:03
Zitat
Original von RR-E-ft

6.

Wurde vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers vereinbart (welches Voraussetzung für die Zulässigkeit einer einseitigen Leistungsbestimmung des Versorgers ist!), so ist der vom Kunden zu zahlende Preis wohl nie das Ergebnis einer vertraglichen Vereinbarung, sondern vielmehr immer das Ergebnis der Ermessensausübung des Versorgers nach Vertragsabschluss, zum Beispiel den Preis nicht abzusenken, obschon er aufgrund des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hierzu gerade vertraglich verpflichtet war.

Letzteres sieht Black wohl anders, weil er eine andere Logik bemüht.


Ich stelle mir also jetzt einen Sondervertrag vor, bei dem im Vertragsformular ein Anfangspreis als Zahl eingetragen ist und in der Preisanpassungsklausel (eine wirksame Einbeziehung vorausgesetzt) das Preisanpassungsrecht des § 5 GVV übernommen wurde.

Da der Kunde den Anfangspreis vor Vertragsschluss kannte und ihn durch Abschluss des Vertrages akzeptiert hat, ist dieser Preis nicht einseitig vom Versorger bestimmt.

So wie ich RR-E-ft verstehe, unterliegen nach seiner Auffassung dann Preisanpassungen in diesem Vertrag keiner Billigkeitskontrolle.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 10:38:02
@Black

Wenn das gesetzliche Preisbestimmungs-und änderungsrecht - wie aufgezeigt - unmittelbar aus der gesetzlichen Versorgungspflicht des EnWG folgt, dann hätte man diese in einen Sondervertrag zu implementieren, was jedoch gerade nicht der Fall ist.

Weder besteht im Rahmen der Vertragsfreiheit eine gesetzliche Versorgungspflicht, noch wird das Recht des Versorgers zur ordentlichen Kündigung des Vertrages ausgeschlossen.

Weiter oben hatte ich versucht aufzuzeigen, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei einem Sondervertrag regelmäßig gerade nicht vertraglich vereinbart wird. Wenn der Anwendungsbereich der unmittelbaren Anwendung des § 315 BGB aber nicht eröffnet ist (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 11, VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07), dann sind auch schon einseitige Leistungsbetimmungen des Versorgers unzulässig, ohne dass es erst darauf ankommt, ob diese der Billigkeit entsprechen.

Die Vertragsfreiheit schließt es nicht aus, bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht zu vereinbaren, nur ist dies gerade zumeist nicht der Fall (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 11, VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16). Siehste hier (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=70078#post70078)

Wurde jedoch bei Vertragsabschluss kein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht vertraglich vereinbart, sind beide Vertragsteile gleichermaßen an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 10:50:26
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn das gesetzliche Preisbestimmungs-und änderungsrecht - wie aufgezeigt - unmittelbar aus der gesetzlichen Versorgungspflicht des EnWG folgt, dann hätte man diese in einen Sondervertrag zu implementieren, was jedoch gerade nicht der Fall ist.

Weder besteht im Rahmen der Vertragsfreiheit eine gesetzliche Versorgungspflicht, noch wird das Recht des Versorgers zur ordentlichen Kündigung des Vertrages ausgeschlossen.

Diese Anforderungen hat der BGH in seinen beiden Entscheidungen vom 15.07.09 gerade nicht an die Übernahme des § 5 GVV in Sonderverträge gestellt.

Zitat
Original von RR-E-ftWeiter oben hatte ich versucht aufzuzeigen, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei einem Sondervertrag regelmäßig gerade nicht vertraglich vereinbart wird.

Was Sie \"weiter oben aufgezeigt\" haben wollen hat aber nichts mit dem von mir benannten Beispiel und der dazu noch ausstehenden Antwort auf meine Frage zu tun.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 11:00:26
@Black

Siehste hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=70078#post70078)

Bei der gesetzlichen Versorgungspflicht kann bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wegen der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Tarife an den Maßstab der Billigkeit eine Verpflichtung des Versorgers zur Preisanpassung zugunsten der (aller grundversorgten) Kunden bestehen, weil es die Kostensituation des Versorgers zulässt und dies den Kunden günstig ist.

Halten Sie so etwas bei Sonderverträgen etwa auch für möglich?
Meinen Sie, Sondervertragpreise seien an den Maßstab der Billigkeit gebunden?
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 11:05:33
Da der BGH auch bei der Grundversorgung von einem vereinbarten Preis ausgeht, kann zugunsten des gerade den Vertrag abschließenden Kunden noch keine Pflicht zur Preissenkung bestehen, da in diesem konkreten Lieferverhältnis noch keine gesunkenen Kosten eingetreten sind (eben weil das Lieferverhältnis ja gerade erst in Kraft tritt).

Eine solche Pflicht besteht nur gegenüber \"Altkunden\".
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 11:12:26
Zitat
Original von Black
Da der BGH auch bei der Grundversorgung von einem vereinbarten Preis ausgeht, kann zugunsten des gerade den Vertrag abschließenden Kunden noch keine Pflicht zur Preissenkung bestehen, da in diesem konkreten Lieferverhältnis noch keine gesunkenen Kosten eingetreten sind (eben weil das Lieferverhältnis ja gerade erst in Kraft tritt).

Eine solche Pflicht besteht nur gegenüber \"Altkunden\".


@Black

Die Fiktion eines vereinbarten Preises bei der Grundversorgung lässt sich mit der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung an den Maßstab der Billigkeit nicht vereinbaren.

(Dieser gesetzlichen Bindung war der Senat bei seiner Entscheidung vom 28.03.2007 (VIII ZR 144/06), in welcher er erstmals diese Fiktion für die Belieferung im Rahmen der Versorgung zu Allgemeinen Tarifen in der gesetzlichen Versorgungspflicht aufstellte, offensichtlich noch nicht gegenwärtig. Später hielt er unreflektiert daran fest).

Sie sollten mit uns dringend eine Kontrollüberlegung anstellen.

In der Grundversorgung ist der Versorger aufgrund der gesetzlichen Bindung des Allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit schließlich auch gegenber den (allen grundversorgten) Kunden, berechtigt, die Preise im Umfange der bei effizienter Betriebsführung tatsächlich gestiegenen Kosten  zu erhöhen (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).

Diese Kostenerhöhungen können auch bereits vor Vertragsabschluss mit dem einzelnen Kunden, jedoch nach der letzten einseitigen Tariffestsetzung eingetreten sein. Vor der vorhergehenden Tariffestsetzung liegende Kostenentwicklungen sind hingegen nicht berücksichtigungsfähig.

Meinen Sie wirklich, es käme dafür, ob gegenüber einzelnen grundversorgten Kunden die Preise einseitig erhöht werden dürfen, auf die Kostenentwicklung seit dem konkreten Vertragsabschluss an?!

Das würde aber in sehr  mühsames Unterfangen für den Versorger, wenn er den individuell der Billigkeit entsprechenden Preis festlegen wollte.

Halten Sie wirklich dafür, die Grundversorger dürften die Strompreise gegenüber einzelnen grundversorgten Kunden, die den Vertrg erst im Februar 2010 abgeschlossen haben, wegen seit 01.01.2010 gestiegener EEG- Umlage gar nicht erhöhen (zB. Erfurter SWE Energie zum 01.05.2010)?!!!

In der Grundversorgung ist die Kostenentwicklung seit dem Vertragsabschluss mit dem einzelnen Kunden völlig belanglos, da die Allgemeinen Preise, die für alle  grundversorgten Kunden Geltung beanspruchen, gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind. Es handelt sich um Allgemeine Preise und nicht um individuell vereinbarte Preise.

Ach so:

Was für Preiserhöhungen gilt, muss wegen der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Preise an den Maßstab der Billigkeit nach gleichen Maßstäben auch für Preisanpassungen zugunsten der Kunden (Preisabsenkungen) gelten.

Fazit:

Das Recht zur Preiserhöhung und die korrespondierende Verpflichtung zur Preisabsenkung gilt immer gegenüber allen grundversorgten Kunden gleichermaßen, unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses.

Es gibt in der Grundversorgung keine Unterscheidung zwischen Alt- und Neukunden. Die Allgemeinen Preise gelten für alle vergleichbaren grundversorgten Kunden unabhängig vom Zeitpunkt des individiellen Vertragsabschlusses gleichermaßen.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 12:17:54
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Fiktion eines vereinbarten Preises bei der Grundversorgung lässt sich mit der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung an den Maßstab der Billigkeit nicht vereinbaren.

Wenn der Ausgangspunkt Ihrer gesamten Rechtsauffassung schon von der mitlerweile wiederholten Rechtsprechung des BGH radikal abweicht, dann ist natürlich Ihr seltsames Ergebnis erklärbar und in sich auch logisch.

Sie sollten nur vorsichtig sein, wenn Sie Ihre rechtsauffassung als \"geltende Rechtslage darstellen\". Der ungeübte Verbraucher erkennt vielleicht nicht, dass es sich um eine abweichende Mindermeinung handelt.

Wäre nomos Anwalt würde er vermutlich seinen Mandanten erzählen, sie müßten die KA als Preisbestandteil nicht zahlen, da Konzessionsabgaben per se unbillig seien.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 12:19:55
@Black

Sie haben doch wohl einen eigenen Kopf zum Denken mitbekommen.
Wie steht es nun mit der notwenigen Kontrollüberlegung?

Ich glaube ja an den Menschenverstand. Auch an Ihren.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 12:29:30
Das ist das Problem der \"nachgeholten\" Preisanpassung, bei der der Versorger zunächst zugunsten des Kunden darauf verzichtet eine Preissteigerung sofort weiterzugeben und dies erst zu einem späteren Zeitpunkt nachholt. Ich halte diese mit der Billigkeit vereinbar.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 12:32:51
@Black

Dann halten Sie das Verlangen der Nachholung einer unterlassenen Preisabsenkung auch für angemessen oder welche Probleme sehen Sie?

Schauen Sie sich die Kontrollüberlegung nochmals genauer an.

Wenn mit dem Kunden ein Preis vereinbart wurde, kann man hinterher nicht mit Kostenentwicklungen kommen, die vor der Preisvereinbarung lagen. Das widerspräche allen Grundsätzen zu Preisverinbarungen und Preisänderungsklauseln. Ein verdeckter Kalkulationsirrtum könnte sonst zu Preisänderungen herangezogen werden.

Werden vor Vertragsabschluss liegende Kostenentwicklungen bei Preisänderungen nach Vertragsabschluss  herangezogen, verschiebt sich unzulässig das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.

Bei einem Vertragsabschluss zu einem vereinbarten Preis entscheidet sich der Kunde für diesen Vertrag nur, weil der Preis bei Vertragsabschluss feststeht, er dem Kunden günstig und angemessen erscheint, dieses Aäquivalenzverhältnis hinterher nicht einseitig abänderbar ist.

Das ist doch gerade bei Vertragsabschlüssen im Rahmen der Vertragsfreiheit der Fall, wo ein Preis zwischen den Vertragspartnern frei vereinbart wird.

Hätte der Kunde gewusst, dass da später irgendwelche Kostenentwicklungn, die vor Vertragsabschluss lagen, mit Preisänderungen nach Vertragsabschluss nachgeholt werden können, hätte er sich gleich einen anderen Lieferanten mit Fixpreis gewählt. Zu Abschluss eines solchen Sondervertrages wäre es demnach gar nicht erst gekommen.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 12:46:53
Zitat
Original von RR-E-ft

Wenn mit dem Kunden ein Preis vereinbart wurde, kann man hinterher nicht mit Kostenentwicklungen kommen, die vor der Preisvereinbarung lagen.

Das ist eben die Frage. Die Preisanpassungen sind an Billigkeit gebunden und Billigkeit bedeutet immer Ermessen.

Der Kunde profitiert doch von der Tatsache, dass der Versorger die Entwicklung verzögert weitergibt. Er hätte andernfalls ja einen höheren Einstiegspreis erhalten. So hat er bis zur Erhöhung Geld gespart.

Auch derjenige Kunde, der sagt: \"Ja hätte ich das aber gewusst, dann wäre ich gleich zum Drittlieferanten XY gegangen\" erleidet keinen Nachteil, da er sein Sonderkündigungsrecht ausüben kann und die Preisanpassung für ihn bis zum Lieferantenwechsel nicht wirksam wird.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 12:50:36
@Black

Nun winden Sie sich aber.

Aufgrund der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Preise an den Maßstab der Billigkeit müssen für Preiserhöhungen und Preisanpassungen zugunsten der grundversorgten Kunden die gleichen Maßstäbe gelten.

Sie wollen Glauben machen, Preiserhöhungen gelten für alle grundversorgten Kunden, Preisabsenkungen jedoch  nur für \"Altkunden\". Einmal soll der Zeitpunkt einer Preisvereinbarung für die Ermessensentscheidung maßgeblich sein, ein andernmal wieder nicht. Billig wäre folglich, was dem Versorger gerade beliebt. Mit ihrer krummen Begründung, könnte wohl jeder Lieferant die Preise wegen Kostenerhöhungen in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts erhöhen, die seinerzeit (angeblich) nicht eingepreist wurden, wegen seinerzeit unterlassener Preissenkungen hätte er die Preise jedoch nicht abzusenken.  Das passt nicht.

Ein vertraglich vereinbartes Äquivalenzverhältnis (Preisvereinbarung) ist mit solchem  Ermessen unvereinbar.

Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Wenn mit dem Kunden ein Preis vereinbart wurde, kann man hinterher nicht mit Kostenentwicklungen kommen, die vor der Preisvereinbarung lagen. Das widerspräche allen Grundsätzen zu vertraglichen Preisvereinbarungen und Preisänderungsklauseln. Ein verdeckter Kalkulationsirrtum könnte sonst zu Preisänderungen herangezogen werden.

Werden vor Vertragsabschluss liegende Kostenentwicklungen bei Preisänderungen nach Vertragsabschluss  herangezogen, verschiebt sich unzulässig das vertragliche Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.

Werden Kostenerhöhungen, die vor Vertragsabschluss lagen,  nach Vertragsabschluss eingepreist, erhöht sich dadurch zwangsläufig der Gewinnanteil am Preis, was niemals der Billigkeit entsprechen kann.

Eine Preisänderungsklausel, die eine nachträgliche Erhöhung des Gewinnanteils am Preis nicht ausschließt, wäre jedenfalls nach § 307 BGB unwirksam.

Mit dem Sonderkündigungsrecht als Ausgleich für die Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses sind Sie nun gleich auf der völlig falschen Spur.


Zitat
BGH 21.04.09 XI ZR 78/08 Rn. 37, 38  

(1) Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kunden aus. Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199, 1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49).


Sie meinen wohl, der Versorger habe sich bei Vertragsabschluss überhaupt nicht durch eine Preisvereinbaung vertraglich gebunden, es sei insbesondere kein feststehendes vertragliches Äquivalenzverhältnis vereinbart worden?

Das nehme ich für die Grundversorgung aus genannten Gründen auch an.

Bei einem Vertragsachluss im Rahmen der Vertragsfreiheit mit Preisvereinbarung ist dies jedoch nicht möglich. Es verstieße gegen die grungesetzlich geschützte Privatautonomie. Wurde ein feststehender Preis vertraglich vereinbart, ist der Versorger vertraglich verpflichtet, zu diesem Preis die Energie zu liefern. Jedenfalls darf das vertragliche Äquivalenzverhältnis hiernach durch eine Ermessensentscheidung nicht einseitig abgeändert werden.

Fraglich, welche Energie den juristischen Sachverstand zum Aussetzen bringt:

Pacta sunt servanda.

Mit elementarem Vertragsrecht sind Ihre Darbietungen unvereinbar.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 15:38:30
Meine Ausführungen zur \"nachgeholten Preisanpassung\" sind gleichfalls nur für die Grundversorgung zu verstehen und nicht für Sonderverträge.

Die Rechtsprechung des BGH beschert uns aber tatsächlich den Fall, dass von zwei Kunden im gleichen allg. Tarif der Preis für Kunde A unbillig sein kann (rechtzeitig Widerspruch eingelegt) und für Kunde B (Preisanpassungen nie beanstandet) nicht.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 15:40:28
@Black

Auch bei der Grundversorgung kann nach Auffassung des Senats nichts nachgeholt werden (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26).

Da die Ermessensentscheidung beim gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht gegenüber allen (auch potentiell) grundversorgten Kunden tarifgruppenbezogen einheitlich erfolgt, kann diese nur einheitlich entweder der Billigkeit entsprechen oder auch nicht, ohne dass es dabei auf individuelle Vereinbarungen ankommen kann.

Individuelle Vereinbarungen berücksichtigt der Grundversorger bei seiner Ermessensentscheidung, die der öffentlichen Bekanntgabe (geänderter) Allgemeiner Preise vorausgeht,  überhaupt nicht. Zu kontrollieren ist diese einheitliche Ermessensentscheidung des Grundversorgers.

Der Senatsvorsitzende sagte selbst auf Vortragsreisen, der Maßstab sei kein individueller.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: Black am 15. März 2010, 15:49:35
Zitat
Original von RR-E-ft
Auch bei der Grundversorgung kann nach Auffassung des Senats nichts nachgeholt werden (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26).

Das steht da nicht.
Titel: §4 AVBGasV
Beitrag von: RR-E-ft am 15. März 2010, 15:51:01
@Black

Das steht da schon. Man muss es nur lesen können.
Wir wollen es uns in aller Ruhe genauer besehen.

Zitat
BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26

§ 4 AVBGasV ermöglicht die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an Tarifkunden nur insoweit, als die Kostensteigerung nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird (BGHZ 172, 315, Tz. 26; 178, 362, Tz. 39). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Preisanpassungsbefugnis das Äquivalenzverhältnis wahren muss und dem Berechtigten nicht die Möglichkeit geben darf, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGH, Urteil vom 21. April 2009, aaO, Tz. 25; Urteil vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 18; BGHZ 176, 244, Tz. 18; Urteil vom 13. Dezember 2006, aaO, Tz. 21; Urteil vom 21. September 2005, aaO, unter II 2).

Dann lesen wir da noch


Zitat
BGH VIII ZR 225/07 Rn. 28

Aus der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen folgt, wie oben bereits ausgeführt, weiter, dass das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. April 2009, aaO, Tz. 25).

Sie hatten ja gerade zu den Grundsätzen des Vertragsrechts zurückgefunden. Nun  müssen Sie diese auch noch konsequent auf Ihren Meinungsstand zur Grundversorgung anwenden.

Sie sagen doch (mit dem Senat), mit den grundversorgten Kunden seien zunächst Preisvereinbarungen zustande gekommen, aus denen folglich das Äquivalenzverhältnis feststeht, das bei Preisänderungen gewahrt werden muss.

Tücksisch ist dabei, dass Sie (mit dem Senat) davon ausgehen, eine (neue) Preisvereinbarung könne mit dem grundversorgten Kunden auch durch die widerspruchslose Zahlung der Verbrauchsabrechnung geschlossen werden.
Die darin liegende Tücke haben Sie möglicherweise nur noch nicht erkannt. Dann ginge gleich gar nichts nachzuholen. Berücksichtigungsfähig sind nur Kostenerhöhungen nach der jeweils letzten Preisvereinbarung mit dem grundversorgten Kunden.


So hatten Sie sich das wohl eher nicht vorgestellt.


Zitat
Original von Black
Das ist das Problem der \"nachgeholten\" Preisanpassung, bei der der Versorger zunächst zugunsten des Kunden darauf verzichtet eine Preissteigerung sofort weiterzugeben und dies erst zu einem späteren Zeitpunkt nachholt.

Gewiss.

Wer seit BGH VIII ZR 36/06 feiert, dass jede Ermessensentscheidung mit einer vertraglichen Preisvereinbarung bzw. Preisneuvereinbarung  eine Grenze findet, der muss wohl  auch mit dem Kater nach dem Feiern  leben.

Die meisten Grundversorger verschicken die Verbrauchsabrechnungen nicht mehr einmal im Jahr an alle grundversorgten Kunden gleichzeitig, sondern im \"rollierenden System\". Beachtliche neue Preisvereinbarungen mit grundversorgten Kunden kämen demnach monatlich neu zustande.

Wie der Versorger die Kostenentwicklung aller preisbildenden Kostenfaktorehn nach der letzten Preisvereinbarung mit dem einzelnen grundversorgten Kunden aufzeigen wollte, für die es ja für die Billigkeitskontrolle dann ankäme,  bleibt irgendwie rätselhaft.  Noch rätselhafter erscheint, wie der Grundversorger dann die Allgemeinen Preise gegenüber allen grundversorgten Kunden einheitlich neu festsetzen wollte. Diese Aufgabe scheint ja immer komplizierter zu werden.

Den grundversorgten Kunden gegenüber, die die Verbrauchsabrechnungen im Oktober letzten Jahres erhalten und widerspruchslos bezahlt hatten, kann eine öffentlich bekannt gemachte Preisänderung wegen seit dem geänderter Kosten angemessen sein, anderen grundversorgten Kunden gegenüber, welche die Verbrauchsabrechnungen im Januar diesen Jahres erhalten und anstandslos bezahlt hatten, jedoch nicht, weil sich seit der letzten Preisvereinbarung mit die Kosten nicht entsprechend geändert  hatten...  

Mir erscheint die Lösung, die der Senat dem rechtsuchenden Publikum aufzeigt, und die einige hier immer noch vehement verteidigen, bei genauerer Betrachtung doch sehr grenzwertig, vor allem für die Grundversorger nicht praktikabel zu sein.

Vielleicht verwenden Sie doch noch einen Gedanken auf meine Auffassung, dass mit grundversorgten Kunden kein feststehender Preis vereinbart wird, sondern der Grundversorger das jeweils der Billigkeit entsprechende Äquivalenzverhältnis aufgrund des gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -änderungsrechts einseitig zu bestimmen hat. ;)